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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
T a t b e s t a n d :
2Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger Feststellungsbescheide für die Jahre 2007 bis 2009, die nach seinem Ausscheiden aus der Gesellschaft an ihn in seiner Funktion als Verfahrensbevollmächtigter der Gesellschaft bekannt gegeben wurden, wirksam bekannt gegeben sind oder ob zur Wirksamkeit eine Einzelbekanntgabe an ihn hätte erfolgen müssen. Streitig ist des Weiteren, ob die betreffenden Feststellungsbescheide nichtig sind.
3Der Kläger war bis Juni 2009 an der Personengesellschaft „A,B,C & Partner……“ (künftig: Beigeladene) beteiligt. In den Feststellungserklärungen der Beigeladenen für die Streitjahre 2007 bis 2009 war als gemeinsame Empfangsbevollmächtigte Partner B (künftig B) bezeichnet.
4Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) erließ zunächst Feststellungsbescheide, die den Feststellungserklärungen entsprachen, und zwar für 2007 am 16.3.2009, geändert durch Bescheid vom 20.3.2012, für 2008 am 28.4.2010, geändert durch Bescheid vom 20.3.2012, und für 2009 am 20.3.2012. Alle Feststellungsbescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO).
5Im Jahr 2012 begann das FA mit einer Betriebsprüfung (BP) bei der Beigeladenen, die die Streitjahre 2007 bis 2009 umfasste. Während der laufenden BP, am 28.5.2014, erteilte die zur Vertretung der Beigeladenen befugte B dem Kläger eine Vollmacht, die Beigeladene im Zusammenhang mit der bei ihr durchgeführten BP zu vertreten. Die Vollmacht beinhaltete auch die Befugnis, Zustellungen zu bewirken und entgegenzunehmen. Die BP wurde mit BP-Bericht vom 19.9.2014, auf den wegen der darin getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, abgeschlossen.
6Am 9.12.2014 erließ das FA nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Feststellungsbescheide für die Streitjahre. Die Bescheide waren an den Kläger als Empfangsbevollmächtigter für die Beigeladene adressiert und trugen den Zusatz, dass die Bescheide mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten ergehen.
7Mit zwei Schreiben vom 5.1.2015 und vom 30.1.2015 teilte der Kläger dem FA mit, dass die ihm erteilte Vollmacht nur für die in der Beigeladenen verbliebenen Gesellschafter gelte, nicht jedoch für einen ausgeschiedenen Partner, also ihn selbst. Insoweit werde der Bekanntgabe gem. § 183 Abs. 3 AO widersprochen. Er bitte darum, die betreffenden Bescheide unter seiner Privatanschrift gesondert bekanntzugeben.
8Diesen Antrag auf Einzelbekanntgabe lehnte das FA am 1.7.2015 ab. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein, den das FA mit Einspruchsentscheidung vom 2.11.2015 als unbegründet zurückwies. Die vom Kläger im Anschluss erhobene (Leistungs-)Klage wies das Finanzgericht Düsseldorf mit Urteil vom 5.5.2017 13 K 3706/15 F wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses ab. Ein Rechtsschutzbedürfnis sei nicht gegeben, wenn der Kläger sein Ziel auf wesentlich einfacherem Weg, insbesondere im Wege einer Anfechtungsklage erreichen könne, der gegenüber die allgemeine Leistungsklage subsidiär sei. Der Kläger könne im Streitfall die ergangenen Feststellungsbescheide anfechten, ohne dass sie ihm persönlich bekanntgegeben werden müssten.
9Mit Schreiben vom 5.5.2017 legte der Kläger Einspruch gegen die Feststellungsbescheide 2007 bis 2009 vom 9.12.2014 ein und beantragte gleichzeitig, ihm diese unter seiner Privatanschrift gesondert bekanntzugeben. Ein solcher Einspruch sei, so die Auffassung des Klägers, nicht verfristet, da ihm die Bescheide bislang nicht ordnungsgemäß bekanntgegeben worden seien. Insofern habe auch keine Rechtsbehelfsfrist zu laufen begonnen.
10Das FA verwarf den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 20.11.2017 als unzulässig. Die Einspruchsfrist habe vorliegend am 9.1.2015 geendet. Im vorliegenden Fall sei der Kläger zwar aus der Gesellschaft ausgeschieden, aber zugleich deren Empfangsbevollmächtigter gewesen. Die Empfangsvollmacht des Klägers habe über sein Ausscheiden hinaus fortgewirkt. An den Kläger sei in seiner Funktion als Empfangsbevollmächtigter wirksam bekannt gegeben worden.
11Hiergegen richtet sich die fristgemäß erhobene Klage, zu deren Begründung der Kläger vorträgt: Die Auffassung des FA, dass grundsätzlich auch an ausgeschiedene Gesellschafter keine Einzelbekanntgabe nach § 183 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. AO zu erfolgen habe, sofern sie Empfangsbevollmächtigte der verbleibenden Gesellschafter seien, sei unzutreffend und stehe auch im Widerspruch zu Tz. 2.5.5 des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) zu § 122 AO. Nach Maßgabe der gesetzlichen Regelung müsse eine Einzelbekanntgabe regelmäßig dann erfolgen, wenn ein Gesellschafter, wie hier er selbst, zum Zeitpunkt der Bekanntgabe bereits aus der Gesellschaft ausgeschieden und dies dem FA bekannt sei (Hinweis auf BFH-Urteil vom 14.12.1978 IV R 221/75, Sammlung der Entscheidungen des BFH --BFHE-- 127, 126, Bundessteuerblatt --BStBl-- II 1979, 503). Ausnahmen von diesem Grundsatz existierten weder im Gesetz noch im AEAO, und zwar auch nicht für den hier vorliegenden Fall, dass der ausgeschiedene Gesellschafter als Empfangsbevollmächtigter der verbleibenden Gesellschafter tätig werde. Mit dieser ausnahmslosen Regelung habe der Gesetzgeber es hingenommen, dass in derartigen Fällen unterschiedliche Bekanntgabezeitpunkte existieren würden und es damit unterschiedliche Rechtsmittelfristen geben könne.
12Angesichts dessen und aufgrund der Tatsache, dass dem FA seit Jahren bekannt gewesen sei, dass er zum Zeitpunkt des Erlasses der Feststellungsbescheide seit langem aus der Beigeladenen ausgeschieden gewesen sei, hätten ihm die betreffenden Bescheide gem. § 183 Abs. 2 Satz 1 2.Alt. AO einzeln bekanntgegeben werden müssen, um Wirkung zu entfalten.
13In diesem Zusammenhang verkenne das FA des Weiteren, dass er bereits zum Zeitpunkt der Erteilung der anwaltlichen Vollmacht durch die geschäftsführende Gesellschafterin B am 28.5.2014 ausschließlich nur durch den verbleibenden Teil der Gesellschafter bestellt worden sei. Dies sei unstreitig durch das FA zugelassen worden, mit der Folge, dass auch nach Tz. 2.5.2 Abs. 1 Satz 2 AEAO zu § 122 AO Feststellungsbescheide regelmäßig den übrigen Beteiligten, hier also auch dem ausgeschiedenen Kläger, einzeln bekannt zu geben seien.
14Unabhängig davon könnten die hier in Rede stehenden Feststellungsbescheide ihm gegenüber auch deshalb keine Wirkung entfalten, da er nicht als Inhaltsadressat dieser Bescheide bezeichnet worden sei. Korrekterweise hätte dann der Formulierung „als Empfangsbevollmächtigter für …“ der Zusatz „sowie für sie persönlich“ hinzugesetzt werden müssen. Zudem hätte es weiter heißen müssen: „Der Bescheid ergeht an Sie zum einen als Empfangsbevollmächtigter mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten als auch an Sie persönlich als ausgeschiedener Gesellschafter der Beigeladenen im Wege der Einzelbekanntgabe (§ 183 AO)“. Da dies zweifelsfrei nicht erfolgt sei, habe das FA gegen § 122 AO verstoßen.
15Der Hinweis des FA auf Tz. 3.3.1 AEAO zu § 122 AO gehe fehl. Dieser Abschnitt betreffe nur Zustellungen nach dem Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG). Dieses finde aber hier keine Anwendung, da keine förmliche Zustellung der Bescheide angeordnet worden sei. Zudem betreffe diese Regelung nur und ausschließlich den Fall, dass der Bevollmächtigte selbst zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Feststellungsbescheide noch Beteiligter der Gesellschaft, also Feststellungsbeteiligter und Inhaltsadressat, sei. Gerade dies treffe vorliegend jedoch nicht zu.
16Soweit das FA auf den Grundsatz der Beständigkeit der rechtsgeschäftlich erteilten Vollmacht verweise, greife dieser Grundsatz vorliegend nicht. Erfasst seien nur solche Fälle, in denen ein Beteiligter aus der Gesellschaft ausscheide, nachdem ihm zuvor von der Gesellschaft eine Empfangsvollmacht erteilt worden sei.
17Unzutreffend sei auch die Behauptung des FA, dass er gegenüber dem FA in eigener Sache und nicht nur als Verfahrensbevollmächtigter der Beigeladenen sowie ihren verbleibenden Gesellschaftern aufgetreten sei. Diese Behauptung sei dem geführten Schriftverkehr nicht zu entnehmen und werde daher bestritten.
18Da die hier maßgeblichen Feststellungsbescheide dem Kläger gegenüber nicht wirksam bekanntgegeben worden seien, habe er auch die Einspruchsfrist nicht versäumen können. Der mit Schreiben vom 5.5.2017 eingelegte Einspruch sei daher zulässig. Er sei ferner auch begründet. Insoweit werde vollumfänglich auf die Einspruchsbegründung des Einspruchs der Beigeladenen vom 9.1.2015 Bezug genommen. In materiell-rechtlicher Hinsicht habe das FA z.B. in den angefochtenen Feststellungsbescheiden die steuerliche Problematik bei seinem Ausscheiden mit keinem Wort thematisiert. Hätte es dies getan, hätte es feststellen können und müssen, dass im Juni 2009 weder stille Reserven noch ein Geschäftswert vorhanden gewesen seien. Die Beigeladene habe ihm nicht einmal den Wert des Kapitalkontos zurückzahlen können. Hieraus ergebe sich offensichtlich ein Veräußerungsverlust. Auch hätte das bis zum 31.12.2007 laufende Darlehen des Klägers an die Beigeladene ertragswirksam ausgebucht werden müssen.
19Hilfsweise werde die Feststellung beantragt, dass die angefochtenen Feststellungsbescheide nichtig seien. Die vom FA angestellten Hinzuschätzungen würden – trotz der vorhandenen Möglichkeiten, den Sachverhalt aufzuklären – in eklatanter Weise von den tatsächlichen Gegebenheiten abweichen, ohne dass auch nur ansatzweise erkennbar würde, welche Schätzungsmethode das FA hierfür angewandt habe. U.a. habe das FA im Jahr 2007 Einnahmen in Höhe von … € hinzugeschätzt. Für das FA sei es möglich gewesen, die hier in Rede stehenden Sachverhalte vollumfänglich aufzuklären. Dies sei der Beigeladenen schließlich, wie sich dem Anlagenkonvolut K 11 sowie den dortigen Anlagen entnehmen lasse, ebenfalls gelungen. Dies sei zugegebenermaßen mit einiger Mühe verbunden gewesen, da sich alle Anlagen in beschlagnahmten Handakten befunden hätten. Zwar habe sich das FA während der BP zunächst um Aufklärung bemüht, dann allerdings daran offenbar die Lust verloren. Stattdessen sei das FA zur deutlich einfacheren Hinzuschätzung übergegangen. Dies sei jedoch unzulässig gewesen, da alle Belege zur Sachverhaltsaufklärung hätten aufgefunden werden können. Dies wäre dem FA mit dem nötigen Engagement auch möglich gewesen, so dass es überhaupt keiner Hinzuschätzungen, zumindest aber nicht in einer derart exorbitanten und ungerechtfertigten Höhe bedurft hätte.
20Der Kläger beantragt,
21die Feststellungsbescheide für 2007 bis 2009 vom 09.12.2014 und die Einspruchsentscheidung vom 20.11.2017 aufzuheben,
22hilfsweise, festzustellen, dass die Feststellungsbescheide 2007 bis 2009 vom 9.12.2014 nichtig sind,
23hilfsweise, im Unterliegensfalle die Revision zuzulassen.
24Die Beigeladene beantragt,
25festzustellen, dass die Feststellungsbescheide 2007 bis 2009 vom 9.12.2014 nichtig sind,
26hilfsweise, die Feststellungsbescheide für 2007 bis 2009 vom 09.12.2014 aufzuheben.
27Der Beklagte beantragt,
28die Klage abzuweisen.
29Das FA ist weiterhin der Auffassung, dass die vom Kläger geforderte Einzelbekanntgabe nicht in Betracht komme, da der Kläger in seiner Person sowohl Bevollmächtigter als auch Beteiligter gewesen und ihm der Inhalt der Feststellungsbescheide für 2007 bis 2009 vollständig bekanntgegeben worden sei. Eine zusätzliche Einzelbekanntgabe, die nur in der Übersendung derselben Bescheide an den Kläger bestanden hätte, liefe einer Vereinfachung der Bekanntgabe zuwider. Der Kläger sei nach seinem Ausscheiden zum Empfangsbevollmächtigten bestellt worden und sei in dieser Eigenschaft sowie als Beteiligter gegenüber dem FA aufgetreten. Er habe alle Informationen zugleich als Beteiligter und als Empfangsbevollmächtigter erhalten. Eine Einzelbekanntgabe sei daher entbehrlich gewesen, zumal der Kläger als Beteiligter der Empfangsvollmacht nicht widersprochen habe.
30Die angefochtenen Bescheide seien im Hinblick auf die Zuschätzungen möglicherweise rechtswidrig, aber nicht nichtig. Selbst grobe Schätzungsfehler führten nicht zur Nichtigkeit.
31E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
32Die zulässige Klage ist unbegründet.
33I. Die vom Kläger begehrte Aufhebung der Feststellungsbescheide für 2007 bis 2009 vom 9.12.2014 und der Einspruchsentscheidung vom 20.11.2017 kommt nicht in Betracht, da der vom Kläger mit Schreiben vom 5.5.2017 eingelegte Einspruch verspätet ist, mit der Folge, dass Bestandskraft eingetreten ist.
341. Zum Zeitpunkt der Einspruchseinlegung am 5.5.2017 war die Einspruchsfrist bereits abgelaufen. Die Bescheide sind dem Kläger bereits im Dezember 2014 bekanntgegeben worden, so dass die einmonatige Einspruchsfrist des § 355 Abs. 1 AO im Januar 2015 endete. Das FA hat die Einsprüche daher in der Einspruchsentscheidung vom 20.11.2017 mit Recht als unzulässig verworfen.
352. Der vom Kläger vertretenen Auffassung, dass die Rechtsbehelfsfrist nicht zu laufen begonnen habe, da es an einer notwendigen Einzelbekanntgabe fehle, folgt der Senat nicht. Zwar bestehen aus Sicht des Senats Zweifel an der Auffassung des FA, dass die im Streitfall erfolgte Bekanntgabe ordnungsgemäß dadurch bewirkt werden konnte, dass die geänderten Feststellungsbescheide an den Kläger zugleich an ihn persönlich und als Verfahrensbevollmächtigter der in der Beigeladenen verbliebenen Gesellschafter bekanntgegeben wurden (vgl. a). Nach der Auffassung des Senats wäre ein etwaiger Bekanntgabemangel aber jedenfalls in entsprechender Anwendung des § 8 VwZG als geheilt anzusehen (vgl. b).
36a) Gemäß § 122 Abs. 1 Satz 1 AO ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Für den Fall der Bekanntgabe von Feststellungsbescheiden sieht die AO verschiedene Bekanntgabealternativen vor. Eine Alternative besteht darin, dass der Bescheid allen Feststellungsbeteiligten einzeln bekanntgegeben wird. Zur Vermeidung dieses - im Einzelfall aufwendigen - Verfahrens sieht § 183 Abs. 1 Satz 1 AO verschiedene Bekanntgabeerleichterungen vor. Eine solche besteht unter anderem darin, dass die Feststellungsbeteiligten einen gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten bestellen können (§ 183 Abs. 1 Satz 1 AO). Ist ein Verfahrensbevollmächtigter bestellt, kann das FA auch an diesen bekannt geben (§ 122 Abs. 1 Satz 3 i.V. mit § 80 AO).
37Eine Einzelbekanntgabe an den Kläger ist vorliegend unstreitig nicht erfolgt.
38Darüber hinaus war der Kläger auch nicht zum gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten i.S.v. § 183 Abs. 1 Satz 1 AO bestellt, mit der Folge, dass ihm als ausgeschiedenem Gesellschafter i.S.v. § 183 Abs. 2 Satz 1 AO auch nach seinem Ausscheiden gem. § 183 Abs. 3 Satz 1 AO wirksam Bescheide hätten bekanntgegeben werden können. Ausweislich der dem Gericht vorliegenden Feststellungsakten war die B in den Feststellungserklärungen für 2007 bis 2009, eingegangen beim FA am 9.12.2011, zur gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten im Sinne von § 183 Abs. 1 Satz 1 AO bestimmt worden. Da diese Feststellungserklärungen erst nach dem Ausscheiden des Klägers erstellt wurden, ist davon auszugehen, dass der Kläger an der Bestellung der B zur Empfangsbevollmächtigten nicht mehr mitgewirkt hat und von dieser auch nicht "vertreten" worden sein kann. Die Bestellung der B könnte daher allenfalls dazu geführt haben, dass § 183 Abs. 1 Satz 1 AO für die in der Beigeladenen verbliebenen Feststellungsbeteiligten galt, denn nach der wohl vorherrschenden Auffassung in der Literatur kann das FA es im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens ausnahmsweise auch zulassen, dass nur ein Teil der Beteiligten einen Bevollmächtigten bestellt (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 183 AO Rn. 8; so auch die Verwaltungsauffassung im AEAO zu § 122 AO Tz. 2.5.2. Satz 2; zweifelnd Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 183 AO Rn. 48). In einem solchen Fall kann der Bescheid diesem Empfangsbevollmächtigten mit Wirkung für alle, die ihn bestellt haben, bekannt gegeben werden. Dagegen ist der Bescheid den anderen Feststellungsbeteiligten, die nicht an der Bestellung mitgewirkt haben, einzeln bekanntzugeben (vgl. Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 183 AO Rn. 8), was hier – wie bereits dargelegt – unstreitig nicht der Fall war.
39Schließlich bestehen aus Sicht des Senats auch Zweifel daran, ob vorliegend eine wirksame Bekanntgabe an den Kläger nach § 122 Abs. 1 Satz 3 AO erfolgt ist. Die B hatte zwar in ihrer Funktion als zur Vertreterin der Beigeladenen befugte Partnerin den Kläger am 28.5.2014 zum Bevollmächtigten i.S.v. § 80 AO bestellt. Da der Kläger aber zu diesem Zeitpunkt bereits aus der Beigeladenen ausgeschieden war, war er in seiner Eigenschaft als ausgeschiedener Gesellschafter von dieser Vollmachtserteilung nicht betroffen. Ob die vom FA vertretene Auffassung, dass auch in dieser Konstellation, in der ein ehemaliger Feststellungsbeteiligter zugleich als Verfahrensbevollmächtigter der verbliebenen Feststellungsbeteiligten auftritt, eine "einheitliche" Bekanntgabe an die betreffende Person möglich ist, zutreffend ist, erscheint dem Senat fraglich. Zur Begründung seiner Auffassung verweist das FA auf den AEAO zu § 122 AO Tz. 3.3. Diese Regelung betrifft allerdings nicht die Bekanntgabe nach § 122 Abs. 1 Satz 3 AO, sondern den Fall, dass eine Zustellung an Bevollmächtigte i.S.v. § 7 VwZG vorgenommen wird. Sie sieht u.a. vor, dass es dann, wenn mehrere Beteiligte einen gemeinsamen Verfahrensbevollmächtigten bestellt haben, genügt, dem Bevollmächtigten eine Ausfertigung des Dokuments mit Wirkung für alle Beteiligten zuzustellen. Dies soll auch dann gelten, wenn der Verfahrensbevollmächtigte selbst Beteiligter ist und zugleich andere Beteiligte vertritt. Eine solche Auffassung wird auch in der Literatur zu § 7 Abs. 1 Satz 3 VwZG vertreten, auf den sich der AEAO offenkundig bezieht. So führt etwa Drüen in seiner Kommentierung dieser Vorschrift aus, dass diese analog gelte, wenn der Bevollmächtigte einen oder mehrere Beteiligte vertrete und zugleich selbst beteiligt sei (vgl. Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 7 VwZG Rn. 9; so im Ergebnis auch Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 7 VwZG Rn. 20). Nach der Auffassung von Drüen soll es in dieser Konstellation aber erforderlich sein, dass die Behörde deutlich zum Ausdruck bringt, dass sie an den Adressaten zugleich als Bevollmächtigten der Übrigen zustellen will, damit dieser erkennen kann, dass die Zustellung an ihn als Vertreter gerichtet ist (vgl. Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 7 VwZG Rn. 9; gl.A. Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 7 VwZG Rn. 25). Selbst wenn man daher der Auffassung des FA folgen würde, dass eine solche Analogie, wie sie im Rahmen des § 7 Abs. 1 Satz 3 VwZG befürwortet wird, auch auf den Fall einer einfachen Bekanntgabe nach § 122 Abs. 1 Satz 3 AO übertragbar ist, würde es im Streitfall an der letztgenannten Voraussetzung fehlen. Im Streitfall hat das FA in den geänderten Feststellungsbescheiden vom 9.12.2014 gerade nicht deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass sie diese an den Kläger in seiner Eigenschaft als ausgeschiedener Gesellschafter und zugleich in seiner Eigenschaft als dem Bevollmächtigten der verbliebenen Gesellschafter bekanntgeben wollte. Die Frage, welche Folgerungen aus der fehlenden Klarstellung zu ziehen sind, braucht der Senat allerdings nicht zu beantworten, da aus anderen Erwägungen heraus im Ergebnis jedenfalls von einer Wirksamkeit der Bekanntgabe auszugehen ist.
40b) Ein etwaiger Mangel der Bekanntgabe ist aber jedenfalls dadurch als geheilt anzusehen, dass der Kläger die geänderten Feststellungsbescheide tatsächlich erhalten hat. Dies ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 8 VwZG.
41Nach der herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, der sich der Senat anschließt, sind Fehler bei der Bekanntgabe als Verfahrenshandlung, anders als inhaltliche Adressierungsmängel, heilbar (vgl. Müller-Franken in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 122 AO Rn. 121 m.w.N.). Genauso, wie eine formunwirksame Zustellung nach § 8 VwZG geheilt werden kann, müssen „erst recht“ formschwächere fehlerhafte „schlichte“ Bekanntgaben nachträglich durch Heilung wirksam werden können (vgl. Müller-Franken in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 122 AO Rn. 121 m.w.N.). § 8 VwZG regelt, dass dann, wenn sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen lässt oder es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen ist, dieses als in dem Zeitpunkt zugestellt gilt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist; im Fall des § 5 Abs. 5 VwZG in dem Zeitpunkt, in dem der Empfänger das Empfangsbekenntnis zurückgesendet hat. Dieser Bestimmung ist der allgemeine Rechtsgedanke zu entnehmen, dass Förmlichkeiten des Verfahrens nicht als Zweck an sich zu betrachten sind (vgl. Müller-Franken in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 122 AO Rn. 121 m.w.N.). Nach zutreffender Auffassung gilt daher, dass dann, wenn ein ursprünglich fehlerhaft bekanntgegebener, aber inhaltlich richtig adressierter schriftlicher Verwaltungsakt tatsächlich in einer Weise in den Machtbereich des Adressaten gerät, dass dieser von dessen Inhalt Kenntnis nehmen kann, die Zwecke der Bekanntgabe erreicht, und der ursprüngliche Fehler geheilt ist (vgl. Müller-Franken in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 122 AO Rn. 122 m.w.N.).
42Der BFH hat vor diesem Hintergrund eine Heilung etwa dann bejaht, wenn ein Bescheid an den Steuerpflichtigen selbst bekannt gegeben wird, obwohl er an einen Bevollmächtigten hätte bekanntgegeben werden müssen (vgl. BFH-Urteil vom 8.12.1988 IV R 24/87, BStBl II 1989, 472). Der Mangel wird in dem Moment geheilt, in dem der Bescheid an den Bevollmächtigten weitergeleitet wird. Umgekehrt können nach der BFH-Rechtsprechung Bekanntgaben an einen Bevollmächtigten, der keine Bekanntgabevollmacht hat, dadurch geheilt werden, dass der fehlerhaft bekanntgegebene Bescheid an den Steuerpflichtigen weitergeleitet wird (vgl. BFH-Beschluss vom 14.12.1989 III R 49/89, Sammlung der nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH --BFH/NV-- 1991, 288). Nichts anderes kann im Ergebnis auch in der hier maßgeblichen Konstellation gelten. Der Bekanntgabemangel, der hier darin liegen könnte, dass keine wirksame Bekanntgabe an den Kläger in seiner Eigenschaft als ausgeschiedener Gesellschafter erfolgt ist, wurde jedenfalls dadurch geheilt, dass er selbst den Bescheid tatsächlich erhalten hat, denn auf diese Weise war ihm die Möglichkeit eröffnet, auch von den ihn persönlich betreffenden Feststellungen Kenntnis zu nehmen.
43Im Streitfall liegt auch kein inhaltlicher Mangel hinsichtlich der Adressierung vor, der zu einem „unheilbaren“ Bekanntgabemangel führen würde. Die Inhaltsadressaten eines Bescheides über eine einheitliche und gesonderte Feststellung sind stets die einzelnen Gesellschafter. Diese waren den hier angefochtenen Bescheiden ohne Weiteres zu entnehmen.
44II. Auch der Hilfsantrag, die Nichtigkeit der angefochtenen Feststellungsbescheide für 2007 bis 2009, festzustellen, ist unbegründet. Ein besonders schwerwiegender Schätzungsfehler i.S.v. § 125 AO, der zur Nichtigkeit der betreffenden Feststellungsbescheide führen würde, liegt nicht vor. Nach der Auffassung des Senats hat das FA auch nicht willkürlich und bewusst zu Lasten des Klägers geschätzt.
451. Ein Steuerbescheid ist gem. § 125 Abs. 1 AO nichtig, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies außerdem bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Diese Voraussetzungen sind nach der ständigen Rechtsprechung des BFH nur ausnahmsweise gegeben; in der Regel ist ein rechtswidriger Verwaltungsakt lediglich anfechtbar. Im Falle einer Schätzung von Besteuerungsgrundlagen differenziert der BFH in seiner ständigen Rechtsprechung wie folgt: Nach § 162 Abs. 1 Satz 2 AO sind bei einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Das gewonnene Schätzungsergebnis muss schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein (vgl. BFH-Urteil vom 15.7.2014 X R 43/12, BFH/NV 2015, 145). Eine Schätzung ist nicht schon deswegen rechtswidrig oder gar nichtig, weil sie von den tatsächlichen Verhältnissen abweicht; solche Abweichungen sind notwendig mit einer Schätzung verbunden, die in Unkenntnis der wahren Gegebenheiten erfolgt (vgl. BFH-Urteil vom 15.7.2014 X R 43/12, BFH/NV 2015, 145). Die Schätzung erweist sich vielmehr erst dann als rechtswidrig, wenn sie den durch die Umstände des Falles gezogenen Schätzungsrahmen verlässt. Verlässt eine Schätzung diesen Rahmen, hat dies aber im Allgemeinen nur die Rechtswidrigkeit der Schätzung, nicht deren Nichtigkeit zur Folge (vgl. BFH-Urteil vom 15.7.2014 X R 43/12, BFH/NV 2015, 145). Nichtigkeit ist selbst bei groben Schätzungsfehlern, die auf der Verkennung der tatsächlichen Gegebenheiten oder der wirtschaftlichen Zusammenhänge beruhen, regelmäßig nicht anzunehmen (vgl. BFH-Urteil vom 15.7.2014 X R 43/12, BFH/NV 2015, 145). Das gilt auch und sogar bei groben Abweichungen vom Schätzungsrahmen (vgl. BFH-Beschluss vom 6.8.2018 X B 22/18, Betriebs-Berater --BB-- 2018, 2596).
46Ausnahmsweise kann eine fehlerhafte Schätzung die Nichtigkeit des auf ihr beruhenden Verwaltungsakts zur Folge haben, wenn sich das FA nicht an den wahrscheinlichen Besteuerungsgrundlagen orientiert, sondern bewusst zum Nachteil des Steuerpflichtigen geschätzt hat (sog. subjektive Willkürmaßnahme; vgl. BFH-Urteil vom 15.7.2014 X R 43/12, BFH/NV 2015, 145 m.w.N.; BFH-Beschluss vom 6.8.2018 X B 22/18, BB 2018, 2596). Gleiches gilt auch dann, wenn das Schätzungsergebnis trotz vorhandener Möglichkeiten, den Sachverhalt aufzuklären und Schätzungsgrundlagen zu ermitteln, krass von den tatsächlichen Gegebenheiten abweicht und in keiner Weise erkennbar ist, dass überhaupt und ggf. welche Schätzungserwägungen angestellt wurden (sog. objektive Willkürmaßnahme, vgl. BFH-Urteil vom 15.7.2014 X R 43/12, BFH/NV 2015, 145 m.w.N.; BFH-Beschluss vom 6.8.2018 X B 22/18, BB 2018, 2596).
472. Im Streitfall liegt nach Auffassung des Senats weder ein subjektiver noch ein objektiver Willkürakt vor, der die vom FA vorgenommenen Hinzuschätzungen auf Einnahmeseite willkürlich erscheinen lassen und zur Nichtigkeit der angefochtenen Feststellungsbescheide führen könnte.
48a) Bei den Streitpunkten "abweichende Gewinnverteilung" und "Wechsel der Gewinnermittlungsart" (Tz. 2.2 des BP-Berichts) handelt es von vornherein nicht um Schätzungs-, sondern um Rechtsfragen, die von beiden Beteiligten unterschiedlich beantwortet werden.
49b) In Bezug auf den unter Tz. 2.3.1 des BP-Berichts abgehandelten Prüfungspunkt "Fremdgeld" teilt der Senat nicht die Einschätzung des Klägers, dass diese Hinzuschätzung - insbesondere in Bezug auf das Streitjahr 2007 - als willkürlich anzusehen ist.
50Wie dem BP-Bericht und den BP-Handakten entnommen werden kann, liegt die Ursache für die Schätzung darin begründet, dass das FA bei bestimmten Zugängen, die über dieses Konto verbucht worden waren, den Verdacht hegte, dass es sich in Wirklichkeit um Erlöse handeln könnte. Ausschlaggebend hierfür war zum einen der Umstand, dass nur ein geringer Teil der Zugänge zu Erlösbuchungen geführt hatte, zum anderen der Umstand, dass die angeblichen Fremdgelder nicht unverzüglich an die Empfänger oder zumindest auf Anderkonten weitergeleitet worden, sondern auf dem Konto verblieben waren. Die Prüferin hat im BP-Bericht in Bezug auf bestimmte Geschäftsvorfälle detailliert dargelegt, warum aus ihrer Sicht aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen eine Hinzurechnung von Erlösen erforderlich ist. Wie des Weiteren aus den BP-Handakten zu entnehmen ist, gingen der Umqualifizierung in Erlöse umfangreiche Vorermittlungen voraus. So hatte das FA zum Beispiel in Bezug auf die Geschäftsvorfälle "D" und "E" Unterlagen angefordert und um die Beantwortung von Fragen gebeten. In Bezug auf den erstgenannten Geschäftsvorfall "D" bemängelte das FA etwa den Umstand, dass kein gültiger Treuhandvertrag vorgelegt wurde. In Bezug auf den Geschäftsvorfall "E" bestand offenbar der Verdacht, dass es sich um Scheinrechnungen handeln könnte, weil bei der Durchsuchung der Geschäftsräume Stempel der betreffenden Firma beschlagnahmt worden waren.
51Die von der Prüferin getroffenen Einzelfeststellungen führten im Ergebnis dazu, dass das FA eine pauschale Hinzuschätzung von Erlösen in Höhe von 50% der Differenz zwischen den auf dem Konto erfolgten Zugängen (bereinigt um bestimmte Einnahmen) und den verbuchten Erlösen vorgenommen hat. Ausschlaggebend hierfür war im Ergebnis die rechtliche Überlegung, dass die Beigeladene in Bezug auf das Fremdgeldkonto keine strikte Trennung zwischen eigenem und fremdem Vermögen vorgenommen hatte, was nach Auffassung des FA aufgrund des § 43a Abs. 5 Satz 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) erforderlich gewesen wäre. Nach dieser Vorschrift sind Fremdgelder unverzüglich an den Empfangsberechtigten weiterzuleiten oder auf ein Anderkonto einzuzahlen. Geschieht dies, wie im Streitfall, nicht unverzüglich, kann hieraus durchaus, wie es das FA getan hat, die Schlussfolgerung gezogen werden, dass die Zugänge auf dem Konto zunächst als Einnahmen zu verbuchen sind. Diese Auffassung wird sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur vertreten (vgl. etwa Urteil des FG des Saarlandes vom 29.2.2012 1 K 1342/09, Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 1328 zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung; Hauskötter, RVG professionell, 2003, 107). Anzeichen dafür, dass der Schätzungsrahmen überschritten worden wäre und die Prüferin bewusst zum Nachteil der Beigeladenen schätzen wollte, sind vor diesem Hintergrund nicht erkennbar.
52Des Weiteren sind auch keine Anzeichen für eine objektive Willkür erkennbar. Das FA hat im BP-Bericht ausführlich dargestellt, welche Schätzungserwägungen es angestellt hat und wie es rechnerisch zu der Hinzuschätzung gekommen ist. Die Schätzung weicht auch nicht eklatant von den tatsächlichen Gegebenheiten ab. Der Verdacht des FA, dass es sich bei einem Teil der Zugänge auf dem betreffenden Konto um Erlöse hätte handeln können, ist vor dem Hintergrund des damaligen Sachstandes nachvollziehbar. Dass das FA daher im Schätzungswege davon ausgegangen ist, dass es sich bei ca. der Hälfte der im jeweiligen Streitjahr auf dem Konto eingegangenen Beträge um echte Fremdgelder und bei der anderen Hälfte um Erlöse handelt, hält sich nach der Ansicht des Senats (sogar) noch in dem Schätzungsrahmen, der hier durch die Umstände des Einzelfalls gezogen wird. Ob eine … Gesellschaft in der Größenordnung der Beigeladenen, wie vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, gar nicht in der Lage gewesen wäre, Einnahmen in dieser Größenordnung zu erzielen, kann dahinstehen. Ein solcher Vergleichsmaßstab konnte im Streitfall vom FA schon deshalb nicht angelegt werden, weil jedenfalls einer der Partner der Beigeladenen in umfangreiche kriminelle Geschäfte verwickelt war, bei denen unklar war, inwieweit hieraus zusätzliche Erlöse generiert worden waren.
53c) Ebenfalls nicht als willkürlich kann es angesehen werden, wenn das FA entsprechend der Darstellung in Tz. 2.3.2 des BP-Berichts in Bezug auf bestimmte Geschäftsvorfälle davon ausgeht, dass insoweit noch Erlösbuchungen hätten vorgenommen werden müssen. Anlass für den Aufgriff dieses Prüfungspunktes war der Umstand, dass sich bei einer Suche mittels des Makros "…" nach Rechnungen mit bestimmten Rechnungsnummern gezeigt hatte, dass diese nicht zu Erlösbuchungen auf den Erlöskonten geführt hatten. Auch im Übrigen hatte das FA die betreffenden Rechnungsbeträge nicht finden können. Die Prüferin hatte der Beigeladenen daraufhin die betreffenden Rechnungsbeträge auf zwei Arbeitsblättern mit den Namen "nicht erfasste Erlöse" und "Durchsicht beschlagnahmte Unterlagen" im Rahmen einer Besprechung vom 12.4.2013 mit der Bitte um Stellungnahme übergeben. Die Hinzuschätzung wurde erst im Anschluss an einen umfangreichen Schriftwechsel vorgenommen, nach dessen Abschluss das FA, wie einem Vermerk in der BP-Handakte (Band II) zu entnehmen ist, zu der Schlussfolgerung gekommen war, dass die Ausführungen der Beigeladenen nicht glaubhaft seien. Nach der Auffassung des Senats handelt es sich jedenfalls um aufklärungsbedürftige Geschäftsvorfälle. Der Senat schließt nicht aus, dass bestimmte Hinzurechnungen von Erlösen im Ergebnis zu Unrecht erfolgt sind. Anzeichen dafür, dass die vom FA vorgenommene Hinzuschätzung willkürlich gewesen sein könnte, vermag der Senat aber auch in Bezug auf diesen Prüfungspunkt nicht zu erkennen.
54d) Soweit das FA in Bezug auf die fehlende Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung eine pauschale Hinzuschätzung von 10% der Bareinnahmen für 2008 vorgenommen hat, kann ebenfalls nicht von Willkür ausgegangen werden.
55e) Gleiches gilt im Ergebnis auch insoweit, als das FA unter Tz. 2.3.4 Hinzurechnungen vor dem Hintergrund vorgenommen hat, dass es Zweifel daran hatte, dass es sich bei bestimmten, auf dem Konto "Steuerfreie Auslagen" verbuchten Positionen tatsächlich um solche handelt. Die Hinzuschätzung ist, wie sich einem entsprechenden Vermerk in der BP-Handakte entnehmen lässt (Band II), vom FA - nachvollziehbar - u.a. damit begründet worden, dass über das betreffende Konto auch größere Beträge verbucht worden seien, bei denen es sich nicht um Gerichtskosten oder vergleichbare Aufwendungen habe handeln können und die sich auch in der Folgezeit nicht durch Zahlung ausgeglichen hätten. Auch in diesem Punkt hatte sich das FA vor der Schätzung durch eine Anfrage an die Beigeladene vom 28.9.2012 darum bemüht, aufzuklären, welche Vorgänge von dieser auf dem betreffenden Konto verbucht worden seien.
56f) Für die Hinzuschätzung von Erlösen im Zusammenhang mit dem weiteren Sammelanderkonto bei der F Bank (Tz. 2.3.5 "F Bank Konto 1") gelten die Ausführungen zum Prüfungspunkt "Fremdgeld" entsprechend.
57III. Der von der Beigeladenen gestellte Hauptantrag, die Nichtigkeit der Feststellungsbescheide für 2007 bis 2009 vom 9.12.2014 festzustellen, ist unbegründet. Dies folgt aus den unter II. dargestellten Gründen. Der von der Beigeladenen gestellte Hilfsantrag, die betreffenden Bescheide aufzuheben, ist ebenfalls unbegründet. Insoweit nimmt der Senat auf seine Ausführungen unter I. Bezug.
58IV. Die Kosten des Verfahrens waren dem Kläger und der Beigeladenen, die jeweils – allerdings in umgekehrter Reihenfolge – Anträge auf Aufhebung der angefochtenen Feststellungsbescheide und Feststellung der Nichtigkeit derselben gestellt haben, aufzuerlegen (§ 135 Abs. 1, 3 FGO). Dass der Beigeladenen vorliegend Kosten auferlegt werden, ist aus Sicht des Senats gerechtfertigt, denn mit der Stellung eines eigenen Klageantrags in der Sache nimmt der Beigeladene, dem die Beteiligtenstellung durch den Beiladungsbeschluss zunächst nur aufgezwungen war, den Streit auf und wird damit zur Streitpartei im eigentlichen Sinne. Eine solche Antragstellung reicht nach dem Wortlaut des § 135 Abs. 3 FGO aus, um der Beigeladenen die Kosten aufzuerlegen (vgl. hierzu Ratschow in Gräber, FGO, 8. Aufl., § 135 Rn. 18). Da die Beigeladene mit ihren Sachanträgen unterlegen ist, entspricht es auch nicht der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten gemäß § 139 Abs. 4 FGO dem Kläger oder der Staatskasse aufzuerlegen.