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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Streitig ist, ob die Veräußerung eines Patents bzw. Gebrauchsmusters steuerbar ist oder ob es sich um eine sogenannte „Zufallserfindung“ handelt.
3Der 1932 geborene Kläger wurde mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Er ist Diplom-Kaufmann und war zunächst als Verkaufsleiter für das Produkt X bei der Firma A tätig. Nach dem Ende seiner aktiven Tätigkeit als Verkaufsleiter war er eine Zeit lang als Berater tätig. 1990 machte er sich selbständig und gründete die B-GmbH, als deren Geschäftsführer er tätig ist. Die GmbH handelt mit dem Produkt X. Ihre Geschäfte entwickelten sich zunächst positiv.
41998 meldete der Kläger beim Deutschen Patentamt vier Patentansprüche im Zusammenhang mit einem Verfahren zur Optimierung von Zusatzstoffen zum SpezialProdukt SP an. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kopien des Patentantrags vom 27.08.1998 (Bl. 32-37 d.A.) und der Offenlegungsschrift vom 02.03.2000 (Bl. 38 f. d.A.) Bezug genommen.
51999 meldete die B-GmbH die Marke „M“ für das Spezialprodukt SP an. 1999 wurde außerdem die C-GmbH & Co. KG gegründet. Komplementärin ohne vermögensmäßige Beteiligung ist die B-GmbH, Kommanditist mit einer Kommanditeinlage von 10.000 EUR der Kläger.
6Der Prüfer des Patentamts teilte mit Prüfungsbescheid vom 25.08.2000 mit, er halte den Anspruch zu 1) für unverständlich, die Ansprüche 2) und 3) vermittelten keine klare Lehre und völlig unklar sei, was durch den vierten Anspruch geschützt werden sollte. Eine sachliche Prüfung sei aufgrund der unklaren Ansprüche noch nicht möglich. Der Kläger müsse mit der Zurückweisung der Anmeldung rechnen. Die daraufhin eingeschalteten Patentanwälte regten an, dass der Kläger ein Berechnungsbeispiel übersende. Das vom Kläger im Oktober 2000 übersandte Berechnungsbeispiel konnten die Patentanwälte zunächst nicht nachvollziehen. Im Mai 2001 reichten die Patentanwälte klarstellend neue Patentansprüche beim Patentamt ein. Der Prüfer ging auch insoweit davon aus, dass der Anspruch zu 1) keine klare und vollständige Lehre zum Handeln vermittelte, und forderte eine Klarstellung sowie ein Berechnungsbeispiel ein. Mit Prüfungsbescheid vom 07.08.2002 mahnte er (u.a.) an, dass das Berechnungsbeispiel ausstehe. Im Dezember 2002 reichten die Patentanwälte einen neuen Patentanspruch zu 1) und eine angepasste Beschreibung ein. Der Prüfer forderte mit Prüfungsbescheid vom 25.07.2003 erneut das Berechnungsbeispiel an und drohte die Zurückweisung der Anmeldung an. Das daraufhin eingereichte Rechenbeispiel hielt er für fehlerhaft und nicht nachvollziehbar. Die Patentanwälte und der Kläger überarbeiteten den Anmeldungstext erneut und reichten ihn im März 2004 beim Patentamt ein. Auf dieser Grundlage erteilte das Patentamt dem Kläger im Oktober 2004 das Patent. Die Patenturkunde wurde am 24.03.2005 erteilt, auf deren Kopie wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 46-53 d.A.). 2006 wurde ein Gebrauchsmuster für Sorte 1 des Produktes X eingetragen, das auf der Anwendung der Regeln des Patents beruht. Das patentierte Verfahren ist bislang nicht lizenziert worden.
7Nach 2006 kam es zu einem erheblichen Umsatz- und Gewinneinbruch bei den Geschäften der B-GmbH. 2007 übertrug der Kläger das Gebrauchsmuster und das Patent auf die B-GmbH. Der Kaufpreis für das Gebrauchsmuster betrug 10.000 EUR, der Kaufpreis für das Patent 140.000 EUR. Die GmbH erklärte die Aufrechnung mit Forderungen gegen den Kläger. Die Vertragsparteien wandelten den Restbetrag in ein verzinsliches Darlehn des Klägers an die GmbH um.
82008 meldete die B-GmbH ein Gebrauchsmuster zur Fertigung von Varianten des Produktes X unter Verwendung bestimmter Stoffe an.
9Der Kläger erklärte für das Streitjahr (2007) Einkünfte als Mitunternehmer der C-GmbH & Co. KG entsprechend der einheitlichen und gesonderten Feststellung in Höhe von 0 EUR. Die Eheleute wurden zunächst im Wesentlichen erklärungsgemäß veranlagt.
102011 fand eine Außenprüfung bei der C-GmbH & Co. KG statt. Die Prüferin nahm zunächst an, das Patent sei ein immaterielles Wirtschaftsgut des Sonderbetriebsvermögens des Klägers. 2012 wurde auch eine Außenprüfung bei dem Kläger zur Einkommensteuer 2007-2009 angeordnet und gem. § 194 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) in die Prüfung der C-GmbH & Co. KG einbezogen. Die Prüferin kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger nachhaltig freiberuflich tätig geworden sei. Der Kläger habe mit der Ausarbeitung eines Ausführungsbeispiels neben der Patent- auch die Verwertungsreife hergestellt. Er habe das Patent nach dem Abschluss der Entwicklung in einem verwertbaren Zustand veräußert. Es handele sich insoweit nicht nur um Tätigkeiten der Patentanmeldung, sondern gleichzeitig um solche, die die Verwertungsreife förderten und deshalb als nachhaltig einzustufen seien. Außerdem habe der Kläger das Gebrauchsmuster für Sorte 1 des Produktes X angemeldet und ein weiteres Gebrauchsmuster eintragen lassen. Dies zeige, dass der Kläger die Absicht gehabt habe, die Erfindertätigkeit bei sich bietender Gelegenheit zu wiederholen, und spreche für die Nachhaltigkeit der Tätigkeit.
11Entsprechend den Grundsätzen des Urteils des Hessischen Finanzgerichts vom 13.06.2005 (11 K 2907/02) sei die Zuordnung der Einkünfte gem. § 18 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorrangig gegenüber einer eventuellen Einordnung als „gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen“ bei der C- GmbH & Co KG. Die Prüferin kündigte an, die Verkaufserlöse aus dem Patent bzw. Gebrauchsmuster als Gewinn gem. § 18 Abs. 3 EStG in Höhe von 150.000 EUR bei der Einkommensteuerveranlagung des Klägers zu berücksichtigen.
12Im Hinblick darauf beantragte der Kläger vorsorglich die Vergünstigungen des § 16 Abs. 4 EStG und § 34 Abs. 3 EStG. Der Beklagte änderte den Einkommensteuerbescheid 2007 gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und berücksichtigte einen gewerblichen Veräußerungsgewinn in Höhe von 150.000 EUR, den er um einen Freibetrag gem. § 16 Abs. 4 EStG in Höhe von 31.000 EUR verminderte und gem. § 34 Abs. 3 EStG versteuerte. Der Bescheid wurde an den Kläger als Steuerschuldner und Alleinerben seiner zwischenzeitlich verstorbenen Ehefrau adressiert.
13Dagegen hat der Kläger Sprungklage erhoben, der der Beklagte fristgerecht zugestimmt hat. Der Kläger ist der Auffassung, es handele sich um eine sog. „Zufallserfindung“, die nicht steuerbar sei.
14…
15Der Kläger habe im Jahr 1998 im Morgengrauen die Eingebung gehabt, wie man das Verfahren zur Herstellung des Produktes P optimieren könnte. Der Gedanke habe ohne großes technisches Verständnis und ohne technische Ausbildung entstehen können. Umfangreiche Forschungs- und Entwicklungsarbeiten seien nicht erforderlich gewesen. Die Idee habe der experimentellen Bestätigung bedurft.
16…
17Das Ergebnis dieser Experimente habe bestätigt, dass er eine patentwürdige Erfindung gemacht habe.
18Der Kläger habe mit seiner Patentanmeldung aus dem Jahr 1998 kein bestimmtes im Einzelnen ausgetüfteltes Verfahren patentieren wollen, sondern eine allgemeine Idee. Auf diese habe er sich bewusst beschränkt, damit ihm ein umfassender Patentschutz gewährt werde. Er habe befürchtet, seine Idee könne bei der Einreichung einer konkreten einzelfallbezogenen Lösungsmöglichkeit bekannt und auf andere Herstellungsprozesse übertragen werden, ohne dass er von der Verwendung seiner Idee Kenntnis erlangen würde.
19Das Patentamt habe sich anfangs außerstande gesehen, die Einfachheit der Idee des Klägers nachzuvollziehen, und deshalb konkrete Ausführungsbeispiele angefordert. Auch nach dem Einreichen der ersten Berechnungsbeispiele sei eine Vertiefung der mathematischen Beispiele nötig gewesen, damit das Patentamt die Erfindung habe nachvollziehen können. Unter Einschaltung der Patentanwälte sei es dem Kläger nach fast sieben Jahren gelungen, das Patent für das Spezialprodukt SP zu erhalten. Das Gebrauchsmuster stelle eine Ergänzung des Patents dar und habe lediglich die Verwendung eines bestimmten Stoffes bei der Fertigung von Spezialprodukt SP schützen sollen.
20Der Kläger habe sich altersbedingt aus dem aktiven Geschäftsleben zurückgezogen und Patent und Gebrauchsmuster verkauft. Den Ertrag habe der Kläger als privates, nicht steuerbares, Veräußerungsgeschäft behandelt.
21Der Kläger ist der Auffassung, er habe nicht nachhaltig gehandelt. Seine Blitzidee stelle eine Zufallserfindung dar und sei nur durch zwingend erforderliche, vom Patentamt nachträglich angeforderte Dokumentationen ergänzt worden. Er habe keine weiteren Tätigkeiten ausführen müssen, um die Verwertungsreife herbeizuführen, da diese von Anfang an vorgelegen habe. Denn ein Dritter hätte die Idee unmittelbar technisch verwerten können.
22Die Erstellung der vom Patentamt geforderten Dokumentation könne nicht als nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung der Verwertungsreife gewürdigt werden, sondern als Umsetzung der abstrakten Beschreibung der Patentidee in Zahlen. Dies sei nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 10.09.2003 XI R 26/02 steuerlich unschädlich. Die für die Patentanmeldung einer Blitzidee erforderlichen technischen Lösungsmöglichkeiten sagten nichts über eine technische Verwertungsmöglichkeit oder die Produktionsreife aus, sondern seien weit und abstrakt gehalten, um eine möglichst weitgehende Schutzrechtserteilung zu ermöglichen.
23Bei der Beurteilung, ob die Erfindung unmittelbar verwertungsreif gewesen sei, müsse das gesamte Patentverfahren betrachtet werden. Bei der isolierten Betrachtung der Patentanmeldung könne schnell der falsche Eindruck entstehen, dass die Verwertungsreife erst aufgrund der Ausführungsbeispiele herbeigeführt worden sei. Es dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger über einen längeren Zeitraum vergeblich versucht habe, das Patent für das Spezialprodukt SP zu erhalten. Das Verfahren habe deutlich länger als sonst üblich – nämlich 2 bis 2 ½ Jahre – gedauert. Detailliertere Beispiele seien erforderlich gewesen, damit auch die Patentanwälte die Erfindung hätten nachvollziehen können. Sie seien aber nicht zum Erreichen der Verwertungsreife erforderlich gewesen, da diese von Anfang an vorgelegen habe. Denn die klägerische Idee sei genauso einfach wie genial gewesen. Allerdings sei die Einfachheit der abstrakten Beschreibung der Patentidee ursprünglich nicht verstanden worden.
24Gem. § 34 Abs. 3 Nr. 4 des Patentgesetzes (PatG) müsse die Patentanmeldung eine Beschreibung der Erfindung enthalten. Dazu gehörten nach den Informationen des Patentamts Ausführungsbeispiele. Wenn demnach immer Ausführungsbeispiele für eine Patentanmeldung erforderlich seien, dürfte es unter Zugrundelegung der Rechtsansicht des Beklagten niemals eine Zufallserfindung geben.
25Der Kläger sei außerdem auch nicht mit Wiederholungsabsicht tätig geworden. Eine planmäßige Erfindertätigkeit des Klägers liege nicht vor, weil die dem Patentamt vorgelegten Ausführungsbeispiele für die Patenterteilung unentbehrlich gewesen seien. Eine darüber hinausgehende nachhaltige Tätigkeit liege nicht vor. Es handele sich lediglich um die üblichen Tätigkeiten im Patenterteilungsverfahren.
26Es fehle auch an der Gewinnerzielungsabsicht. Der Verkauf sei ausschließlich aus altersbedingten Gründen erfolgt und nicht, um einen möglichst hohen Profit zu erzielen. Dies zeige sich an dem äußerst geringen, mit lediglich 0,1 % der möglichen
27Handelsumsätze bemessenen, Kaufpreis.
28Weiterhin mangele es an der Beteiligung am allgemeinen Verkehr. Der Kläger habe keine Kundenakquise betrieben und keine Werbung geschaltet, um auf das Patent aufmerksam zu machen.
29Der Kläger beantragt,
30den Bescheid für 2007 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 21.02.2014 dahingehend abzuändern, dass die Veräußerungsgewinne in Höhe von 150.000 EUR aus dem Verkauf des Patents „Spezialprodukt SP“ (Nr. …) und des Gebrauchsmusters (Nr. …) nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sondern die Einkünfte aus Gewerbebetrieb wie im Einkommensteuerbescheid 2007 vom 21.02.2014 mit –230 EUR festgesetzt werden;
31hilfsweise, die Revision zuzulassen.
32Der Beklagte beantragt,
33die Klage abzuweisen.
34Der Beklagte verweist auf den Betriebsprüfungsbericht.
35In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger weitere Unterlagen eingereicht, die den Gegenstand seiner Erfindung näher erläutern und auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung).
36Entscheidungsgründe
37Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht den Gewinn aus der Veräußerung des Patents bzw. Gebrauchsmusters als steuerbare Einkünfte behandelt.
381. Die Veräußerung des Patents bzw. Gebrauchsmusters führt zu einem steuerbaren Gewinn. Dabei kann der Senat offen lassen, ob die damit erzielten Einkünfte gewerbliche oder freiberufliche sind. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger durch die Qualifikation als gewerbliche Einkünfte in seinen Rechten verletzt wäre. Sowohl die freiberufliche (wissenschaftliche) als auch gewerbliche Tätigkeit muss zumindest vorübergehend (§ 18 Abs. 2 EStG) nachhaltig sein. Im Streitfall ist von einer nicht nur gelegentlichen, sondern zumindest vorübergehenden und damit nachhaltigen Erfindertätigkeit auszugehen.
39Der Bundesfinanzhof hat die Grundsätze zur Abgrenzung zwischen der vorübergehenden und der gelegentlichen Erfindertätigkeit in seinem Urteil vom 10.09.2003 (XI R 26/02, BStBl. II 2004, 218) zusammengefasst: Nachhaltig ist demnach eine Tätigkeit, wenn sie von der Absicht getragen ist, sie zu wiederholen und daraus eine Einkunftsquelle zu machen, und wenn sie sich objektiv als nachhaltig darstellt. Vorübergehend i.S. des § 18 Abs. 2 EStG ist eine Tätigkeit, wenn sie planmäßig nur einmalig oder wenige Male, jedoch mit der Absicht ausgeübt wird, sie bei sich bietender Gelegenheit zu wiederholen. Der sog. Zufallserfindung liegt mangels Wiederholungsabsicht keine nachhaltige Tätigkeit zu Grunde. Dies kann insbesondere bei branchenfremden Erfindern der Fall sein.
40Die Wiederholungsabsicht muss sich auf die erfinderische Tätigkeit beziehen; es muss sich um eine planmäßige Erfindertätigkeit handeln. Wird ein Steuerpflichtiger wiederholt erfinderisch tätig, sei es, um auf den erfinderischen Gedanken zu kommen, sei es um die Verwertungsreife einer Erfindung zu fördern, so ist die vorübergehende Tätigkeit auch dann nachhaltig, wenn der Steuerpflichtige letztlich nur eine Erfindung macht. Da der Steuerpflichtige selbst das Merkmal der nachhaltigen Tätigkeit erfüllen muss, können allerdings nur solche Tätigkeiten berücksichtigt werden, die er selbst ausführt oder die von Dritten in seinem Auftrag ausgeführt werden. Tätigkeiten eines Dritten im Rahmen seines Gewerbebetriebes nach Erwerb der (patentierten) Erfindung können dem Veräußerer der Erfindung nicht mehr zugerechnet werden.
41Die Patenterteilung und die darauf gerichteten Tätigkeiten eines beauftragten Patentanwalts dienen dazu, das Recht des Erfinders auf ausschließliche Verwertung (sog. geistiges Eigentum) zu schützen und die Erfindung bekannt zu machen; sie stellen keine auf Wiederholung angelegte erfinderische Tätigkeit dar und dienen nicht der Förderung der (technischen) Verwertungsreife der Erfindung. In diesem Sinn sind Patentanmeldungen allein nicht als Ausdruck nachhaltiger Tätigkeit zu beurteilen, sondern nur solche Tätigkeiten, die die technische Verwertungsreife fördern.
42In Anwendung dieser Grundsätze ist die Tätigkeit des Klägers als nachhaltig anzusehen:
43a) Für den Senat ist zunächst erheblich, dass der Kläger kein Branchenfremder war, sondern über eine gewisse Branchennähe verfügte. Er ist zwar von seiner Ausbildung her Kaufmann und hat im Rahmen seiner früheren Berufstätigkeit mit dem Produkt X und nicht mit dem Produkt P gehandelt. Dies ist für den Senat jedoch nicht von entscheidender Bedeutung, da das eine Produkt u. a. für die Herstellung des anderen Produkts eingesetzt wird. So ist die Erfindung denn auch nicht im Wege einer völlig unvermittelten „spontanen Eingebung“ erfolgt, sondern sie stellte die Antwort auf eine Frage dar, die den Kläger nach eigenem Bekunden bereits seit längerer Zeit zuvor beschäftigt hatte, nämlich nach den Unzulänglichkeiten der herkömmlichen Produktzusammensetzung.
44b) Der Senat kann demgegenüber nicht mit der notwendigen Gewissheit feststellen, dass der Erfindung planmäßige Experimente vorausgegangen wären, so dass bereits aus diesem Grund eine nachhaltige Erfindertätigkeit vorläge. Allerdings könnte der Umstand, dass der Kläger verschiedene Werkstoffe parat hatte, um seine Idee zur Verbesserung des Produktes P zu verifizieren, darauf hindeuten. Dass entsprechende Experimente stattgefunden hätten, hat der Kläger in Abrede gestellt. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung erscheint insofern nicht möglich.
45c) Die Nachhaltigkeit ergibt sich jedoch aus den Tätigkeiten, die der Kläger zeitlich nach der Erfindung entfaltet hat. Der Senat würdigt den Sachverhalt in dem Sinne, dass die Idee des Klägers – entgegen seinen Ausführungen – nicht aus sich heraus und ohne weitere Ausarbeitung verwertungsreif war (vgl. dazu BFH-Urteile vom 18.06.1998 IV R 29/97, BStBl. II 1998, 567; zum Begriff der Verwertungsreife: List, DB 1999, 1085, 1087; Jakob, DStZ 2000, 317, 320) und die Verwertungsreife erst im Laufe des Patenterteilungsverfahrens hergestellt wurde.
46Dass ein fremder Dritter die Idee des Klägers, wie er vorträgt, sofort nach ihrer ersten experimentellen Bestätigung mittels einfachster Methoden hätte verwerten können, widerspricht dem tatsächlichen Ablauf des Patenterteilungsverfahrens.
47…
48Die nach fast sieben Jahren patentierte Erfindung beschränkt sich denn auch nicht auf eine bloße abstrakte Idee. Es geht bei der patentierten Erfindung vielmehr um ein näher beschriebenes Verfahren, mit dem ein höherwertiges Produkt erzeugt werden kann.
49Die notwendige Ergänzung der Patentanmeldungsunterlagen verzögerte die Patenterteilung dementsprechend erheblich. Diese Verzögerung kann nicht allein damit erklärt werden, dass der Kläger sich anfangs bewusst bemühte, die Anmeldung so abstrakt wie möglich zu halten, oder dadurch, dass Patentanwälte und Patentprüfer nicht in der Lage waren, die „geniale Einfachheit“ der Erfindung zu begreifen. Die vorliegenden Unterlagen über das Patenterteilungsverfahren machen deutlich, dass das Problem zumindest auch darin lag, dass die Anmeldungsunterlagen und das Berechnungsbeispiel in Zusammenarbeit mit den Patentanwälten sukzessive fehlerbereinigt und konkretisiert werden mussten. Dies räumt der Kläger zumindest insoweit selbst ein, als er vorträgt, die Beispiele hätten der mathematischen Vertiefung bedurft. Die ungewöhnliche lange Dauer des Patentanmeldungsverfahrens und der Umstand, dass die Patentanwälte immer wieder auf ein Tätigwerden den Klägers warten mussten, um die drohende Zurückweisung der Anmeldung abzuwenden, belegen, dass die Erfindung nach der ersten experimentellen Bestätigung noch nicht fertig bzw. verwertungsreif gewesen ist (vgl. zu einer insoweit anderen Sachverhaltsgestaltung: Finanzgericht Hamburg Urteil vom 12.12.2005 VI 18/04, EFG 2006, 661).
50Diese Tätigkeiten des Klägers im Rahmen des Patenterteilungsverfahren gehen damit über die üblichen Tätigkeiten hinaus, die notwendigerweise – auch im Falle einer echten Zufallserfindung, die aus sich heraus sofort verwertungsreif ist – nach der eigentlichen Erfindungshandlung erforderlich wären, um das Recht des Erfinders auf ausschließliche Verwertung zu schützen und die Erfindung bekannt zu machen. Im Ergebnis musste das letztlich patentierte Verfahren zur Optimierung von Zusatzstoffen zum SpezialProdukt SP im Laufe des Patenterteilungsverfahrens durch den Kläger noch weiter konkretisiert und ausgeschärft werden.
512. Die Gewinnerzielungsabsicht des Klägers (§ 15 Abs. 2 Satz 1 EStG) steht außer Frage. Ein niedriger Verkaufspreis stellt die Gewinnerzielungsabsicht nicht in Frage. Dafür, dass ein Fall der Liebhaberei vorläge, sind keine Anhaltspunkte gegeben. Die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist ebenfalls zu bejahen. Dass der Kläger nach eigenen Angaben keine Kundenakquise bzw. Werbung betrieben hat, steht dem nicht entgegen. Aktive Verwertungsmaßnahmen sind insoweit nicht erforderlich (vgl. BFH-Urteil vom 11.04.1989 VIII R 266/84, BStBl. II 1989, 621 zum gewerblichen Grundstückshandel). Allein der Umstand, dass der Kläger die Erfindung hat patentieren lassen, zeigt, dass er am Markt teilnehmen wollte, nämlich entweder durch eigene Nutzung, Veräußerung des Patents bzw. Gebrauchsmusters oder Lizenzierung.
523. Die Beteiligten gehen im Übrigen zu Recht übereinstimmend davon aus, dass das Patent und das Gebrauchsmuster kein Sonderbetriebsvermögen des Klägers als Mitunternehmer der C-GmbH & Co. KG waren. Patent und Gebrauchtmuster waren nicht unmittelbar zum Einsatz in der KG bestimmt, dienten auch nicht unmittelbar der Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Klägers an der KG und waren deshalb kein notwendiges Sonderbetriebsvermögen (vgl. Wacker in Schmidt, EStG, § 15 Rn. 513 und 517). Die Erfindung bzw. das Patent oder Gebrauchsmuster sind nicht von der KG verwertet worden. Im Übrigen sind die Tätigkeit der KG und die erfinderische Tätigkeit des Klägers auch nicht derart miteinander verflochten, dass der Betrieb nach der Verkehrsauffassung als einheitlich angesehen werden müsste (BFH-Urteile vom 02.06.1976 I R 20/74, BStBl. II 1976, 666, und vom 11.02.1988 IV R 223/85, BFH/NV 1988, 737).
534. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Revision wird zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO).