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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Tatbestand
2Die Kläger sind Miteigentümer des Grundstücks A-Straße in Düsseldorf…. Das Grundstück liegt innerhalb der für die Umgebung des Düsseldorfer Flughafens nach den §§ 2 und 4 i.V.m. Anlage 2 der Fluglärmschutzverordnung Düsseldorf (FluLärmDüsseldV) vom 25.10.2011 festgesetzten Tag-Schutzzone 2. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm (FluLärmG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31.10.2007 übersteigt dort der durch Fluglärm hervorgerufene äquivalente Dauerschallpegel L(tief)Aeq den Wert von 60 dB(A), nicht aber den Wert von 65 dB(A). Nach Abriss des alten Einfamilienhauses errichteten die Kläger im Jahr 2012 ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung, Schwimmbad (im Keller), Sauna und zwei Garagen.
3In ihrer Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts auf den 01.01.2013 gaben die Kläger an, der Fluglärm sei seit Baubeginn massiv gestiegen. Wegen des Lärms und aufgrund von Kerosinausdünstungen sei eine Benutzung des Gartens praktisch unmöglich. Lärmschutzmaßnahmen hätten die Baukosten erheblich erhöht. Weiter erklärten sie, die Wasserfläche des Schwimmbads betrage 36 m2. Sie übersandten einen Grundriss, in dem die Seitenlängen des Beckens mit 4 m und 10 m ausgewiesen waren.
4Im Rahmen einer Ortsbesichtigung traf der Beklagte (das Finanzamt --FA--) zur Ermittlung des Raummeterpreises auf den Hauptfeststellungszeitpunkt 01.01.1964 für die Bewertung des Einfamilienhauses im Sachwertverfahren folgende Feststellungen: Die Ausführung des Daches rechtfertige einen Raummeterpreis von bis zu 25,20 DM (Massivflachdach mit mehreren Isolierungen; …); anzusetzen seien 18,90 DM. Die Ausführung der Fassade … sei mit 12,60 DM zu berücksichtigen. Die Ausführung des Außenmauerwerks rechtfertige einen Raummeterpreis von bis zu 30,80 DM …; anzusetzen seien 23,10 DM. Für die Ausführung des Innenmauerwerks einschließlich des Putzes könne ein Raummeterpreis von bis zu 22,40 DM (Ziegelsteine in der Hauptsache 24 cm, Gipsputz) angesetzt werden; zu berücksichtigen seien 17,85 DM. Für den Kellerausbau seien 10 % des Gesamtraummeterpreises (mehrere Räume ausgebaut als Wohnräume oder gut ausgestattete Bar und dergleichen) in Ansatz zu bringen. Zudem sei der Einheitswert aufgrund eines 40 m2 großen Schwimmbeckens im Gebäude um 40.000 DM (40 m2 x 1.000 DM) zu erhöhen. Die Außenanlagen seien pauschal mit 3 % des Gesamtgebäudewerts zu berücksichtigen.
5Mit Bescheid vom 29.10.2014 stellte das FA den Einheitswert (Art- und Wertfortschreibung) auf den 01.01.2013 für die wirtschaftliche Einheit der Kläger im Sachwertverfahren mit 321.449 € (628.700 DM) fest. Dabei berücksichtigte es einen Abschlag vom Gebäudewert wegen der Lage von 5 % (33.498 DM) und einen Zuschlag für das Schwimmbecken i.H.v. 40.000 DM. Den Gesamtwert der Außenanlagen ermittelte es mit 19.093 DM (3 % des bereits wegen der Lage geminderten Gesamtgebäudewerts). Auf das Ergebnis der Ortsbesichtigung wurde Bezug genommen.
6Mit Bescheid vom gleichen Tag setzte das FA den Grundsteuermessbetrag auf den 01.01.2013 mit 1.090,55 € fest.
7Mit Einsprüchen machten die Kläger u.a. geltend, der Abschlag von 5 % wegen der Lage reflektiere nicht annähernd die Wertminderung durch den Fluglärm, die Kerosinausdünstungen und die sonstigen mit dem Flugverkehr verbundenen Belastungen. Bei einem Verkauf der Immobilie könnten allenfalls 70 % der Anschaffungs- und Herstellungskosten erzielt werden. In den letzten Jahren seien die Flugrouten geändert worden und hätten die Flugbewegungen zugenommen. Zudem sei eine Erweiterung der Kapazität des Flughafens geplant. Schon heute sei es praktisch unmöglich, sich ohne massive Gesundheitsbeeinträchtigung im Garten aufzuhalten. Das Öffnen der Fenster müsse nach Möglichkeit vermieden werden. Der Abschlag wegen der Lage sei daher mit mindestens 30 % zu bemessen. Bei der heutigen Lärmbelästigung handele es sich um einen tatsächlichen Umstand, der ungeachtet der Maßgeblichkeit der Wertverhältnisse zum Hauptfeststellungszeitpunkt 01.01.1964 Berücksichtigung finden müsse. Die Außenanlagen könnten nicht genutzt werden und seien daher wertlos. Die Ausführungsarten des Daches, der Fassade und des Außen- sowie Innenmauerwerks, die zu einem höheren Raummeterpreis geführt hätten, seien den Belastungen durch den Flughafen geschuldet. Ohne diese Ausführung könne das Haus nicht bewohnt werden; sie rechtfertige daher keine Werterhöhung. Der Kellerausbau erfülle nicht die Anforderungen an die angenommene Ausführungsstufe. Das einzige besondere Ausstattungsmerkmal des Kellers sei das Schwimmbad. Dieses sei aber bereits durch einen Zuschlag von 40.000 DM berücksichtigt worden.
8Mit Einspruchsentscheidung vom 08.03.2017 stellte das FA aus hier nicht streitigen Gründen den Einheitswert mit nur noch 277.836 € (543.400 DM) fest. Den Grundsteuermessbetrag setzte es auf 937,91 € herab. Im Übrigen wies es die Einsprüche als unbegründet zurück. Es brachte weiter einen Abschlag von 5 % (32.658 DM) wegen der Lage, einen Zuschlag für das Schwimmbecken i.H.v. 40.000 DM und einen Gesamtwert der Außenanlagen von 3 % des Gesamtgebäudewerts (18.614 DM) zum Ansatz. Zur Begründung führte es aus, bei der Gewährung von Abschlägen wegen Fluglärms sei von den Lärmschutzbereichen auszugehen, die in den Rechtsverordnungen nach § 4 Abs. 1 FluLärmG vom 30.03.1971 festgesetzt worden seien. Für den Flughafen Düsseldorf gelte die Verordnung vom 04.03.1974. Das Grundstück der Kläger liege danach in der Schutzzone 2, für die ein Abschlag von bis zu 5 % vorgesehen sei. Maßgebend seien die Wertverhältnisse im Hauptfeststellungszeitpunkt 01.01.1964. Bei der Feststellung des Raummeterpreises werde die tatsächlich vorhandene Ausstattung beurteilt. Das gelte auch für die Bewertung der Außenanlagen. Auf die Gründe für die Baumaßnahmen komme es ebenso wenig an wie auf die Nutzung der Außenanlagen. Der Zuschlag für das Schwimmbecken erfasse nur dieses und dessen Technik. Der ausgebaute Kellerraum müsse zusätzlich berücksichtigt werden. Die nächstniedrigere Ausführungsstufe (gering, ohne besonderen Aufwand) treffe hier nicht zu.
9Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Sie wiederholen und vertiefen ihr bisheriges Vorbringen und betonen, der Abschlag von 5 % wegen der Lage entspreche nicht den tatsächlichen Verhältnissen am Bewertungsstichtag 01.01.2013. Die für Immobilien in … Flughafennähe gezahlten Kaufpreise lägen mindestens 30 % unter den Preisen, die für weiter entfernt und nicht in der Einflug- und Abflugschneise liegende Grundstücke gezahlt würden. Neuere medizinische Erkenntnisse belegten, dass die gesundheitliche Beeinträchtigung durch Fluglärm, Flugzeugabgase und Kerosinrückstände weitaus schlimmer ausfalle, als in der Vergangenheit angenommen. Die Belastung durch Ultrafeinstaubpartikel liege in diesem Stadtteil um ein Vielfaches höher als andernorts und zeige sich in einem schwarzen Film auf den Fensterbänken. Dass die Stadt Düsseldorf einerseits eine skrupellose Flughafenexpansion betreibe, andererseits aber von einer hohen Grundsteuer in den angrenzenden Ortsteilen profitiere, könnten sie nicht akzeptieren. Die Ausführungsarten des Daches, der Fassade und des Außen- sowie Innenmauerwerks sollten Wertminderungen aufgrund der Nähe zum Flughafen kompensieren. Daher dürften sie nicht werterhöhend berücksichtigt werden. Der Raummeterpreis für die Ausführung des Daches sei mit höchstens 16,80 DM, für die Fassade mit höchstens 8,40 DM, für das Außenmauerwerk mit maximal 19,60 DM und für das Innenmauerwerk mit maximal 15,40 DM anzusetzen. Das Schwimmbecken, das nicht doppelt in die Bewertung einfließen dürfe, erreiche nicht die angenommene Fläche von 40 m2. Eine genaue Messung werde voraussichtlich 36 m2 ergeben.
10Das Gericht hat die mündliche Verhandlung auf den 15.04.2021, 12.00 Uhr, anberaumt und die Beteiligten mit dem Hinweis, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, geladen. Die Ladungen, die außerdem aktuelle Hinweise des Gerichts zum Umgang mit dem Coronavirus enthielten, wurden den Klägern am 20.03.2021 zugestellt. Unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung haben die Kläger die Verlegung des Termins beantragt. Die Antragsschrift wurde am 14.04.2021 in den Nachtbriefkasten des Gerichts eingeworfen und dem Senat am 15.04.2021 um 8.59 Uhr vorgelegt. Die Kläger haben vorgetragen, sie gehörten zur Corona-Risikogruppe der über …-Jährigen und seien bislang nicht geimpft worden. Aufgrund der zuletzt stark gestiegenen Inzidenz und der erhöhten Gefahr einer Ansteckung mit der Coronavirus-Mutante sei ihnen die Anwesenheit in Innenräumen mit Publikumsverkehr nicht zuzumuten. Zudem dürfe der Kläger, der in Luxemburg wohne, nur unter Einhaltung von Quarantäne-Vorschriften nach Deutschland einreisen.
11Zur mündlichen Verhandlung sind die Kläger nicht erschienen. Schriftsätzlich begehren sie,
121. den Bescheid über die Feststellung des Einheitswerts auf den 01.01.2013 vom 29.10.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.03.2017 dahin zu ändern, dass der Einheitswert auf 220.000 € festgestellt wird;
2. den Bescheid über die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags auf den 01.01.2013 vom 29.10.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.03.2017 dahin zu ändern, dass der Grundsteuermessbetrag auf 735,48 € festgesetzt wird.
Das FA beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Es verweist auf eine Information der Oberfinanzdirektion (OFD) des Landes Nordrhein-Westfalen vom 28.08.2012, geändert am 18.02.2021, nach der der Einheitswert von Grundstücken mit Belegenheit in der Tag-Schutzzone 2 des Düsseldorfer Flughafens um bis zu 5 % zu ermäßigen sei. Weiter betont es, der dem Rechtsstreit zugrunde liegende objektive Sachverhalt sei unstreitig. Dem subjektiven Empfinden der Kläger vermöge es sich indes nicht anzuschließen.
18Das FA hat die Steuerakten vorgelegt.
19Entscheidungsgründe
20I. Das Gericht konnte ohne die Kläger verhandeln und entscheiden (vgl. § 91 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Dem Antrag der Kläger auf Terminverlegung war nicht zu entsprechen.
211. Nach § 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann das Gericht „aus erheblichen Gründen“ auf Antrag oder von Amts wegen einen Termin aufheben oder verlegen. Liegen erhebliche Gründe i. S. von § 227 Abs. 1 ZPO vor, verdichtet sich die in dieser Vorschrift eingeräumte Ermessensfreiheit zu einer Rechtspflicht. In diesem Fall muss der Termin zur mündlichen Verhandlung zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs verlegt werden, selbst wenn das Gericht die Sache für entscheidungsreif hält und die Erledigung des Rechtsstreits durch die Verlegung verzögert würde (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14.02.2019 VIII B 58/18, BFH/NV 2019, 571, Rz 5, und vom 05.05.2020 III B 158/19, BFH/NV 2020, 905, Rz 8). Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden glaubhaft zu machen (§ 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 227 Abs. 2 ZPO). Wird ein Antrag auf Terminverlegung „in letzter Minute“ gestellt, muss der Beteiligte von sich aus den Verlegungsgrund glaubhaft machen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2020, 905, Rz 8).
22Welche Gründe als „erheblich“ i. S. des § 227 Abs. 1 ZPO anzusehen sind, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Prozessstoff oder den persönlichen Verhältnissen des Beteiligten bzw. seines Prozessbevollmächtigten. Bei der Prüfung der für eine Terminverlegung vorgebrachten Gründe muss das Gericht den prozessualen Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung einerseits und das verfassungsrechtliche Gebot der Gewährleistung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--) andererseits beachten. Ferner hat es zugunsten des Beteiligten zu berücksichtigen, dass es die einzige Tatsacheninstanz im finanzgerichtlichen Verfahren ist und der Beteiligte ein Recht darauf hat, seine Sache in der mündlichen Verhandlung zu vertreten (BFH-Beschlüsse vom 28.11.2016 I B 16, 17/16, BFH/NV 2017, 466, Rz 13, und in BFH/NV 2019, 571, Rz 5).
232. Nach diesen Maßstäben rechtfertigten die von den Klägern – erst am Sitzungstag – vorgebrachten Gründe keine Terminverlegung.
24a) Die Kläger haben sich „in letzter Minute“ auf die Coronavirus-Pandemie berufen. Die Zahl der Neuerkrankungen sei zuletzt stark gestiegen; eine mutierte Variante des Coronavirus SARS-CoV-2 breite sich aus. Da sie über … Jahre alt und nicht gegen das Virus geimpft seien, sei ihnen die Anwesenheit in Innenräumen mit Publikumsverkehr nicht zuzumuten. Mit dieser Begründung dringen sie indes nicht durch.
25Die erst am Sitzungstag vorgebrachte Sorge vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus reicht für sich genommen nicht aus, eine Terminverlegung zu rechtfertigen. Denn das Gericht hat die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Verfahrensbeteiligten, Gerichtsangehörigen und der Öffentlichkeit getroffen. Im Gerichtsgebäude ist jedermann verpflichtet, eine medizinische Maske (OP-Maske, Maske der Standards FFP2 oder KN95/N95) zu tragen. Bei der Durchführung von mündlichen Verhandlungen wird auf die Einhaltung des Abstandsgebots geachtet. Hierzu sind die Sitzungssäle und der Wartebereich so umgestaltet worden, dass der Mindestabstand von 1,5 m zwischen den anwesenden Personen eingehalten werden kann. Die Aufzüge dürfen nur von einer Person, der größte von zwei Personen benutzt werden. Termine werden zeitlich entzerrt und auch an Nachmittagen durchgeführt. Zur Verringerung des Risikos einer Ansteckung über Aerosole wurden die Sitzungssäle und der Wartebereich mit CE-zertifizierten mobilen Raumluftreinigungsgeräten ausgestattet. Die Geräte entfernen nach den Angaben des Herstellers mit Hilfe von HEPA H14- und Aktivkohle-Filtern 99,9999 % der Partikel, Viren und Bakterien ≥ 0,3 µm aus der Luft. Zudem werden die Sitzungssäle regelmäßig gelüftet. Zur Überwachung der Raumluftqualität und des Lüftungsverhaltens werden CO2-Ampeln eingesetzt. Auf diese Maßnahmen hat das Gericht die Kläger mit der Ladung hingewiesen.
26Sofern ein Beteiligter – etwa wegen Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe – trotz der seitens des Gerichts getroffenen Infektionsschutzmaßnahmen Bedenken hat, an einer mündlichen Verhandlung teilzunehmen, kann er seine Zuschaltung per Videokonferenz nach § 91a FGO beantragen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, sich im Termin durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten zu lassen. Auch kommt ein – rechtzeitig vor dem Termin gestellter – Antrag auf Verlegung in Frage. Macht ein Beteiligter von diesen Möglichkeiten keinen Gebrauch und beruft sich stattdessen „in letzter Minute“ auf die Virus-Pandemie, liegt darin ein prozessverschleppendes Verhalten, das keine Terminverlegung erlaubt.
27b) Weiter haben die Kläger geltend gemacht, der in Luxemburg wohnende Kläger dürfe nur unter Einhaltung von Quarantäne-Vorschriften nach Deutschland einreisen; die Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung könne ihm daher nicht zugemutet werden. Auch insoweit ist den Klägern nicht zu folgen. Die vorgetragenen Einschränkungen im Reiseverkehr lassen sich den zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geltenden Regelungen nicht entnehmen.
28Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 in Bezug auf Ein- und Rückreisende aus Risikogebieten (Coronaeinreiseverordnung Nordrhein-Westfalen --CoronaEinrVO NRW--) sind alle Personen, die nach Nordrhein-Westfalen einreisen und sich in den letzten zehn Tagen vor der Einreise in einem Risikogebiet – wie Luxemburg – aufgehalten haben, verpflichtet, sich entsprechend § 1 Abs. 1 CoronaEinrVO NRW für zehn Tage abzusondern. Von dieser Bestimmung nicht erfasst sind jedoch Personen, die lediglich für bis zu 24 h in das Bundesgebiet einreisen (§ 4 Abs. 6 Nr. 1 CoronaEinrVO NRW). Diese Ausnahme gilt auch für den 200 km vom Gericht entfernt, in Luxemburg lebenden Kläger. Seine Teilnahme an der auf 12.00 Uhr terminierten mündlichen Verhandlung erforderte weder einen Aufenthalt von 24 h noch eine Übernachtung in Deutschland. Auch für die Rückreise nach Luxemburg war am Sitzungstag keine Quarantäne angeordnet (s. Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes für Luxemburg vom 15.04.2021). Hinzu kommt, das die Pflicht zur Absonderung bei der Einreise nach Deutschland für Personen entfällt, die sich höchstens 48 h vor der Einreise oder unmittelbar danach einer Testung auf eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 unterziehen oder unterzogen haben (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 CoronaEinrVO NRW). Diese sog. Einreisetestung stand auch dem Kläger offen.
29II. Die Klage gegen den Einheitswertbescheid ist unbegründet. Der Bescheid vom 29.10.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 08.03.2017 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Wertfeststellung ist nicht zu beanstanden.
301. Der Einheitswert des streitbefangenen Einfamilienhauses ist im Sachwertverfahren (§§ 83 bis 90 des Bewertungsgesetzes --BewG--) ermittelt worden (vgl. § 76 Abs. 3 Nr. 1 BewG). Die Vorschriften über die Einheitsbewertung dürfen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10.04.2018 (1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147) weiter angewandt werden (vgl. BFH-Urteil vom 26.08.2020 II R 39/18, BFH/NV 2021, 347, Rz 9).
31a) Bei der Ermittlung des Grundstückswerts im Sachwertverfahren wird der sich aus der Summe von – jeweils getrennt berechnetem – Bodenwert, Gebäudewert und Wert der Außenanlagen ergebende „Ausgangswert“ durch Anwendung einer Wertzahl an den gemeinen Wert angeglichen (§§ 83, 90 BewG). Der Grund und Boden ist mit dem Wert anzusetzen, der sich ergeben würde, wenn das Grundstück unbebaut wäre (§ 84 BewG). Zur Ermittlung des Gebäudewerts (§ 85 BewG) ist zunächst der sog. Gebäudenormalherstellungswert auf der Grundlage durchschnittlicher Herstellungskosten zu berechnen, wie sie nach den Baupreisverhältnissen des Jahres 1958 erfahrungsgemäß durchschnittlich für Gebäude bestimmter Nutzung und Bauart entsprechend der Konstruktion und der verwendeten Baustoffe sowie der Bauweise aufzuwenden waren. Der sodann nach den Baupreisverhältnissen im Hauptfeststellungszeitpunkt 01.01.1964 umgerechnete Gebäudenormalherstellungswert ist wegen des Alters des Gebäudes im Hauptfeststellungszeitpunkt (§ 86 BewG) und wegen etwa vorhandener baulicher Mängel und Schäden (§ 87 BewG) zu mindern. Es ergibt sich der sog. Gebäudesachwert, der in besonderen Fällen ermäßigt oder erhöht werden kann (§ 85 Satz 4 BewG i.V.m. § 88 BewG).
32Der Wert der Außenanlagen (z.B. Umzäunungen, Wege- oder Platzbefestigungen) ist gemäß § 89 Satz 1 BewG aus durchschnittlichen Herstellungskosten nach den Baupreisverhältnissen des Jahres 1958 zu errechnen und nach den Baupreisverhältnissen im Hauptfeststellungszeitpunkt umzurechnen. Der so ermittelte Wert ist wegen des Alters der Außenanlagen im Hauptfeststellungszeitpunkt und wegen etwaiger baulicher Mängel und Schäden zu mindern; die Vorschriften der §§ 86 bis 88 BewG gelten sinngemäß (§ 89 Satz 2 BewG).
33b) Gemäß § 88 Abs. 1 BewG kann der Gebäudesachwert ermäßigt werden, wenn Umstände tatsächlicher Art vorliegen, die bei seiner Ermittlung nicht berücksichtigt worden sind. Eine Ermäßigung kann insbesondere in Betracht kommen, wenn Gebäude wegen der Lage des Grundstücks in ihrem Wert gemindert sind (§ 88 Abs. 2 BewG). Erforderlich dafür ist, dass eine Beeinträchtigung von außergewöhnlicher Intensität vorliegt, die sich wegen ihrer Nachhaltigkeit wertmindernd auf das Gebäude auswirkt (Knittel in Stenger/Loose, Bewertungsrecht, § 88 BewG, Rz 34). Zu den standortgebundenen Nachteilen, die den Gebäudesachwert jedenfalls von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie Hotelgrundstücken mindern können, gehört die Nähe des Grundstücks zu einem Flughafen (Finanzgericht --FG-- Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.12.1996 6 K 2111/95, juris; Knittel in Stenger/Loose, Bewertungsrecht, § 88 BewG, Rz 34; Halaczinsky in Rössler/Troll, BewG, § 88 Rz 11; Schnitter in Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, § 88 BewG Rz 23).
34c) Ob die Beeinträchtigung durch Fluglärm so erheblich ist, dass sie eine Ermäßigung des Einheitswerts rechtfertigt, hängt grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls ab. Dies erfordert jedoch nicht stets eine Ermittlung der konkreten Lärmsituation in jedem Einzelfall. Der BFH geht davon aus, dass wegen des Wesens der Einheitsbewertung als Massenverfahren jedenfalls dann eine typisierende Berücksichtigung der Lärmbeeinträchtigung zulässig ist, wenn eine Lärmquelle – wie ein Flughafen – eine größere Anzahl von Grundstücken in gleicher oder ähnlicher Weise betrifft, das Ausmaß der Lärmbelästigung für einzelne regionale Bereiche durch anerkannte Verfahren ermittelt ist und die Ermittlung der Lärmbeeinträchtigung in jedem Einzelfall für ein Massenverfahren zu aufwendig wäre. Das technisch-mathematische Verfahren der Anlage zu § 3 FluLärmG stellt eine Methode zur typisierten Ermittlung der von Flughäfen ausgehenden Lärmbelastung dar. Mit der Belegenheit eines Grundstücks in den aufgrund von § 4 FluLärmG festgesetzten Schutzzonen des Lärmschutzbereichs ist auch für die Einheitsbewertung des Grundbesitzes ein objektives und überprüfbares Merkmal gegeben, das frei von subjektiven Eindrücken und Vorstellungen ist und im Rahmen der Massenbewertung in praktikabler Weise zu vertretbaren Ergebnissen sowie zu einer gleichmäßigen Behandlung der Steuerfälle führt (vgl. BFH-Urteil vom 04.08.1983 III R 79, 141/81, BFHE 139, 210, BStBl II 1983, 708; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.07.2018 3 K 3028/18, EFG 2018, 1694, Rz 53 f.; beide zu § 82 BewG).
35d) Maßgebend für die Feststellung und Beurteilung der auf das Grundstück einwirkenden Lärmimmissionen sind die konkreten tatsächlichen Verhältnisse am streitigen Stichtag (01.01.2013). Zwischenzeitlich eingetretene Veränderungen dieser tatsächlichen Verhältnisse (z.B. bedingt durch den Neu- und Ausbau sowie die Umwidmung von Verkehrswegen oder die Schaffung neuer Lärmschutzeinrichtungen) dürfen nicht berücksichtigt werden. Entsprechendes gilt für die nach dem streitigen Feststellungszeitpunkt und schon davor – nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt 01.01.1964 – eingetretenen Veränderungen der allgemeinen Verkehrsverhältnisse (z.B. verursacht durch die Steigerung des allgemeinen Verkehrsaufkommens), welche – ebenso wie die allgemeinen politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse – zu den Wertverhältnissen i. S. des § 27 BewG rechnen, die das allgemeine Markt- und Preisniveau bestimmen (BFH-Urteil vom 18.12.1991 II R 6/89, BFHE 166, 382, BStBl II 1992, 279, unter II.2.b ee).
36e) Die Bemessung des ggf. zu gewährenden Abschlags richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Eine Obergrenze enthält § 88 BewG – anders als § 82 Abs. 3 BewG – nicht. Entscheidend ist, welche Bedeutung dem jeweiligen wertmindernden Umstand bei einem Verkauf des Grundstücks nach Lage des Grundstücksmarkts beigemessen werden würde (Schnitter in Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, § 88 BewG Rz 16).
37In neueren Verfügungen betreffend die Minderung des Einheitswerts von Grundstücken, die durch Fluglärm besonders beeinträchtigt sind, gewährt die Finanzverwaltung in der Tag-Schutzzone 2 einen Abschlag von bis zu 5 % (Finanzministerium Niedersachsen, Verfügung vom 31.01.2011 S 3204-38-35.1, zu § 82 BewG; OFD Frankfurt, Verfügung vom 24.01.2012 S 3138 A-1-St 115, zu § 82 BewG; OFD Magdeburg, Verfügung vom 10.01.2013 S 3219 a-31-St 272; OFD NRW, Information vom 28.08.2012, geändert am 18.02.2021). Hinsichtlich des „Flugplatzes Düsseldorf-Lohhausen“ hielt die OFD Düsseldorf (Verfügung vom 30.07.1968 S 3204 A-St 211, unter 2.3) einen Abschlag bis zur Höhe von 10 % - ohne Differenzierung nach Lärmschutzzonen – im Ertragswertverfahren für gerechtfertigt.
382. Nach diesen Maßstäben ist der für Gebäude und Außenanlagen gewährte Abschlag von 5 % nicht zu beanstanden.
39Das FA ist im Verwaltungsverfahren zwar noch auf Basis der alten FluLärmDüsseldV vom 04.03.1974 davon ausgegangen, das Grundstück der Kläger liege in der Lärmschutzzone 2 des Düsseldorfer Flughafens. Diese Feststellung erweist sich aber auch nach der neuen FluLärmDüsseldV vom 25.10.2011, mit der die Schutzzonen ausgeweitet wurden, als zutreffend. Danach liegt das streitbefangene Grundstück eindeutig in der Tag-Schutzzone 2 des Flughafens.
40Für diese Lage sehen die Finanzverwaltungen des – soweit ersichtlich – gesamten Bundesgebiets übereinstimmend einen Abschlag bei der Einheitsbewertung von 5 % vor. Die entsprechenden Verfügungen stammen aus den Jahren 2011 bis 2013. Sie konnten daher die der FluLärmDüsseldV vom 25.10.2011 zugrunde liegenden Lärmbelastungen in der Tag-Schutzzone 2 von über 60 dB(A) bis 65 dB(A) berücksichtigen. Auch in der Vergangenheit wurde für die Lage in der Lärmschutzzone 2 eines Flughafens, auf dem strahlgetriebene Verkehrsflugzeuge starten und landen, kein höherer Abschlag bewilligt. Vor diesem Hintergrund und aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 GG) hält der Senat die Gewährung eines Abschlags von 5 % auch im Streitfall für sachgerecht. Der Wohnwert eines in einem Fluglärmgebiet liegenden Grundstücks wird sich immer nach den persönlichen Umständen des Bewohners und seiner Empfindlichkeit richten. Diese Gesichtspunkte müssen bei dem seiner Natur nach vergröbernden Massenverfahren der Einheitsbewertung aber außer Acht bleiben.
413. Bei der Ermittlung des Gebäudenormalherstellungswerts gemäß § 85 BewG ist die Lage des Grundstücks in Flughafennähe – entgegen der Auffassung der Kläger – nicht (erneut) zu berücksichtigen. Der Gebäudenormalherstellungswert wird auf der Grundlage von durchschnittlichen Herstellungskosten berechnet (§ 85 Satz 1 BewG). Das FA hat zutreffend die Bauteil-Preistabelle für im Sachwertverfahren zu bewertende Ein- und Zweifamilienhäuser der Anlage 16 zu Abschnitt 38 Abs. 4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die Richtlinien zur Bewertung des Grundvermögens (BewRGr), Anhang 22, herangezogen und Raummeterpreise anhand von – unstreitig vorliegenden – Ausführungsarten für Dach, Fassade und Mauerwerk ermittelt. Die Lage des Grundstücks am Flughafen hat auf den Raummeterpreis aufgrund einer bestimmten Ausführungsart keinen Einfluss. Sie kann lediglich im Rahmen einer Ermäßigung oder Erhöhung des Gebäudesachwerts nach § 88 BewG Berücksichtigung finden.
424. Nach der genannten Bauteil-Preistabelle ist auch die Beurteilung des FA, der Kellerausbau entspreche einer mittleren Ausführungsart, gerechtfertigt. Denn der Keller des Einfamilienhauses der Kläger ist zu einem Schwimmbad ausgebaut. Die nächstniedrigere Ausführungsstufe (gering, ohne besonderen Aufwand) trifft daher nicht zu. Die Bezeichnung der mittleren Ausführungsart mit „mehrere Räume ausgebaut als Wohnräume oder gut ausgestattete Bar und dergleichen“ in der Bauteil-Preistabelle ist lediglich beispielhaft zu verstehen. Durch die Berücksichtigung des Kellerausbaus bei der Ermittlung des Gebäudenormalherstellungswerts wird das Schwimmbad auch nicht doppelt bewertet. Der Zuschlag i.H.v. 40.000 DM (40 m2 x 1.000 DM) betrifft allein das Schwimmbecken, nicht den zum Badebereich ausgebauten Keller.
435. Auch die Annahme des FA, das Schwimmbecken sei 40 m2 groß, begegnet keinen Bedenken. Sie entspricht dem Inhalt eines von den Klägern im Verwaltungsverfahren übersandten Grundrisses, in dem die Seitenlängen des Beckens mit 4 m und 10 m angegeben sind. Im Klageverfahren haben sich die Kläger im Übrigen nur vage zur Größe des Beckens geäußert.
44III. Die Klage gegen den Grundsteuermessbescheid ist ebenfalls unbegründet (vgl. BFH-Urteil vom 27.06.2018 I R 13/16, BFHE 262, 340, BStBl II 2019, 632, Rz 20), da der Einheitswertbescheid als Grundlagenbescheid Bindungswirkung für den Grundsteuermessbescheid als Folgebescheid entfaltet. Die Feststellung des Einheitswerts kann im Klageverfahren gegen den Grundsteuermessbescheid nicht auf ihre materielle Richtigkeit hin geprüft werden.
45IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
46V. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 FGO) liegen nicht vor.