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1. Der Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer für den Zeitraum 01.01.2008 bis 31.05.2011 vom 27.11.2013, geändert durch Bescheid vom 23.06.2016, in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.06.2016 wird dahingehend ändert, dass der für Januar 2008 bis Mai 2011 festgesetzte Nachforderungsbetrag (Cockpit-Personal) reduziert wird: …
2. Unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 23.08.2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.06.2016 wird der Beklagte verpflichtet, die Lohnsteueranmeldungen für den Zeitraum Januar 2007 bis Dezember 2007 (Kabinenpersonal) zu mindern: …
3. Der Bescheid über die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung vom 27.11.2013 betreffend die Lohnsteueranmeldungen für den Zeitraum Januar 2008 bis Februar 2011 (a) bzw. Mai 2011 (b) in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.06.2016 wird gemindert:
a) hinsichtlich des Kabinenpersonals: …
b) hinsichtlich des Cockpit-Personals: …
4. Die darüber hinausgehende Klage wird abgewiesen.
5. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 15 v. H. und der Beklagte zu 85 v. H.
6. Die Revision wird zugelassen.
7. Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe des vollstreckbaren Betrages leistet.
T a t b e s t a n d
2Streitig ist die lohnsteuerliche Behandlung der Gestellung von Mahlzeiten an Bord von Flugzeugen für die Monate Januar 2007 bis Februar 2011 (Kabinenpersonal) und Januar 2008 bis Mai 2011 (Cockpit-Personal).
3Die X-KG ist Gesamtrechtsnachfolgerin der Y-GmbH.
4Ursprünglich bezog das gesamte Bordpersonal der Y-GmbH kostenlose Mahlzeiten auf allen Dienstflügen.
5Nach dem ab dem 01.01.2007 geltenden Manteltarifvertrag Nr. 11 (MTV Nr. 11) hatte das Kabinenpersonal (Cabin Crew) - unabhängig von der Dauer des einzelnen Fluges - Anspruch auf Bordverpflegung gegen Entgelt (§ 37 Abs. 1 Satz 1 MTV Nr. 11). Außerdem war die Y-GmbH gem. § 37 Abs. 1 Satz 2 MTV Nr. 11 verpflichtet, einen zusätzlichen Verpflegungskostenzuschuss an das Kabinenpersonal zu zahlen (sog. Abwesenheitsgeld). Die Höhe und Berechnung des Abwesenheitsgeldes richteten sich nach Anlage II zu diesem Vertrag (§ 37 Abs. 2 MTV Nr. 11). Danach sollten Grundlage für die Zahlung die jeweils gültigen einschlägigen steuerrechtlichen Bestimmungen bei In- und Auslandsreisen sein (§ 3 Abs. 2 der Anlage II).
6Darüber hinaus traf § 37 Abs. 3 MTV Nr. 11 die folgende Regelung:
7„Die Mitarbeiter des Flugpersonals haben bei Flugreisen von mind. 8 Std. neben den pauschalen Tagesgeldern zum Ersatz der Verpflegungsmehraufwendungen Anspruch auf ein zusätzliches Tagesgeld. Dieses entspricht der Summe der Sachbezugswerte der jeweils an Bord ausgegebenen Crew-Mahlzeiten. Die Crew-Mahlzeiten werden durch die Crew-Mitglieder im Wege der Verrechnung beglichen. Dabei wird das zusätzliche Tagesgeld mit dem Entgelt für die Mahlzeit verrechnet, ohne dass es zur Auszahlung an die Mitarbeiter kommt. Die Mitarbeiter haben keinen Anspruch auf Barauszahlung dieses Betrages.“
8Für das Cockpit-Personal galten ab dem 01.01.2007 die Regelungen des Manteltarif-vertrages Nr. 4 (MTV Nr. 4). Nach § 37 Satz 1 dieses Vertrages hatte auch das Cockpit-Personal Anspruch auf Bordverpflegung gegen Entgelt. Tatsächlich zahlte das Cockpit-Personal allerdings kein Entgelt, sondern bezog die Mahlzeiten unentgeltlich. Daneben hatte das Cockpitpersonal ebenfalls Anspruch auf einen Verpflegungskostenzuschuss in Form von Abwesenheitsgeld, dessen Höhe sich nach den Bestimmungen in den Lohnsteuerrichtlinien bei In- und Auslandsreisen richtete.
9Die Y-GmbH beantragte mit Schreiben vom 01.04.2008 beim Beklagten, dem Betriebsstättenfinanzamt, die Erteilung einer Anrufungsauskunft nach § 42e des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Darstellung betraf die Lohnversteuerung der zusätzlichen Tagesgelder nach § 40 Abs. 2 Nr. 4 EStG pauschal mit 25 %, die Verrechnung dieser Tagesgelder mit der Zuzahlung der Arbeitnehmer für die Verpflegung in Höhe der Sachbezugswerte als Ausgleich sowie die Annahme eines Zuflusses beim Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Verrechnung des Tagesgeldes. Letztlich bestätigte der Beklagte mit Schreiben vom 29.05.2008, dass eine Anrechnung auf den Sachbezug in voller Höhe erfolgen könne, da das gewährte erhöhte Tagesgeld seinerseits in voller Höhe pauschal besteuert werde.
10Sowohl für das Cockpit- als auch für das Kabinenpersonal nahm die Fluggesellschaft eine Pauschalbesteuerung i.H.v. 25 % der Sachbezugswerte der ausgegebenen Mahlzeiten vor. Ein zusätzliches Tagesgeld zahlte sie nicht aus. Die lohnsteuerliche Behandlung der sog. Abwesenheitsgelder ist und war zwischen den Beteiligten nicht streitig.
11Mit Schreiben vom 05.09.2011 beantragte die X-KG eine Änderung der Lohnsteueranmeldungen nebst Annexsteuern für den Zeitraum Januar 2007 bis Februar 2011 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 21.01.2010 VI R 51/08 (sog. „Flusskreuzfahrtschiff“-Urteil). Dieser Änderungsantrag betraf ausschließlich die dem Kabinenpersonal nach § 37 Abs. 3 MTV Nr. 11 gewährten zusätzlichen Tagesgelder. Zur Begründung führte die Fluggesellschaft wie folgt aus:
12Die Y-GmbH habe ihrem Bordpersonal während der Flugzeiten eine unentgeltliche Verpflegung an Bord der Flugzeuge gewährt. Dazu sei sie nach den europarechtlichen Vorschriften für Flugunternehmen gesetzlich verpflichtet. Diese sähen vor, dass Mitgliedern des Bordpersonals die Möglichkeit gegeben werden müsse, Mahlzeiten und Getränke zu sich zu nehmen, insbesondere wenn die „Flight Duty Period“ (= Flugdienstzeit) sechs Stunden überschreite. Werde die Vorschrift nicht eingehalten, erhalte die Fluggesellschaft keine Betriebserlaubnis innerhalb der EU.
13Eine Selbstversorgung der Arbeitnehmer in den Flugzeugen sei aus Gründen der Sicherheit, Hygiene und der fehlenden Unterbringungsmöglichkeiten an Bord nicht gestattet. Die an Bord befindlichen Essenszubereitungsgerätschaften seien nur für spezielle Mahlzeiten geeignet. Die Zubereitung von selbst mitgebrachten Mahlzeiten sei somit nicht durchführbar und es stünden auch keine separaten Örtlichkeiten für die Essenseinnahme bereit. Zudem dürfe die Crew während der „Flight Duty Period“ das Flugzeug grundsätzlich nicht verlassen. Auch der operative Ablauf während eines „Turn-Arounds“ (= Zeit, die ein Flugzeug während der Abfertigungstätigkeiten, wie Reinigungsarbeiten, Betankung, Be- und Entladung, Catering etc., am Boden verbleibt, bis das Luftfahrzeug zum vordefinierten Zeitpunkt wieder startklar ist) erlaube kein Verlassen des Flugzeugs. Deshalb sei eine Selbstversorgung, z.B. im Flughafengebäude, nicht möglich.
14Aufgrund der geschilderten Gegebenheiten erfolge die Speisengewährung an Bord, um einen reibungslosen Ablauf des Flugverkehrs zu gewährleisten und die für die Fluggesellschaften gültigen Vorschriften einzuhalten. Die Gewährung stehe deshalb im überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers. Das Interesse der Arbeitnehmer, die Verpflegung an Bord zu erhalten, trete demgegenüber in den Hintergrund. Den gewährten Mahlzeiten komme kein Entlohnungscharakter zu, sodass keine steuerlichen geldwerten Vorteile zu berücksichtigen seien.
15Die Höhe der beantragten Erstattung der bislang mit 25 % abgeführten Lohnsteuer betrage ….. € zuzüglich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer.
16Der Beklagte lehnte den Antrag im Bescheid vom 23.08.2012 ab. Er war der Ansicht, die Grundsätze des BFH-Urteils vom 21.01.2010 VI R 51/08 seien auf den Streitfall nicht zu übertragen. Im vom BFH entschiedenen Fall befinde sich die regelmäßige Arbeitsstätte an Bord des Schiffes, wohingegen bei den Crew-Mitgliedern der Einsatzflughafen die regelmäßige Arbeitsstätte darstelle. Bei mehrtägigen Einsätzen hätten die Crew-Mitglieder in der Regel die Möglichkeit, sich im Hotel oder in der Nähe des Flughafens zu versorgen. Im Fall der Arbeitnehmer an Bord eines Schiffes, welches bis zu 15 Tage auf Reise sei, sei diese Möglichkeit nicht gegeben.
17Zur Einhaltung der gesetzlichen EU-Regelung hätten die Mitarbeiter an Bord die Möglichkeit, in der Bordküche das Essen einzunehmen. Es stehe dem Flugpersonal auch frei, selbst zubereitete kalte Speisen mitzubringen. Bei den Flugeinsätzen des fliegenden Personals handele es sich deshalb um eine vorübergehende Abwesenheit von der regelmäßigen Arbeitsstätte, die als Dienstreisen nach den steuerlichen Reisekosten-grundsätzen abgerechnet werden könnten.
18Gegen den Bescheid legte die X-KG am 18.09.2012 Einspruch ein, mit welchem sie betonte, dass die vorliegend zu beurteilenden Crew-Mahlzeiten ausschließlich die Versorgung der Crew-Mitglieder an Bord der Passagierflugzeuge beträfen und nur bei einer Flugdienstzeit von über sechs Stunden ausgegeben würden. Ebenso wenig wie die Schiffsbesatzung hätten die Crew-Mitglieder die Möglichkeit zu „Landgängen“ während der Schiffsreise bzw. einem Aufenthalt außerhalb des Flugzeugs während der Flugdienstzeit. Diese Flugzeiten würden nicht nur bei Mittel- und Langstrecken erreicht, sondern auch bei mehreren aufeinanderfolgenden Kurzstreckenflügen, bei denen die Crew-Mitglieder das Flugzeug nicht verlassen dürften.
19Parallel zum Einspruchsverfahren führte das Finanzamt als Prüfungsamt bei der X-KG eine Lohnsteuer-Außenprüfung für den Zeitraum Januar 2008 bis einschließlich Mai 2011 durch. Prüfungsbeginn war der 25.06.2012. Im Bericht vom 16.10.2013 stellte die Prüferin fest, dass die nach dem MTV vorgesehenen erhöhten Tagesgelder und die Zuzahlung für die unentgeltlichen Mahlzeiten im Wege der Verrechnung nur für das Kabinenpersonal umgesetzt worden seien. Insoweit sei eine zutreffende Besteuerung nach § 40 Abs. 2 Nr. 4 EStG erfolgt; eine Minderung der angemeldeten Lohnsteuern komme nicht in Betracht. Für diesen Personenkreis sei - unabhängig von der Frage eines überwiegend eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers an der Verpflegung des Bordpersonals - steuerpflichtiger Arbeitslohn allein schon durch den arbeitsrechtlichen Anspruch auf das erhöhte Tagesgeld entstanden.
20Dem Cockpitpersonal seien die Mahlzeiten während der Auswärtstätigkeiten unentgeltlich gestellt worden, die nach R 8.1 Abs. 8 der Lohnsteuerrichtlinien (LStR) mit dem Sachbezugswert zu bemessen und zu versteuern seien. Die Versteuerung sei individuell beim Arbeitnehmer vorzunehmen und könne auf Antrag des Arbeitgebers mit einem nach § 40 Abs. 1 EStG ermittelten Pauschsteuersatz berechnet werden. Insoweit sei deshalb eine Nachversteuerung vorzunehmen. Die Berechnungsgrundlagen seien in Form einer Controlling-Auswertung für Lang- und Mittelstreckenflüge einvernehmlich mit dem Arbeitgeber abgestimmt worden.
21Auf der Grundlage der Prüfungsfeststellungen erließ der Beklagte am 27.11.2013 einen Haftungs- und Nachforderungsbescheid sowie einen Bescheid über die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung zu den Lohnsteueranmeldungen für den Zeitraum 01.01.2008 bis 31.05.2011. Hinsichtlich des vorliegend streitigen Sachverhalts enthält der Bescheid eine Lohnsteuer-Nachforderung zuzüglich Annexsteuern.
22Gegen die Bescheide legte die X-KG am 27.12.2013 Einspruch ein. Zur Begründung machte sie zunächst geltend, dass für das Cockpit-Personal für die mit dem amtlichen Sachbezugswert angesetzten Mahlzeiten bereits eine Pauschalversteuerung i.H.v. 25 % stattgefunden habe. Zugleich legte die X-KG Einspruch gegen die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung ein und machte geltend, dass die Lohnsteuer für die Anmeldezeiträume Januar 2008 bis Mai 2011 in unzutreffender Höhe festgesetzt worden sei. Vorliegend sei ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse der Fluggesellschaft gegeben. Hilfsweise werde die Pauschalbesteuerung nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 EStG beantragt, da der Arbeitgeber arbeitstäglich Mahlzeiten im Betrieb an die Arbeitnehmer unentgeltlich abgeben habe und die Mahlzeiten nicht als Lohnbestandteile vereinbart worden seien. Bei einem Flugzeug handele es sich um eine betriebliche Einrichtung der Y-GmbH und damit um einen Betrieb im Sinne der Vorschrift.
23Am 23.06.2016 erließ der Beklage einen geänderten Nachforderungsbescheid, mit dem - im Hinblick auf die bereits durchgeführte pauschale Besteuerung der Mahlzeiten für das Cockpit-Personal - der Lohnsteuer-Nachforderungsbetrag reduziert wurde.
24Der Beklagte wies die Einsprüche gegen die Ablehnung des Antrags auf Änderung der Lohnsteueranmeldungen für Januar 2007 bis Februar 2011 vom 23.08.2012 (Kabinenpersonal), gegen den Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer für Januar 2008 bis Mai 2011 vom 27.11.2013 (Cockpit-Personal) sowie gegen den Bescheid über die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung der Lohnsteueranmeldungen für Januar 2008 bis Mai 2011 vom 27.11.2013 mit Einspruchsentscheidung vom 24.06.2016 als unbegründet zurück. Er war der Ansicht, dass im Streitfall zwar eigenbetriebliche Interessen der Fluggesellschaft für eine unentgeltliche Gewährung der Verpflegung vorlägen. Diese überwiegten jedoch nach Würdigung der Gesamtumstände nicht die Interessen der verköstigten Besatzung. Von entscheidungserheblicher Bedeutung sei der Umstand, dass die Nahrungsaufnahme ein allgemeines menschliches Grundbedürfnis befriedige und deshalb in aller Regel ein erhebliches eigenes Interesse der Besatzung an der unentgeltlichen Zuwendung einer Mahlzeit durch den Arbeitgeber anzunehmen sei.
25Grundsätzlich treffe es zu, dass auf Grund mangelnder Verpflegung die Besatzung weniger einsatzbereit sein dürfte und somit ein Sicherheitsrisiko entstehen könnte, welches ggf. auch zum Entzug der Betriebserlaubnis führen könnte. Dem stehe jedoch entgegen, dass auch jedes einzelne Besatzungsmitglied ein Interesse daran habe, seinen Arbeitsplatz zu behalten und durch die Einnahmen der zur Verfügung gestellten Mahlzeiten einen reibungslosen und sicheren Flugablauf zu gewährleisten.
26Bei einem Flugzeug handele es sich nicht um einen außergewöhnlichen Arbeitseinsatzort im Sinne der Rechtsprechung. Eine betriebsfunktionale Zwangslage, wie sie in der Hochseeschifffahrt oder auf Offshore-Plattformen bestehe, sei nicht erkennbar. Der Besatzung werde während der Flüge Mahlzeiten zur Verfügung gestellt, sodass sie insoweit keine Vorkehrungen zu treffen habe und sich nicht selber verpflegen müsse. Diese Mahlzeitengestellung stelle für die Besatzung als Leistungsempfänger neben dem vereinbarten Arbeitslohn einen zusätzlichen materiellen Vorteil dar und werde als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der individuellen Arbeitskraft gewährt.
27Auch aus den europarechtlichen Vorschriften für Flugunternehmen ergebe sich, dass das Flugpersonal einen arbeitsrechtlicher Anspruch auf Mahlzeiten und Getränke habe, wenn nicht die Möglichkeit zur Einnahme von selbst beschafften und mitgebrachten Mahlzeiten und Getränken bestehe. Durch einen solchen arbeitsrechtlichen Anspruch würden die Mahlzeiten Bestandteil des Arbeitslohns und damit „für“ die Arbeitsleistung gewährt. Eine Vorteilsgewährung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse scheide dann aus.
28Nach § 37 Abs. 3 MTV Nr. 11 müsse die Besatzung bei einer Flugdauer unter acht Stunden ein Entgelt entrichten. Der arbeitgeberseitige Verzicht auf eine Entgeltforderung aus den Mahlzeiten führe zu Barlohn, der pauschalierungsfähig sei. Wegen der Einzelheiten der weiteren Begründung wird auf den Inhalt dieser Entscheidung hingewiesen.
29Hiergegen richtet sich die Klage, mit welcher geltend gemacht wird, dass die Gestellung der Crew-Mahlzeiten an das Kabinen- und Cockpit-Personal im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der Fluggesellschaft erfolgt sei und deshalb nicht zu Arbeitslohn führe. Die Mahlzeiten würden nur auf Passagierflügen und bei Flugzeiten von über sechs Stunden an die Crew-Mitglieder ausgegeben.
30Maßgeblich für diese Beurteilung sei zunächst die Tatsache, dass die Mahlzeitenge-stellung aus luftsicherheitsspezifischen Erwägungen erfolge. Das unmittelbare eigen-betriebliche Interesse ergebe sich aus der bestehenden gesetzlichen Verpflichtung. Die europarechtlichen Flugsicherheitsvorschriften bestimmten, dass Flugunternehmen der Besatzung die Möglichkeit zur Einnahme von Mahlzeiten und Getränken einräumen müssten, um jede Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit eines Besatzungsmitglieds zu vermeiden (vgl. Verordnung (EG) Nr. 859/2008 der Kommission vom 20.08.2008 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3922/91 des Rates in Bezug auf gemeinsame technische Vorschriften und Verwaltungsverfahren für den gewerblichen Luftverkehr mit Flächenflugzeugen, OPS 1.1130). Dies gelte insbesondere dann, wenn die Flugdienstzeit länger als sechs Stunden andauere.
31Mit der Regelung trage der Normgeber der erhöhten Gefährdungslage in Luftverkehr Rechnung. Die Fluggesellschaft müsse folglich zur Erhaltung ihrer bestehenden luftverkehrsrechtlichen Betriebserlaubnis die Möglichkeit der Verpflegung sicherstellen. Bei Nichteinhaltung drohe der Entzug der für die Durchführung des Passagiertransports obligatorischen Betriebserlaubnis. Darüber hinaus müsse die Fluggesellschaft aufgrund der ihr obliegenden Versicherungspflicht Sorge dafür tragen, dass der Flugbetrieb sichergestellt sei. Dies komme beispielsweise dadurch zum Ausdruck, dass Pilot und Co-Pilot stets unterschiedliche Mahlzeiten zu sich nehmen müssten, um der Möglichkeit eines krankheitsbedingten Ausfalls Rechnung zu tragen.
32Aus der EG-Verordnung folge kein arbeitsrechtlicher Anspruch des Flugpersonals. Es handele sich primär um eine eigene gesetzliche Verpflichtung der Fluggesellschaft.
33Da eine Selbstversorgung der Besatzungsmitglieder praktisch ausgeschlossen gewesen sei, habe die Fluggesellschaft ihre gesetzliche Verpflichtung ausschließlich durch die Gestellung von Mahlzeiten erfüllen können. Eine andere Verpflegungsmöglichkeit scheide aus. Die Möglichkeit zur Selbstverpflegung durch ein Verlassen des Flugzeugs zum Erwerb von Verpflegung im Flughafengebäude bestehe insbesondere nicht während der „Turn-Around-Zeiten“. Zwar existiere kein generelles Verbot für das Verlassen des Flugzeuges während der „Turn-Around-Periode“. Wegen der von der Besatzung in den „Turn-Around-Zeiten“ zu erfüllenden Aufgaben in fest vorgegebenen Zeitabschnitten sei ein Verlassen des Flugzeugs aber tatsächlich nicht möglich. Während der „Standard-Turn-Arounds“ müssten immer Mitglieder der Kabinen-und Cockpit-Crew anwesend sein, z. B. um den Betankungsvorgang zu überwachen.
34Darüber hinaus seien in einschlägigen Arbeitschecklisten für das Flugpersonal (Anlage K 5 zum Schriftsatz vom 07.11.2016) die umfangreichen Pflichten nach der Landung und während der Bodenstandzeit geregelt. Zu den Aufgaben gehörten u. a. die Kabinenvorbereitung, das Überprüfen des Vorhandenseins der Schwimmwesten, der Bord-Service-Ausrüstung, das Überwachen der Kabinensäuberung, der notwendige Security-Check und die Begleitung des Ein- und Aussteigens der Passagiere. Die „Turn-Arounds“ orientierten sich an der Strecke und dem eingesetzten Flugzeug. Die Zeiten betrügen innerdeutsch mindestens 30 Minuten und seien wie „Boxenstopps“ im Rennsport auf die Minute vorab geplant. Es handele sich deshalb nicht um arbeitsfreie Zeit. Die Bodenzeiten der Flugzeuge seien aus wirtschaftlichen Gründen auf ein Minimum begrenzt, um möglichst viele Flug-Sektoren pro Tag und Flugzeug abfliegen zu können. Blieben Fluggäste während eines „Turn-Arounds“ an Bord, müsse sich pro Ebene am Notausgang ein Crew-Mitglied befinden. Stiegen Passagiere an der Transitstation aus, müsse die Crew Gepäckkontrollen durchführen. Auch bei längeren „Turn-Around-Zeiten“, wie etwa bei Langstreckenflügen, sei ein Verlassen des Flugzeugs tatsächlich nicht möglich. Wegen der Größe der Langstreckenflugzeuge dauere allein das Ein- und Austeigen der Fluggäste länger und deshalb seien auch die von der Crew zu erfüllenden Pflichten systembedingt aufwendiger. Außerdem könnten sich die geplanten „Turn-Around-Zeiten“ durch unvorhersehbare Schwierigkeiten verkürzen.
35Ferner bestehe infolge der nach dem 09.11.2001 stark verschärften Sicherheitskontrollen das konkrete Risiko, das Flugzeug nicht wieder rechtzeitig zu erreichen. Die faktisch einzigen Zeiträume, in denen sich eine Crew versorgen könne, lägen deshalb in der servicefreien Zeiten während des Fluges, also in der Luft. Hinzukomme, dass an manchen Flughäfen, insbesondere kleineren Flughäfen, gar keine Verpflegungsmöglichkeit bestünden. Trotz des Fehlens eines ausdrücklichen Verbots würden die Crew-Mitglieder auch bei längeren „Turn-Around-Zeiten“ das Flugzeug schon deshalb nicht verlassen, weil sie nicht sicher einschätzen könnten, wieder pünktlich zur Maschine zurückkehren zu können, und das Risiko einer verspäteten Rückkehr und die daraus folgenden Verspätungskosten nicht eingehen wollten.
36Da die Bordküche aus Sicherheitsgründen nicht mit einem Kühlschrank ausgestattet sein dürfe, müsste die erworbene Verpflegung selbst bei unterstellter zeitlicher Möglichkeit sofort am Flughafen oder umgehend danach verzehrt werden. Daraus würde ein zusätzlicher Zeitaufwand resultieren, der der Crew wegen der Kürze der „Turn-Around-Zeiten“ und ihrer übrigen Pflichten nicht zur Verfügung stehe. Eine Zeitersparnis durch die Nutzung spezieller Transitbereiche komme nur an Flughäfen mit vielen Umsteigeverbindungen in Betracht. Da die Transitbereiche in den Sicherheitszonen lägen, sei dort nicht immer eine Möglichkeit zur Beschaffung vollwertiger Verpflegung geben. Oftmals stehe nur ein Snackautomat zur Verfügung.
37Selbst wenn bei langen „Turn-Around-Zeiten“ ein Verlassen des Flugzeuges und eine Verpflegung am Flughafen möglich sein sollte, würde den Crew-Mitgliedern dadurch ein Mehraufwand entstehen, der weit über die Verpflegungsmehraufwendungen eines normalen Außendienstmitarbeiters hinausginge, da am Flughafen erheblich höhere Preise für die Versorgung anfielen.
38Der Mitnahme eigener Speisen könnten im Falle einer Einreise der Crew-Mitglieder nach Dienstschluss auch zollrechtliche Bestimmungen der einzelnen Länder entgegenstehen. Im Falle einer versehentlichen Nichtbeachtung bestehe die Gefahr eines Verstoßes gegen ein Einfuhrverbot.
39Die Mitnahme eigener Speisen an Bord sei zwar nicht verboten, aus hygienischen Gründen aber zumindest als kritisch einzuordnen. Kalte Speisen müssten in den meisten Fällen gekühlt werden, wofür an Bord jedoch keine Möglichkeit bestehe. Die Kühlung der vom Caterer gelieferten Speisen erfolge ausnahmslos in den seitens des Caterers zur Verfügung gestellten Trolleys mittels Trockeneis. Da Trockeneis sehr teuer sei, dürfe dieses nur für die Kühlung der Gastverpflegung genutzt werden. Der Verzehr ungekühlter mitgebrachter Speisen sei grundsätzlich aus hygienischen und geschmacklichen Gründen nicht zumutbar. Die Möglichkeit des Mitbringens eines Schoko- oder Müsliriegels stelle aus ernährungsphysiologischer Sicht keine Alternative dar.
40Auf Langstreckenflügen, die ggf. über 12 Stunden dauerten, sei es zudem nicht zumutbar, keine warme Mahlzeit oder nur ungekühlte Speisen zu sich zu nehmen. Nach den „Crew Regulations and Instructions“ sei aus Sicherheits- und Hygienegründen die Benutzung des Flugzeugofens für privat mitgebrachte warme Speisen verboten.
41Eine Aufbewahrung von Speisen in alternativen Behältnissen des Handgepäcks scheide sowohl aus tatsächlichen als auch aus rechtlichen Gründen aus. Für das Handgepäck gebe es keinen eigenen isolierten Stauraum. Vielmehr werde Gepäck mit dem Gepäck der Passagiere in der Kabine verstaut. Sofern der Platz für das Handgepäck der Crew und der Passagiere nicht ausreiche, werde in der Regel zunächst das Crew-Gepäck in den Frachtraum verbracht, sodass ein Zugriff der Besatzungsmitglieder nicht sicher sei.
42Wegen des begrenzten Platzangebotes an Bord dürften Besatzungsmitglieder nur eine begrenzte Anzahl von Gepäckstücken mit in die Kabine nehmen. Das Standard-Gesamtgewicht eines Kabinenmitarbeiters betrage 75 kg und für Besatzungsmitglieder (Cockpit-Personal) 85 kg, worin das Körpergewicht, die Kleidung und das Gepäck ein-geschlossen seien. Aufgrund dessen bestehe keine Möglichkeit zur Mitnahme von Verpflegung, Getränken etc. Jedes über die Standardwerte hinausgehende (Hand-) Gepäck wäre bei der (vor jedem Flug durchzuführenden) Schwerpunktbestimmung („Balancing“) durch die Cockpitbesatzung, ggf. zeitintensiv, mit zu berücksichtigen.
43Die im sog. „Flusskreuzfahrtschiff“-Urteil des BFH vom 21.01.2010 (VI R 51/08) aufgestellten Voraussetzungen für ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse an der Mahlzeitengestellung seien vorliegend erfüllt. Die Gestellung von Mahlzeiten erfolge allein zur Gewährleistung eines störungsfreien und reibungslosen Ablaufs der Flüge sowie zur Einhaltung nationaler und internationaler gesetzlicher Flugsicherheitsstandards. In den Flugzeugen bestehe nur die Möglichkeit einer behelfsmäßigen Mahlzeiteneinnahme, die mit derjenigen an einem üblichen Arbeitsplatz nicht vergleichbar sei. Die Beschaffenheit der üblichen Catering-Mahlzeiten führe nur zu einer sehr geringen Bereicherung der Arbeitnehmer. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Crew keine Auswahlmöglichkeiten, insbesondere nicht im Hinblick auf persönliche Essensvorlieben, habe. Mangels alternativer Möglichkeiten durch die Betriebsabläufe bestehe auch ein faktischer Zwang zur Annahme.
44Der verbleibende geldwerte Vorteil bei den Arbeitnehmern schließe ein überwiegendes Eigeninteresse des Arbeitgebers nach der BFH-Rechtsprechung auch im Hinblick darauf, dass es sich bei der Verpflegung des Arbeitnehmers um grundsätzlich von ihm selbst zu tragende Kosten handele, nicht aus. Bei Abwägung aller Umstände handele es sich bei den Mahlzeiten nicht um eine Ent- oder Belohnung des Arbeitgebers für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers. Es handele sich vielmehr um eine losgelöste betriebliche Maßnahme aufgrund einer betriebsfunktionalen Zwangslage.
45Entgegen der Auffassung des Beklagten sei der Ort der regelmäßigen Arbeitsstätte für die steuerliche Beurteilung der Gewährung der Mahlzeiten an Bord ohne Bedeutung.
46Ferner führt der Kläger aus, dass sich die Abweichung zwischen den ursprünglich mit dem Antrag vom 05.09.2011 eingereichten, vom Beklagten beanstandeten Flugumläufen und den im Rahmen der Außenprüfung eingereichten Unterlagen nicht mehr aufklären lasse. Das IT-System, in dem die Streckenergebnisrechnung der Y-GmbH geführt worden sei, stehe nicht mehr zur Verfügung. In der mündlichen Verhandlung hat er den vom Beklagten für zutreffend erachteten Zahlen, u.a. zu den Flugumläufen, zugestimmt und diese seinen Anträgen zugrunde gelegt.
47Der Kläger beantragt,
481. den Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer für den Zeitraum 01.01.2008 bis 31.05.2011 vom 27.11.2013, geändert durch Bescheid vom 23.06.2016, in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.06.2016 dahingehend zu ändern, dass der festgesetzte Nachforderungsbetrag reduziert wird: …
2. unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 23.08.2012 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.06.2016 den Beklagten zu verpflichten, die Lohnsteueranmeldungen für den Zeitraum Januar 2007 bis Dezember 2007 zu mindern:…
3. den Bescheid über die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung vom 27.11.2013 betreffend die Lohnsteueranmeldungen für den Zeitraum Januar 2008 bis Februar 2011 (a) bzw. Mai 2011 (b) in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.06.2016 zu mindern:
a) hinsichtlich des Kabinenpersonals: …
55b) hinsichtlich des Cockpit-Personals: …
56Der Beklagte beantragt,
57die Klage abzuweisen.
58Er verweist auf die Gründe seiner Einspruchsentscheidung.
59In der mündlichen Verhandlung ist festgehalten worden, dass die Beträge anhand der Mittel- und Langstreckenflüge ermittelt worden sind, dass jedoch keine Möglichkeit mehr besteht, festzustellen, ob in einzelnen Fällen Crew-Mitglieder nur eine einzelne Strecke geflogen sind und nicht am Turnaround teilgenommen haben. Aus den vorgelegten Flugplänen ergibt sich, dass solche Fälle tatsächlich vorgekommen sind. Da eine weitere Aufklärung des Sachverhalts nicht mehr möglich ist, haben sich die Beteiligten auf Vorschlag des Gerichts dahin tatsächlich verständigt, diesem Umstand mit einem Abschlag i. H. von 15 % - was sowohl für die Mittelstrecken- als auch die Langstreckenflüge gilt - Rechnung zu tragen.
60Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Gericht beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
61E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
62I. Die Klage ist zulässig.
63Der Kläger hat zutreffend den Verpflichtungsantrag auf die Lohnsteueranmeldungen für den Zeitraum Januar 2007 bis Dezember 2007 (Kabinenpersonal) begrenzt.
64Das Rechtsbehelfsverfahren erledigt sich in der Hauptsache, wenn während des Verfahrens mit dem Ziel, das Finanzamt zur Änderung eines Vorbehaltsbescheides zu verpflichten, der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben, und zwar unabhängig davon, ob die Aufhebung des Nachprüfungsvorbehalts selbst angefochten wird oder nicht. Die ausdrückliche Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung durch das Finanzamt bewirkt, dass der Bescheid nicht mehr nach § 164 Abs. 2 AO geändert werden kann, weil der Vorbehalt damit seine Wirkung verlor. Hiernach wird dem Klagebegehren, das Finanzamt zu einer Änderung des Bescheides nach § 164 Abs. 2 AO zu verpflichten, der Boden entzogen; der Rechtsstreit über die Verpflichtungsklage ist in der Hauptsache erledigt (z. B. BFH-Urteil vom 01.08.1984 V R 91/83, Bundessteuerblatt –BStBl- II 1984, 788).
65Hier wurde dem Verpflichtungsbegehren bereits durch die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung zu den Lohnsteueranmeldungen für den Zeitraum Januar 2008 bis Mai 2011 mit dem Haftungs- und Nachforderungsbescheid vom 27.11.2013 die Grundlage entzogen. Das Begehren ist im Rahmen eines Anfechtungseinspruchs geltend zu machen (vgl. Oellerich in Gosch, Kommentar zur AO und FGO, § 164 AO Rz. 117). Der Klageantrag musste deshalb dahingehend lauten, dass der Kläger im Sinne einer - gegenüber dem Verpflichtungsbegehren vorrangigen - Anfechtungsklage die Änderung der Lohnsteuerfestsetzungen durch gerichtlichen Ausspruch begehrt (§ 100 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -FGO-; vgl. BFH-Urteil vom 04.10.2006 VIII R 7/03, BStBl II 2009, 772).
66Dies hat der Kläger mit seinen Anträgen auf Änderung des Bescheides über die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung betreffend die Lohnsteueranmeldungen für den Zeitraum Januar 2008 bis Februar 2011 (Kabinenpersonal) bzw. Januar 2008 bis Mai 2011 (Cockpit-Personal) beachtet.
67Die Klage ist ebenfalls zulässig, soweit der Antrag auf Aufhebung des Nachforderungsbescheides gerichtet ist (betreffend die Besteuerung des Cockpit-Personals nach § 40 Abs. 1 EStG, welche über die Besteuerung nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 EStG hinausgeht).
68II. Die Klage ist in dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.
69Der Kläger hat Anspruch auf Erlass des begehrten Änderungsbescheides in dem im Tenor ersichtlichen Umfang (vgl. § 101 FGO). Der Beklagte ist verpflichtet, die Lohnsteueranmeldungen betreffend das Kabinenpersonal für den Zeitraum Januar 2007 bis Dezember 2007 nach § 164 Abs. 2 AO in dem im Tenor ersichtlichen Umfang zu reduzieren.
70Darüber hinaus sind der Nachforderungsbescheid (Cockpit-Personal) sowie der Bescheid über die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung betreffend die Lohnsteueranmeldungen für den Zeitraum Januar 2008 bis Februar 2011 (Kabinenpersonal) und die Lohnsteueranmeldungen für den Zeitraum Januar 2008 bis Mai 2011 (Cockpit-Personal) wie im Tenor ersichtlich rechtswidrig und verletzen den Kläger insoweit in seinen Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). In diesem Umfang sind sie zu ändern.
711. Der Beklagte hat zu Unrecht die unentgeltliche Überlassung der Mahlzeiten als Vorteil in Form eines Sachbezugs i. S. von §§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 8 Abs. 2 EStG behandelt und der pauschalierten Besteuerung nach § 40 Abs. 2 Nr. 4 EStG (Kabinenpersonal) bzw. § 40 Abs. 1 EStG (Cockpit-Personal) unterworfen.
72Bei der unentgeltlichen Mahlzeitengestellung sowohl an das Kabinenpersonal als auch an das Cockpit-Personal handelt es sich nicht um Arbeitslohn.
73Dies gilt allerdings nur insofern, als die Mahlzeiten auf Langstreckenflügen und Mittelstreckenflügen bei Flugzeiten von über sechs Stunden mit kurzen „Turn-Around-Zeiten“ unentgeltlich überlassen wurden. Soweit in einzelnen Fällen das Kabinenpersonal nur eine einzelne (Mittel-) Strecke geflogen ist, kann ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse der Fluggesellschaft nicht angenommen werden. Insoweit erfolgt ein Abschlag i.H.v. 15 % auf die Werte, die nach Ansicht des Finanzamts die zutreffenden Ausgangswerte sind und die auch der Kläger in seinen Klageantrag übernommen hat. Auf diese Werte und den Abschlag haben sich die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend tatsächlich verständigt. Eine genaue Ermittlung dieser Sachverhalte war nicht mehr möglich.
74Insoweit erfolgte die unentgeltliche Gestellung der Mahlzeiten an Bord im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der Fluggesellschaft.
75a) Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG neben Gehältern und Löhnen auch andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG). Steuerpflichtiger Arbeitslohn liegt demnach vor, wenn dem Arbeitnehmer Einnahmen zufließen, die „für" seine Arbeitsleistung gewährt werden. Diesem Tatbestandsmerkmal ist zu entnehmen, dass ein dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil Entlohnungscharakter für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft haben muss, um als Arbeitslohn angesehen zu werden. Dagegen sind solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen. Ein Vorteil wird dann aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse gewährt, wenn aufgrund einer Gesamtwürdigung der für die Zuwendung maßgebenden Umstände zu schließen ist, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund steht. In diesem Fall des ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses kann ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden. Die danach erforderliche Gesamtwürdigung hat insbesondere Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seine besondere Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck zu berücksichtigen (ständige Rechtsprechung; z. B. BFH-Urteil vom 21.01.2010 VI R 51/08, BStBl II 2010, 700, m.w.N.).
76Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen der Intensität des eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers und dem Ausmaß der Bereicherung des Arbeitnehmers. Je höher aus der Sicht des Arbeitnehmers die Bereicherung anzusetzen ist, desto geringer wiegt das aus der Sicht des Arbeitgebers vorhandene eigenbetriebliche Interesse. Tritt das Interesse des Arbeitnehmers gegenüber dem des Arbeitgebers in den Hintergrund, kann eine Lohnzuwendung zu verneinen sein. Ist aber - neben dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers - ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben, so liegt die Vorteilsgewährung nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers und führt zur Lohnzuwendung (z. B. BFH-Urteil vom 21.01.2010 VI R 51/08, BStBl II 2010, 700, m.w.N.).
77Diese Grundsätze kommen auch zur Anwendung, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Speisen und Getränke unentgeltlich oder verbilligt zur Verfügung stellt (BFH-Urteile vom 05.05.1994 VI R 55-56/92, BStBl II 1994, 771; vom 04.08.1994 VI R 61/92, BStBl II 1995, 59), auch wenn Verpflegungsaufwendungen grundsätzlich den für die Einkünfteermittlung unbeachtlichen Bereich der Lebensführung betreffen (BFH-Urteil vom 18.08.2005 VI R 32/03, BStBl II 2006, 30). Danach handelt es sich bei der Abgabe von Mahlzeiten an Arbeitnehmer grundsätzlich auch um Vorteile, die für eine Beschäftigung gewährt werden. Denn die Nahrungsaufnahme erfüllt ebenso wie die Bekleidung ein allgemeines menschliches Bedürfnis und ist deshalb in aller Regel bei unentgeltlicher Zuwendung einer Mahlzeit mit einem erheblichen eigenen Interesse des Arbeitnehmers verbunden (BFH-Urteile vom 28.02.1975 VI R 28/73, BStBl II 1976, 134; vom 05.05.1994 VI R 55-56/92, BStBl II 1994, 771).
78Die Rechtsprechung des BFH lässt jedoch dann Ausnahmen zu, wenn die Mahlzeiten während der Arbeit überwiegend betriebsfunktionalen Zielsetzungen dienen. So geschieht beispielsweise die Bewirtung anlässlich von gewöhnlichen Betriebsveranstaltungen im ganz überwiegend eigenen Interesse des Arbeitgebers, soweit sie nach Art, Teilnehmerkreis, Häufigkeit und Dauer üblich sind (z. B. Urteil vom 18.03.1986 VI R 49/84, BStBl II 1986, 575). Außerhalb von herkömmlichen Betriebsveranstaltungen liegt keine unentgeltliche Zuwendung vor, wenn im Rahmen eines außergewöhnlichen Arbeitseinsatzes (z. B. Dienstbesprechungen, Fortbildungsveranstaltungen, unerwarteter Arbeitsanfall) die unentgeltliche Überlassung des Essens der Beschleunigung des Arbeitsablaufes dient, sodass ein Belohnungscharakter verneint werden kann. Dabei muss das überlassene Essen einfach und nicht aufwendig sein (BFH-Urteile vom 05.05.1994 VI R 55-56/92, BStBl II 1994, 771; vom 04.08.1994 VI R 61/92, BStBl II 1995, 59). Die finanzgerichtliche Rechtsprechung hat nach diesen Grundsätzen auch die einfache Verköstigung von Erntehelfern als einen solchen außergewöhnlichen Arbeitseinsatz angesehen (Sächsisches FG, Urteil vom 12.07.2013 4 K 1911/11, nicht veröffentlicht; a. A. FG Köln, Urteil vom 27.11.2019 13 K 927/16, juris).
79Unabhängig von einem außergewöhnlichen Arbeitseinsatz hält der BFH betriebsfunktionale Zwangslagen beispielsweise in der Fluss- bzw. Hochseeschifffahrt für möglich, aufgrund derer die unentgeltliche Zuwendung von Mahlzeiten an Bordpersonal keinen Arbeitslohn darstellt (BFH-Urteil vom 21.01.2010 VI R 51/08, BStBl II 2010, 700). Hieran anknüpfend hat das FG Hamburg die unentgeltliche Mahlzeitengestellung an Mitarbeiter auf einer nur per Helikopter erreichbaren Offshore-Plattform, die im 14-tägigen Schichtdienst tätig waren, nicht als Zuwendung von Sachlohn eingestuft (FG Hamburg, Urteil vom 17.09.2015 2 K 54/15, Entscheidungen der FG -EFG- 2016, 36). Es hat insoweit auf die unter den Gesichtspunkten der Logistik, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit außergewöhnlichen Arbeitsumstände des Personals auf einer derartigen Plattform sowie die beengten räumlichen Gegebenheiten, die einer Selbstversorgung entgegenstanden, abgestellt und eine faktische Zwangslage der Arbeitnehmer zur Annahme der vom Arbeitgeber angebotenen Mahlzeiten angenommen.
80b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Fluggesellschaft ihrem gesamten Flugpersonal – unter der vom Gericht angenommenen Einschränkung - im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse unentgeltlich Mahlzeiten an Bord zur Verfügung stellt, welches das Eigeninteresse der Arbeitnehmer an kostenlosen Mahlzeiten bei weitem überwiegt. Bei Würdigung aller Umstände sind die unentgeltlichen Mahlzeiten keine Ent- oder Belohnung der Arbeitgeberin für die Arbeitsleistung ihres Personals. Es handelt sich vielmehr um eine losgelöste betriebliche Maßnahme aufgrund einer betriebsfunktionalen Zwangslage.
81Die unentgeltliche Gestellung der Mahlzeiten an Bord war den außergewöhnlichen Arbeitsumständen an Bord sowie der hiermit verbundenen erforderlichen effizienten Gestaltung der Arbeits- und Betriebsabläufe geschuldet und diente damit überwiegend betriebsfunktionalen Zielsetzungen.
82Die Klägerseite hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Essensgestellung in erster Linie erfolgte, um einen reibungslosen und effizienten Ablauf während der Flugzeiten und „Turn-Around-Zeiten“ auf Mittel- und Langstreckenflügen zu gewährleisten und auch den Arbeitsablauf zu beschleunigen. Charakteristisch für die Arbeitseinsätze des Besatzungspersonals war, dass diese in einem durch die Bedingungen des Luftverkehrs vorgegebenen engmaschigen Zeitplan und in beengter Umgebung stattfanden. Bei objektiver Beurteilung der Art der Tätigkeiten und der räumlichen Verhältnisse in einem Flugzeug boten sich keine Möglichkeiten, dass die Piloten und das Kabinenpersonal sich selbst versorgten oder während ihrer Einsätze „zum Essen“ gingen. Ein Kühlschrank und Kochgelegenheiten waren nicht vorhanden.
83Für ein überwiegend Eigeninteresse der Fluggesellschaft spricht darüber hinaus die Zwangsläufigkeit der Zuwendung. Während der Flugdienstzeit („Flight Duty Period“) durfte bzw. konnte das Flugpersonal das Flugzeug nicht verlassen. Das Gericht folgt der (unbestrittenen) klägerischen Darstellung, dass auch während des „Turn-Arounds“ wegen der von der Besatzung zu erfüllenden Aufgaben in fest vorgegebenen Zeitabschnitten bis zum erneuten Start ein Verlassen des Flugzeugs faktisch nicht möglich war. Für das Gericht ist es überzeugend, dass infolge der nach dem 09.11.2001 stark verschärften Sicherheitskontrollen das konkrete Risiko, nach einem Verlassen des Flugzeugs dieses nicht wieder rechtzeitig zu erreichen und Kosten auszulösen, und der erhöhte Zeit- sowie Mehraufwand das Flugpersonal davon abhielten, sich im Flughafengelände selbst zu versorgen. Das Flugpersonal hatte praktisch kaum Möglichkeit zur Selbstversorgung und war deshalb auf die Annahme des Essens angewiesen. Es konnte sich während der Dauer des Fluges und der „Turn-Around-Zeiten“ dem Vorteil praktisch nicht entziehen. In diesem Umstand liegt eine erhebliche Abweichung zur Situation eines Arbeitnehmers z. B. am Einsatzflughafen außerhalb der Flugdienstzeit und der „Turn-Around-Zeiten“.
84Die Mahlzeitengestellung diente zudem der Sicherstellung des Flugbetriebs und der Flugsicherheit. Die Fluggesellschaft war angesichts der europarechtlichen Vorgaben (vgl. Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20.08.2008, OPS 1.1130) gesetzlich verpflichtet, ab einer Flugdienstzeit von über sechs Stunden der Besatzung die Möglichkeit zur Einnahme von Mahlzeiten und Getränken einzuräumen. Diese Verpflichtung wurde begründet, um jede Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit eines Besatzungsmitglieds zu vermeiden und damit der erhöhten Gefährdungslage im Luftverkehr Rechnung zu tragen. Bei Nichteinhaltung drohte der Entzug der für die Durchführung des Passagiertransports obligatorischen Betriebserlaubnis.
85Gemessen an den von der Klägerseite dargelegten Umständen der betrieblichen Notwendigkeit einer Verpflegung der Crew-Mitglieder und den Besonderheiten hinsichtlich Sicherheit, Hygiene, der beengten räumlichen Gegebenheiten und der Gestaltung der Betriebsabläufe sowie der gesetzlichen Bestimmungen liegen hinreichende Gründe vor, die die Annahme rechtfertigen, dass Beweggrund für die Zuwendungen seitens der Fluggesellschaft nicht eine Belohnung für den Arbeitnehmer, sondern die Ermöglichung reibungsloser betrieblicher Abläufe und damit eines umsatz- und gewinnsteigernden Arbeitens war.
86Das Eigeninteresse des Kabinen- und Cockpit-Personals, unentgeltlich mit Mahlzeiten versorgt zu werden, tritt dahinter zurück. Die Höhe der Zuwendung in Form der Catering-Mahlzeiten ist als gering einzustufen. Der Sachbezugswert der einzelnen Mahlzeit belief sich laut der eingereichten Übersichten bei Lang- und Mittelstreckenflügen auf 2,67 € bis 2,80 € bzw. 8,34 € bis 8,74 €. Es bestand allenfalls eine beschränkte Möglichkeit der Essensauswahl im Rahmen der für die Passagiere vorgesehenen Essen. Piloten und Co-Piloten müssen zudem aus Sicherheitsgründen unterschiedliche Mahlzeiten einnehmen. Das Essen war einfach. Die Abgabe von Mahlzeiten an das Flugpersonal (nach den Passagieren) war für den Arbeitgeber nicht aufwendig.
87Der Umstand, dass die Fluggesellschaft beim Kabinenpersonal mit der Zuwendung einen nach dem MTV bestehenden arbeitsrechtlichen Anspruch erfüllt hat, schließt ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse nicht aus. Nach dem sog. „Flusskreuzfahrtschiff“-Urteil des BFH vom 21.01.2020 VI R 51/08 (BStBl II 2010, 700) ist die Tatsache des Bestehens eines arbeitsrechtlichen Anspruchs des Arbeitnehmers auf die Gestellung der Verpflegung lediglich im Rahmen der Gesamtwürdigung von Bedeutung. Hier stand nicht die arbeitsrechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer im Vordergrund. Die Mahlzeitengestellung erfolgte aus Gründen der effizienten Gestaltung des Betriebsablaufs unter Berücksichtigung der beengten räumlichen Verhältnisse. Zudem bestand – wie bereits ausgeführt - aus Sicherheitsgründen eine eigene gesetzliche Verpflichtung der Fluggesellschaft, insbesondere bei einer Flugdienstzeit über sechs Stunden die Einnahme einer Mahlzeit und von Getränken sicherzustellen. Im Übrigen hatte das Kabinenpersonal keinen Anspruch auf Auszahlung des erhöhten Tagesgeldes, das nur mit dem Entgelt für die Mahlzeit verrechnet wurde.
882. Soweit sich die Klage auf Aufhebung des Nachforderungsbescheides (Cockpit-Personal) bezieht, ist dem Klageantrag in vollem Umfang stattzugeben.
89Der Grund für die Nachforderung war, dass der Beklagte die Pauschalbesteuerung nach § 40 Abs. 1 EStG auf die Mahlzeitengestellung für das Cockpit-Personal angewandt hatte. Der Sachbezug ist jedoch nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG mit 25 % zu besteuern. Eine Nachforderung durfte nicht erfolgen.
90Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG ist die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % zu erheben, soweit der Arbeitgeber arbeitstäglich Mahlzeiten im Betrieb an die Arbeitnehmer unentgeltlich abgibt und die Mahlzeiten nicht als Lohnbestandteile vereinbart sind. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Mahlzeitengestellung erbrachte die Fluggesellschaft zusätzlich zu dem ohnehin vereinbarten Arbeitslohn (vgl. hierzu allgemein: Frotscher, Kommentar zum EStG, § 40 Rz. 20).
91Die Abgabe der Mahlzeiten geschah auch im Betrieb der Fluggesellschaft. Der Begriff „im Betrieb” ist gesetzlich nicht definiert. Hierunter ist jede betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers zu verstehen, die der Arbeitnehmer aufsucht und in der er eine Mahlzeit einnimmt (Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, Pauschalierung der Lohnsteuer Rz. 141). Ein Passierflugzeug erfüllt diese Anforderungen. Die Anwendung dieser Vorschrift ist nicht auf das Vorliegen einer regelmäßigen Arbeitsstätte bzw. ersten Tätigkeitsstätte oder ortsfesten Einrichtung beschränkt (so Seifert in Korn, Kommentar zum EStG, § 40 Rz. 30). Entscheidend ist, dass die Abgabe der Mahlzeiten „arbeitstäglich“ erfolgt. Es darf sich nicht um eine gelegentliche Abgabe von Mahlzeiten oder eine Mahlzeitengestellung aus einmaligem Anlass handeln (Wagner in Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar u. a. zum EStG, § 40 Rz. 35). Dies ist hier nicht der Fall.
92III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.
93Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
94Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.