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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten um die Frage, ob Barausgleichszahlungen bei den Einkünften aus Leistungen als Werbungskosten abzugsfähig sind.
3Der Kläger erzielte u.a. Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2001 erklärte er hieraus einen Verlust in Höhe von 3.481.564 DM.
4Der Beklagte erließ unter dem 26. November 2003 einen Bescheid über Einkommen-steuer und Solidaritätszuschlag für das Jahr 2001 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Den Verlust aus den privaten Veräußerungsgeschäften berücksichtigte er im Ergebnis nicht, da dieser im Jahr 2001 nicht ausgleichsfähig sei und nur mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften in anderen Jahren ausgeglichen werden könne. Darüber hinaus stellte er den verbleibenden Verlustvortrag zum 31. Dezember 2001 erhöht um die negativen Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften des Jahres 2001 gesondert fest. Die Bescheide änderte er in der Folgezeit mehrfach im Hinblick auf andere, hier nicht streitgegenständliche Punkte, ohne den Vorbehalt der Nachprüfung aufzuheben.
5Im Juni 2005 bat der Beklagte um nähere Erläuterungen u.a. zu den in den erklärten Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften enthaltenen Wertpapiertermingeschäften an der …-Terminbörse für das Jahr 2001 von 316.779,38 DM. Nach Stellungnahme des Klägers zu anderen Punkten änderte der Beklagte unter dem 22. Februar 2006 den Bescheid über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag für das Jahr 2001 nebst gesonderter Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs. Die nicht ausgleichsfähigen Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften erfasste er mit -2.510.325 DM. Der Verlust aus dem …-Optionshandel sei bis zur Klärung des Sachverhalts nicht anzusetzen. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
6In der Folgezeit ermittelte der Beklagte, dass der Kläger im Jahr 2001 an der …-Terminbörse u.a. im sog. Eröffnungsgeschäft zahlreiche Optionsrechte verkauft hatte. Bei Vertragsschluss hatte er einen sofort fälligen Anspruch auf eine Optionsprämie (Stillhalterprämie) erhalten. Zudem hatte er sich zur Zahlung eines Barausgleichs im Fall der Ausübung der Option durch den Optionskäufer verpflichtet. Zu den Barausgleichszahlungen war es nach Darstellung des Klägers bei den Optionen gekommen, bei denen die Option jederzeit während der Laufzeit ausgeübt werden konnte (amerikanische Version). Der Kläger hatte vier verschiedene Typen von Optionsrechten verkauft: Kaufoptionen (Calls) auf den „x-Aktenindex“, Kaufoptionen (Calls) auf den Börsenkurs einer einzelnen Aktie, Verkaufsoptionen (Puts) auf den „x-Aktenindex“ und Verkaufsoptionen (Puts) auf den Börsenkurs einer einzelnen Aktie.
7Nach weiteren Änderungen hob der Beklagte mit Bescheid vom 27. Dezember 2007 den Vorbehalt der Nachprüfung auf und erfasste die Gewinne und Verluste des Klägers aus Stillhalteroptionsgeschäften, also die erhaltenen Optionsprämien abzüglich etwaiger Glattstellungen, als Einkünfte aus Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.H.v. 2.811.064 DM. Zudem berücksichtigte er Einkünfte aus Future-Geschäften i.H.v. – 252.992 DM sowie aus dem Kauf von Kauf- bzw. Verkaufsoptionen i.H.v. – 94.366 DM als Einkünfte aus § 23 EStG und erhöhte den nicht ausgleichsfähigen Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften dementsprechend auf – 2.857.683 DM. Auch den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs auf den 31. Dezember 2001 passte er an.
8Der Kläger legte hiergegen mit der Begründung Einspruch ein, dass die Einkünfte aus Leistungen gemäß § 22 Nr. 3 EStG nur in Höhe von 1.810.731,53 DM anzusetzen seien und der Beklagte darüber hinaus …-Barausgleiche in Höhe von 1.666.058,14 DM nicht berücksichtigt habe. Die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften beliefen sich entsprechend des vom Beklagten angesetzten Betrags auf – 94.366 DM.
9Der Beklagte änderte daraufhin unter dem 16. Oktober 2008 den Bescheid über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag für das Jahr 2001, indem er die Einkünfte aus Leistungen nach § 22 Nr. 3 EStG dem Klägerbegehren entsprechend auf 1.810.732 DM herabsetzte. Die …-Barausgleiche berücksichtigte er als nicht ausgleichsfähige Verluste im Sinne des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG und erhöhte diese um 1.666.058,14 DM auf 4.523.741 DM. Die Einkommensteuer setzte er auf 198.680,87 € und den Solidaritätszuschlag auf 10.654,14 € fest. Den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs auf den 31. Dezember 2001 passte er wiederum entsprechend an.
10Der Kläger legte hiergegen Einspruch ein, zunächst mit der Begründung verfassungsrechtlicher Zweifel an den Regelungen der Mindestbesteuerung und der Beschränkung des Verlustausgleichs bei privaten Veräußerungsgeschäften. Im Folgenden begehrte er, die von ihm im Jahr 2001 geleisteten Barausgleichszahlungen in Höhe von 1.666.058 DM von seinen bisher berücksichtigten Einkünften aus Leistungen, und zwar aus Stillhaltergeschäften, in Höhe von 1.810.732 DM als Werbungskosten abzuziehen. Die Einkünfte aus Leistungen beliefen sich danach auf 144.674 DM mit dem Ergebnis, dass Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag auf jeweils 0 € festzusetzen seien.
11Er erziele durch den Verkauf einer Option Einkünfte aus Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG. Entgelt sei die vereinnahmte Stillhalterprämie. Barausgleichszahlungen seien von den Einnahmen des Stillhalters abzuziehen, da der Verkäufer eines Optionsrechts neben dem Anspruch auf die Stillhalterprämie die aufschiebend bedingte Verpflichtung zur Zahlung des Barausgleichs eingehe. Einnahme und Aufwand stünden in rechtlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang. Denn der Stillhalter könne die Einnahmen nur erzielen, wenn er das Risiko späterer Zahlungspflichten in Kauf nehme. Ein Fall nachträglicher oder vergeblicher Werbungskosten liege nicht vor.
12Die vom Bundesfinanzhof (BFH) bisher entschiedenen Fälle seien vom vorliegenden Fall zu unterscheiden. Insbesondere sei die vom BFH vertretene Auffassung nicht zutreffend, dass die Barausgleichszahlung ein Basisgeschäft sei, das von der Optionsbegebung, dem Eröffnungsgeschäft, zu trennen sei mit der Folge der Nichtabziehbarkeit der Barausgleichszahlungen.
13Darüber hinaus seien die Verluste aus Glattstellungsgeschäften als Werbungskosten abzugsfähig. Gleiches müsse auch für den Barausgleich gelten.
14Zudem habe der BFH zu Termingeschäften entschieden, dass vom Steuerpflichtigen kein wirtschaftlich sinnloses Verhalten gefordert werden könne.
15Die Abzugsfähigkeit als Werbungskosten entspreche auch dem Veranlassungsprinzip und dem objektiven Nettoprinzip. Missbräuche würden durch die Begrenzung der Abzugsfähigkeit bis zur Höhe der Stillhalterprämien vermieden.
16Schließlich sei der Beklagte nicht an das BMF-Schreiben vom 27. November 2001 gebunden.
17Der Beklagte setzte mit Entscheidung vom 20. Oktober 2016 aus hier nicht mehr streitigen Erwägungen die festgesetzte Einkommensteuer auf 60.729,21 € und den festgesetzten Solidaritätszuschlag auf 3.066,79 € herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück.
18Die Beschränkung des Verlustausgleichs bei privaten Veräußerungsgeschäften sei nach ständiger Rechtsprechung des BFH verfassungsgemäß. Auch sei ein Billigkeitserlass nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
19Die Barausgleichszahlungen des Klägers seien nicht als Werbungskosten abzugsfähig. Diese erfüllten nicht die Voraussetzungen des bei Werbungskosten erforderlichen Veranlassungszusammenhangs mit den Einnahmen aus Optionsprämien. Es müsse ein steuerrechtlich anzuerkennender wirtschaftlicher Zusammenhang bestehen, der nicht durch einen anderen, erheblichen Veranlassungszusammenhang überlagert werden dürfe. Das sei vorliegend aber gerade schon deswegen der Fall, weil der Stillhalter seine Prämien unabhängig von der etwaigen Folgeverpflichtung der Barausgleichszahlung erhalte und im weiteren Verlauf noch wesentliche Faktoren hinzutreten müssten, um überhaupt Aufwendungen zu begründen. Die Ansprüche seien zu trennen und voneinander unabhängig.
20Etwas anderes ergebe sich auch nicht durch den Vergleich zwischen Barausgleich und Glattstellungsgeschäften des Stillhalters.
21Im Ergebnis seien die Verluste aus den Barausgleichszahlungen nicht bei den Einkünften aus Stillhaltergeschäften entstanden, sondern wirtschaftlich zu trennen und der erlittene Schaden der nicht steuerbaren Vermögensebene zuzuordnen. Bei Zustandekommen des Basisgeschäfts verwirkliche sich nämlich nur das Risiko der Spekulation.
22Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der neueren Rechtsprechung des BFH (Az. IX R 48/14), wonach die Anschaffung einer Option und der Ausgang des Optionsgeschäfts nunmehr einheitlich zu betrachten seien. Denn diese abweichende Auffassung des BFH betreffe nur die neue Rechtslage nach Einführung der Abgeltungssteuer im Jahr 2009.
23Mit seiner Klage wiederholt und vertieft der Kläger sein bisheriges Vorbringen und trägt ergänzend vor, anders als der Beklagte meine, seien nach der neueren BFH-Rechtsprechung Optionsbegebungsvertrag und Erfüllung der Barausgleichsverpflichtung nicht mehr zu trennen. In der Erfüllung dieser Verpflichtung sehe der BFH kein Basisgeschäft mehr. Die Grundsätze fänden auch auf die Rechtslage vor Einführung der Abgeltungssteuer Anwendung.
24Entgegen der Auffassung des Beklagten werde der Zusammenhang zwischen vereinnahmter Stillhalterprämie und verausgabtem Barausgleich auch nicht durch einen anderen Veranlassungszusammenhang überlagert und aufgelöst.
25Auch sei der Argumentation des Beklagten zu Glattstellungsgeschäften nicht zu folgen.
26Zur Rechtsprechung des BFH sei im Einzelnen auszuführen, dass die Barausgleichszahlung entgegen den Entscheidungen aus den Jahren 2008 (Az. IX R 68/07) und 2010 (Az. IX B 179/09) kein Basisgeschäft sei, da es sich hierbei nur um eine Erfüllungshandlung der schon bei Optionsbegebung vereinbarten aufschiebenden Bedingung handele. Die elektronische Abwicklung des Vertrags erfolge sogar mittlerweile automatisch. Vielmehr sei die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Niedersachsen aus dem Jahr 2013 (Az. 2 K 35/13) zur Abzugsfähigkeit von Barausgleichszahlungen bei den Einkünften aus § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG (2009) zutreffend. Dies folge aus dem sachlichen Zusammenhang zwischen Barausgleich und Stillhalterprämie, dem Sinn und Zweck der Abgeltungssteuer sowie der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die Entscheidung sei auch auf das vorliegende Streitjahr vor Geltung der Abgeltungssteuer übertragbar. Dem Urteil des BFH aus dem Jahr 2016 (Az. VIII R 55/13), in welchem er bei einer - wie hier - vor Geltung der Abgeltungssteuer eingeräumten Option den Barausgleich nicht als Werbungskosten berücksichtigte, sei nicht zu folgen. Insbesondere sei die Position des Optionserwerbers nicht auf die des Stillhalters übertragbar. Dieser erfülle nicht die Voraussetzungen eines Termingeschäfts. Die Barausgleichszahlung sei kein Geschäft, auch wegen der automatischen Abwicklung. Sie sei der Einkunftsart zuzuordnen, bei der sie erwachsen sei. Insbesondere seien Einnahmen und Werbungskosten stets derselben Einkunftsart zuzuordnen. Weiterhin komme es bei Haltezeiten von mehr als einem Jahr zu ungleichen Ergebnissen, da die Stillhalterprämie stets steuerbar sei, die Barausgleichszahlungen der Haltfrist von einem Jahr unterlägen. Die Zuordnung zu Termingeschäften führe aufgrund der Verlustausgleichsbeschränkung nicht zu einer Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Der Stillhalter, der den Barausgleich abziehen wolle, werde auf andere Geschäftsarten verwiesen, die er ggf. gar nicht ausführen wolle, so bspw. auf den Kauf von Optionsrechten. Vorliegend sei im Hinblick auf die Höhe der vortragsfähigen Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften von 7.062.792 DM ein Ausgleich in der Zukunft nicht realistisch. Eine entsprechende Anpassung des Bescheids durch den Beklagten sei im vorliegenden Fall nicht zielführend. Schließlich existiere noch eine Vielzahl offener Verfahren mit hohen Streitwerten, auch wenn es sich vorliegend um auslaufendes Rechts handele.
27Schließlich trägt der Kläger ergänzend vor, dass der Käufer eines Optionsrechts die Optionsprämie als Werbungskosten abziehen könne und das selbst dann, wenn er keine Barausgleichszahlung vereinnahme. Wenn in diesem Fall Verwaltung und Rechtsprechung einen Veranlassungszusammenhang bejahten, müsse das gleichfalls für den vorliegenden Fall gelten. Auch ergebe sich eine Abzugsfähigkeit des Barausgleichs aus dem Vergleich mit einem Bürgen, welcher die Zahlung an den Gläubiger auch abziehen können müsse, da jede Leistung unkalkulierte Risiken mit sich bringen könne und der Verlustausgleich ohnehin begrenzt sei.
28Der Kläger beantragt,
29den Bescheid für 2001 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 16. Oktober 2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2016 dahingehend zu ändern, dass von seinen Einkünften aus Leistungen Barausgleichszahlungen i.H.v. 851.842 € (= 1.666.058,14 DM) als Werbungskosten abgezogen werden,
30hilfsweise, die Revision zuzulassen.
31Der Beklagte beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Er trägt ergänzend vor, dass nach dem Urteil des BFH aus dem Jahr 2016 (Az. VIII R 55/13) zwar weiterhin der Barausgleich nicht von den Einnahmen aus dem Stillhaltergeschäft abgezogen werden könne, er aber als Verlust aus einem Termingeschäft zu erfassen sei. Der angefochtene Bescheid könne insofern geändert werden mit der Folge, dass der bisher berücksichtigte Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften um die Barausgleichszahlungen zu erhöhen sei. Dies führe aufgrund der Verlustausgleichsbeschränkung jedoch zu keiner abweichenden Steuerfestsetzung.
34Entscheidungsgründe:
35Die Klage ist unbegründet.
36Der Bescheid des Beklagten für das Jahr 2001 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 16. Oktober 2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1, 1. HS der Finanzgerichtsordnung - FGO -), soweit dieser mit seiner Klage den Abzug von Barausgleichszahlungen i.H.v. 1.666.058,14 DM als Werbungskosten begehrt.
37Anders als der Kläger meint, können von seinen Einnahmen aus Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG i.H.v. 1.810.732 DM die geltend gemachten Barausgleichszahlungen i.H.v. 1.666.058,14 DM nicht als Werbungskosten abgezogen werden.
38Die Qualifizierung der Einnahmen aus dem Erhalt der Stillhalterprämien als Einkünfte aus Leistungen im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG ist vorliegend unstreitig und entspricht auch dem klägerischen Vortrag.
39Entgegen der Ansicht des Klägers sind die Barausgleichszahlungen aber nicht bei dieser Einkunftsart als Werbungskosten zu berücksichtigen. Vielmehr sind sie nach der Rechtsprechung des BFH schon der Einkunftsart des privaten Veräußerungsgeschäfts i.S.d. § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG zuzuordnen (BFH, Urteil vom 13. Februar 2008 – IX R 68/07, BFHE 220, 436, BStBl II 2008, 522; BFH, Beschluss vom 25. Mai 2010 – IX B 179/09, BFH/NV 2010, 1627; BFH, Urteil vom 11. Februar 2014 – IX R 10/12, BFH/NV 2014, 1020; BFH, Urteil vom 20. Oktober 2016 – VIII R 55/13, BFHE 256, 56, BStBl II 2017, 264).
40Nach § 52a Abs. 11 S. 6 EStG i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 v. 14. August 2007 ist § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG a.F. weiterhin auf Termingeschäfte anzuwenden, bei denen der Erwerb des Rechts auf einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder Vorteil nach dem 31. Dezember 1998 und vor dem 1. Januar 2009 erfolgt ist. Das ist vorliegend der Fall, da der Kläger die Optionen innerhalb dieses Zeitraums eingeräumt hat.
41Nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 S. 1 EStG sind private Veräußerungsgeschäfte Termingeschäfte, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt, sofern der Zeitraum zwischen Erwerb und Beendigung des Rechts auf einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder Vorteil nicht mehr als ein Jahr beträgt. Hierunter, und zwar unter den Begriff des Differenzausgleichs, fällt auch der von dem Stillhalter gezahlte Barausgleich. Das Gesetz erfasst also nicht nur eine positive Differenz. Vielmehr ist Vorteil im Sinne des Gesetzes auch der Nachteil, soweit er auf dem Basisgeschäft beruht. Dieser Nachteil kann auch erlangt werden (BFH, Urteil vom 20. Oktober 2016 – VIII R 55/13, BFHE 256, 56, BStBl. II 2017, 264 unter 2.I.c)aa) und cc); BFH, Urteil vom 26. September 2012 – IX R 50/09, BFHE 239, 95, BStBl II 2013, 231 unter II.2.c)).
42Anders als der Kläger meint, erfasst § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG mithin nicht lediglich die Option, die der Berechtigte erwirbt, sondern auch solche, die er einräumt. Die nur vermeintlich gegenteilige Aussage in Urteilen des BFH bezieht sich allein auf die Rechtsprechung zur Besteuerung der Stillhalterprämie, welche nach der vorliegenden Rechtslage vor Einführung der Abgeltungssteuer unter den Tatbestand des § 22 Nr. 3 EStG fällt (so BFH, Urteil vom 20. Oktober 2016 – VIII R 55/13, BFHE 256, 56, BStBl. II 2017, 264 unter 2.I.c)bb)).
43Die Zuordnung der Stillhalterprämie und des Barausgleichs zu verschiedenen Besteuerungstatbeständen gründet u.a. auf der Trennung der Geschäfte. Anders als der Kläger betrachtet der BFH für die Veranlagungszeiträume vor Einführung der Abgeltungssteuer - und damit auch für den vorliegend maßgeblichen Veranlagungszeitraum 2001 - die Besteuerung des Basisgeschäfts bzw. des Differenzausgleichs getrennt von der Besteuerung der Stillhalterprämie. Nach seiner Auffassung ist bei der Besteuerung eines Optionsgeschäfts zwischen Eröffnungsgeschäft, Basisgeschäft und Gegen- bzw. Glattstellungsgeschäft zu trennen (BFH, Urteil vom 20. Oktober 2016 – VIII R 55/13, BFHE 256, 56, BStBl. II 2017, 264 unter 2.I.c)bb) m.zahlr.w.N. der Rspr.). Das die Prämie auslösende Begeben einer Option und das nachfolgende Geschäft (z.B. Glattstellung oder Basisgeschäft) sind nach seiner Auffassung kein einheitliches Termingeschäft. Der Optionsgeber erhalte die Prämie als Gegenleistung für eine wirtschaftlich und rechtlich selbständige Leistung, nämlich für seine vertraglich eingegangene Bindung und das damit verbundene Risiko, in Anspruch genommen zu werden. Er behalte sie auch dann, wenn er aus der Option nicht in Anspruch genommen werde und ein Basisgeschäft nicht durchführen müsse (BFH, Urteil vom 28. November 1990 X R 197/87, BFHE 163, 175, BStBl II 1991, 300; BFH, Urteil vom 11. Februar 2014 – IX R 10/12, BFH/NV 2014, 1020).
44Diese Auffassung von der Trennung der Geschäfte vertritt der BFH zwar nicht mehr für die Veranlagungszeiträume nach Einführung der Abgeltungssteuer (BFH, Urteile vom 12. Januar 2016 - IX R 48/14, BFHE 252, 423, BStBl II 2016, 456, IX R 49/14, BFHE 252, 430, BStBl II 2016, 459, IX R 50/14, BFHE 252, 436, BStBl II 2016, 462). Für die - auch vorliegend maßgeblichen - Veranlagungszeiträume vor Einführung der Abgeltungssteuer hält er aber an dem Grundsatz der Trennung der Geschäfte ausdrücklich fest (BFH, Urteil vom 11. Februar 2014 – IX R 10/12, BFH/NV 2014, 1020 unter II.2.d); BFH, Urteil vom 20. Oktober 2016 – VIII R 55/13, BFHE 256, 56, BStBl. II 2017, 264 unter II.1.c)bb) m.w.N. der st.Rspr.). Hierfür spreche insbesondere auch der Grundsatz der Rechtskontinuität. Der Kontinuität der Rechtsprechung komme große Bedeutung zu. Sie diene der von Art. 20 Abs. 3 GG umfassten Rechtssicherheit und könne nur aus wichtigem Grund aufgegeben werden (BFH, Urteil vom 31. Juli 2002 X R 39/01, BFH/NV 2002, 1575; Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751; BFH, Beschluss vom 24. April 2012 IX B 154/10, BFHE 236, 557, BStBl II 2012, 454). Es wäre nicht angemessen, eine jahrelange kontinuierliche Rechtsprechung, die zur Grundlage der ständigen Verwaltungspraxis geworden ist, nach Auslaufen des Rechts wieder in Frage zu stellen. Das würde mit Blick auf viele rechtskräftig abgeschlossene Verfahren zu einer eklatant ungleichen steuerrechtlichen Behandlung führen (zum Ganzen BFH, Urteil vom 11. Februar 2014 – IX R 10/12, BFH/NV 2014, 1020). Dem schließt sich das erkennende Gericht an.
45Die grundsätzliche steuerliche Erfassung des negativen Differenzausgleichs des Stillhalters entspricht den Grundsätzen des Gebots der Folgerichtigkeit sowie der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit gemäß Art. 3 Abs. 1 GG (BFH, Urteil vom 20. Oktober 2016 – VIII R 55/13, BFHE 256, 56, BStBl. II 2017, 264 unter 2.I.c)dd)).
46Danach sind vorliegend die Barausgleichszahlungen des Klägers als negative Einkünfte i.H.v. -1.666.058,14 DM dem Tatbestand der privaten Veräußerungsgeschäfte i.S.d. § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG zuzuordnen. § 22 Nr. 3 EStG ist subsidiär und erfasst lediglich die positiven Einkünfte des Klägers aus Stillhalterprämien.
47Die Berücksichtigung dieser Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften ist, anders als der Beklagte in seiner Erwiderung darlegt, bereits erfolgt. Mit Bescheid vom 20. Oktober 2008 hat er sie erstmals i.H.v. 1.666.058 DM erfasst und den zum 31. Dezember 2001 vortragsfähigen Verlust entsprechend erhöht.
48Dem Vortrag des Klägers, dass die Barausgleichszahlungen nicht die Voraussetzungen des Termingeschäfts erfüllten, ist nicht zu folgen. Der bereits oben angeführten Argumentation ist hinzuzufügen, dass vorliegend gerade spiegelbildlich der verausgabte und vereinnahmte Barausgleich beim Optionsverpflichteten und beim Optionsberechtigten der Regelung des § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG unterfällt (zu letzterem BFH, Urteil vom 17. April 2007 – IX R 40/06, BFHE 217, 566, BStBl II 2007, 608). Es sprechen schon die zivilrechtlichen Grundsätze dafür, gerade für beide Parteien eines Vertrages ein „Geschäft“ anzunehmen, und nicht etwa den Barausgleich des Optionsverpflichteten nicht, den Barausgleich des Optionsberechtigten schon dem Termingeschäft zuzuordnen. Auch eine elektronische Abwicklung automatisiert regelmäßig lediglich das Verfahren, ohne auf die Abgabe von Erklärungen zu verzichten.
49Die vorliegende tatbestandliche Trennung des Eröffnungsgeschäfts und Barausgleichs ist, anders als der Kläger meint, auch nachvollziehbar. Neben den oben genannten Argumenten des BFH, insbesondere zum Grundsatz der Rechtskontinuität, ist darauf hinzuweisen, dass nunmehr selbst das Recht nach Einführung der Abgeltungssteuer und Aufgabe der Trennungstheorie des BFH eine tatbestandlich getrennte Besteuerung der Stillhalterprämie in § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG (2009) und des Barausgleichs in § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchst. a) EStG (2009) normiert (zur neuen gesetzlichen Regelung BFH, Urteil vom 20. Oktober 2016 – VIII R 55/13, BFHE 256, 56, BStBl. II 2017, 264, dann mit der Folge der normierten Verlustausgleichsmöglichkeit nach § 20 Abs. 6 EStG (2009)).
50Der Qualifizierung als negative Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften steht auch nicht der klägerische Vortrag entgegen, dass die steuerliche Behandlung von Glattstellungsgeschäften, welche als erwerbsmindernde Aufwendungen i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG zu berücksichtigen seien, und Barausgleichzahlungen identisch sein müsse, da sich dasselbe spekulative Risiko verwirkliche. Denn zum einen unterscheidet der BFH zwischen den verwirklichten Risiken. Der Steuerpflichtige zahle die Prämien im Rahmen einer Glattstellung vor allem, um damit seine Einnahmen aus dem Stillhaltergeschäft zu sichern. Das auslösende Moment für die Ausgaben sei dem steuerbaren Bereich zuzuordnen, weil der Steuerpflichtige das Risiko, das er als Stillhalter eingegangen sei und das darin liege, Vermögenseinbußen durch ein Ausführungsgeschäft zu erleiden, durch ein Glattstellungsgeschäft vermindern wolle. Müsse er das Basisgeschäft aber durchführen, verwirkliche sich das Risiko der Spekulation, das nach den Wertungen des Gesetzes - ebenso wie ein dadurch erzielter Vorteil - vor der Neuregelung durch § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG der nicht steuerbaren Vermögenssphäre zuzuordnen gewesen sei (BFH, Urteil vom 13. Februar 2008 – IX R 68/07, BFHE 220, 436, BStBl II 2008, 522). Zum anderen gilt auch hier, dass die Barausgleichszahlung schon unter die speziellere Vorschrift des § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG subsumiert werden kann. Die Vorschrift des § 22 Nr. 3 EStG ist hierzu subsidiär und nicht geeignet, den Tatbestand der spezielleren Vorschrift zu definieren.
51Dem entsprechend ist auch die Frage des von den Beteiligten diskutierten Veranlassungszusammenhangs unerheblich. Denn die Frage des Abzugs der Barausgleichszahlungen als Werbungskosten ist nach den Grundsätzen der Spezialität erst zu prüfen, wenn die Qualifizierung als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften verneint worden ist. Gleiches gilt für den Vortrag des Klägers, dass Einnahmen und Werbungskosten bei derselben Einkunftsart zu erfassen seien.
52Der klägerische Vergleich mit Fällen, in denen die Haltefrist von einem Jahr überschritten wird, ist vorliegend nicht entscheidungserheblich.
53Die Argumentation des Klägers mit Vergleichen der steuerlichen Behandlung des Optionskäufers, der die Optionsprämie auch bei Nichtvereinnahmung des Barausgleichs als Werbungskosten abziehen kann, sowie des Bürgen, der die Zahlung an den Gläubiger als Werbungskosten abziehen können muss, verfängt nicht. Denn anders als in diesen Fällen sind vorliegend Optionsprämie und Barausgleich verschiedenen Besteuerungstatbeständen zuzuordnen, so dass sich die Frage des Werbungskostenabzugs nicht stellt (s.o.).
54Im Ergebnis führt die auch im vorliegenden Fall maßgebliche Differenzierung der Besteuerungstatbestände der Stillhalterprämien und Barausgleichszahlungen nach der Rechtslage vor Einführung der Abgeltungssteuer dazu, dass nach § 23 Abs. 3 S. 8 EStG die Verluste des Klägers aus den privaten Veräußerungsgeschäften nur bis zur Höhe des Gewinns, den er im selben Kalenderjahr aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt, ausgeglichen werden können. Ein Ausgleich mit anderen positiven Einkünften des Streitjahres, insbesondere mit den positiven Einkünften des Klägers aus Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG, den vereinnahmten Stillhalterprämien, ist hier nicht möglich.
55Die grundsätzliche Beschränkung des Verlustausgleichs des § 23 Abs. 3 S. 8 EStG ist verfassungsgemäß (BFH, Urteil vom 18. Oktober 2006 – IX R 28/05 –, BFHE 215, 202, BStBl II 2007, 259). Gleiches gilt gerade auch im Hinblick auf die tatbestandlich getrennte Besteuerung der privaten Veräußerungs- und Stillhaltergeschäfte mit der Folge der Verlustausgleichsbeschränkung (BFH, Urteil vom 11. Februar 2014 – IX R 10/12, BFH/NV 2014, 1020; BFH, Urteil vom 20. Oktober 2016 – VIII R 55/13, BFHE 256, 56, BStBl. II 2017, 264; beide unter Berücksichtigung von BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 11. Oktober 2010 – 2 BvR 1710/10, DStR 2010, 2296). Das Abzugsverbot der Barausgleichszahlungen bei den Einkünften aus Leistungen, den vereinnahmten Stillhalterprämien, ist vielmehr die folgerichtige Ausprägung der Systematik des § 22 Nr. 2 und Nr. 3 EStG (zum Ganzen BFH, Urteil vom 11. Februar 2014 – IX R 10/12, BFH/NV 2014, 1020). Auch sieht der BFH die Fortgeltung der Verlustverrechnungsbeschränkung für Altverluste vor Einführung der Abgeltungssteuer vor dem Hintergrund des weiten Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers bei der gesetzlichen Ausgestaltung des Übergangs von der Besteuerung der Termingeschäfte als private Veräußerungsgeschäfte zur Besteuerung als Kapitaleinkünfte nach der Abgeltungsteuer zu Recht als gerechtfertigt an (zur Übergangsregelung BFH, Urteil vom 03. November 2015 – VIII R 37/13, BFHE 252, 274, BStBl II 2016, 273; BFH, Urteil vom 20. Oktober 2016 – VIII R 55/13, BFHE 256, 56, BStBl. II 2017, 264).
56Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem klägerischen Vortrag, dass die Verlustausgleichsbeschränkung dazu führe, dass ein Optionsverkäufer im Ergebnis auf andere Geschäftsarten der privaten Veräußerungsgeschäfte verwiesen werde, um seine Verluste ausgleichen zu können. Denn gerade im vorliegenden Fall hat der Kläger andere private Veräußerungsgeschäfte (u.a. Kauf von Optionsrechten), wenn auch mit einem ebenfalls negativen Ergebnis, getätigt.
57Hier nicht streitgegenständlich ist schließlich, ob andernfalls oder auch im vorliegenden Verfahren ein Billigkeitserlass in Betracht kommt, mit welchem in Einzelfällen einem „ungewollten Überhang“ begegnet werden kann (BFH, Urteil vom 11. Februar 2014 – IX R 10/12, BFH/NV 2014, 1020).
58Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 135 Abs. 1 FGO.
59Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofes erfordern (§ 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 FGO).