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Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d:
2Die Klägerin führte in dem Zeitraum vom Dezember 2013 bis zum 30. Juni 2016 aus dem Ausland für sie dort hergestellte Waren ein, die sie zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr anmeldete. Sie hatte die Hersteller im Ausland mit ihren Bestellungen aufgefordert, Muster der zu produzierenden Waren der LTD zu übersenden. Die LTD hatte auf Grund eines mit der Klägerin abgeschlossenen Vertrags die Muster daraufhin zu untersuchen, dass sie den von dieser vorgegebenen Qualitätsanforderungen entsprachen und die chemischen Inhaltsstoffe die einschlägigen Vorschriften des Unionsrechts einhielten. Die Klägerin wies die Hersteller der Waren an, mit deren Herstellung erst zu beginnen, nachdem die LTD die entsprechenden Muster untersucht und einer Produktion zugestimmt gehabt habe. Die LTD berechnete der Klägerin monatlich die Kosten für die von ihr durchgeführten Schadstoff- und Qualitätsprüfungen der Waren. Diese Kosten gab die Klägerin bei der Anmeldung der eingeführten Waren zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr nicht an.
3Im Anschluss an eine Außenprüfung (Prüfungsbericht vom 19. Dezember 2016, Randnr. 3.5.10) vertrat das beklagte Hauptzollamt die Auffassung, dass die der Klägerin von der LTD berechneten Kosten für die von dieser durchgeführten Schadstoff- und Qualitätsprüfungen zum Zollwert der eingeführten Waren gehörten. Da die von der LTD berechneten Kosten nicht konkreten Einfuhren zugeordnet werden konnten, ermittelte der Prüfer auf der Grundlage des Verhältnisses der festgestellten Untersuchungskosten von insgesamt … USD zu der Summe der Kaufpreise für die eingeführten Waren von insgesamt … USD einen Zuschlagsatz von 2,03 %. Demgemäß erhob das beklagte Hauptzollamt von der Klägerin mit einem Bescheid vom 7. Dezember 2016 … € Zoll und mit einem weiteren Bescheid vom 22. Februar 2017 … € Zoll nach.
4Die hiergegen von der Klägerin eingelegten Einsprüche wies das beklagte Hauptzollamt mit Entscheidung vom 14. November 2017 zurück. Zur Begründung führte es aus: Die der Klägerin von der LTD berechneten Beträge für die durchgeführten Schadstoff- und Qualitätsprüfungen gehörten zum Zollwert. Die LTD habe eine Aufgabe übernommen, die an sich in den Verantwortungsbereich der Hersteller der eingeführten Waren gefallen sei. Da die an die LTD gezahlten Beträge nicht einzelnen Einfuhren hätten zugordnet werden können, habe der Zollwert nicht nach der Transaktionswertmethode ermittelt werden können. Nachrangige Folgemethoden für die Ermittlung des Zollwerts hätten nicht angewendet werden können. Im Rahmen der Schlussmethode sei deshalb ein Zuschlagssatz von 2,03 % ermittelt worden, der bei der Ermittlung des Zollwerts für die eingeführten Waren berücksichtigt worden sei.
5Die Klägerin trägt mit ihrer Klage vor: Zwischen den Herstellern der Waren und der LTD hätten keine vertraglichen Verpflichtungen bestanden. Sie habe deshalb nicht Zahlungen zur Erfüllung einer Verpflichtung der Verkäufer der Waren gegenüber einem Dritten leisten können. Ihre Zahlungen an die LTD hätten vielmehr auf einem eigenständigen Vertragsverhältnis mit dieser beruht. Im Übrigen seien ihr zwar Transaktionswerte für gleiche oder gleichartige Waren nicht bekannt. Da branchenspezifische Daten des Statistischen Bundesamts sowie der Industrie- und Handelskammern über allgemein übliche Handelsspannen zur Verfügung stünden, könne der Zollwert jedoch nach der deduktiven Methode ermittelt werden.
6Die Klägerin übersandte mit Schriftsatz vom 5. November 2018 drei exemplarische Kalkulationen (Bl. 59 ff. GA).
7Die Klägerin beantragt,
8die Bescheide vom 7. Dezember 2016 und 22. Februar 2017 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. November 2017 aufzuheben.
9Das beklagte Hauptzollamt beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Zur Begründung trägt es vor: Zollwertrechtlich sei es unerheblich, ob vertragliche Beziehungen zwischen der LTD und den Herstellern der Waren bestanden hätten. Entscheidend sei vielmehr, dass die Hersteller auf Grund der abgeschlossenen Kaufverträge der Klägerin gegenüber verpflichtet gewesen seien, Waren zu liefern, die deren Qualitätsvorgaben entsprochen hätten. Der Zollwert der eingeführten Waren könne nicht nach der deduktiven Methode ermittelt werden, weil die Klägerin keine Angaben zu den von ihr bei einem Weiterverkauf erzielten Verkaufspreisen sowie zu den üblichen Zuschlägen für Gewinn und Gemeinkosten gemacht habe. Die von der LTD berechneten Beträge dürften zudem nicht von den von der Klägerin erzielten Verkaufspreisen abgezogen werden. Diese Beträge seien nicht im Zusammenhang mit dem Weiterverkauf der Waren, sondern im Zusammenhang mit dem Einkauf der Waren durch die Klägerin angefallen.
12E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
13Die Klage ist unbegründet. Die die Bescheide vom 7. Dezember 2016 und 22. Februar 2017 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. November 2017 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das beklagte Hauptzollamt hat den Zoll zu Recht nacherhoben.
14Rechtsgrundlage für die Nacherhebung des Zolls sind hinsichtlich der bis zum 30. April 2016 entstanden Zollschulden die Art. 220 Abs. 1 Satz 1, 221 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (Zollkodex - ZK -). Die einer Zollschuld entsprechenden Abgabenbeträge sind mit geringen als den gesetzlich geschuldeten Beträgen buchmäßig erfasst worden. Rechtsgrundlage für die Nacherhebung des Zolls sind hinsichtlich der ab dem 1. Mai 2016 entstanden Zollschulden die Art. 101 Abs. 1, 102 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (Unionszollkodex - UZK -). Die von der Klägerin zu entrichtenden Zollschuldbeträge waren noch nicht festgesetzt und mitgeteilt worden.
15Nach Art. 29 Abs. 3 Buchst. a Satz 1 ZK ist der tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis im Sinne des Art. 29 Abs. 1 ZK die vollständige Zahlung, die der Käufer an den Verkäufer oder zu dessen Gunsten für die eingeführten Waren entrichtet oder zu entrichten hat, und schließt alle Zahlungen ein, die als Bedingung für das Kaufgeschäft über die eingeführten Waren vom Käufer an den Verkäufer oder vom Käufer an einen Dritten zur Erfüllung einer Verpflichtung des Verkäufers tatsächlich entrichtet werden oder zu entrichten sind. Nach Art. 70 Abs. 2 UZK ist der tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis im Sinne des Art. 70 Abs. 1 UZK die vollständige Zahlung, die der Käufer an den Verkäufer oder der Käufer an einen Dritten zugunsten des Verkäufers für die eingeführten Waren leistet oder zu leisten hat, und schließt alle Zahlungen ein, die als Voraussetzung für den Verkauf der eingeführten Waren tatsächlich geleistet werden oder zu leisten sind.
16Zahlungen, die als Bedingung für das Kaufgeschäft über die eingeführten Waren vom Käufer entrichtet werden, können auch die diesem entstandenen Kosten für die Durchführung von Qualitätsuntersuchungen sein (Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften - EuGH -, Urteil vom 19. Oktober 2009 Rs. C-15/99, Slg. 2000, I-8989 Randnr. 23 f.). Denn eine Ware, deren Qualität von dem Verkäufer bestätigt worden ist, hat einen höheren wirtschaftlichen Wert als eine Ware ohne eine solche Bestätigung (EuGH, Urteil vom 19. Oktober 2009 Rs. C-15/99, Slg. 2000, I-8989 Randnr. 26).
17Demgemäß gehören auch die von der Klägerin an die LTD gezahlten Beträge für die Durchführung der Qualitäts- und Schadstoffuntersuchungen zum Zollwert der eingeführten Waren. Die Zahlung der in Rede stehenden Beträge durch die Klägerin war eine Bedingung für die Kaufgeschäfte über die eingeführten Waren. Die Hersteller hatten sich der Klägerin gegenüber verpflichtet, Waren zu liefern, die deren Qualitätsanforderungen entsprachen und chemische Inhaltsstoffe nur im Rahmen der nach dem Unionsrecht zulässigen Grenzen enthielten. Deshalb hat die Klägerin die Hersteller der Waren angewiesen, mit der Produktion erst zu beginnen, nachdem die LTD die entsprechenden Muster untersucht und einer Produktion zugestimmt gehabt habe (Heft 1 Bl 36 ff. der Verwaltungsakten).
18Unerheblich ist, ob die Hersteller der Waren der LTD gegenüber vertraglich verpflichtet waren, nur Waren zu liefern, die den Qualitätsanforderungen der Klägerin entsprachen. Die von der Klägerin an die LTD gezahlten Beträge für die von dieser durchgeführten Qualitäts- und Schadstoffuntersuchungen stellen sich jedenfalls als Zahlungen dar, welche die Klägerin als Käuferin an einen Dritten - die LTD - zugunsten der Verkäufer für die eingeführten Waren geleistet hat. Die Verkäufer der Waren hatten sich der Klägerin gegenüber verpflichtet, Waren zu liefern, die deren Qualitätsanforderungen entsprachen und chemische Inhaltsstoffe nur im Rahmen der nach dem Unionsrecht zulässigen Grenzen enthielten.
19Soweit die Geschäftsführerin der Klägerin in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, bei den von der LTD durchgeführten Untersuchungen habe es sich um vorgezogene Wareneingangskontrollen gehandelt, die Kosten für die Untersuchungen seien bereits in dem Kaufpreis für die eingeführten Waren „eingepreist“ gewesen, steht auch dies der Berücksichtigung der von der Klägerin an die LTD gezahlten Beträge nicht entgegen. Nach Art. 29 Abs. 3 Buchst. a Satz 1 ZK und Art. 70 Abs. 2 UZK ist der bei der Ermittlung des tatsächlich gezahlten Preises die vollständige Zahlung, die der Käufer an den Verkäufer oder an einen Dritten zur Erfüllung einer Verpflichtung des Verkäufers entrichtet hat, zu berücksichtigen. Dabei kommt es nicht darauf an, wie sich der vom Verkäufer kalkulierte Verkaufspreis zusammensetzt und ob darin bereits weitere Kosten für vom Verkäufer selbst durchgeführte Qualitätsuntersuchungen enthalten sind. Entscheidend ist vielmehr, dass die Klägerin die Untersuchungen durch die LTD vor dem Beginn der Produktion der eingeführten Waren durchführen ließ, um die Übereinstimmung der später zu liefernden Waren mit den von ihr vorgegebenen Qualitätsanforderungen und den Vorschriften des Unionsrechts sicherzustellen. Die der Klägerin von der LTD berechneten Kosten bezogen sich mithin nicht nur auf den Absatz der eingeführten Waren im Sinne des Art. 29 Abs. 3 Buchstabe b ZK und im Sinne des Art. 129 Abs. 2 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 der Kommission mit Einzelheiten zur Umsetzung von Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Union (UZK-DVO) (vgl. Finanzgericht München, Urteil vom 29. März 2012 14 K 3641/09, juris).
20Eine Ermittlung des Zollwerts der von der Klägerin eingeführten Waren nach Art. 30 Abs. 2 Buchstabe a oder b ZK bzw. nach Art. 74 Abs. 2 Buchstabe a oder b UZK war unstreitig schon deshalb nicht möglich, weil Transaktionswerte gleicher oder gleichartiger Waren nicht festgestellt werden konnten.
21Anders als die Klägerin meint, kann der Zollwert auch nicht nach Art. 30 Abs. 2 Buchstabe c ZK bzw. Art. 74 Abs. 2 Buchstabe c UZK ermittelt werden. Dies schon deshalb nicht, weil die Höhe der üblichen Zuschläge für Gewinn und Gemeinkosten nicht feststehen (Art. 152 Abs. 1 Buchstabe a Ziff. i der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften; Art. 142 Abs. 5 Buchstabe a UZK-DVO). Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 5. November 2018 drei exemplarische Kalkulationen übersandt hat, hat die Vertreterin des beklagten Hauptzollamts in der mündlichen Verhandlung zu Recht darauf hingewiesen, dass die darin gemachten Angaben nicht überprüft werden könnten. Darüber hinaus handelt es sich nach dem eigenen Vortrag der Klägerin nur um exemplarische Kalkulationen für lediglich drei Artikel. Aus den Anlagen zum Prüfungsbericht ergibt sich allerdings, dass die Klägerin weitaus mehr als nur diese drei Artikel eingeführt hat. Unbeschadet dessen könnte eine Anwendung des Art. 30 Abs. 2 Buchstabe c ZK und des Art. 74 Abs. 2 Buchstabe c UZK nichts daran ändern, dass die von der Klägerin an die LTD gezahlten Beträge bei der Ermittlung des Zollwerts zu berücksichtigen sind (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Oktober 2009 Rs. C-15/99, Slg. 2000, I-8989 Randnr. 23 f; Vonderbank in Müller-Eiselt/Vonderbank, EU-Zollrecht Zollwert, Fach 4230 Randnr. 166). Die von der Klägerin übersandten drei exemplarischen Kalkulationen können zudem nichts daran ändern, dass die von der LTD berechneten Kosten im Rahmen der durchgeführten Außenprüfung nicht konkreten Einfuhren zugeordnet werden konnten und gerade deshalb eine Ermittlung des Zollwerts nach den Art. 29 und 30 Abs. 2 ZK bzw. nach den Art. 70 und 74 Abs. 2 UZK ausschied.
22Das beklagte Hauptzollamt hat mithin zu Recht den Zollwert nach Art. 31 Abs. 1 ZK und nach Art. 74 Abs. 3 UZK ermittelt. Die Anwendung der von dem Prüfer ermittelten Zuschlagssätze ermöglicht es dabei, die in Art. 29 Abs. 3 Buchstabe a Satz 1 ZK und in Art. 70 Abs. 2 UZK geregelten Bewertungsmethoden mit der gebotenen Flexibilität zum Tragen kommen zu lassen (vgl. EuGH, Urteil vom 9. März 2017 Rs. C-173/15, ECLI:EU:C:2017:195 Randnr. 80).
23Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.