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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Streitig ist, ob Zinsen, die der Kläger von einer niederländischen Kapitalgesellschaft erhalten hat, bei ihm der tariflichen Einkommensteuer (ESt) nach § 32a Abs. 1 EStG oder dem besonderen Steuersatz des § 32d Abs. 1 EStG (sog. Abgeltungsteuer) unterliegen.
3Die Kläger sind Ehegatten und werden im Streitjahr 2011 zusammen zur ESt veranlagt. Der Kläger ist Alleingesellschafter der in den Niederlanden ansässigen A- Holding BV, welche wiederum Alleingesellschafterin der ebenfalls in den Niederlanden ansässigen B- BV ist. Der Kläger erzielt als Geschäftsführer der B- BV Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Zudem hatte er der B- BV verschiedene Darlehen zu einem Zinssatz von 8 % gewährt, aus denen ihm im Jahr 2011 Zinsen i.H.v. … € zugeflossen sind. Dieser Sachverhalt ist zwischen den Beteiligten unstreitig; Streit besteht allein über die Art und Weise der Besteuerung der vorgenannten Zinsen.
4In der ESt-Erklärung 2011 (Kz. 99/54/230 der Anlage KAP) erklärte der Kläger Kapitalerträge, die nicht dem inländischen Steuerabzug unterlegen haben, i.H.v. …. €. Im ESt-Bescheid 2011 besteuerte der Beklagte diese Kapitalerträge mit dem besonderen Steuersatz des § 32d Abs. 1 EStG. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
5Am 28.12.2016 (Zustellung mit Zustellungsurkunde am 29.12.2016) erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid, mit dem er die ESt 2011 von bislang … € auf … € heraufsetzte. Dabei erfasste er die Darlehenszinsen i.H.v. … €, die der Kläger von der B- BV erhalten hatte, nunmehr als der tariflichen ESt unterliegende Einkünfte aus Kapitalvermögen; zugleich wurden die der Abgeltungsteuer unterliegenden Kapitaleinkünfte aus nicht streitigen Gründen auf … € korrigiert.
6Der gegen den Änderungsbescheid eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 16.04.2018 als unbegründet zurückgewiesen. Der Beklagte hielt dabei daran fest, dass die Darlehenszinsen der tariflichen ESt nach § 32a Abs. 1 EStG zu unterwerfen seien. Bei den von dem Kläger bezogenen Zinsen handele es sich unstreitig um Kapitalerträge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Solche seien gem. § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG jedoch von der Abgeltungsteuer ausgenommen, wenn sie von einer Kapitalgesellschaft an einen Anteilseigner bezahlt würden, der zu mindestens 10 % an der Gesellschaft beteiligt sei; dies gelte auch, wenn der Gläubiger der Kapitalerträge eine dem Anteilseigner nahe stehende Person sei. Bei dem Kläger – als Gläubiger der Kapitalerträge – handele es um eine nahe stehende Personen im Sinne der o.g. Vorschrift. Durch die unmittelbare 100%ige Beteiligung an der A- Holding BV (Anteilseigner-Kapitalgesellschaft), die wiederum zu 100 % an der B-BV (Schuldner-Kapitalgesellschaft) beteiligt sei, seien die Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG erfüllt. Durch die mittelbare Beteiligung an der Darlehensnehmerin und seiner Tätigkeit als alleiniger Geschäftsführer habe der Kläger beherrschenden Einfluss auf die geschäftlichen Belange der Gesellschaft und sei damit in der Lage, die eigenen wirtschaftlichen Interessen in Bezug auf die Darlehensvertragsmodalitäten durchzusetzen.
7Entgegen der Auffassung des Klägers sei die Vorschrift des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG auch nicht auf Inlandssachverhalte beschränkt. Im Gegensatz zum Ausnahmetatbestand des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG, der auf die inländische Besteuerung abstelle, enthalte der Gesetzestext des Buchstaben b keine diesbezügliche Einschränkung. Eine solche Einschränkung würde auch nicht dem Sinn und Zweck des § 32d Abs. 1 EStG entsprechen, der darin bestehe, die Standortattraktivität Deutschlands im internationalen Wettbewerb für private Anleger zu erhöhen (Verweis auf BFH, Urteil vom 29.04.2014 – VIII R 23/13, BStBl II 2014, 884).
8Die Kläger haben sodann Klage erhoben. Sie begründen diese wie folgt:
9Zwar sei es richtig, dass der Kläger – mittelbar – zu mehr als 10 % an der B- BV beteiligt sei bzw. eine dieser Gesellschaft nahe stehende Person sei. Jedoch gelte § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG nicht für Kapitalgesellschaften mit Sitz im Ausland. Dies ergebe sich aus einer teleologischen Reduktion des Gesetzestextes. Eine derartige Auslegung sei schon deshalb zwingend geboten, weil die Vorschrift ansonsten verfassungswidrig sei, weil wesentlich gleiche Sachverhalte steuerlich unterschiedlich behandelt würden. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf Seite 5 bis 9 der Klageschrift Bezug genommen.
10Die Kläger beantragen,
11den ESt-Bescheid 2011 vom 28.12.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.04.2018 dahingehend zu ändern, dass die von der B- BV an den Kläger gezahlten Zinsen i.H.v. … € mit dem besonderen Steuersatz des § 32d Abs.1 EStG besteuert werden,
12hilfsweise, das Verfahren gemäß Art. 100 GG i.V.m. § 80 BVerfGG auszusetzen und dem BVerfG die Frage vorzulegen, ob § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG in der Fassung vom 08.12.2010 wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Artikel 3 Abs. 1 GG) verfassungswidrig ist,
13äußerst hilfsweise, die Revision zuzulassen.
14Der Beklagte beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Er verweist auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
17Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die vorgelegten Steuerakten Bezug genommen.
18Entscheidungsgründe:
19I. Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).
20II. Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
21Der ESt-Bescheid 2011 vom 28.12.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Darlehenszinsen, die der Kläger von der B- BV erhalten hat, nicht dem besonderen Steuertarif des § 32d Abs. 1 EStG, sondern der tariflichen ESt nach § 32a EStG unterliegen.
221) Gemäß § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG beträgt die ESt für Einkünfte aus Kapitalvermögen, die nicht unter § 20 Abs. 8 EStG fallen, 25 % (sog. Abgeltungsteuer). Gemäß § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG a.F.) gilt der gesonderte Steuertarif des § 32d Abs. 1 EStG allerdings nicht, wenn Kapitalerträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG von einer Kapitalgesellschaft an einen Anteilseigner gezahlt werden, der zu mindestens 10 % an der Gesellschaft oder Genossenschaft beteiligt ist. Dies gilt auch, wenn der Gläubiger der Kapitalerträge eine dem Anteilseigner nahe stehende Person ist.
232) Die Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG a.F. liegen im Streitfall vor. Bei den Schuldzinsen, die die B- BV an den Kläger gezahlt hat, handelt es sich um Kapitalerträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, die von einer Kapitalgesellschaft bezahlt wurden. Auch besteht ein hinreichendes Näheverhältnis. Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 20.10.2016 – VIII R 27/15, BStBl II 2017, 441) sind die persönlichen Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 EStG auch dann erfüllt, wenn der Gläubiger der Kapitalerträge selbst nicht zu mehr als 10 % an der Schuldner-Kapitalgesellschaft beteiligt ist, er aber Mehrheitsgesellschafter einer anderen Kapitalgesellschaft ist, welche ihrerseits an der Schuldner-Kapitalgesellschaft zu mindestens 10 % beteiligt ist. So verhält es sich auch hier. Der Kläger (Gläubiger der Kapitalerträge) ist Alleingesellschafter der A- Holding BV (Anteilseigner-Kapitalgesellschaft), welche ihrerseits Alleingesellschafterin der B- BV (Schuldner-Kapitalgesellschaft) ist.
243) Eine Auslegung des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG a.F. dahingehend, dass die Vorschrift nur auf im Inland ansässige Schuldner-Kapitalgesellschaften Anwendung findet, scheidet aus.
25Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist maßgebend für die Interpretation eines Gesetzes der in ihm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers. Der Feststellung des zum Ausdruck gekommenen objektivierten Willens des Gesetzgebers dienen die Auslegung aus dem Wortlaut der Norm (grammatikalische Auslegung), aus dem Zusammenhang (systematische Auslegung), aus ihrem Zweck (teleologische Auslegung) sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung). Zur Erfassung des Inhalts einer Norm darf sich der Richter dieser verschiedenen Auslegungsmethoden gleichzeitig und nebeneinander bedienen. Gegen seinen Wortlaut ist die Auslegung eines Gesetzes allerdings nur ausnahmsweise möglich, wenn nämlich die wortgetreue Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führt, das vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt sein kann (zu allem BFH, Urteil vom 28.01.2015 – VIII R 13/13, BStBl II 2015, 393 m.w.N.).
26a) Der Wortlaut des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG a.F. lässt keine Begrenzung auf Inlandssachverhalte erkennen. Ebenso wenig sprechen die systematische, die historische und die teleologische Auslegung der Vorschrift für eine derartige Einschränkung des Anwendungsbereichs.
27§ 32d EStG wurde durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.08.2007 (BGBl. I 2007, 1912) in das Einkommensteuergesetz aufgenommen. Grundlegendes Ziel der Einführung eines abgeltenden Steuersatzes für Kapitalerträge war es (BR-Drucks. 220/07, 97 ff.), die Attraktivität und die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Finanzplatzes zu verbessern, um den Kapitalabfluss ins Ausland zu bremsen. Das Interesse privater Anleger, Kapital allein aus steuerlichen Gründen ins Ausland zu verlagern, sollte gemindert werden. Um missbräuchliche Gestaltungen zu verhindern, wurden in § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG verschiedene Ausnahmeregelungen formuliert, unter denen u.a. Darlehenszinsen weiterhin der tariflichen ESt unterliegen sollten. So sollte es nach der Ursprungsversion des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG für den Ausschluss der Abgeltungsteuer schon ausreichend sein, dass Gläubiger und Schuldner einander nahe stehende Personen sind. Mit dem Jahressteuergesetz 2010 vom 08.12.2010 (BGBl. I 2010, 1768) wurde § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG jedoch dahingehend ergänzt, dass der Ausschluss von der Abgeltungsteuer nur noch gilt, „soweit die den Kapitalerträgen entsprechenden Aufwendungen beim Schuldner Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Zusammenhang mit Einkünften sind, die der inländischen Besteuerung unterliegen und § 20 Absatz 9 Satz 1 zweiter Halbsatz keine Anwendung findet“. Begründet wurde die Erweiterung damit (BT-Drucks. 17/3549, 19), dass die Ausnahmeregelung auf die Fälle beschränkt werden solle, in denen eine Steuersatzspreizung (Abzug der gezahlten Entgelte als Werbungskosten/Betriebsausgaben mit Wirkung des individuellen Steuersatzes einerseits und Besteuerung der vereinnahmten Erträge mit dem Abgeltungsteuersatz andererseits) gestaltet werden könnte, da nur insoweit ein Regelungsbedürfnis bestehe. Eine zeitgleiche Änderung des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG ist nicht erfolgt und wurde auch nicht im Bundestag diskutiert. Der Ausnahmetatbestand zu Buchst. b galt im Streitjahr 2011 vielmehr noch in seiner Ursprungsversion fort, welche – anders als die geänderte Fassung des Buchst. a – gerade keine Einschränkung dahingehend enthält, dass die den Kapitalerträgen entsprechenden Aufwendungen beim Schuldner (d.h. der Kapitalgesellschaft) Betriebsausgaben oder Werbungskosten sein müssen. Der Umstand, dass lediglich Buchst. a – nicht aber Buchst. b – geändert wurde, schließt sowohl in systematischer als auch in historischer Hinsicht eine Auslegung des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG in dem von den Klägern gewünschten Sinne aus.
28b) Das Gleiche gilt auch für die teleologische Auslegung. Denn das mit der Einführung der Abgeltungsteuer bezweckte Ziel, den Kapitalabfluss ins Ausland zu bremsen, kann durch eine Anlage, bei der das Kapital - wie hier bei der Darlehensgewährung an die B- BV - ins Ausland abfließt, schlechterdings nicht erreicht werden. Die von dem Kläger gewünschte Auslegung, die zu einer Privilegierung der ausländischen Geldanlage durch Anwendung der Abgeltungsteuer führen würde, würde dem Gesetzeszweck somit entgegenstehen.
294) Etwas anders ergibt sich auch nicht daraus, dass § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG durch das Jahressteuergesetz 2020 vom 21.12.2020 (BGBl. I S. 3096) den gleichen Zusatz wie Buchst. a erhalten hat. Nach der aktuellen Version der Vorschrift gilt der Ausschluss von der Abgeltungsteuer nur noch, soweit die den Kapitalerträgen entsprechenden Aufwendungen beim Schuldner Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Zusammenhang mit Einkünften sind, die der inländischen Besteuerung unterliegen und § 20 Abs. 9 Satz 1 zweiter Halbsatz EStG keine Anwendung findet. Darlehenszinsen, die von einer ausländischen Kapitalgesellschaft geleistet werden, werden von der Vorschrift folglich nicht mehr erfasst.
30Die Gesetzesänderung entfaltet allerdings keine Rückwirkung. Vielmehr ist § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG in seiner neuen Fassung nur auf Kapitalerträge anzuwenden, die nach dem 31.12.2020 erzielt werden (§ 52 Abs. 33b Satz 1 EStG). Wurde der Darlehensvertrag - wie hier - schon vor dem 01.01.2021 geschlossen, greift die Neuregelung sogar erst ab dem Veranlagungszeitraum 2024 (§ 52 Abs. 33b Satz 2 EStG).
31Auch ist die Neureglung kein Indiz dafür, dass es schon immer der Wille des Gesetzgebers gewesen ist, im Ausland ansässige Schuldner-Kapitalgesellschaften vom Anwendungsbereich des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG auszuschließen. Denn mit dieser wurden ausweislich der Gesetzesmaterialien (BR-Drucks. 503/20, 87, 88 und BT-Drucks. 19/22850, 81) andere Ziele verfolgt. Dort wird darauf verwiesen, dass der Ausschluss des Abgeltungsteuertarifs hinsichtlich der Verluste und Gewinne aus der Veräußerung einer Darlehensforderung eines Gesellschafters insoweit nicht gerechtfertigt sei, als den betreffenden Einkünften des Gesellschafters auf Seiten der Gesellschaft keine Betriebsausgaben gegenüberstünden; durch die Neuregelung werde sichergestellt, dass nur solche Einkünfte des Gesellschafters aus dieser Forderung gegenüber der Gesellschaft nach § 32a EStG tariflich besteuert würden, die auf Seiten der Gesellschaft Betriebsausgaben darstellen würden. Darüber hinaus sollte die Neuregelung dazu dienen, missbräuchlichen Gestaltungen entgegenzuwirken, bei denen die Ausnahmevorschrift ausgenutzt werde, um künstlich erzeugte Verluste i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG in voller Höhe mit tariflich versteuerten Einkünften zu verrechnen. Den Verlusten - so die o.g. Materialien - lägen meist korrespondierende positive Kapitalerträge zugrunde, die jedoch nicht unter die Ausnahmeregelung des § 32d Abs. 2 EStG fielen, sondern dem günstigen Abgeltungsteuertarif unterlägen. Die Frage, in welchem Land (Inland/Ausland) die Schuldner-Kapitalgesellschaft ihren Sitz hat, wurde dagegen mit keinem Wort thematisiert. Folglich handelt es sich bei dem Umstand, dass künftig auch ausländische Schuldner-Kapitalgesellschaften aus dem Anwendungsbereich des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG fallen, nicht um den Zweck, sondern nur um eine bloße Nebenfolge der Neuregelung.
325) Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG bestehen nicht. Zwecks Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die diesbezüglichen Ausführungen des BFH in dem Urteil vom 29.04.2014 – VIII R 23/13, BStBl II 2014, 884.
33Ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin:
34Die Kläger leiten eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung i.S.d. Art. 3 GG daraus ab (Seite 9 der Klageschrift), dass Zinsen aus Darlehen an eine „ausländische natürliche Person“ oder an eine „inländische natürliche Person, der kein Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzug zusteht“, mit der Abgeltungsteuer besteuert werden könnten, während dies bei Zinsen aus Darlehen an ausländische Kapitalgesellschaften nicht möglich sei. Für eine steuerlich unterschiedliche Behandlung dieser Sachverhalte bestehe kein sachlicher Grund. Bei dieser Argumentation übersehen die Kläger jedoch, dass die benannten Sachverhalte nicht wesentlich gleich sind und schon aus diesem Grund keine gleiche steuerliche Behandlung erfordern. Denn Darlehen, die ein zu mindestens 10 % beteiligter Anteilseigner „seiner“ Kapitalgesellschaft oder einer ihm nahe stehenden Kapitalgesellschaft gewährt, werden – anders als die von § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG erfassten Darlehen an natürliche Personen – regelmäßig nicht nur zwecks Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen gewährt, sondern vielmehr dienen diese Darlehen typischerweise auch (wenn nicht sogar überwiegend) der Finanzierung der Gesellschaft. Sobald (auch) eine Gesellschaftsfinanzierung bezweckt ist, befindet sich der Anteilseigener als Darlehensgeber jedoch in einer völlig anderen Situation als jemand, der sein Kapitalvermögen lediglich ertragbringend anlegen möchte. Denn während sich Letzterer durchaus die Frage stellen kann, ob er sein Kapitalvermögen lieber im Inland oder im Ausland anlegen möchte (wobei die Abgeltungsteuer einen Anreiz für eine Anlage im Inland bieten kann), beschränkt sich für Ersteren die Auswahl im Wesentlichen darauf, ob er die Kapitalgesellschaft durch Eigenkapital oder durch Fremdkapital unterstützt. Denn mit anderen Geldanlagen kann er das Ziel, „seiner“ Gesellschaft Kapital zuzuführen, nicht erreichen.
35Dem Gesetzgeber war dies bei der Einführung der Abgeltungsteuer bewusst und er hat hierzu in den Gesetzesmaterialien (BR-Drucks. 220/07, 97) Folgendes ausgeführt (Unterstreichung durch das Gericht): „Die unterschiedliche Behandlung der einzelnen Kapitalerträge ist im Übrigen gerechtfertigt, da es ein grundlegendes Ziel der Einführung des abgeltenden Steuersatzes für Kapitalerträge ist, die Attraktivität und die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Finanzplatzes zu verbessern, um den Kapitalabfluss ins Ausland zu bremsen, nicht jedoch, das Eigenkapital in die privilegiert besteuerte private Anlageebene zu verlagern und durch Fremdkapital zu ersetzen.“ Die Regelung des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG vereinfacht die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes bei Gesellschafterfremdfinanzierungen und beugt unerwünschten Gestaltungen vor, bei denen der Gesellschafter der Stärkung der Gesellschaft durch Fremdkapital den Vorzug vor einer Erhöhung des Eigenkapitals gibt, um vom Abgeltungsteuersatz zu profitieren (BFH, Urteil vom 29.04.2014 – VIII R 23/13, BStBl II 2014, 884, Rn. 18 - 19).
36Da sich die Frage, ob Eigen- oder Fremdkapital zugeführt werden soll, bei der Darlehensgewährung an natürliche Personen von vornherein nicht stellt, ist ein derartiger Sachverhalt nicht als Vergleichsfall i.S.d. Art. 3 GG geeignet. Geeigneter Vergleichsmaßstab für die Feststellung einer etwaigen verfassungswidrigen Ungleichbehandlung wäre im Streitfall vielmehr allein die Konstellation, dass Darlehensnehmerin eine inländische Kapitalgesellschaft ist. Die von einer inländischen Schuldner-Kapitalgesellschaft gezahlten Zinsen werden jedoch – wenn die übrigen Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG vorliegen – ebenfalls nicht mit dem besonderen Tarif des § 32d EStG, sondern mit dem allgemeinen Tarif des § 32a EStG besteuert. Eine Ungleichbehandlung ist mithin nicht festzustellen.
37III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wurde nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zugelassen.