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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
2Streitig ist, ob der Beklagte berechtigt war, die Einkommensteuerbescheide des Klägers der Veranlagungszeiträume 2012 bis 2016 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) zu ändern.
3Der steuerlich beratene Kläger ist als Rechtsanwalt zugelassen und Mitglied im Versorgungswerk der Rechtsanwälte Nordrhein-Westfalen. Er ist von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit. Seit dem Jahr … ist der Kläger als angestellter Rechtsanwalt beschäftigt und erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Zudem erzielt der Kläger im geringen Umfang Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Rechtsanwalt ….
4Aufgrund seiner Mitgliedschaft im Versorgungswerk erhält der Kläger von seinem Arbeitgeber neben seinem Arbeitslohn auch den Arbeitgeberzuschuss zur Altersvorsorge zweckgebunden ausgezahlt, um diesen mit dem Arbeitnehmeranteil zusammen (also den Gesamtbetrag) als Selbstzahler an das Versorgungswerk zu entrichten.
5Für den Veranlagungszeitraum (VZ) 2012 fügte der Kläger eine an ihn adressierte Bescheinigung über entrichtete Mitgliedsbeiträge im Jahr 2012 des Versorgungswerks der Rechtsanwälte Nordrhein-Westfalen (Bescheinigung) seiner Steuererklärung bei. Auf der Bescheinigung befindet sich ein Hinweis, dass es sich bei dem ausgewiesenen Betrag um die gesamten entrichteten Mitgliedsbeiträge des Jahres 2012 handele. Zudem enthält die Bescheinigung einen allgemein gehaltenen Hinweis darauf, dass diese Bescheinigung als Nachweis gegenüber dem Finanzamt bzw. im Verhältnis zum Arbeitgeber gelte, soweit angestellte Mitglieder des Versorgungswerks anstelle des Arbeitgebers selbst die vollen Beiträge entrichten und den Arbeitgeberzuschuss ausgezahlt erhalten. Aus der Bescheinigung geht jedoch nicht hervor, dass konkret der Kläger den vollen Beitrag inklusive des Arbeitgeberzuschusses an das Versorgungswerk entrichtet hat und wie hoch der Arbeitgeberzuschuss gewesen ist. Für alle übrigen Veranlagungszeiträume befinden sich solche Bescheinigungen nicht in den Steuerakten und es ist zwischen den Beteiligten streitig, ob diese eingereicht worden sind oder nicht.
6Es befinden sich für alle Streitjahre keine Ausdrucke der elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen in den Akten. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass in den elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen der Jahre 2012 bis einschließlich 2014 keine Angaben zum Arbeitgeberzuschuss zu gesetzlichen Rentenversicherungen oder zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen erfolgt sind (diese Angaben beträfen die Kennzahl –Kz.– 305 der Anlage Vorsorgeaufwand in diesen Veranlagungszeiträumen). In den Lohnsteuerbescheinigungen der Veranlagungszeiträume 2015 und 2016 ist der jeweils vom Kläger in der Kz. 304 „AG-Anteil/AG-Zuschuss lt. Nr. 22 a/b der Lohnsteuerbescheinigung“ angegebene Wert eingetragen. Soweit die Lohnsteuerbescheinigungen elektronisch übermittelt worden sind und der jeweiligen Veranlagung zugrunde gelegt worden sind, enthielten diese keinen Hinweis darauf, dass es sich um Zahlungen an ein berufsständisches Versorgungswerk handelte.
7Die Eintragungen des Klägers zu den Kz. auf der Anlage Vorsorgeaufwand stellten sich in den Streitjahren wie folgt dar:
8VZ |
Kz. 301 „Beiträge zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Renten-versicherungen vergleichbare Leistungen erbringen“ |
Kz. 302 „Beiträge zu gesetzlichen Rentenversicherungen“ |
Kz. 304 (VZ 2015 und 2016) bzw. Kz. 305 (VZ 2012 bis 2014) abgekürzt „Arbeitgeberanteil“ |
|
2012 |
keine Eintragung |
12.074 € |
keine Eintragung |
|
2013 |
keine Eintragung |
14.252 € |
keine Eintragung |
|
2014 |
keine Eintragung |
13.494 € |
keine Eintragung |
|
2015 |
keine Eintragung |
13.576 € |
6.788 € |
|
2016 |
keine Eintragung |
13.913 € |
6.956 € |
In der Einkommensteuerakte befinden sich fünf Ausdrucke gespeicherter programmtechnischer Hinweise zur Einkommensteuer (sogenannte VPH). Diese beziehen sich inhaltlich auf die Anlage Vorsorgeaufwand und fordern dazu auf, Beiträge zu (freiwilligen) Zahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung zu prüfen (Veranlagungszeiträume 2011, 2012 und 2015) bzw. die steuerfreien Arbeitgeberzuschüsse zur Krankenversicherung zu prüfen (Veranlagungszeiträume 2013 und 2014).
10Der Beklagte veranlagte den Kläger für alle Veranlagungszeiträume zunächst ohne weitere Rückfragen antragsgemäß.
11Mit Schreiben vom 22.06.2018 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass eine Änderung der Steuerbescheide der Veranlagungszeiträume 2012 bis 2016 beabsichtigt sei. Er forderte den Kläger auf, Nachweise über Beiträge zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen für die Jahre 2013 bis 2016 einzureichen. Zudem sollte der Kläger einen Nachweis über die Arbeitgeberzuschüsse zu diesen Beiträgen für die Jahre 2012 bis 2014 erbringen.
12Mit Schreiben vom 21.08.2018 reichte der Kläger die geforderten Nachweise ein.
13Dies nahm der Beklagte zum Anlass, am 03.09.2018 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderte Einkommensteuerbescheide für die Veranlagungszeiträume 2012 bis 2016 zu erlassen. In den Erläuterungen zu den jeweiligen Bescheiden begründete der Beklagte die Änderung damit, dass die Beiträge zur berufsständischen Versorgungseinrichtung um den steuerfreien Arbeitgeberzuschuss gekürzt worden seien. Es handele sich um eine nachträglich bekannt gewordene Tatsache, da dem Finanzamt aus den Steuererklärungen nicht ersichtlich gewesen sei, dass es sich um Beiträge an eine berufsständische Versorgungseinrichtung gehandelt habe. Die Beiträge seien fälschlicherweise als freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung erklärt worden.
14Zusammenfassend berücksichtigte der Beklagte in den Änderungsbescheiden die Altersvorsorgeaufwendungen wie folgt:
15VZ |
Kz. 301 „Beiträge zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen“ |
Kz. 302 „Beiträge zu gesetzlichen Rentenversicherungen“ |
Kz. 304 (VZ 2015 und 2016) bzw. Kz. 305 (VZ 2012 bis 2014) abgekürzt „Arbeitgeberanteil“ |
2012 |
6.037,00 € |
0,00 € |
6.037,00 € |
2013 |
7.126,00 € |
0,00 € |
7.126,00 € |
2014 |
6.747,00 € |
0,00 € |
6.747,00 € |
2015 |
6.788,00 € |
0,00 € |
6.788,00 € |
2016 |
6.957,00 € |
0,00 € |
6.956,00 € |
Die gegen die Änderungsbescheide gerichteten Einsprüche des Klägers wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 30.01.2019 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass entgegen der Behauptung des Klägers nicht alle relevanten Unterlagen zum Zeitpunkt des erstmaligen Erlasses des jeweiligen Einkommensteuerbescheides vorgelegen hätten. Ein Beleg des Versorgungswerkes liege lediglich für den Veranlagungszeitraum 2012 vor, dieser Beleg sei aber nicht eindeutig. Die vorliegende Bescheinigung bestätige die vom Mitglied entrichteten Beiträge an ein Versorgungswerk, mehr nicht. Für alle übrigen Streitjahre seien Belege zur Steuererklärung zwar jeweils angekündigt worden, diese seien aber nicht in den Akten enthalten und nach Aktenlage seien keine Belege zurückgeschickt worden. Da nur die tatsächlich vom Steuerpflichtigen gezahlten Altersvorsorgeaufwendungen den Tatbestand des § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG erfüllten, sei die Tatsache, dass die wesentlich höheren in den Steuererklärungen angegebenen Beiträge nicht vollständig selbst geleistet worden seien, nachträglich bekannt geworden. Deshalb sei eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO möglich. Der BFH habe dies in seiner Rechtsprechung ebenfalls bejaht und habe zudem dargelegt, dass die mögliche Ermittlungspflichtverletzung des Beklagten nicht schwerer wiege als die Verletzung der Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen, sodass die Grundsätze von Treu und Glauben der Anwendung des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht entgegenstünden.
17Der Kläger hat am 01.03.2019 gegen die jeweiligen Änderungsbescheide vom 03.09.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.01.2019 Klage erhoben.
18Der Kläger trägt – wie bereits im Einspruchsverfahren – vor, dass eine Änderung der Einkommensteuerbescheide der Veranlagungszeiträume 2012 bis 2016 seiner Auffassung nach rechtswidrig gewesen sei. Es seien weder die Tatbestandsvoraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO erfüllt, noch sei eine andere Korrekturvorschrift einschlägig.
19Zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO vertritt der Kläger die Ansicht, dass dem Beklagten keine Tatsachen nachträglich bekannt geworden seien. In der Kz. 302 habe er keine unzutreffenden Angaben gemacht. Die insgesamt an das Versorgungswerk gezahlten Beiträge seien dort jeweils in zutreffender Höhe angegeben worden. Es habe lediglich eine zusätzliche Angabe zu Kz. 305 gefehlt. Der Beklagte habe ihn seit dem Jahr 2002 stets basierend auf diesen Eintragungen antragsgemäß veranlagt. Dass der Beklagte keine weiteren Ermittlungsmaßnahmen vorgenommen habe, sei unverständlich, da dem Beklagten zumindest für die Jahre 2010 und 2012 die Bescheinigungen des Versorgungswerks vorgelegen hätten, in der die Höhe der dort insgesamt ausgewiesenen Beiträge der Eintragung in der Kz. 302 entsprochen habe. Aus den Bescheinigungen sei klar und eindeutig ersichtlich, dass es sich um die insgesamt geleisteten Beiträge handele. Ergänzend werde in den Bescheinigungen darauf hingewiesen, dass angestellte Mitglieder anstelle des Arbeitgebers selbst die vollen Beiträge entrichteten und den Arbeitgeberbeitrag ausgezahlt erhielten. Der Kläger behauptet, dass diese Bescheinigungen bei den ursprünglichen Veranlagungen in sämtlichen Streitjahren mit der Steuererklärung eingereicht worden seien. Aus welchem Grund sich in den Akten lediglich die Bescheinigungen für das Jahr 2010 und das Streitjahr 2012 befänden, sei nicht nachvollziehbar. Es handele sich aber um einen Dauersachverhalt, sodass die Kenntnis auch für die Folgejahre gegeben sei. Dies sei aber letztlich auch unerheblich, da dem Beklagten zumindest das Prozedere zur Beitragszahlung an das Versorgungswerk ausreichend bekannt gewesen sei.
20Zudem übersehe der Beklagte, so der Kläger, dass sich der dem BFH-Beschluss vom 14. Mai 2013 X B 33/13, BStBl II 2013, 997 zugrundeliegende Sachverhalt vom Streitfall unterscheide. Im dort vorliegenden Sachverhalt seien die gesamten Beiträge doppelt berücksichtigt worden, während im vorliegenden Fall lediglich fälschlicherweise auch der Arbeitgeberzuschuss berücksichtigt worden sei. Zudem unterscheide sich die in dem Beschluss des BFH erwähnte Bescheinigung von der streitgegenständlichen Bescheinigung in Wortlaut und Umfang. Darüber hinaus sei es ein wesentlicher Unterschied, dass der zitierte Beschluss des BFH zu den Veranlagungszeiträumen 2006 und 2007 ergangen sei, also kurz nach der grundlegenden Neuregelung des Abzugs von Vorsorgeaufwendungen durch das am 01.01.2005 in Kraft getretene Alterseinkünftegesetz. Im vorliegenden Fall seien die Veranlagungszeiträume 2012 bis 2016 streitgegenständlich, sodass zum Zeitpunkt der Bearbeitung der jeweiligen Steuererklärungen im Streitfall jedem Sachbearbeiter in der Finanzverwaltung bereits über Jahre hinweg hätte bekannt sein müssen, wie Bescheinigungen von Versorgungswerken beim Ausfüllen der Anlage Vorsorgeaufwand umzusetzen seien. Die Höhe der Vorsorgeaufwendungen sei bei Bearbeitung der eingereichten Steuererklärungen vollumfänglich bekannt gewesen. Eine neue Tatsache im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO bestehe daher weder hinsichtlich der Höhe der Beiträge an das Versorgungswerk noch darin, dass er, der Kläger, einen Anspruch auf einen hälftigen Arbeitgeberzuschuss zu seinen Beiträgen an das Versorgungswerk gehabt habe. Dem Beklagten sei zudem auch bekannt gewesen, dass er als von der Rentenversicherung befreiter Angestellter einen Anspruch auf hälftigen Zuschuss zu seinen Beiträgen an das Versorgungswerk der Rechtsanwälte gehabt habe. Diese Kenntnis folge nach seiner Ansicht bereits daraus, dass er mit jeder Einkommensteuererklärung eine Anlage N eingereicht habe und in der Kz. 307 die Ziffer eins eingetragen habe, woraus sich ergebe, dass er einen Anspruch auf steuerfreie Zuschüsse zur Krankenversicherung habe. Der Beklagte habe außerdem in der Einspruchsentscheidung nicht die aktuell zu dieser Thematik ergangene Rechtsprechung des Finanzgerichts (FG) Baden-Württemberg vom 07. Mai 2018, 8 K 2881/16 (Revision anhängig unter dem Aktenzeichen X R 27/18) berücksichtigt.
21Der Kläger beantragt,
22die Einkommensteuerbescheide für 2012 bis 2016 vom 03.09.2018, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.01.2019, aufzuheben.
23Der Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen
25Der Beklagte beruft sich zur Begründung im Wesentlichen auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 30.01.2019.
26Entscheidungsgründe
27Die Klage ist unbegründet. Die Änderungsbescheide zur Einkommensteuer in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.01.2019 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.
28Eine Änderung der Steuerfestsetzungen der Veranlagungszeiträume 2012 bis 2016 war rechtmäßig, weil die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen war und die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO in der im jeweiligen Streitjahr geltenden Fassung vorlagen.
29Dem Beklagten sind Tatsachen (1.) nachträglich bekannt geworden (2.), die zu einer höheren Steuer führen (3.). Die ursprünglichen Bescheide waren – was zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig ist – materiell-rechtlich unrichtig. Die Grundsätze von Treu und Glauben führen nicht dazu, dass ausnahmsweise von der Anwendung des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO abzusehen ist (4.). Ob auch die Voraussetzungen des § 129 Satz 1 AO erfüllt sind, konnte daher offen bleiben.
301. Tatsache im Sinne des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ist jeder Lebenssachverhalt, der Merkmal oder Teilstück eines gesetzlichen Tatbestands sein kann, also Zustände, Vorgänge, Beziehungen, Eigenschaften materieller oder immaterieller Art (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 14.5.2013 X B 33/13, BStBl II 2013, 997).
31Maßgebliche Teilstücke des Sonderausgabenabzugs für Altersvorsorgeaufwendungen sind, an welchen Zahlungsempfänger Altersvorsorgeaufwendungen geleistet wurden und in welcher Höhe der Steuerpflichtige Beitragszahlungen letztendlich selbst getragen hat. In Selbstzahler-Sachverhalten sind maßgebliche Teilstücke des Sachverhalts deshalb die geleisteten Beiträge an die berufsständische Versorgungseinrichtung und zudem deren konkrete Aufteilung in den steuerfreien Arbeitgeberzuschuss und in den geleisteten Beitrag des Steuerpflichtigen (so auch FG München, Urteil vom 27.6.2018 1 K 3315/16, juris). Das ergibt sich aus § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Einkommensteuergesetz in der im jeweiligen Streitjahr geltenden Fassung (EStG), wonach zu den Beiträgen der nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreie Zuschuss des Arbeitgebers hinzuzurechnen, umgekehrt jedoch nach § 10 Abs. 3 Satz 5 EStG wieder abzuziehen ist. Die Steuererklärungsvordrucke der Streitjahre sind dieser Aufteilung folgend nach der Beitragszahlung an gesetzliche Rentenversicherungen oder davon unterscheidend an berufsständische Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen, aufgebaut (Kz. 301 und Kz. 302). Zudem wird zwischen Arbeitnehmeranteil und Arbeitgeberzuschuss differenziert (Kz. 300 und Kz. 305 bzw. ab dem Veranlagungszeitraum 2015 Kz. 304). Entsprechend wären die zugehörigen Tatsachen dem Beklagten vom Kläger zu erklären gewesen, in Kz. 301 der Beitrag abzüglich der steuerfreien Zuschüsse des Arbeitgebers und in Kz. 305 bzw. ab dem Veranlagungszeitraum 2015 in Kz. 304 der Zuschuss des Arbeitgebers.
322. Diese Tatsachen – die Beitragszahlungen an ein berufsständisches Versorgungswerk (anstelle der Beitragszahlungen an eine gesetzliche Rentenversicherung) und die jeweilige Höhe des vom Steuerpflichtigen letztendlich selbst getragenen Betrages nach Abzug des zu kürzenden Arbeitgeberzuschusses – sind dem Beklagten nachträglich bekannt geworden, und zwar mit dem Schreiben des Klägers auf die Anfrage des Finanzamts vom 21.08.2018.
33Maßgeblicher Zeitpunkt für die „Neuheit einer Tatsache“ ist der Zeitpunkt der abschließenden Willensbildung durch den zuständigen Beamten (BFH-Urteil vom 28. April 1998 IX R 49/96, BStBl II 1998, 458). Bei papierlosem Verfahren – wie im Streitfall – ist dies die endgültige Datenfreigabe durch den Sachbearbeiter (Koenig in Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 173, Rn. 76).
34Bekannt ist eine Tatsache, wenn die Finanzbehörde positive Kenntnis von ihr hat; dass sie sie hätte erkennen können oder sogar müssen, genügt nicht (BFH-Urteil vom 19. November 2008 II R 10/08, Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2009, 548), wenngleich ein „Kennenmüssen“ einer Änderung nach Treu und Glauben entgegen stehen kann (dazu 4.).
35Vorliegend hatte der Beklagte im maßgeblichen Zeitpunkt keine positive Kenntnis des Zahlungsempfängers für Altersvorsorgeaufwendungen und der Höhe des letztendlich vom Kläger (nach Abzug des Arbeitgeberzuschusses verbleibenden) getragenen Betrages. Selbst durch die Bescheinigung des Versorgungswerks, deren Vorliegen für die Streitjahre 2013 bis 2016 unterstellt wird, hätte der Bearbeiter keine positive Kenntnis davon gehabt, dass ausschließlich Beiträge an ein berufsständisches Versorgungswerk geleistet worden sind und nicht auch Beträge an eine gesetzliche Rentenversicherung geleistet worden sind. Die Höhe der vom Kläger letztendlich selbst getragenen Altersvorsorgeaufwendungen hätte sich auch aus diesen Bescheinigungen nicht ergeben.
36a) Veranlagungszeiträume 2012 bis einschließlich 2014
37Aus den Steuererklärungen 2012 bis einschließlich 2014 konnte der Beklagte bereits keine Kenntnis der letztendlich vom Kläger selbst getragenen Altersvorsorgeaufwendungen erlangen, weil der Kläger in diesen Jahren keine Angaben zur Höhe der Arbeitgeberzuschüsse gemacht hatte und diese auch nicht anderweitig für den Beklagten ersichtlich waren.
38Ob Bescheinigungen des Versorgungswerks mit der Steuererklärung eingereicht worden waren, ist für diese Streitjahre nicht relevant. Aus den Bescheinigungen des Versorgungswerks konnten sich nämlich zumindest über die Höhe des Arbeitgeberzuschusses keine Kenntnis ergeben, da in Selbstzahler-Sachverhalten das Versorgungswerk gar nicht wissen kann, ob und in welcher Höhe der Arbeitgeber seiner Zuschusspflicht nachgekommen ist. Die Zahlung an das Versorgungswerk wird in diesen Fällen nämlich in voller Höhe durch den Arbeitnehmer vorgenommen. Der nur allgemein gehaltene Hinweis auf der Bescheinigung zum Prozedere in Selbstzahler-Sachverhalten führt nicht zu einer Kenntnis über die konkrete Höhe des Arbeitgeberzuschusses.
39Für die Veranlagungszeiträume 2012 bis einschließlich 2014 wiesen die elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen – unstreitig – keine Arbeitgeberzuschüsse aus, sodass sich auch aus den elektronisch übermittelten Daten keine Kenntnis ergeben konnte.
40Auch die übrigen vom Kläger angeführten Aspekte – Beifügen einer Anlage N und die Eintragung der Ziffer eins zur Kz. 307 – führten zu keiner Kenntnis des Bearbeiters über die Höhe des letztendlich vom Kläger selbst getragenen Betrages. Anders als der Kläger meint, folgt eine entsprechende Tatsachenkenntnis des zuständigen Sachbearbeiters nicht daraus, dass aus den Steuererklärungen die Tätigkeit des Klägers als angestellter Rechtsanwalt erkennbar war und ein Dauersachverhalt vorliege. Denn auch nichtselbständig tätige Rechtsanwälte unterliegen grundsätzlich der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht. Die Befreiung von dieser Versicherungspflicht durch Mitgliedschaft in einem Versorgungswerk ist nur unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) möglich und setzt sowohl einen entsprechenden Antrag des Pflichtversicherten (§ 6 Abs. 2 SGB VI) als auch eine positive Bescheidung voraus. Der Beklagte konnte insbesondere nicht die Höhe des vom Kläger selbst zu seiner Altersvorsorge getragenen Betrages durch eine hälftige Aufteilung des Gesamtbeitrags aus den Bescheinigungen ersehen. Der Kläger war nämlich in allen Streitjahren auch als selbständiger Rechtsanwalt tätig und hätte über die Höhe seines Pflichtanteils als Arbeitnehmer hinausgehende zusätzliche Zahlungen an das Versorgungswerk leisten können. Dies ergibt sich aus § 32 der Satzung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte Nordrhein-Westfalen. Diese Zahlungen hätten die vom Kläger selbst getragenen Altersvorsorgeaufwendungen erhöht und der auf der Bescheinigung ausgewiesene Gesamtbeitrag wäre nicht paritätisch zu verteilen gewesen.
41b) Veranlagungszeiträume 2015 und 2016
42Auch für die Veranlagungszeiträume 2015 und 2016 hatte der Beklagte keine positive Kenntnis der insgesamt geleisteten Altersvorsorgebeiträge an das berufsständische Versorgungswerk und der Höhe des letztendlich vom Kläger getragenen Betrages. Zwar waren für diese Streitjahre in den elektronisch übermittelten Daten Werte zu einem Arbeitgeberzuschuss angegeben. Dem Kläger ist auch darin zuzustimmen, dass sich aus den Bescheinigungen des Versorgungswerks (deren Vorliegen unterstellt wird) und einem Vergleich mit den elektronisch übermittelten Daten der Lohnsteuerbescheinigung mittels einer Rechenoperation hätte ergeben können, dass eine Verdopplung des in Kz. 304 als Arbeitgeberzuschuss eingetragenen Betrages die Eintragung zur Kz. 302 ergibt. Die Lohnsteuerbescheinigungen ließen aber nicht positiv erkennen, dass es sich bei den dort eingetragenen Altersvorsorgeaufwendungen des Arbeitgebers (Kz. 304) um Beiträge zum Versorgungswerk der Rechtsanwälte Nordrhein-Westfalen handelte (so auch in einem zu diesem Punkt vergleichbaren Fall BFH-Beschluss vom 14.5.2013 X B 33/13, BStBl II 2013, 997). Umgekehrt enthielten die Bescheinigungen des Versorgungswerks keine konkrete Angabe dazu, dass es sich um Pflichtbeiträge für einen von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreiten Arbeitnehmer handelte und in den bescheinigten Beträgen ein Arbeitgeberzuschuss enthalten war und wie hoch dieser war. Auch in diesen Streitjahren wurden die Beiträge als Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung erklärt, was, wie bereits ausgeführt, auch hätte zutreffend sein können. Der Kläger war zudem auch in diesen Veranlagungszeiträumen zusätzlich als selbständiger Rechtsanwalt tätig und es wäre ihm unbenommen gewesen, über seinen Pflichtanteil hinausgehende zusätzliche Zahlungen an das Versorgungswerk zu leisten, die dann (zusammen mit seinem Arbeitnehmeranteil) in der Kz. 301 einzutragen gewesen wären. Da der Kläger keine konkreten Angaben zu dem von ihm letztendlich selbst getragenen Betrag zu seiner Altersvorsorge machte und der Beklagte davon auch nicht anderweitig positive Kenntnis erlangte, liegt insoweit eine nachträglich bekannt gewordene Tatsache vor.
433. Höhere Steuerfestsetzung
44Die nachträglich bekannt gewordenen Tatsachen führen auch in allen Streitjahren – unstreitig – zu einer höheren Steuer.
454. Kein Ausschluss der Änderung nach Treu und Glauben
46Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist die Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO trotz Vorliegens aller Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm in Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben ausnahmsweise ausgeschlossen, wenn dem Finanzamt die nachträglich bekannt gewordene Tatsache bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Ermittlungspflicht nicht verborgen geblieben wäre (BFH-Beschluss vom 14.5.2013 X B 33/13, BStBl II 2013, 997). Allerdings muss der Steuerpflichtige dann seinerseits seine Mitwirkungspflicht erfüllt haben. Haben sowohl der Steuerpflichtige als auch das Finanzamt es versäumt, den Sachverhalt aufzuklären, trifft in der Regel den Steuerpflichtigen die Verantwortung, mit der Folge, dass die Berufung des Finanzamts auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht als treuwidrig anzusehen ist (BFH-Beschluss vom 6.2.2013 X B 164/12, BFH/NV 2013, 694). Demgegenüber scheidet in Fällen beiderseitiger Pflichtverletzungen eine Änderungsmöglichkeit aus, wenn der Verstoß des Finanzamts deutlich überwiegt (BFH-Urteil vom 20.12.1988 VIII R 121/83, BStBl II 1989, 585).
47Vorliegend hat der Beklagte seine Ermittlungspflicht verletzt. Dass (nahezu) identische Beträge als Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung eingetragen waren, wie sie sich aus den Bescheinigungen ergaben, hätte Anlass zu weiteren Nachfragen zu einer möglichen Fehleintragung sein sollen. Zudem hätten sowohl der Umstand, dass Rechtsanwälte sich in vielen Fällen von der gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen, als auch insbesondere in den Veranlagungszeiträumen 2015 und 2016 die (allerdings nur durch Vornahme einer Rechenoperation erkennbare) betragsmäßige Übereinstimmung des in Kz. 302 eingetragenen Betrags, der dem verdoppelten Betrag in Kz. 304 entsprach, Anlass für eine entsprechende Nachfrage geben müssen.
48Darüber hinaus wurde in allen Streitjahren ein VPH bezüglich Eintragungen auf der Anlage Vorsorgeaufwand vor Datenfreigabe programmtechnisch erstellt. Es lässt sich zumindest nicht ausschließen, dass weitere Ermittlungen zu diesen Prüfhinweisen dazu geführt hätten, dass sich aufgeklärt hätte, dass der Kläger nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert ist, sondern (nur) Beiträge an das Versorgungswerk der Rechtsanwälte Nordrhein-Westfalen entrichtet hatte. Zudem hätte im Zuge dieser Ermittlungen darauf gestoßen werden können, dass der Kläger Zuschüsse seines Arbeitgebers erhält und wie hoch diese im jeweiligen Veranlagungszeitraum waren.
49Auch der Kläger hat jedoch seine Mitwirkungspflichten verletzt. Gemäß § 150 Abs. 2 Satz 1 AO sind Angaben in Steuererklärungen wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen und vollständig zu machen. Daran fehlt es, weil der Kläger in den Veranlagungszeiträumen 2012 bis einschließlich 2014 keine Angaben zur Höhe des Arbeitgeberzuschusses machte. Zudem trug der steuerlich beratene Kläger in allen Streitjahren die an das Versorgungswerk geleisteten Beiträge in Kz. 302 „Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung“ ein, was in keinem Jahr zutreffend war.
50Aus den Anleitungen zur Einkommensteuererklärung für alle Streitjahre ergibt sich, wie die Eintragungen zutreffend hätten vorgenommen werden sollen. So heißt es in der Anleitung zur Einkommensteuererklärung für die Streitjahre unter der Überschrift „Anlage Vorsorgeaufwand“ und der Unterüberschrift „Gesetzliche Rentenversicherungen und gleichgestellte Aufwendungen“ zu Zeile 4 bis 50:
51„[…] Zu den Beiträgen zur Altersvorsorge (Zeile 4-10) gehören Beiträge zu […] berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen (hierzu gehört bei Arbeitnehmern auch der Arbeitgeberzuschuss) [...]“
52Ergänzend wird zu Zeile 4 bis 10 weiter ausgeführt:
53“In Zeile 4 können Sie den Arbeitnehmeranteil zu gesetzlichen Rentenversicherungen und an berufsständische Versorgungseinrichtungen geltend machen. […] Den entsprechenden Arbeitgeberzuschuss zu gesetzlichen Rentenversicherungen und zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen tragen Sie bitte in die Zeilen 8 und/oder 9 ein. […] Aufwendungen für eine öffentlich-rechtliche Versicherungs- oder Vorsorgeeinrichtung […] tragen Sie bitte in Zeile 5 ein, wenn sie kein Arbeitnehmer sind oder ihr Arbeitgeber die Beiträge nicht auf der Lohnsteuerbescheinigung ausweist, weil sie die Beiträge direkt an die Einrichtung leisten. In diesem Fall sind die Beiträge lt. Zeile 5 die um die steuerfreien Arbeitgeberzuschüsse geminderten eigenen Beiträge [Anleitung 2016: in diesem Fall sind die Beiträge um die auf der Lohnsteuerbescheinigung unter Nr. 22b ausgewiesenen steuerfreien Arbeitgeberzuschüsse zu mindern.]. Die entsprechenden Arbeitgeberzuschüsse tragen Sie bitte in Zeile 9 (bzw. Anleitung 2015: Zeile 8) ein.“
54[Unterstreichung durch das Gericht]
55Im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung zwischen der Verletzung der Ermittlungspflichten auf Seiten des Beklagten und der Verletzung der Mitwirkungspflichten des Klägers wiegt die Verletzung der Ermittlungspflichten auf Seiten des Beklagten jedenfalls nicht deutlich schwerer als die Verletzung der Mitwirkungspflicht des Klägers, sodass die Grundsätze von Treu und Glauben als ausnahmsweises Änderungsverbot der Anwendung des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht entgegenstehen.
56Maßgebend hierfür ist zum einen, dass allein der Kläger – jedenfalls auf einer abstrakten Ebene – über die volle Kenntnis des Sachverhalts verfügte (so auch BFH-Beschluss vom 14.5.2013 X B 33/13, BStBl II 2013, 997). Er wusste sowohl, dass er ausschließlich Pflichtbeiträge zum Versorgungswerk, nicht aber Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung leistete. Zudem wusste er um die Höhe des Arbeitgeberzuschusses und dass die Eintragungen zum Arbeitgeberzuschuss in den Lohnsteuerbescheinigungen der Veranlagungszeiträume 2015 und 2016 sich auf die Beiträge zum Versorgungswerk bezogen.
57Der beim Beklagten zuständige Bearbeiter der Steuererklärung hatte von diesen Umständen des Sachverhalts hingegen keine positive Kenntnis. Ferner war die Eintragung zu Beiträgen in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht unplausibel, da angestellte Rechtsanwälte grundsätzlich in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind. Die Möglichkeit der Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht war bei Syndikusrechtsanwälten zudem lange Zeit bis zur gesetzlichen Neuregelung ab dem 01.01.2016 (BGBl I 2517) nicht unstreitig (s. etwa Plitt/Stütze in Neue Juristische Wochenschrift –NJW– 2011, 2556).
58Hinzu kommt, dass die betragsmäßige Übereinstimmung des verdoppelten Betrages in Kz. 304 einerseits und in Kz. 302 andererseits in den Veranlagungszeiträumen 2015 und 2016 vom Sachbearbeiter nur durch Addition zweier vierstelliger Zahlen hätte erkannt werden können, was nicht jedem auf den ersten Blick möglich ist (so auch BFH-Beschluss vom 14.5.2013 X B 33/13, BStBl II 2013, 997). Dem Beklagten ist nur anzulasten, dass er sich Kenntnis hätte verschaffen können, wenn er den aufgezeigten Ermittlungsansätzen nachgegangen wäre.
59Um die Steuererklärung vollständig und wahrheitsgemäß abzugeben, musste der Kläger das Erklärungsformular gewissenhaft durchlesen. Ein Steuerpflichtiger handelt regelmäßig grob schuldhaft, wenn er eine im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte, auf einen bestimmten Vorgang bezogene Frage nicht beachtet oder einen in der Anleitung zur Einkommensteuererklärung gegebenen Hinweis unbeachtet gelassen hat (BFH, Urteil vom 22.5.1992 VI R 17/91, BStBl II 1993, 80). Dieser Maßstab ist auf die im vorliegenden Fall erfolgten Eintragungen in der Steuererklärung entgegen der Anweisungen in der Anleitung zu übertragen. In der Anleitung sind der Selbstzahler-Sachverhalt und dessen zutreffende Umsetzung in die Steuererklärung eindeutig beschrieben. Auch wenn die Bezeichnungen auf dem Steuererklärungsformular lediglich verkürzt formuliert sind und damit möglicherweise misszuverstehen sind, so wäre es dem steuerlich beratenen Kläger unter Zuhilfenahme der Anleitungen möglich gewesen, die Eintragungen zutreffend vorzunehmen.
60Es gilt ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab (Rätke in Klein, AO, 14. Auflage 2018, § 150, Rn. 22). Dem Kläger als juristisch tätige Person hätte bei Durchsicht seiner durch einen Steuerberater erstellten Steuererklärungen auffallen müssen, dass die Eintragungen zu Beiträgen in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht zutreffend waren.
61Die Verletzung der Ermittlungspflichten des Beklagten wiegt aus diesen Gründen zumindest nicht deutlich schwerer als die Verletzung der Mitwirkungspflichten durch den Kläger.
62Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs.1 FGO.
63Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 115 Abs. 2 FGO vorliegt.