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Das Verfahren wird ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union werden nach Art. 267 des AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist Art. 1 Abs. 1 der Durchführungsverordnung (EU) 2017/271 der Kommission vom 16.02.2017 zur Ausweitung des mit der Verordnung (EG) Nr. 925/2009 des Rates eingeführten endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Folien aus Aluminium auf Einfuhren bestimmter geringfügig veränderter Folien aus Aluminium – DVO 2017/271 – ungültig, weil er gegen Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/1036 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 08.06.2016 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Union gehörenden Ländern – VO 2016/1036 – verstößt, indem die Vorschrift den Antidumpingzoll, der nach der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2384 der Kommission vom 17.12.2015 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Folien aus Aluminium und zur Einstellung des Verfahrens betreffend die Einfuhren bestimmter Folien aus Aluminium im Anschluss an eine Auslaufüberprüfung nach Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates – DVO 2015/2384 – für Aluminiumhaushaltsfolie eingeführt wurde, auch auf Aluminiumkonverterfolie ausweitete und nur unter den Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 4 DVO 2017/271 eine Befreiung der Aluminiumkonvertrerfolie vom Antidumpingzoll vorsieht?
2. Ist Art. 1 Abs. 1 DVO 2017/271 ungültig, weil der Kommission eine offensichtlich fehlerhafte Beurteilung beim Erlass der DVO 2017/271 unterlaufen ist, da ihre Annahme, 80% der untersuchten Waren seien geringfügig veränderte Waren, nicht hinreichend begründet ist?
3. Ist Art. 1 Abs. 1 DVO 2017/271 ungültig, weil der Kommission eine offensichtlich fehlerhafte Beurteilung beim Erlass der DVO 2017/271 unterlaufen ist, da sie die Endverwendung der eingeführten Aluminiumfolien in der EU nicht überprüft hat?
Gründe:
2I.
31 Die Klägerin bezog Aluminiumfolie ohne Unterlage als Aluminiumhaushaltsfolie (AHF) von wenigstens 0,008 mm und höchstens 0,018 mm Dicke, in Rollen mit einer Breite von mehr als 650 mm und mit einem Stückgewicht von 10 kg oder mehr. Sie ließ die Rollen in die für Haushaltsfolie benötigte Breiten teilen, bevor sie diese an ihre Abnehmer, sog. Umwickler verkaufte.
42 Die Klägerin meldete beim Zollamt des Beklagten vom 21.07. bis zum 15.09.2016 für sechs Sendungen zur Überlassung in den zollrechtlich freien Verkehr an. Sie meldete sie als „Rollen von Alufolie, gewalzt, Foliendicke von wenigstens 0,008 mm und höchstens 0,018 mm, in Rollen mit einer Breite von über 650 mm“ unter dem Taric-Code 7607 11 19 10 an. Das Zollamt nahm die Zollanmeldungen an und setzte mit Einfuhrabgabenbescheiden nur Zoll und Einfuhrumsatzsteuer fest. In den Handelsrechnungen wurden die Waren als „Household Aluminium Foil“ in Längen zwischen 80 und 220 m und einer Breite von 116 und 120 cm mit einer Dicke von 0,0103 und 0,0123 mm beschrieben.
53 Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 05.05.2017 erhob der Beklagte von der Klägerin für die sechs Einfuhren Antidumpingzoll nach, da dieser noch nicht erhoben worden sei. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.
64 Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin zusammengefasst vor, der angefochtene Einfuhrabgabenbescheid sei rechtswidrig, weil die DVO 2017/271 gegen die VO 2016/1036 verstoße und daher ungültig sei. Die Definition der untersuchten Waren sei fehlerhaft und verstoße gegen Art. 1 Abs. 4, 13 Abs. 1 VO 2016/1036, weil in ihr neben AHF auch Aluminiumkonverterfolie (ACF) enthalten sei, obwohl ACF keine gleichartige Ware sei und daher aus der Untersuchung hätte ausgeschlossen werden müssen. Dieser Fehler werde auch nicht durch Anwendung des Art. 254 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Union (UZK), wie in Art. 1 Abs. 4 DVO 2017/271 vorgesehen, geheilt. Zudem wiesen die Feststellungen der Kommission zur Veränderung des Handelsgefüges gemäß Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 3 VO 2016/1036 offensichtliche Beurteilungsfehler auf. Die Kommission habe die Endverwendung der eingeführten Folien in der EU nicht untersucht und daher auch nicht ausschließen können, dass dabei auch Einfuhren von ACF berücksichtigt worden seien. Aus dem niedrigen Grad der Mitwirkung lasse sich nicht ableiten, dass die nichtkooperierenden Unternehmen tatsächlich geringfügig veränderte Ware ausgeführt hätten. Der geringe Mitwirkungsgrad könne auch dadurch erklärt werden, dass die nichtkooperierenden Unternehmen davon ausgegangen seien, wegen der Ausfuhr von ACF nicht zur Mitwirkung verpflichtet gewesen zu sein. Die willkürliche Annahme eines 80%igen Anteils geringfügig veränderter Waren bewirke auch einen offensichtlichen Beurteilungsfehler bei der angeblichen Untergrabung der Abhilfewirkung des Zolls gemäß Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 3 VO 2016/1036. Im Rahmen vorangegangener Untersuchungsverfahren sei nämlich weder eine Umgehung noch eine Schädigung feststellbar gewesen. Gleichwohl habe sich der Untersuchungszeitraum für die mit der DVO 2017/271 eingeführten Antidumpingzölle mit der vorangegangener Untersuchungen überschnitten.
75 Die Klägerin beantragt,
8den Einfuhrabgabenbescheid des Beklagten vom 05.05.2017 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.02.2018 aufzuheben;
9hilfsweise die Revision zuzulassen.
10Der Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen,
12und verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung.
13II.
14Zur 1. Frage:
156 Nach dem Wortlaut des Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 VO 2016/1036 können u.a. bereits eingeführte Antidumpingzölle auf die Einfuhren geringfügig veränderter gleichartiger Waren aus dem betroffenen Land ausgeweitet werden. Gleichartige Waren sind nach Art. 1 Abs. 4 VO 2016/1036 Waren, die mit der betreffenden Ware identisch sind oder, wenn es eine solche Ware nicht gibt, eine Ware, die Merkmale aufweist, die denen der betreffenden Ware sehr ähnlich sind.
167 Der bereits eingeführte Antidumpingzoll ergab sich aus der Durchführungsverordnung DVO 2015/2384. Nach Art. 1 Abs. 1 dieser Verordnung werden davon Folien aus Aluminium mit einer Dicke von 0,008 mm bis 0,018 mm, ohne Unterlage, nur gewalzt, in Rollen mit einer Breite von 650 mm oder weniger und einem Stückgewicht von mehr als 10 kg erfasst. Die so erfasste Ware wird gemeinhin als AHF bezeichnet (29. Erwägungsgrund der DVO 2015/2384) und nach ihrer Einfuhr von nachgelagerten Verarbeitern, sog. Umwicklern, auf kleinere Rollen umgespult. Das so gewonnene Erzeugnis, Verbraucherrollen, hat viele Verwendungszwecke, vornehmlich als Kurzzeitverpackung im Haushalt, im Catering-Bereich sowie im Lebensmittel- und Blumeneinzelhandel (31. Erwägungsgrund der DVO 2015/2384).
178 Demgegenüber weitet Art. 1 Abs. 1 DVO 2017/271 den Antidumpingzoll nach der DVO 2015/2384 nicht nur auf geringfügig veränderte AHF aus, sondern auch auf ACF, indem er für Aluminiumfolien mit den dort genannten technischen Eigenschaften den Antidumpingzoll schlechthin erweiterte. Dadurch wird nicht nur AHF, sondern auch ACF erfasst. Bei ACF handelt es sich um zur Weiterverarbeitung bestimmte Aluminiumfolie. Sie wird von Veredelungsunternehmen laminiert, beschichtet, lackiert und anderweitig verarbeitet und in Erzeugnissen integriert, die der Verpackung von Lebensmitteln, Arzneimitteln, Kosmetikartikeln und Tabakerzeugnissen dienen oder in Dämmstoffen für die Bauwirtschaft zum Einsatz kommen (28. Erwägungsgrund der DVO 2017/271).
189 Auf Grund der für die ACF erforderlichen andersgearteten Weiterverarbeitung und einer anderen Verwendung ergibt sich, dass ACF in Bezug auf AHF nicht gleichartig im Sinne von Art. 1 Abs. 4 VO 2016/1036 sein kann und auch unter der Annahme geringfügiger Veränderungen im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1, Unterabs. 3 und Unterabs. 4 Buchst. a VO 2016/1036 eine Ausweitung nicht rechtfertigen kann. Davon ging auch die Kommission beim Erlass der DVO 2017/271 aus, indem sie durch Art. 1 Abs. 4 DVO 2017/271 ein Verfahren vorsah, mit dem die Einfuhr von ACF, die die technischen Eigenschaften einer von Art. 1 Abs. 1 DVO 2017/271 erfassten Ware hatte, vom Antidumpingzoll befreit werden konnte.
1910 Zwar kann sich ein Einführer von ACF nach Art. 1 Abs. 4 VO 2017/271 vom Antidumpingzoll befreien lassen, wenn er die Überführung der ACF in die Endverwendung nach Art. 254 UZK beantragt. Aber auch die Inanspruchnahme dieses Verfahrens stellt für den jeweiligen Einführer von ACF keine nur geringfügige Belastung dar.
2011 Die Endverwendung nach Art. 254 UZK ist vom jeweiligen Einführer nach Art. 158 Abs. 1 UZK zu beantragen und muss nach Art. 211 Abs. 1 Buchst. a UZK, Art. 239 der Delegierte Verordnung (EU) 2015/2446 der Kommission vom 28.07.2015 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Einzelheiten zur Präzisierung von Bestimmungen des Zollkodex der Union von den Zollbehörden bewilligt werden. Zudem ist sie noch nach Art. 211 Abs. 3 Buchst. c UZK von der Leistung einer Sicherheit abhängig zu machen, und zwar in Höhe des gegebenenfalls entstehenden Antidumpingzolls, Art. 90 UZK und Art. 148 Abs. 1 Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 der Kommission vom 24. November 2015 mit Einzelheiten zur Umsetzung von Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Union. Die Pflicht zur Leistung einer Sicherheit in erheblicher Höhe stellt eine deutliche Beeinträchtigung für den Einführer einer an sich hinsichtlich eines Antidumpingzolls nicht zu belastenden Ware dar.
2112 Eine Rechtfertigung dieser Belastung könnte im Streitfall allein mit dem Umstand begründet werden, dass ACF und AHF, soweit sie von den Regelungen des Art. 1 Abs. 1 DVO 2017/271 erfasst werden, nicht auf Grund technischer Eigenschaften, sondern nur auf Grund ihrer Verwendung voneinander unterschieden werden können. Diese Besonderheit bei der praktischen Unterscheidung zwischen AHF und ACF hat auch die Klägerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt.
22Zur den folgenden Fragen:
2313 Bei Maßnahmen auf Grund der VO 2016/1036 verfügt die Kommission wegen der Komplexität der zu prüfenden wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Sachverhalte über ein weites Ermessen, so dass sich die gerichtliche Kontrolle einer entsprechenden Beurteilung auf die Prüfung der Fragen beschränkt, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten wurden, ob der Sachverhalt, der der beanstandeten Entscheidung zugrunde gelegt wurde, zutreffend festgestellt ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Beurteilung dieses Sachverhalts und kein Ermessensmissbrauch vorliegen (s. EuGH Urteile vom 26.01.2017, C-247/15 P, C-253/15 P und C-259/15, ECLI:EU:C:2017:61, Rz. 54 und vom 26.01.2017, C-248/15 P, C-254/15 P und C-260/15 P, ECLI:EU:C:2017:62, Rz. 56).
24Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs trägt die Klägerin verschiedene ernst zu nehmende Anhaltspunkte für die Annahme einer offensichtlich fehlerhaften Beurteilung beim Erlass der DVO 2017/271 vor. Die Feststellung, ob diese Anhaltspunkte eine Ungültigkeit der DVO 2017/271 rechtfertigen können, ist allein dem EUGH vorbehalten.
25Zur 2. Frage
2614 Entgegen der Auffassung der Klägerin könnte sich aus den Allgemeinen Informationsdokumenten vom 16.12.2016 und vom 12.01.2017 sowie aus der Fußnote 1 zum 36. Erwägungsgrund der DVO 2017/271 ergeben, wie die Kommission zur Schlussfolgerung, 80% der untersuchten Waren seien geringfügig veränderte Waren, gekommen ist. Von der Gesamtmenge der Ausfuhren in die EU zog die Kommission die Menge der ACF ab, die von den mitarbeitenden Unternehmen stammten. Da das Exportvolumen der mitarbeitenden Unternehmen bei 22% der Gesamtausfuhren in die EU lag, eines der Unternehmen aber auch geringfügig veränderte Waren ausführte, könnte die Annahme, dass jedenfalls 20% der Ausfuhren ACF waren, nicht zu beanstanden sein. Hinsichtlich der verbleibenden Menge ging die Kommission auf Grund der geringen Mitarbeit der ausführenden Unternehmen davon aus, dass es sich nur um geringfügig veränderte Ware handelt.
2715 Diese Schlussfolgerung stützte die Kommission auf Art. 18 Abs. 1 VO 2016/1036. Zwar ergibt sich aus Art. 18 VO 2016/1036 keine gesetzliche Vermutung, die es erlaubt, aus einer mangelnden Bereitschaft der interessierten Parteien zur Mitarbeit unmittelbar auf das Vorliegen einer Umgehung zu schließen, und die damit die Unionsorgane von jedem Beweiserfordernis befreit. Gleichwohl liegt es in Anbetracht der Möglichkeit, selbst endgültige Feststellungen auf der Grundlage der verfügbaren Fakten zu treffen und eine Partei, die nicht oder nur teilweise zur Mitarbeit bereit ist, weniger günstig zu behandeln, als wenn sie mitgearbeitet hätte, ebenso klar auf der Hand, dass es den Unionsorganen gestattet ist, sich auf ein Bündel übereinstimmender Indizien zu stützen, die auf das Vorliegen einer Umgehung im Sinne von Art. 13 Abs. 1 VO 2016/1036 schließen lassen (EuGH Urteile vom 26.01.2017, ECLI:EU:C:2017:61, Rz. 64 und vom 26.01.2017 ECLI:EU:C:2017:62, Rz. 66).
2816 Ob im Streitfall auf Grund der Angaben, die sich aus der Durchführungsverordnung (EU) 2016/865 der Kommission vom 31.05.2016 zur Einleitung einer Untersuchung betreffend die mutmaßliche Umgehung der mit der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2384 eingeführten Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren bestimmter Folien aus Aluminium durch Einfuhren bestimmter geringfügig veränderter Folien aus Aluminium und zur zollamtlichen Erfassung dieser Einfuhren – DVO 2016/865 – und der DVO 2017/271 ergeben, ein derartiges Bündel übereinstimmender Indizien ergibt, kann das vorlegende Gericht nicht feststellen.
2917 Schon im Antrag zur Untersuchung hat die Antragstellerin Umgehungspraktiken vorgetragen, wie die Darstellungen im 10. bis 14. Erwägungsgrund der DVO 2016/865 zeigen. Zudem wurde das Vorhandensein dieser Umgehungspraktiken in der Untersuchung auf Grund der Tätigkeiten der kooperierenden Unternehmen festgestellt (44. bis 49. Erwägungsgrund der DVO 2017/271).
30Eine dieser Umgehungspraktiken nutzte offenbar auch die Klägerin vor Inkrafttreten der DVO 2017/271, indem sie AHF auf Rollen bezog, deren Breite über 650 mm lag. Diese Rollen wurden von ihr geteilt und von den sog. Umwicklern auf handelsübliche Längen zugeschnitten, um sie an Endverbraucher verkaufen zu können.
3118 Gleichwohl spricht die Darstellung der Antragstellerin in ihrer öffentlich zugänglichen Antragsschrift gegen eine Umgehung in dem von der Kommission angenommenen Umfang. Danach überstiegen die Einfuhren geringfügig veränderter Aluminiumfolien diejenigen von ACF nur in den Jahren 2011 bis 2015, erreichten aber keineswegs 80%. Zudem betrug nach Angaben der Klägerin der Verbrauch von AHF in der EU nur etwa 55% des Verbrauchs von ACF.
3219 Welche Gründe im Einzelnen zu der geringen Mitarbeit der Hersteller geführt haben, war den dem Gericht vorgelegten Unterlagen nicht zu entnehmen. Allerdings hatte nach dem übersandten Fragebogen das zur Mitarbeit aufgeforderte Unternehmen anzugeben, dass es in Bezug auf die Ausfuhr der untersuchten Waren keine Umgehungspraktiken im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der VO 1225/2009 – diese Vorschrift entspricht insoweit wortwörtlich Art. 13 Abs. 1 VO 2016/1036 – ausübt. Wenn Unternehmen kooperieren, hätten sie entweder die vorgenommenen Umgehungen einräumen oder die Erklärung zur Umgehung nicht abgeben können, mit der Folge, dass sie den Fragebogen unvollständig ausgefüllt hätten. Wenn sie hingegen, wie vier der kooperierenden Unternehmen, nur ACF ausgeführt hätten, hätten sie per se Befreiungen erhalten können. Da die nichtkooperierenden Unternehmen hiervon aber keinen Gebrauch gemacht haben, ist jedenfalls der Schluss, sie hätten auch geringfügig veränderte Waren ausgeführt, keineswegs fernliegend.
3320 Ist der Umfang der geringfügig veränderten Waren in erheblicher Weise unrichtig ermittelt worden, dürfte der Kommission eine offensichtlich fehlerhafte Beurteilung beim Erlass der DVO 2017/271 unterlaufen sein, soweit sie die Untergrabung der Abhilfewirkung des Antidumpingzolls beurteilt hat
34Zur 3. Frage
3521 Im Rahmen der durch die DVO 2016/865 begonnenen Untersuchung ergab sich für die Kommission, dass die zuvor für maßgebend gehaltenen technischen Kriterien zur Unterscheidung zwischen AHF einerseits und ACF andererseits unzureichend waren (68. und 69. Erwägungsgrund der DVO 2017/271). Daraufhin entschied sich die Kommission nach Diskussionen mit Verfahrensbeteiligten schließlich dazu, am besten auf die Endverwendung abzustellen (72. Erwägungsgrund der DVO 2017/271; Allgemeines Informationsdokument – General Disclosure Document – vom 12.01.2017 Rz. 70).
3622 Die Endverwendung, die in der EU stattfindet, hat die Kommission danach nicht mehr weiter untersucht. Insoweit ist die Klägerin der Auffassung, dass der Kommission ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist, weil die Endverwendung nur in der EU habe untersucht werden können. Dies sei bei den mitarbeitenden ausführenden Herstellern (s. 80. Erwägungsgrund der DVO 2017/271) nicht möglich gewesen. Auf Grund dieser Unterlassung fehle auch für die Annahme der Veränderung des Handelsgefüges (s. 40. Erwägungsgrund der DVO 2017/271) eine ausreichende Tatsachengrundlage. Diese Schlussfolgerungen hält das vorlegende Gericht für nachvollziehbar. Auf Grund der erst gegen Ende des neunmonatigen Untersuchungszeitraums (Art. 13 Abs. 3 Unterabs. 2 VO 2016/1036) getroffenen Entscheidung der Kommission, zwischen AHF und ACV an Hand ihrer Verwendung zu unterscheiden, fehlte wohl die erforderliche Zeit für eine Untersuchung der Endverwendung in der EU.
3723 Das Gericht ist zudem der Auffassung, dass die Klägerin auch hinsichtlich der Umstände, die eine Ungültigkeit der DVO 2017/271 begründen können, unmittelbar betroffen ist. Sie wirken sich nämlich auf ihre Rechtstellung unmittelbar aus, weil die DVO 2017/271 Rechtsgrundlage des ihr gegenüber festgesetzten Antidumpingzolls ist (vgl. EuG Urteil v. 26.09.2000 T-80/97, Rz. 65, ECLI:EU:T:2000:216).