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Der Steuerbescheid vom 11. Juli 2018 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 2018 wird aufgehoben, soweit mehr als …………. € Stromsteuer festgesetzt worden ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt 58 % und der Beklagte trägt 42 % der Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d:
2Die Klägerin betrieb im Kalenderjahr 2017 fünf mit Biomasse betriebene Blockheizkraftwerke. Drei Blockheizkraftwerke befanden sich an dem Betriebssitz der Klägerin. Ein Blockheizkraftwerk wurde in einem Schwimmbad und ein weiteres Blockheizkraftwerk wurde in einem Hospital genutzt.
3Die Klägerin betrieb die Blockheizkraftwerke mit dem von ihr hergestellten Biogas. Hierzu hatte sie Gasleitungen verlegen lassen. Der von ihr erzeugte Strom wurde grundsätzlich in das öffentliche Stromnetz eingespeist und von der A GmbH vermarktet. Die Klägerin selbst leistete den Strom nicht an Letztverbraucher. Sie entnahm jedoch von dem von ihr erzeugten Strom Mengen zur Stromerzeugung vor dem Einspeisepunkt über eine gesonderte Leitung der Biogasanlage. Teilweise bezog die Klägerin zusätzlich Strom von einem Versorger als sog. Überschusseinspeisung.
4Die A GmbH war durch eine Fernsteuerung der Blockheizkraftwerke in der Lage, jederzeit die jeweilige Ist-Einspeisung abzurufen und die Einspeiseleistung bedarfsgerecht zu erhöhen oder zu vermindern.
5Das beklagte Hauptzollamt erteilte der Klägerin mit Verfügung vom 27. November 2017 mit Wirkung ab dem 12. September 2017 die Erlaubnis, Strom als Versorgerin leisten zu dürfen.
6Auf Aufforderung des beklagten Hauptzollamts gab die Klägerin am 11. Juli 2018 eine Stromsteueranmeldung für den Zeitraum vom 1. April bis zum 31. Dezember 2017 ab. Hiervon habe sie in diesem Zeitraum …….. MWh zur Stromerzeugung entnommen.
7Das beklagte Hauptzollamt setzte gegen die Klägerin mit Bescheid vom 11. Juli 2018 unter Bezugnahme auf die Steueranmeldung „für das Kalenderjahr 2017“ Stromsteuer fest.
8Mit ihrem hiergegen eingelegten Einspruch trug die Klägerin vor: Der Strom sei nach
9§ 9 Abs. 1 Nr. 1 des Stromsteuergesetzes (StromStG) von der Steuer befreit. In den von ihr unterhaltenen Leitungen und Umspanneinrichtungen habe sich ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energieträgern befunden. Der Strom sei zudem vor der Einspeisung an den nachgelagerten Netzbetreiber entnommen worden. Darüber hinaus sei der Strom nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG von der Steuer befreit. Die einzelnen Blockheizkraftwerke an den drei Standorten wiesen jeweils eine elektrische Nennleistung von weniger als zwei Megawatt auf. Jedes Blockheizkraftwerk werde gesondert und unabhängig von den übrigen Standorten nach einem eigenen Fahrplan gesteuert. Das Direktvermarktungsunternehmen steuere jeden einzelnen Standort jeweils einzeln und nicht zentral. Im Übrigen sei zweifelhaft, ob § 12b Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des Stromsteuergesetzes (StromStV) dem Gesetzesvorrang genüge. Sie gelte überdies nach § 1a Abs. 5 StromStV nicht als Versorgerin.
10Das beklagte Hauptzollamt wies den Einspruch mit Entscheidung vom 24. Oktober 2018 zurück und führte aus: Die Steuerbefreiung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG gelte hier nicht. Zwar sei das Erfordernis der Ausschließlichkeit auch dann noch erfüllt, wenn Strom aus erneuerbaren Energieträgern erst innerhalb des Eigennetzes oder am Ort der Erzeugung mit Strom aus anderen Energieträgern vermischt werde. Der aus erneuerbaren Energien erzeugte Strom reiche nämlich vielfach nicht aus, um jederzeit den gesamten Energiebedarf eines Erzeugers abzudecken. Eine Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG sei jedoch regelmäßig ausgeschlossen, wenn ein Netz nicht dem Eigenverbrauch des Energieerzeugers diene. Da die Klägerin als Versorgerin Stromerzeugungsanlagen an drei Standorten betreibe, wobei der erzeugte Strom überwiegend in das öffentliche Stromnetz eingespeist werde, sei ihr Netz nicht als ein eigenes Netz, sondern als ein Versorgungsnetz anzusehen. Die Steuerbefreiung des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG greife gleichfalls nicht ein. Die von der Klägerin betriebenen Blockheizkraftwerke seien nach § 12b Abs. 2 Satz 1 StromStV als eine Anlage mit einer elektrischen Nennleistung von mehr als zwei Megawatt anzusehen. Das Direktvermarktungsunternehmen steuere die einzelnen Stromerzeugungsanlagen zentral. Der erzeugte Strom werde auch überwiegend in das Versorgungsnetz eingespeist.
11Die Klägerin hat am 20. November 2018 Klage erhoben.
12Das beklagte Hauptzollamt widerrief die der Klägerin erteilte Erlaubnis vom 27. November 2017 mit Verfügung vom 13. Dezember 2018, weil die Klägerin die Voraussetzungen des § 1a Abs. 7 i.V.m. § 1a Abs. 6 StromStV erfülle.
13Die Klägerin trägt vor: Der Strom sei nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG von der Steuer befreit gewesen. Unschädlich sei, dass sie zeitweise Strom auch von dem nachgelagerten Versorger bezogen habe, um den Betrieb der Biogasanlage aufrecht zu erhalten. Dieser Strom sei notwendig gewesen, um den Bedarf der Biogasanlage in Revisionszeiten sowie in Zeiten, in denen der von ihr erzeugte Strom nicht ausgereicht habe, zu decken. Im Übrigen habe sie den Strom nicht einem Versorgungsnetz entnommen, weil sie den Strom erzeugt habe. Jedenfalls gelte sie für den zusätzlich bezogenen Strom, der nicht aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt worden sei, nach § 1a Abs. 7 i.V.m. § 1a Abs. 6 StromStV als Letztverbraucherin und nicht als Versorgerin. Auch nach § 1a Abs. 5 StromStV gelte sie nicht als Versorgerin. Daneben sei der Strom nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG von der Steuer befreit. Bei den einzelnen Stromerzeugungsanlagen handele es sich um selbständig betriebene Standorte. Eine zentrale Steuerung gebe es nicht. Sämtliche Standorte hätten einen eigenen Fahrplan. Das Direktvermarktungsunternehmen steuere die Standorte unabhängig voneinander.
14Die Klägerin beantragt,
15den Steuerbescheid vom 11. Juli 2018 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 2018 aufzuheben.
16Das beklagte Hauptzollamt beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Zur Begründung trägt es vor: Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG seien nicht erfüllt, weil von einem einheitlichen Versorgungsnetz auszugehen sei. Der größte Teil des von der Klägerin erzeugten Stroms sei in das öffentliche Versorgungsnetz eingespeist worden bzw. daraus von einem Versorger entnommen worden. Die Blockheizkraftwerke seien als eine Anlage anzusehen, weil sie faktisch zentral gesteuert würden bzw. die Möglichkeit der zentralen Steuerung vorhanden sei. § 1a Abs. 6 und 7 StromStV sei im Streitfall noch nicht anwendbar. Die der Klägerin erteilte Erlaubnis sei jedoch widerrufen worden, weil die Voraussetzungen des § 1a Abs. 6 und 7 StromStV vorgelegen hätten.
19E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
20Die Klage ist nur zu einem Teil begründet. Der Steuerbescheid vom 11. Juli 2018 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 2018 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit damit mehr als ……. € Stromsteuer festgesetzt worden ist. Im Übrigen ist der Steuerbescheid vom 11. Juli 2018 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 2018 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
21Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 StromStG in der Fassung des Art. 2 des Gesetzes vom 1. März 2011 (BGBl. I, 282) entsteht die Steuer dadurch, dass vom im Steuergebiet ansässigen Versorger geleisteter Strom durch Letztverbraucher im Steuergebiet aus dem Versorgungsnetz entnommen wird, oder dadurch, dass der Versorger dem Versorgungsnetz Strom zum Selbstverbrauch entnimmt.
22Das beklagte Hauptzollamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass hinsichtlich des Stroms, den die Klägerin in dem Zeitraum vom 1. April bis zum 31. Dezember 2017 erzeugt hat und der in das Versorgungsnetz eingespeist worden ist, die Steuer nach § 5 Abs. 1 Satz 1 StromStG entstanden ist. Dabei geht der Senat auf Grund der Erläuterungen der Vertreter des beklagten Hauptzollamts in der mündlichen Verhandlung davon aus, dass sich der angefochtene Steuerbescheid nur auf den in der Steueranmeldung der Klägerin bezeichneten vorgenannten Zeitraum beziehen sollte. In dem Steuerbescheid hat das beklagte Hauptzollamt auf die von der Klägerin nur für diesen Zeitraum abgegebene Steueranmeldung Bezug genommen. Mithin sollte die Besteuerung nach der der Klägerin bekannten Rechtsauffassung der Zollverwaltung auch nur diesen Zeitraum erfassen. Die Besteuerung für den in dem Zeitraum vom 1. April bis zum 31. Dezember 2017 in das Versorgungsnetz eingespeisten Strom bezieht sich daher auf eine Teil-Menge). Für diese Menge ist nach dem Steuersatz des § 3 StromStG eine Steuer von ………. € festzusetzen.
23Die Teil-Menge ist nicht nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG von der Steuer befreit. Die Klägerin hat zwar unstreitig Strom aus erneuerbaren Energieträgern (§ 2 Nr. 1 StromStG) erzeugt. Der von ihr erzeugte Strom ist jedoch nicht aus einem ausschließlich mit Strom aus erneuerbaren Energieträgern gespeisten Netz oder einer entsprechenden Leitung entnommen worden. Die Menge von ………MWh ist vielmehr in das öffentliche Stromnetz eingespeist worden. Daher kann dieser Strom in dem nach § 5 Abs. 1 Satz 1 StromStG maßgebenden Zeitpunkt der Entnahme aus dem Versorgungsnetz nicht mehr aus einem ausschließlich mit Strom aus erneuerbaren Energieträgern gespeisten Netz entnommen worden sein (vgl. Wundrack in Bongartz/Jatzke/Schröer-Schallenberg, § 9 StromStG Randnr. 16; Möhlenkamp in Möhlenkamp/Milewski, StromStG § 9 Randnr. 4; Stein/Thoms, Energiesteuern in der Praxis, 2. Auflage, S. 227).
24Der in dem Zeitraum vom 1. April bis zum 31. Dezember 2017 in das Versorgungsnetz eingespeiste Strom ist auch nicht nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b StromStG von der Steuer befreit. Das scheitert schon daran, dass die Klägerin als Betreiberin der Anlagen diesen Strom nicht selbst an Letztverbraucher geleistet hat. Dies geschah vielmehr durch die A GmbH. § 9 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b StromStG setzt indes voraus, dass der Strom von demjenigen, der die Anlage betreibt oder betreiben lässt, an Letztverbraucher geleistet wird, die den Strom im räumlichen Zusammenhang zu der Anlage entnehmen (§ 12b Abs. 4 Satz 1 StromStV).
25Die Klägerin ist hinsichtlich des Stroms, der in das Versorgungsnetz eingespeist worden ist, nach § 5 Abs. 2 StromStG als Versorgerin Steuerschuldnerin geworden. Obgleich sie nicht selbst den Strom an Letztverbraucher geleistet hat, gilt sie gemäß § 1a Abs. 5 Satz 1 StromStV in der Fassung des Art. 3 der Verordnung vom 4. Mai 2016 (BGBl. I, 1158) als Versorgerin. Die Klägerin hat den Strom nicht in Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von bis zu zwei Megawatt erzeugt. Die vier von ihr in dem Zeitraum vom 1. April bis zum 31. Dezember 2017 betriebenen Blockheizkraftwerke hatten eine elektrische Nennleistung von insgesamt mehr als zwei Megawatt.
26Nach § 12b Abs. 2 Satz 1 StromStV gelten Stromerzeugungseinheiten an unterschiedlichen Standorten als eine Anlage zur Stromerzeugung im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG, sofern die einzelnen Stromerzeugungseinheiten zum Zweck der Stromerzeugung zentral gesteuert werden und der erzeugte Strom zumindest teilweise in das Versorgungsnetz eingespeist werden soll. Letzteres ist hinsichtlich der an dem Betriebssitz der Klägerin betriebenen Blockheizkraftwerke der Fall.
27Die einzelnen Stromerzeugungseinheiten (Blockheizkraftwerke) wurden auch zum Zweck der Stromerzeugung zentral gesteuert. Dies ist nach § 12b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StromStV insbesondere der Fall, wenn die einzelnen Stromerzeugungsanlagen nach § 36 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) vom 21. Juli 2014 (BGBl. I S. 1066), das zuletzt durch Art. 1 des Gesetzes vom 29. Juni 2015 (BGBl. I S. 1010) geändert worden ist, fernsteuerbar sind. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 Satz 1 EEG liegen vor. Die Klägerin hat die technischen Einrichtungen vorgehalten, die erforderlich waren, damit ein Direktvermarktungsunternehmen, an das der Strom veräußert wurde, jederzeit die jeweilige Ist-Einspeisung abrufen und die Einspeiseleistung ferngesteuert reduzieren konnte. Ferner hat sie einem Direktvermarktungsunternehmen die Befugnis eingeräumt, die jeweilige Ist-Einspeisung abzurufen und die Einspeiseleistung ferngesteuert in einem Umfang zu reduzieren, der für eine bedarfsgerechte Einspeisung des Stroms erforderlich und nicht nach den genehmigungsrechtlichen Vorgaben nachweislich ausgeschlossen ist.
28Nach den im Rahmen der Steueraufsichtsmaßnahme getroffenen Feststellungen (Bl. 6 der Verwaltungsakte) war die A GmbH durch eine Fernsteuerung der Blockheizkraftwerke in der Lage, jederzeit die jeweilige Ist-Einspeisung abzurufen und die Einspeiseleistung bedarfsgerecht zu erhöhen oder zu vermindern. Soweit die Klägerin geltend macht, dass jedes Blockheizkraftwerk gesondert und unabhängig von den übrigen Standorten nach einem eigenen Fahrplan gesteuert worden sei, steht dies der Annahme einer zentralen Steuerung im Sinne des § 12b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StromStV nicht entgegen. Der Umstand, dass die einzelnen Blockheizkraftwerke unabhängig voneinander jeweils von der A GmbH gesteuert worden sein sollen, ändert nämlich nichts daran, dass dieses Unternehmen gleichwohl sämtliche Stromerzeugungseinheiten zentral ferngesteuert hat (Bl. 7 der Verwaltungsakte).
29Anders als die Klägerin meint, genügt § 12b Abs. 2 StromStV dem Gesetzesvorrang. Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung in einem Gesetz bestimmt werden. Auf Grund des § 11 Satz 1 Nr. 8 Buchstabe a Satz 1 StromStG ist das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt worden, zur Sicherung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, zur Verfahrensvereinfachung und zur Vermeidung unangemessener wirtschaftlicher Belastungen Bestimmungen zu § 9 StromStG zu erlassen und dabei insbesondere die Voraussetzungen für die steuerbegünstigte Entnahme von Strom einschließlich der Begriffe näher zu bestimmen. Dies ist mit § 12b Abs. 2 StromStV geschehen. Insbesondere ist mit dieser Regelung der Begriff der Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von bis zu zwei Megawatt näher bestimmt worden.
30Die Ermächtigung des Bundesministeriums der Finanzen durch § 11 Satz 1 Nr. 8 Buchstabe a Satz 1 StromStG, den Begriff der Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von bis zu zwei Megawatt näher zu bestimmen, verstößt nicht gegen den Parlamentsvorbehalt. Der Parlamentsvorbehalt folgt aus dem Rechtsstaatsprinzip und dem Demokratiegebot. Er gebietet es, in grundlegenden normativen Bereichen, zumal im Bereich der Grundrechtsausübung, alle wesentlichen Entscheidungen dem Gesetzgeber zu überlassen. Die Normierungspflicht betrifft sowohl die Frage, ob ein bestimmter Gegenstand überhaupt gesetzlich geregelt werden muss, als auch, wie weit diese Regelungen im Einzelnen zu gehen haben (Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 6. Juli 1999 2 BvF 3/90, BVerfGE 101, 1 Randnr. 125). Unter den Parlamentsvorbehalt fällt im Steuerrecht jedenfalls die Festlegung der grundlegenden Merkmale wie Steuerschuldner, Steuergegenstand, Bemessungsgrundlage und Steuersatz (Bundesfinanzhof, Urteil vom 16. November 2011 X R 18/09, BFHE 235, 452).
31Eine derartige grundrechtsrelevante Regelung stellt die Bestimmung des Begriffs der Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von bis zu zwei Megawatt nicht dar. Zwar hat diese Begriffsbestimmung gemäß § 1a Abs. 5 Satz 1 StromStV auch Auswirkungen auf die Person des Steuerschuldners (§ 5 Abs. 2 StromStG). Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine mittelbare Folge der Begriffsbestimmung in § 12b Abs. 2 StromStV. Diese dient nämlich nach der Ermächtigungsnorm des § 11 Satz 1 Nr. 8 Buchstabe a Satz 1 StromStG lediglich dazu, die Voraussetzungen für die steuerbegünstigte Entnahme von Strom nach § 9 StromStG zu regeln und in diesem Zusammenhang die gesetzlich verwendeten Begriffe näher zu bestimmen. Bei der Regelung in § 12b Abs. 2 StromStV handelt es sich mithin nicht um eine Festlegung eines für die Besteuerung grundlegenden Merkmals wie der Person des Steuerschuldners.
32Auf § 1a Abs. 7 i.V.m. Abs. 6 StromStV in der Fassung des Art. 3 Nr. 2 der Verordnung vom 2. Januar 2018 (BGBl. I, 84) kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen, weil diese Bestimmungen erst mit Wirkung ab dem 1. Januar 2018 in Kraft getreten sind (Art. 13 Abs. 1 der Verordnung vom 2. Januar 2018).
33Der von der Klägerin zur Stromerzeugung entnommene Strom ist nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG von der Steuer befreit. Dem steht der Umstand, dass der Klägerin insoweit keine Erlaubnis gemäß § 9 Abs. 4 Satz 1 StromStG erteilt worden war, nicht entgegen.
34Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat zu der Steuerbefreiung des Art. 14 Abs. 1 Buchstabe a der Richtlinie 2003/96/EG (Richtlinie 2003/96) des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (ABl. EU Nr. L 283/51) entschieden, dass die Mitgliedstaaten für die Verletzung formeller Anforderungen zwar die Verhängung einer Geldbuße vorsehen dürfen. Eine solche Verletzung formeller Anforderungen könne jedoch die in Art. 14 Abs. 1 Buchstabe a der Richtlinie 2003/96 vorgesehene Befreiung nicht in Frage stellen, wenn die materiellen Voraussetzungen für ihre Anwendung erfüllt seien (EuGH, Urteile vom 27. Juni 2018 Rs. C-90/17, ECLI:EU:C:2018:498 Randnr. 44 sowie vom 7. November 2019 Rs. C-68/18, ECLI:EU:C:2019:933 Randnr. 59). Der Generalanwalt hat in seinen Schlussanträgen vom 7. März 2018 in der Rs. C-90/17 (ECLI:EU:C:2018:169) unter Randnr. 42 insoweit ausgeführt, die in Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2003/96 genannten Voraussetzungen dürften nicht dazu führen, dass der Anspruch auf Steuerbefreiung auch in Fällen, in denen es keine Anhaltspunkte für eine Steuerhinterziehung oder einen Missbrauch gebe, von der Erfüllung bestimmter formeller Erfordernisse abhänge. In dem der Rs. C-90/17 zugrunde liegenden Ausgangsrechtsstreit hatte die portugiesische Finanzbehörde die Steuerbefreiung wegen formeller Versäumnisse der dortigen Klägerin versagt, weil diese insbesondere nicht als Verteilerin von elektrischem Strom registriert worden war (EuGH, Urteil vom 27. Juni 2018 Rs. C-90/17, ECLI:EU:C:2018:498 Randnr. 11 und 15; Schlussanträge des Generalanwalts vom 7. März 2018 in der Rs. C-90/17, ECLI:EU:C:2018:169 Randnr. 39).
35Im Streitfall sind keine Anhaltspunkte für eine Steuerhinterziehung oder einen Missbrauch ersichtlich. Daher hat die Klägerin trotz des Fehlens der an sich nach § 9 Abs. 4 Satz 1 StromStG erforderlichen Erlaubnis nach Art. 14 Abs. 1 Buchstabe a der Richtlinie 2003/96 einen Anspruch auf die Steuerbefreiung für den von ihr zur Stromerzeugung entnommenen Strom. Wie bereits dargelegt, kann sie nicht als kleine Stromerzeugerin angesehen werden (Art. 21 Abs. 5 Unterabs. 3 Satz 2 der Richtlinie 2003/96).
36Der Umstand, dass die Klägerin mittlerweile einen Entlastungsantrag nach § 12a StromStV gestellt hat, ändert an dem auf einzelstaatlicher Ebene durch § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG begründeten Anspruch auf Steuerbefreiung nichts. Ein Antrag auf Steuerentlastung nach § 12a Abs. 1 Satz 1 StromStV ist nicht Gegenstand der Klage. Über den Antrag ist nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung noch nicht entschieden worden. Überdies setzt § 12a Abs. 1 Satz 1 StromStV nachweislich nach § 3 StromStG versteuerten Strom voraus. Hieran fehlt es, wenn der Strom bereits nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG von der Steuer befreit ist. Die Wahrnehmung unionsrechtlich begründeter Rechte kann zudem nicht von einem einzelstaatlich vorgesehenen Antragsverfahren abhängig gemacht werden (EuGH, Urteil vom 8. Juni 2016 Rs. C-479/14, ECLI:EU:C:2016:412 Randnr. 42).
37Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 151 Abs. 3, 155 Satz 1 FGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.