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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat zu 91 v.H. die Klägerin und zu 9 v.H. das beklagte Finanzamt zu tragen.
Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
2Die Klage richtet sich gegen die Umsatzsteuerfestsetzung für 2012, mit der die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts – GbR -, bestehend aus den Eheleuten G als Gesellschaftern, für den Kauf zweier Wohnungen in Anspruch genommen wird.
3Die Eheleute G erwarben durch notarielle Verträge vom 20.08.2012 als Anlageobjekte zwei noch zu errichtende Wohnungen mit Vermietungsgarantie für 25 Jahre (§ 6 der notariellen Kaufverträge) in einem Seniorenpflege- und -wohnzentrum zum Preis von …… € und …… € (brutto) von der I GmbH & Co. A KG jeweils zu hälftigem Miteigentum. In § 5 Abs. 3 der notariellen Verträge ist jeweils Folgendes vereinbart: „Der Verkäufer verzichtet auf die Steuerbefreiung gemäß § 9 Abs. 2 UStG und weist darauf hin, dass für die Steuerschuld gemäß § 13 Abs. 1 b) UStG der Leistungsempfänger Steuerschuldner ist.“ Beabsichtigter Fertigstellungstermin im Sinne von Bezugsfertigkeit der Wohnungen war gemäß § 8 Abs. 2 der notariellen Kaufverträge der 01.10.2013. Nach Verkauf der Wohnungen war die I GmbH vertragsgemäß (§ 10 Abs. 2 der Kaufverträge) als Verwalterin der Abilien tätig und vermietete diese nach Fertigstellung langfristig an sich selbst. Auf den weiteren Inhalt der Kaufverträge wird in den Entscheidungsgründen Bezug genommen.
4Nachdem die Eheleute G im Mai 2015 vom Finanzamt unter Hinweis auf § 13b Abs. 2 Nr. 3 Umsatzsteuergesetz - UStG - als Grundstückserwerber zur Abgabe einer Umsatzsteuererklärung für 2012 aufgefordert worden waren, teilten sie dem Finanzamt mit Schreiben vom 23.06.2015 mit, dass sie die fälligen Umsatzsteuern seinerzeit an den Bauträger gezahlt hätten und eine Umsatzsteuererklärung aus ihrer Sicht nicht abzugeben sei, weil sie sich nicht als Unternehmer betrachteten. Dem Schreiben als Anlage beigefügt war ein Schreiben der Verkäuferfirma vom 30.09.2014, in dem diese Folgendes ausführt: „In der Anlage übersenden wir ihnen die Schlussrechnung und alle Unterlagen der Abrechnung. Es sind keine Zahlungen zu leisten. Bedenken sie jedoch, dass sie als Kostenschuldner gemäß § 13 b die Umsatzsteuer anmelden und gegebenenfalls als Vorsteuer geltend machen müssen.“
5Mit Schreiben vom 03.07.2015 wies das Finanzamt darauf hin, dass sich die Steuerschuldnerschaft der Eheleute G aus § 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG ergebe und die Umsatzsteuer auf den Verkauf der Immobilie nicht durch die Verkäuferfirma an das Finanzamt abgeführt worden sei.
6Ende Juli 2015 reichten die Eheleute G ein weiteres Schreiben der Verkäuferfirma vom 13.07.2015 ein, in dem diese auszugsweise wie folgt ausführt: „Wie sie ihrer damals übersandten Abrechnung entnehmen können, war die Umsatzsteuer im Kaufpreis enthalten und wurde ihnen auch ordnungsgemäß erstattet. Bei der Schlussrechnung und im Kaufvertrag wurden sie darüber belehrt, dass sie als Steuerschuldner gemäß § 13b UStG die Umsatzsteuer (19 % auf den Nettokaufpreis) beim Finanzamt anmelden müssen.“ Aus dem weiteren Inhalt des Schreibens ergibt sich, dass die hinsichtlich der Wohnungen zwischen den Eheleuten G und der I GmbH abgeschlossenen Mietverträge rückwirkend umsatzsteuerfrei gestellt wurden, nachdem die Vermieterfirma wohl ursprünglich versucht hatte, diesbezüglich zur Umsatzsteuerpflicht zu optieren. Die geänderten Mietverträge ohne Umsatzsteueroption vom 2.9.2014, die ihr die I GmbH übersandt hatte, fügten die Eheleute G dem Schreiben an das Finanzamt bei.
7Durch Schreiben vom 26.08.2015 weigerten sich die Eheleute G erneut, eine Umsatzsteuererklärung einzureichen, da sie weder Unternehmer noch eine juristische Person seien. Dies sei gemäß § 13b Abs. 5 i.V.m. 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG Voraussetzung für einen Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger.
8Unter dem 09.10.2015 erließ das Finanzamt daraufhin im Schätzungswege einen Umsatzsteuerbescheid für 2012, in dem es die steuerpflichtigen Umsätze aus dem Erwerb der beiden Wohnungen in Höhe von …….. € ansetzte, was eine Umsatzsteuer i.H.v. …… € auslöste. Den Bescheid adressierte das Finanzamt an die Wohnadresse der Eheleute G unter der Bezeichnung „G GbR“. Im Übrigen wurde in dem Bescheid ein Verspätungszuschlag i.H.v. …….. € festgesetzt.
9Gegen den Umsatzsteuerbescheid nebst Verspätungszuschlag legten die Eheleute G fristgemäß durch Schreiben vom 29.10.2015 Einspruch durch ihren aktuellen Prozessbevollmächtigten ein.
10Zur Begründung führten sie aus, der Bescheid sei fehlerhaft an eine GbR adressiert, obwohl die Eheleute G keinen für eine GbR, die Grundstücke erwerben wolle, erforderlichen Gesellschaftsvertrag in notarieller Form abgeschlossen hätten. Sie hielten das Eigentum an den beiden Wohnungen lediglich als Bruchteilsgemeinschaft. Auch die Eigentumseintragung im Grundbuch sei nicht als GbR erfolgt.
11Außerdem wendeten sie sich gegen die Umsatzsteuerfestsetzung mit der Begründung, die in den Kaufverträgen vom Verkäufer ausgesprochene Option zur Umsatzsteuer sei ins Leere gelaufen, da die veräußerten Wohnungen jeweils einen abgeschlossenen Vermietungs-Teilbetrieb im Sinne von § 1 Abs. 1a UStG darstellten und auf die „Steuerfreiheit“ einer Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht verzichtet werden könne. Bei den jeweils erworbenen Teilbetrieben handele es sich um Vermietungsunternehmen, bestehend aus dem zu vermietenden Wirtschaftsgut, einem abgeschlossenen Mietvertrag, einer Mietverwaltung und einer Mietgarantie.
12Dem Einspruch beigefügt waren zwei Abrechnungen der Verkäuferfirma an die Eheleute G hinsichtlich der beiden Wohnungen, aus denen sich ergibt, dass von der Verkäuferfirma die Kaufpreise i.H.v. …….. € und …… € jeweils als Bruttopreise verstanden wurden und den Eheleute G die in diesen Beträgen enthaltene Umsatzsteuer i.H.v. …… € von der Verkäuferfirma nach Zahlungseingang wieder zurückerstattet worden war. Die Eheleute G betrachten diese Abrechnungen als „fiktiv“.
13Auf den Hinweis des Finanzamts, seitens der zur Umsatzsteuerpflicht optierenden Verkäuferfirma sei eine umsatzsteuerpflichtige Vermietung bei Verkauf der Wohnungseinheiten beabsichtigt gewesen, teilte der Klägervertreter durch Schreiben vom 20.12.2016 mit, dass seitens der Eheleute G von Anfang an nur eine umsatzsteuerfreie Vermietung beabsichtigt gewesen sei. Entsprechendes werde auch der Veräußererseite unterstellt.
14Durch Einspruchsentscheidung vom 20.3.2017 änderte das Finanzamt den angefochtenen Umsatzsteuerbescheid zu Ungunsten der Klägerin ab und setzte die Umsatzsteuer unter Berücksichtigung der von den Eheleuten G vorgelegten Abrechnungen auf ….. € fest. In der Einspruchsentscheidung führt das Finanzamt aus, die Eheleute G hätten als GbR, deren Beteiligte sie seien, die beiden Eigentumswohnungen erworben. Die Eheleute G seien, unabhängig davon, ob sie als GbR oder als Bruchteilsgemeinschaft gehandelt hätten, als Unternehmer im Sinne des § 2 UStG anzusehen. Durch die gemeinsame Vermietung der beiden Wohnungen sei jedoch eine Personenvereinigung in Gestalt einer GbR entstanden. Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen seitens der Veräußererfirma liege nicht vor, denn die beiden Wohnungen hätten bei dieser Umlaufvermögen dargestellt, welches nur zur Veräußerung gedient hätte. Die Verkäuferin habe zur Umsatzsteuerpflicht optieren können, weil die Eheleute G als Unternehmer in der Rechtsform einer GbR gehandelt hätten. Gemäß §§ 9, 13b Abs. 1 Nr. 3, 13 Abs. 1b UStG schulde die Klägerin die Umsatzsteuer als Leistungsempfänger. Zu dem Verspätungszuschlag enthält die Einspruchsentscheidung vom 22.3.2017 keine Ausführungen.
15Durch Schreiben vom 30.04.2017 haben die Eheleute G Klage wegen Umsatzsteuer 2012 und Verspätungszuschlag hierzu „als Gesellschafter der behaupteten G GbR“ erhoben.
16Die Eheleute G weisen erneut darauf hin, dass der Umsatzsteuerbescheid gegen eine GbR, deren alleinige Gesellschafter sie sein sollen, und nicht gegen die Eheleute G als gesamtschuldnerisch haftende Bruchteilseigentümer ergangen sei. Das Finanzamt könne nicht eine GbR als eigenständiges Steuersubjekt durch entsprechende Bezeichnung in einem Steuerbescheid zum Entstehen bringen. Auch im Grundbuch seien die Eheleute G lediglich als Bruchteilseigentümer eingetragen. Der Bescheid sei daher falsch, da an eine nicht existierende GbR adressiert. Soweit das Finanzamt die Eheleute G als „Vermietungsunternehmen“ behandele, werde darauf hingewiesen, dass die beiden Wohnungen bereits ab dem Zeitpunkt des wirtschaftlichen Eigentumsübergangs an den Generalmieter I GmbH vermietet worden seien und die Nutzung auf der Endstufe zu Wohnzwecken und damit nach § 4 Nr. 12a UStG steuerfrei erfolge.
17Die Verkäuferfirma habe nach ihrem Geschäftsmodell sämtliche nicht sofort veräußerte Wohneigentumseinheiten bis zur Veräußerung an potentieller Anleger als von ihr selbst vermietete Eigentumseinheiten vorgehalten. Auch heute noch besitze die I GmbH & Co. A KG Wohnungen, die sie selbst vermiete und nicht veräußert habe. Dies zeige, dass auch auf Seiten der Verkäuferin eine zumindest subsidiäre Absicht zur dauerhaften Vermietertätigkeit bis zum Verkauf der Wohneinheiten bestanden habe. Deshalb seien die beiden Verkaufsvorgänge jeweils auch als Geschäftsveräußerung im Ganzen gemäß § 1 Abs. 1a UStG zu beurteilen.
18Da im Ergebnis keine Umsatzsteuer festzusetzen sei, sei auch der Verspätungszuschlag ersatzlos aufzuheben. Hilfsweise sei auf die Festsetzung eines Verspätungszuschlages zu verzichten bzw. dieser deutlich herabzusetzen, weil die Eheleute G offenkundig zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet werden sollten, zu deren Abgabe sie nach ihrer Rechtsauffassung nicht verpflichtet waren.
19Soweit hinsichtlich des Verspätungszuschlags keine Einspruchsentscheidung ergangen sei, seien vorliegend wegen Zeitablaufes die Voraussetzungen für die Erhebung einer Untätigkeitsklage erfüllt.
20Der Vertreter des beklagten Finanzamts hat in der mündlichen Verhandlung den streitigen Verspätungszuschlag aufgehoben. Diesbezüglich haben die Beteiligten daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.
21Die Klägerin beantragt nunmehr,
22den Umsatzsteuerbescheid für 2012 vom 09.10.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.03.2017 aufzuheben;
23hilfsweise, die Revision zuzulassen.
24Das beklagte Finanzamt beantragt,
25die Klage abzuweisen.
26Eine Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung komme nur in Betracht, wenn die Veräußererfirma den Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung rückgängig machen und den Eheleuten G Rechnungen ohne Umsatzsteuerausweis ausstellen würde.
27Im Übrigen hält das Finanzamt an seiner bei Erlass des Bescheides und im Einspruchsverfahren vertretenen Auffassung fest.
28Entscheidungsgründe:
29Die zulässige Klage ist unbegründet, denn die Klägerin ist durch den angefochtenen Umsatzsteuerbescheid für 2012, durch den sie als Leistungsempfängerin für die auf den Verkauf der beiden Wohneinheiten entfallenden Umsatzsteuer gemäß § 13 b Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 5 S. 1 UStG als Steuerschuldner herangezogen wird, nicht in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
30I. Das Gericht legt die Klage rechtsschutzwahrend als Klage der GbR aus, da eine Klage der einzelnen Gesellschafter mit der Begründung, die GbR habe nicht bestanden, gegen einen an die GbR gerichteten Umsatzsteuerbescheid unzulässig wäre (siehe hierzu Urteil des FG München, Urteil vom 17. Juni 2004 – 15 K 2725/04 –, juris).
31II. Vorliegend ist die Klägerin entgegen der Auffassung der Eheleute G existent und wird vom Finanzamt zu Recht als Steuerschuldnerin in Anspruch genommen (siehe hierzu unter II.2.2.)
32Gemäß § 13 b Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 5 S. 1 UStG schuldet der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer für steuerpflichtige Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, wenn er ein Unternehmer ist. Die Steuer entsteht nach § 13b Abs. 1 UStG mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind.
33Vorliegend haben die Eheleute G die Wohnungen durch notarielle Kaufverträge vom 20.08.2012 von der I GmbH und A Co. KG jeweils als hälftige Miteigentümer erworben, wobei die Verkäuferfirma jeweils ausdrücklich in § 5 Abs. 2 der notariellen Verträge auf die grundsätzlich gemäß § 4 Nr. 9 a) UStG bestehende Steuerfreiheit dieser Umsätze gemäß § 9 UStG verzichtet hat. Nach § 9 Abs. 1 UStG kann der Unternehmer unter anderem einen Umsatz, der nach § 4 Nr. 9 a) UStG steuerfrei ist, als steuerpflichtig behandeln, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird.
34Sämtliche Voraussetzungen dieser Vorschrift waren bei Verkauf der WohnAbilien an die Eheleute G erfüllt.
351. Die Übertragung der Wohnungseinheiten auf die Eheleute G erfolgte insbesondere - wie diese meinen - nicht im Rahmen einer gemäß § 1 Abs. 1a UStG nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen, sondern die Wohnungsverkäufe sind als steuerbare Lieferungen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG zu beurteilen.
36Ausweislich der notariellen Kaufverträge erwarben die Eheleute G die Wohnungen zu Miteigentumsanteilen von dem Bauträger und nicht von einem Vermietungsunternehmen. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BFH in dessen Urteil vom 12. August 2015 – XI R 16/14 –, BFHE 251, 275, ist deshalb für die von den Eheleuten G behauptete nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S.v. § 1 Abs. 1a UStG kein Raum. In dieser Entscheidung führt der BFH wie folgt aus:
37„Die Übertragung eines vermieteten Grundstücks führt dann zur Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S. von § 1 Abs. 1a UStG, wenn durch den mit dem Grundstückserwerb verbundenen Eintritt in den Mietvertrag ein Vermietungsunternehmen übernommen wird (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 11. Oktober 2007 V R 57/06, BFHE 219, 284, BStBl II 2008, 447, unter II.2.; vom 6. Mai 2010 V R 25/09, BFH/NV 2010, 1873, Rz 16; vom 5. Juni 2014 V R 10/13, BFH/NV 2014, 1600, Rz 11; jeweils m.w.N.).
38Es liegt aber keine Geschäftsveräußerung im Ganzen in diesem Sinne vor, wenn --was Bauträger betrifft-- die unternehmerische Tätigkeit des Veräußerers im Wesentlichen darin besteht, ein Gebäude zu errichten und Mieter/Pächter für die einzelnen Einheiten zu finden, um es im Anschluss an die Fertigstellung aufgrund bereits erfolgter Vermietung ertragssteigernd veräußern zu können (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 1. April 2004 V B 112/03, BFHE 205, 511, BStBl II 2004, 802; BFH-Urteile in BFHE 210, 146, BStBl II 2007, 61, unter II.1.a; vom 7. Juli 2005 V R 78/03, BFHE 211, 63, BStBl II 2005, 849, unter II.1.a bb; in BFHE 222, 170, BStBl II 2009, 254, unter II.1.c; in BFH/NV 2011, 854, Rz 22; jeweils m.w.N.; vgl. auch Friedrich-Vache, Mehrwertsteuerrecht 2014, 624).“
39Vorliegend ergibt sich aus den notariellen Kaufverträgen (siehe § 8 der Verträge), dass die beiden Wohnungen bei Abschluss der Kaufverträge noch gar nicht fertiggestellt und damit auch noch nicht vermietet waren. Avisierter Fertigstellungszeitpunkt im Sinne von Bezugsfertigkeit war hiernach der 01.10.2013. Der Verkäufer garantierte in § 6 der Verträge (Vermietungsgarantie zu einem festen Mietzins) jeweils den Abschluss eines Mietvertrages zwischen den Eheleuten G und einem Generalmieter mit einer Laufzeit von mindestens 25 Jahren beginnend nach Fertigstellung und Übergabe der Abilie ab dem auf die vollständige Kaufpreiszahlung folgenden Monatsersten. Dementsprechend erwarben die Eheleute G zwei, zum Zeitpunkt des Abschlusses des notariellen Vertrages im August 2012 noch nicht fertig gestellte Wohneinheiten, die nach Fertigstellung erstmalig von den Eheleuten G selbst als Eigentümern entsprechend eines vorgefassten Konzepts langfristig vermietet wurden. Mieterin der Abilien wurde die mit der Verkäuferfirma als persönlich haftende Komplementärin verbundene I GmbH, die zunächst vereinbarungsgemäß auch Verwalterin der Abilien war (siehe § 10 Abs. 2 der notariellen Kaufverträge vom 20.08.2012).
40Zumindest hinsichtlich der beiden hier streitigen Wohnungseinheiten kann der Veräußerungsvorgang in der konkreten vertraglichen Gestaltung (Veräußerung der Wohnungen bereits während der Bauphase, erstmalige Vermietung nach Bezugsfertigkeit durch die Käufer selbst) nicht als nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen in Gestalt der Übertragung eines Vermietungsteilbetriebes beurteilt werden. Ob in Bezug auf andere Wohnungsprojekte möglicherweise die Verkäuferfirma auch als Vermietungsunternehmen aktiv gewesen ist, mag dahingestellt bleiben.
412. Die Verkäuferfirma durfte auch gemäß § 9 Abs. 1 UStG hinsichtlich des grundsätzlich steuerfreien Verkaufs der Wohnungen an die Eheleute G zur Steuerpflicht optieren mit der Folge, dass gemäß § 13b Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 S. 1 UStG die Steuerschuld auf die Eheleute als Leistungsempfänger überging, weil die Eheleute G mit dem Erwerb der beiden Wohnungseinheiten zum Zweck der sich an die Fertigstellung anschließenden langfristigen Vermietung als eine Unternehmerin in der Rechtsform einer GbR anzusehen sind.
42Die Eheleute G haben die Abilien zwar als Bruchteilsgemeinschaft jeweils zu hälftigen Miteigentumsanteilen erworben und sich entsprechend als Miteigentümer im Grundbuch eintragen lassen, zugleich erfolgte allerdings der Erwerb und die sich hieran anschließende Vermietung durch die Eheleute G als Gesellschafter einer unternehmerisch tätigen GbR.
432.1. Die langfristige gemeinsame Vermietung der beiden Wohneinheiten, die bereits bei Abschluss der Kaufverträge von den Eheleuten G beabsichtigt war, ist eine unternehmerische Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG. Hiernach ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt (§ 2 Abs. 1 S. 1 UStG). Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmens (§ 2 Abs. 1 S. 2 UStG). Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht Gewinn zu erzielen, fehlt (§ 2 Abs. 1 S. 3 1.HS UStG.
44Für die Frage, ob jemand in diesem Sinne nachhaltig tätig ist, ist nach dem BFH-Urteil vom 18.Juli 1991 V R 86/87 (BFHE 165, 116, BStBl II 1991, 776) das Gesamtbild der Verhältnisse maßgebend. Die Nachhaltigkeit bestimmt sich aus einer Reihe verschiedener Merkmale, die je nach Einzelfall unterschiedlich ausgeprägt sein können. Zu diesen Merkmalen gehört die längerfristige Duldung eines Eingriffs in den eigenen Rechtskreis, wie sie bei einer auf Dauer angelegten Vermietung regelmäßig gegeben ist. Eine solche Duldung ist von der Rechtsprechung deshalb wiederholt als nachhaltig i.S. des § 2 Abs.1 UStG angesehen worden (vgl. BFH, Urteile vom 16. März 1993 – XI R 52/90 –, BFHE 171, 117, BStBl II 1993, 562; vom BFH, Urteil vom 07. November 1991 – V R 116/86 –, BFHE 166, 195, BStBl II 1992, 269). In Art. 9 Abs. 1 S. 3 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem – MWStSystRl - ist als wirtschaftliche Tätigkeit die Nutzung von körperlichen oder nichtkörperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen - wozu eindeutig die langfristige Vermietung von Abilien gehört - explizit benannt.
45Dem ist auch für den Streitfall zu folgen. Die auf viele Jahre angelegte Vermietung von zwei erworbenen Wohneinheiten begründet eine nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen und ist deshalb als unternehmerische Betätigung zu qualifizieren.
462.2. Dem Finanzamt ist auch darin zu folgen, dass sowohl der Erwerb der Wohnungen als auch die Vermietung der beiden Wohneinheiten durch die Eheleute G als Beteiligte einer unternehmerisch tätigen GbR im Sinne der §§ 705 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - erfolgte.
47Die GbR entsteht gemäß § 705 BGB durch den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages, durch den sich die Gesellschafter gegenseitig verpflichten, die Erreichung eines gemeinsamen Zwecks in der durch den Vertrag bestimmten Weise zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten.
48Vorliegend bestand bei den Eheleuten G bei Abschluss der beiden notariellen Kaufverträge mit der I GmbH & Co. A KG die Absicht, beide Wohnungen jeweils zu hälftigen Miteigentumsanteilen zu erwerben und diese nach Fertigstellung gemeinsam und langfristig zu vermieten (siehe die Vereinbarungen zur Vermietungsgarantie in § 6 der Verträge). Zumindest konkludent haben sie durch diese nach außen dokumentierte gemeinsame Absicht einen Vertrag über die Bildung einer GbR mit dem Gesellschaftszweck, Miteigentumsanteile an den beiden Wohnungen zu erwerben und aus der Vermietung der Wohnungen Mieteinnahmen zu erzielen, abgeschlossen
49Zur Erreichung dieses Zwecks stellten beide Eheleute G ihre Miteigentumsanteile der GbR als Gesellschafterbeiträge zur Verfügung. Nicht erforderlich war hierbei insbesondere, dass die beiden Wohnungen Gesamthandseigentum der GbR geworden sind, also die GbR als Eigentümerin ins Grundbuch eingetragen wird (nur in diesem Fall wäre eine notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrages erforderlich gewesen).
50Die Gesellschafter haben die vereinbarten Beiträge zu leisten (§ 705 BGB). Diese können auch in der Leistung von Diensten bestehen (§ 706 Abs. 3 BGB). Sind Sachen beizutragen, so müssen diese nicht zwingend in das gemeinschaftliche Eigentum (Gesamthandseigentum) übergehen (arg. § 706 Abs. 2 Satz 1 BGB), so dass auch die bloße Überlassung zur Nutzung in Betracht kommt (Stadie in: Stadie, Umsatzsteuergesetz, § 2 UStG Rdnr. 159).
51Auch bei Erwerb der Wohnungen handelten die Eheleute G gegenüber der Verkaufsfirma als Beteiligte einer unternehmerisch tätigen GbR, wobei es unbeachtlich ist, dass sie sich entschieden haben, die Wohnungen als Miteigentümer und nicht als Gesamthandeigentum der GbR zu erwerben
52Die unternehmerische Tätigkeit beginnt grundsätzlich bereits mit den ersten nach außen und auf die Ausführung entgeltlicher Leistungen gerichteten Handlungen. Hierzu gehören auch Vorbereitungshandlungen, wie etwa der Wareneinkauf vor Geschäftseröffnung. Die Vorbereitungshandlungen müssen jedoch hinreichend konkret auf eine unternehmerische Tätigkeit gerichtet sein (Korn in Bunjes, UStG, § 2 Rdnr. 163). Unternehmer i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG ist bereits, wer die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, eine unternehmerische Tätigkeit auszuüben, und erste Investitionsausgaben für diesen Zweck tätigt (vgl. BFH-Urteile vom 22. Februar 2001 V R 77/96, BFHE 194, 498, BStBl II 2003, 426, Leitsatz 1; vom 8. März 2001 V R 24/98, BFHE 194, 522, BStBl II 2003, 430, Leitsatz 1; vom 27. Januar 2011 V R 21/09, BFHE 233, 77, BStBl II 2011, 524, Rz 34, m.w.N.; BFH-Beschluss in BFHE 255, 328, UR 2017, 72, Rz 31).
53Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen zum Beginn der Unternehmereigenschaft sind die Eheleute G spätestens bei Erwerb der beiden Wohnungen in der bereits in den notariellen Kaufverträgen manifestierten Absicht, diese nach Fertigstellung gemeinsam langfristig zu vermieten und der I GmbH die Verwaltung zu übertragen, als Unternehmer in der Rechtsform einer GbR in Erscheinung getreten. Auch die Verkäuferfirma ist offensichtlich bei Abschluss der Kaufverträge davon ausgegangen, dass die Eheleute G aufgrund des Erwerbs und der Vermietung der Wohnungen ein Vermietungsunternehmen begründe und deshalb eine Option zur Steuerpflicht - welcher die Eheleute G im Übrigen bei den Notartermin offensichtlich nicht widersprochen haben - möglich sei.
54Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass der Verkauf der Wohnungen formal zu Bruchteilseigentum der Eheleute G und nicht als Gesamthandseigentum einer GbR erfolgte. Das Gericht hält insoweit die von Stadie (in UR 2019, 529 ff. – „Nichtanrufung des Großen Senats des BFH und Nichtvorlage beim EuGH zur Unternehmereigenschaft einer Bruchteilsgemeinschaft“) vertretene Auffassung für zutreffend, wonach bei gemeinsamer Leistungserbringung durch die Teilhaber einer Bruchteilsgemeinschaft diese von einer BGB-Gesellschaft überlagert werde. Dadurch, dass die unternehmerische Tätigkeit bereits mit den ersten Investitionsausgaben beginnt, ist folgerichtig auch bereits der Erwerb der Wohnungen zu Bruchteilseigentum durch die personengleiche GbR überlagert, da bei Erwerb der Gesellschaftszweck i.S. des § 705 BGB, die Wohnungen langfristig gemeinsam zu vermieten, bereits bestand und nach außen durch Abschluss der Kaufverträge auch mitgeteilt wurde.
55Dementsprechend ist die von den Eheleuten G gebildete Vermietungs-GbR materiellrechtlich Steuerschuldnerin der auf die Veräußerung der Abilien entfallenden Umsatzsteuer gemäß § 13b Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 S. 1 UStG.
56Dies impliziert wiederum, dass auch die Bezeichnung in dem streitigen Steuerbescheid als „GbR“ zutreffend ist und somit der Umsatzsteuerbescheid wirksam bekannt gegeben wurde.
57Die Klage war daher – nachdem das Finanzamt hinsichtlich des zunächst ebenfalls streitigen Verspätungszuschlags zur Umsatzsteuer 2012 eine Teilabhilfe erklärt hat – im verbliebenen Umfang abzuweisen.
58Die Kostenfolge beruht auf § 138 Abs. 2 FGO in Bezug auf den Verspätungszuschlag zur Umsatzsteuer 2012, im Übrigen auf § 135 Abs. 1 FGO.
59Die Entscheidung, die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, beruht auf § 139 Abs. 3 S. 3 FGO.
60Der Senat misst der Frage der umsatzsteuerlichen Abgrenzung der (nicht unternehmensfähigen) Bruchteilsgemeinschaft zu einer personengleichen wirtschaftlich tätigen GbR unter Berücksichtigung des BFH-Urteils vom 22. November 2018 – V R 65/17 –, BFHE 263, 90, grundsätzliche Bedeutung zu und lässt daher gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Revision zu.