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Das Auskunftsverlangen vom 11.04.2014, mit dem die Klägerin für die Besteuerungszeiträume 2008 - 2012 zur Vorbereitung einer Aufstellung mit folgenden Angaben zu den bisher nach § 13b UStG angemeldeten Umsätzen aufgefordert wird:
„- Name, Anschrift, Steuernummer der leistenden Unternehmer;
- für jede bezogene Bauleistung hinsichtlich der hierüber erteilten Rechnungen oder Gutschriften die Angabe des Rechnungsdatums und der Rechnungsnummer, der Bezeichnung der erbrachten Bauleistung und der Umsatzhöhe, Zeitpunkt der Zahlung oder der Schlusszahlung;
- Zeitpunkt und Höhe der geleisteten Anzahlungen oder Teilzahlungen sowie hinsichtlich der hierüber erteilten Rechnungen oder Gutschriften das Rechnungsdatum und die Rechnungsnummer;
-Zuordnung der bezogenen Bauleistung bzw. der geleisteten Anzahlung zu dem jeweiligen Ausgangsumsatz unter Angabe des konkreten Ausgangsumsatzes (Bauvorhabens)“
wird insoweit aufgehoben, als die Klägerin zur Erteilung von Auskünften betreffend die Jahre 2008 bis 2010 aufgefordert wurde.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens fallen den Beteiligten jeweils zur Hälfte zur Last.
Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.
Tatbestand:
2Die Klägerin wendet sich gegen die Anforderung von Unterlagen in Form von Aufstellungen im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung aufgrund einer von ihr beantragten Änderung von Umsatzsteuerbescheiden der Jahre 2008 – 2012.
3Die Klägerin ist in der Rechtsform einer AG sowohl als Bauträger und als auch als Generalunternehmer tätig. Im Streitjahr 2008 hielt die Klägerin für die von ihren Subunternehmern sowohl für ihre - umsatzsteuerfreie - Bauträgertätigkeit als auch für ihre - umsatzsteuerpflichtige - Generalunternehmertätigkeit erbrachten Bauleistungen entstandene Umsatzsteuer gemäß § 13b UStG ein und führte diese an den Beklagten, das Finanzamt … ‑FA‑, ab.
4Die Klägerin reichte ihre Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2008 – 2012 wie folgt beim FA ein: 29.09.2009 (2008), 03.04.2010 (2009), 04.11.2011 (2010), 06.11.2013 (2011) und 11.11.2013 (2012). Sie erklärte u.a. Vorsteuerbeträge aus Leistungen iSd § 13b Abs. 1 UStG sowie gemäß § 13b UStG für Bauleistungen als Steuerschuldner geschuldete Umsatzsteuer iHv 357.088,20 € (2008), 518.073,98 € (2009), 278.805,26 € (2010), 395.301,41 € (2011) und 436.053,83 € (2012). Das FA stimmte den eingereichten Erklärungen sämtlich zu, denen für die Jahre 2011 und 2012 am 18.11.2013. Nach Durchführung einer Betriebsprüfung änderte das FA die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Jahre 2008 bis 2010 gemäß § 164 Abs. 2 AO mit Bescheiden jeweils vom 19.10.2012 und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
5Mit Schreiben vom 02.12.2013 beantragte die Klägerin unter Hinweis auf die Entscheidung des BFH vom 22.08.2013 (V R 37/10, BStBl II 2014, 128) die Änderung der Umsatzsteuerbescheide der Jahre ab 2007, weil sie, soweit sie umsatzsteuerfreie Leistungen als Bauträger erbringe, nicht Steuerschuldner nach § 13b UStG für hierfür bezogene Bauleistungen sein könne. Das Schreiben enthält weder genaue Angaben zu den zu ändernden Bescheiden noch zur Höhe der nach Auffassung der Klägerin zu Unrecht abgeführten Umsatzsteuerbeträge.
6Mit Schreiben vom 20.01.2014 lehnte das FA den Änderungsantrag der Klägerin ab. Eine Änderung des Umsatzsteuerbescheides für 2007 sei bereits wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist gemäß §§ 169 Abs. 1 und 2; 170 Abs. 1 AO nicht möglich. Die Erklärung sei am 15.09.2008 beim FA eingegangen, die Festsetzungsfrist am 31.12.2012 abgelaufen. Eine Änderung der noch nicht festsetzungsverjährten Umsatzsteuerveranlagungen für die Jahre 2008 bis 2012 sei nicht möglich, weil das BFH-Urteil vom 22.08.2013 nicht im Bundesteuerblatt veröffentlicht worden und das FA daher an die bisherigen Verwaltungsanweisungen gebunden sei.
7Hiergegen legte die Klägerin am 23.01.2014 Einspruch ein und begehrte weiterhin die Änderung der Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2008 bis 2012 in Hinblick auf die zu Unrecht gemäß § 13b UStG abgeführte Umsatzsteuer. Auch das Einspruchsschreiben enthält weder genaue Angaben zu den zu ändernden Umsatzsteuerbescheiden noch zur Höhe der zu Unrecht als nach § 13b UStG geschuldet behandelten Umsatzsteuerbeträge. Das FA ordnete daraufhin am 11.04.2014 die Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für den Besteuerungszeitraum 2008 - 2013 an. Zur Überprüfung der bisher nach § 13b UStG angemeldeten Umsätze wurde die Klägerin in Hinblick auf das BFH-Urteil vom 22.08.2013 gebeten,
8„eine Aufstellung vorzubereiten, die folgende Angaben enthält:
9- Name, Anschrift, Steuernummer der leistenden Unternehmer;
10- für jede bezogene Bauleistung hinsichtlich der hierüber erteilten Rechnungen oder Gutschriften die Angabe des Rechnungsdatums und der Rechnungsnummer, der Bezeichnung der erbrachten Bauleistung und der Umsatzhöhe, Zeitpunkt der Zahlung oder der Schlusszahlung;
11- Zeitpunkt und Höhe der geleisteten Anzahlungen oder Teilzahlungen sowie hinsichtlich der hierüber erteilten Rechnungen oder Gutschriften das Rechnungsdatum und die Rechnungsnummer;
12-Zuordnung der bezogenen Bauleistung bzw. der geleisteten Anzahlung zu dem jeweiligen Ausgangsumsatz unter Angabe des konkreten Ausgangsumsatzes (Bauvorhabens).“
13Zudem wurde um Mitteilung gebeten, ob über die geänderte umsatzsteuerliche Behandlung mit dem leistenden Unternehmer Einvernehmen erzielt worden sei und ob bereits berichtigte Rechnungen oder Gutschriften erteilt worden seien.
14Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der erbetenen Unterlagen wird auf die Anordnung vom 11.04.2014 Bezug genommen.
15Mit Schreiben vom 06.05.2014 an das FA legte die Klägerin Einspruch gegen die Anordnung der Umsatzsteuer-Sonderprüfung und die Anforderung einer „Zusammenstellung der Liste bezüglich der einzelnen Rechnungen der einzelnen Bauvorhaben zu § 13b UStG“ ein. Die vom FA angeforderte Zusammenstellung würde im Rahmen des laufenden Geschäftsbetriebs der Klägerin Monate in Anspruch nehmen und habe mit der Besteuerung der Klägerin nichts zu tun, sondern diene lediglich der Zusammenstellung von Kontrollmaterial für die leistenden Unternehmer. Es werde gebeten, auf die Zusammenstellung solcher Listen zu verzichten und die Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2008 – 2012 entsprechend dem BFH-Urteil und dem BMF-Schreiben zu ändern.
16Mit Schreiben vom 06.05.2014 an die OFD NRW wandte sich die Klägerin ebenfalls gegen die Anforderung der Aufstellung. Das BMF habe mit Schreiben vom 05.02.2014 das BFH-Urteil vom 22.08.2013 auf alle offenen Fälle für anwendbar erklärt, so dass einer Änderung der Festsetzung der Klägerin nichts entgegen stehe. Die vom FA angeforderte Zusammenstellung würde im Rahmen des laufenden Geschäftsbetriebs der Klägerin Monate in Anspruch nehmen und habe mit der Besteuerung der Klägerin nichts zu tun. Die Klägerin werde jedoch die entsprechenden Ordner gerne dem FA zur Verfügung stellen, damit dieses die entsprechenden Listen selbst zusammen stellen könne.
17Mit Schreiben vom 23.5.2014 vertrat das FA die Auffassung, dass die Anforderung der Unterlagen kein Verwaltungsakt und der von der Klägerin insoweit erhobene Einspruch unzulässig sei.
18Mit Schreiben vom 19.06.2014 teilte das Finanzministerium des Landes NRW der Klägerin mit, dass die Verfahrensweise des FA, vor einer Erstattung die Erstattungsberechtigung dem Grunde und der Höhe nach zu überprüfen und detaillierte Angaben zu den bezogenen Leistungen anzufordern, der bundesweit abgestimmten Verwaltungsauffassung entspreche, wie der Sachverhalt gemäß § 93 Abs. 1 und 2 AO zu ermitteln sei.
19Am 15.07.2014 erhob die Klägerin die unter dem Aktenzeichen 1 K 2226/ 14 U anhängige Untätigkeitsklage gegen das FA mit dem Begehren, die Umsatzsteuerfestsetzung für 2008 dahingehend abzuändern, dass diese um 259.913,34 € niedriger festgesetzt wird.
20Am 13.02.2015 erhob die Klägerin Klage gegen das FA mit Begehren, auf die Anforderung der Unterlagen hinsichtlich der von ihr zu Unrecht gemäß § 13b UStG einbehaltenen und abgeführten Umsatzsteuerbeträge der Jahre 2008 bis 2012 zu verzichten.
21Zur Begründung wiederholte sie ihren Vortrag aus dem Einspruchsschreiben und führte ergänzend aus, dass ein die Außenprüfung vorbereitendes Verlangen von Unterlagen ein Verwaltungsakt und damit auch Gegenstand eines Einspruchs bzw. einer Anfechtungsklage sein könne. In dem Auskunftsverlangen liege ein arger Eingriff in die zeitliche Planung der Klägerin. Auch die Aussage der OFD, dass bei allen Änderungsanträgen eine solche Liste angefordert werde, zeige, dass es sich um einen Verwaltungsakt handele, dessen Rechtmäßigkeit im Vorfeld der Umsatzsteuer-Sonderprüfung geklärt werden müsse.
22Bei dem Vorlageersuchen handele es sich um einen Verwaltungsakt iSd § 118 AO. Es sei anzunehmen, dass die Finanzverwaltung nicht im Rahmen eines jeden Änderungsantrages in Hinblick auf § 13b UStG eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung anordnen werde, so dass ohne zeitgleiche Anordnung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung ein Verwaltungsakt vorliege. Die zeitgleiche Anordnung einer Sonderprüfung könne aber nicht dazu führen, dass es sich bei der Aufforderung entsprechend den Anforderungen des BMF-Schreibens nicht um einen Verwaltungsakt handele. Komme der Aufforderung keine Verwaltungsaktqualität zu, müsse die Klägerin das Ergehen eines entsprechenden Bescheides abwarten, um die Rechtmäßigkeit des Auskunftsersuchens zu klären.
23Die Klägerin wende sich nicht gegen die Erteilung der Auskünfte als solche. Dies werde dadurch bestätigt, dass sie im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung bereits sämtliche elektronischen Daten zur Buchhaltung sowie sämtliche Belege zur Verfügung gestellt habe. Sie wende sich jedoch dagegen, dem FA die erbetenen Auskünfte in Form von Listen gleichwelcher Art bezogen auf jedes einzelne Bauvorhaben zur Verfügung zu stellen. Es sei zu vermuten, dass die Zusammenstellung solcher Listen allein der Gewinnung von Kontrollmaterial für die Besteuerung der Subunternehmer diene. Dies sei jedoch nicht Aufgabe der Klägerin. Es sei mit Recht und Billigkeit nicht vereinbar, wenn ohne jede Einschränkung auf Zeit und Umfang die Aufstellung umfangreicher Listen verlangt werden. Wenn ein Finanzamt glaube, derartige Unterlagen im Interesse der Besteuerung zu benötigen, dann erscheine es sachgerecht und billig, wenn es die erforderlichen Feststellungen bei dem in Betracht kommenden Auskunftsverpflichteten selbst treffe.
24Insbesondere für die Jahre 2008 und 2009 dürfte eine Aufstellung nur für einen Teil der Subunternehmer erforderlich sein, weil für diese Jahre die reguläre Festsetzungsfrist bei den Subunternehmern bereits abgelaufen sein dürfte. Da die Klägerin nicht beurteilen könne, für welche Subunternehmer auch in Hinblick auf bereits durchgeführte Betriebsprüfungen oder Insolvenzen eine Aufstellung benötigt werde, habe dies das FA selbst vorzunehmen.
25Zudem sei fraglich, ob die Umsatzsteuerbescheide der Subunternehmer gemäß § 27 Abs. 19 UStG änderbar seien, weil dieser den Vertrauensschutz des § 176 AO rückwirkend versage. Wenn dies verfassungswidrig sein sollte, würde sich eine Anforderung der Listen erübrigen. Die Problematik der Verfassungswidrigkeit des § 27 Abs. 19 UStG sei auch im Rahmen der Anforderung der Unterlagen für eine Änderung der Steuerbescheide des Leistungsempfängers zu berücksichtigen.
26Mit Einspruchsentscheidung vom 12.03.2015, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, wies das FA den Einspruch der Klägerin gegen das Auskunftsverlangen im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 31.07.2014 (IV D 3-S 7279/11/10002, BStBl I 2014, 1073) als unbegründet zurück. Das FA habe zu Recht die entsprechenden Angaben bezüglich der zu Unrecht als Leistungen iSd § 13b UStG erfassten Eingangsumsätze der Klägerin angefordert.
27Die Klägerin beantragt,
28das Auskunftsverlangen vom 11.04.2014 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 12.03.2015 aufzuheben;
29hilfsweise die Revision zuzulassen.
30Der Beklagte beantragt,
31die Klage abzuweisen.
32Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 12.03.2015.
33Die mit Schreiben vom 11.04.2014 angeforderten Auskünfte seien zur Feststellung der für die Besteuerung erheblichen Sachverhalte der Klägerin erforderlich. Gemäß § 93 AO hätten Beteiligte und andere Personen der Finanzbehörde die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte gegebenenfalls auch schriftlich zu erteilen.
34Das FA sei hinsichtlich der Bearbeitung der Änderungsanträge von Bauträgern zu § 13b UStG an das Schreiben des BMF (vom 31.07.2014, IV D 3-S 7279/11/10002, BStBl I 2014, 1073) zu den von den Bauträgern zu erteilenden Auskünften gebunden. In dem Schreiben werde ausgeführt:
35„Hat der Leistungsempfänger unter Berufung auf das o. a. BFH-Urteil vom 22. August 2013, V R 37/10, die Erstattung der Umsatzsteuer gefordert, die er ursprünglich in der Annahme entrichtet hatte, Steuerschuldner i. S. d. § 13b UStG zu sein, sind die entsprechenden Umsätze an den Leistungsempfänger zu ermitteln. Der Leistungsempfänger hat dem für ihn zuständigen Finanzamt dazu Folgendes im Einzelnen darzulegen (die Beleganforderung im Einzelfall bleibt hiervon unberührt):
36- Name, Anschrift und Steuernummer des leistenden Unternehmers,
37- Rechnungsdatum, Rechnungsnummer, Bezeichnung der erbrachten Bauleistung, Entgelt und - soweit die Rechnung bereits berichtigt wurde - Steuersatz und Steuerbetrag, Zeitpunkt der Zahlung und/oder der Schlusszahlung der hierüber erteilten Rechnungen oder Gutschriften,
38- Zeitpunkt und Höhe der geleisteten Anzahlungen oder Teilzahlungen sowie Rechnungsdatum und Rechnungsnummer der hierüber erteilten Rechnungen oder Gutschriften,
39- Zuordnung der bezogenen Bauleistung bzw. der geleisteten Anzahlung zu dem jeweiligen Ausgangsumsatz unter Angabe des konkreten Ausgangsumsatzes (Bauvorhabens) als objektbezogenen Nachweis dafür, dass die Eingangsleistung nicht zur Erbringung von selbst erbrachten Bauleistungen verwendet wurde.
40Die vorgenannten Auskünfte sind zur Feststellung der für die Besteuerung erheblichen Sachverhalte sowohl beim Leistungsempfänger als auch beim leistenden Unternehmer erforderlich (§§ 90, 93 Abs. 1 AO). Der Leistungsempfänger ist darauf hinzuweisen, dass diese Auskünfte auch zum Zweck der Besteuerung der jeweils leistenden Unternehmer nach § 27 Abs. 19 UStG angefordert werden."
41Ferner führe auch der von der Klägerin angeführte Zeitaufwand nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung. Der BMF habe bewusst entschieden, dass alle Unternehmen - ohne Ansehen der Größe — die im BMF-Schreiben aufgeführten Auskünfte zu erteilen hätten. Es würde dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen, wenn sich größere Unternehmen unter Hinweis auf den höheren zeitlichen Aufwand bei der Erstellung der Auskünfte der Auskunftspflicht entziehen könnten.
42Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten in den Verfahren 1 K 467/15 AO, 1 K 2226/14 U sowie die übersandten Steuerakten Bezug genommen.
43Entscheidungsgründe:
44Die Klage ist, soweit das FA Unterlagen für die Streitzeiträume 2008 – 2010 angefordert hat, begründet. Soweit das FA die streitigen Unterlagen für die Jahre 2011 und 2012 angefordert hat, ist die Klage unbegründet.
45I. Die Klage ist in der Form der Anfechtungsklage zulässig. Bei der Anforderung der streitigen Unterlagen gemäß §§ 90, 93 AO handelt es sich um einen Verwaltungsakt iSd § 118 AO.
46Verfügungen, mit denen die Vorlage von Unterlagen im Rahmen einer Außenprüfung verlangt werden, sind grundsätzlich Verwaltungsakte (BFH, Urteil vom 28.10.2009 – VIII R 78/05, BStBl II 2010, 455; FG Niedersachsen, Urteil vom 10.5.2012 – 6 K 27/12, EFG 2012, 1519; AEAO Nr. 1.1.4 zu § 93). Etwas anderes gilt nur dann, wenn es sich um unselbständige Vorbereitungsmaßnahmen handelt, die ausschließlich der Ermittlung steuermindernder Umstände dienen und nicht erzwingbar sind (BFH, Urteil vom 01.11.1998 – VIII R 3/98, BStBl II 1999, 199).
47Zwar dient die Ermittlung der von der Klägerin für ihre Bautätigkeit bezogenen Werkleistungen ausschließlich steuermindernden Umständen, weil die Klägerin insoweit die Erstattung der – zu Unrecht – nach § 13b UStG als Steuerschuldnerin abgeführten Umsatzsteuern in erheblicher Höhe begehrt. Die Mitwirkung an der Ermittlung dieser Werkleistungen ist daher grundsätzlich nicht erzwingbar; das FA könnte vielmehr unter Hinweis auf einen Verstoß gegen die Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Aufklärung des Sachverhaltes die von der Klägerin beantragte Änderung der Umsatzsteuerbescheide und die erstrebte Umsatzsteuererstattung versagen. Im Rahmen des Rechtsbehelfs gegen die Versagung wäre dann zu überprüfen, ob die Versagung zu Recht erfolgte.
48Das streitige Auskunftsersuchen ist jedoch nicht allein für die Besteuerung der Klägerin als Leistungsempfängerin von Relevanz, sondern die Auskünfte werden auch für die Besteuerung der Subunternehmer benötigt. Das FA hat in seiner Einspruchs-entscheidung ausdrücklich Bezug auf § 93 AO genommen. Auch ausweislich des Schreibens des BMF (vom 31.07.2014, IV D 3-S 7279/11/10002, BStBl I 2014, 1073), das Anweisungen für die verfahrensmäßige Abwicklung der Änderungsanträge der Leistungsempfänger enthält, ist Grundlage für das Auskunftsersuchen (auch) § 93 Abs. 1 AO. Da es praktisch unmöglich ist, zwischen beiden Begehren zu unterscheiden, handelt es sich bei der Aufforderung des FA vom 11.04.2011, eine Aufstellung vorzubereiten, die die vom BMF-Schreiben vorgegebenen Angaben enthält, um einen Verwaltungsakt.
49Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht entgegen, dass diese bereits am 13.02.2015 und damit vor Ergehen der Einspruchsentscheidung am 12.03.2015 erhoben wurde. Die Klage ist mit dem Ergehen der Einspruchsentscheidung in die Zulässigkeit hineingewachsen.
50II. Die Klage ist begründet, soweit das FA Unterlagen betreffend die Jahre 2008 – 2010 angefordert hat. Die erbetenen Auskünfte werden weder für die Besteuerung der Klägerin noch für die Besteuerung der Subunternehmer benötigt.
51Gemäß § 90 AO sind die Beteiligten zur Mitwirkung bei der Ermittlung des für die Besteuerung erheblichen Sachverhaltes verpflichtet. Entsprechende Mitwirkungspflichten gelten gemäß § 200 AO im Rahmen einer Außenprüfung. Gemäß § 93 AO haben Beteiligte und andere Personen dem FA die für die Besteuerung erforderlichen Auskünfte zu erteilen.
52Die Umsatzsteuerbescheide der Klägerin der Jahre 2008 bis 2010 sind bestandskräftig und aufgrund der Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung nicht mehr änderbar, so dass eine Rückabwicklung der tatsächlich nicht für Leistungen der Subunternehmer geschuldeten Umsatzsteuer gemäß § 13b UStG bereits aus formellen Gründen nicht in Betracht kommt. Können die Steuerbescheide der Klägerin als Leistungsempfängerin nicht mehr zu ihren Gunsten geändert werden, kommt auch eine Änderung der Umsatzsteuerbescheide der leistenden Bauunternehmer zu deren Lasten unabhängig von der Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 27 Abs. 19 UStG nicht in Betracht.
53Auch § 200 AO kommt als Ermächtigungsgrundlage nicht in Betracht. Zwar kann grundsätzlich auch für bestandskräftig veranlagte Jahre eine Betriebsprüfung durchgeführt werden. Im Streitfall begehrt die Klägerin jedoch die Änderung von bestandskräftigen Umsatzsteuerbescheiden, die unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt möglich ist. Zur Begründung wird insoweit auf das Urteil des Senats vom 10.06.2016 (Aktenzeichen 1 K 2226/14 U) Bezug genommen.
54III. Die Klage ist unbegründet, soweit das FA die streitigen Unterlagen für die Jahre 2011 und 2012 angefordert hat.
55Die Klägerin hat mit Antrag vom 02.12.2013 (auch) die Änderung der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2011 und 2012 zu ihren Gunsten beantragt. Sie begehrt eine Erstattung der zu Unrecht gemäß § 13b UStG abgeführten Umsatzsteuer iHv 224.630 € (2011) und 225.847 € (2012) sowie die Festsetzung der entsprechenden Zinsen gemäß § 233a AO.
56Die Klägerin begehrt die Erstattung von Umsatzsteuerbeträgen, die nach ihren Angaben auf Leistungen entfallen, für die sie die Steuer nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 22.8.2013 ( V R 37/10, , BStBl II 2014, 128) tatsächlich nicht gemäß § 13b Abs. 2 Nr. 4; Abs. 5 S. 2 UStG schulde, weil sie diese nicht für ihre Tätigkeit als Bauunternehmer, sondern für ihre Tätigkeit als Bauträger verwendet habe. Nach der Berechnung des Gerichts – die Klägerin hat zur Höhe der Erstattungsbeträge der Jahre 2011 und 2012 keine Angaben gemacht - belaufen sich die nach Auffassung der Klägerin zu erstattenden Beträge auf 268.532 € (von erklärten 278.805,26 € im Jahr 2011) und auf 225.847 € (von erklärten 436.053,86 € im Jahr 2012).
57Das FA hat die Klägerin gleichzeitig mit der Anordnung der Umsatzsteuer-Sonderprüfung zur Vorbereitung einer Aufstellung aufgefordert, die folgende Angaben enthält:
58„- Name, Anschrift, Steuernummer der leistenden Unternehmer;
59- für jede bezogene Bauleistung hinsichtlich der hierüber erteilten Rechnungen oder Gutschriften die Angabe des Rechnungsdatums und der Rechnungsnummer, der Bezeichnung der erbrachten Bauleistung und der Umsatzhöhe, Zeitpunkt der Zahlung oder der Schlusszahlung;
60- Zeitpunkt und Höhe der geleisteten Anzahlungen oder Teilzahlungen sowie hinsichtlich der hierüber erteilten Rechnungen oder Gutschriften das Rechnungsdatum und die Rechnungsnummer;
61-Zuordnung der bezogenen Bauleistung bzw. der geleisteten Anzahlung zu dem jeweiligen Ausgangsumsatz unter Angabe des konkreten Ausgangsumsatzes (Bauvorhabens).“
62Die Anforderung dieser Auskünfte erscheint sachgerecht und angesichts der Höhe der Erstattungsbeträge, die die Klägerin begehrt, auch nicht unverhältnismäßig.
63Der Steuerpflichtige hat bei der Feststellung der Sachverhalte, die für die Besteuerung erheblich sein können, mitzuwirken. Er hat insoweit insbesondere Auskünfte zu erteilen, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden zur Einsicht und Prüfung vorzulegen und die zum Verständnis der Aufzeichnungen erforderlichen Auskünfte zu erteilen (§ 200 Abs. 1 Satz 2 AO). § 200 Abs. 1 AO bestimmt die Mitwirkungspflichten für das Außenprüfungsverfahren als speziellere Vorschrift gegenüber den allgemeinen Vorschriften über die Mitwirkungs- und Vorlagepflichten nach § 90 Abs. 1 Satz 1 und § 97 AO. Die Grenzen einer Inanspruchnahme aufgrund der Mitwirkungspflicht ergeben sich daraus, dass die Finanzbehörde im Rahmen ihrer gesetzlichen Pflicht zur Sachverhaltsermittlung (§ 88 Abs. 1 AO) nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat, ob und in welcher Form sie die Mitwirkung des Steuerpflichtigen in Anspruch nimmt (BFH, Urteil vom 28.10.2009 VIII R 78/05, BStBl II 2010, 455). Die Ermessensentscheidung des Finanzamtes ist nach § 102 Satz 1 FGO vom Gericht daraufhin zu überprüfen, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder vom Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist. Eine Mitwirkung des Steuerpflichtigen darf nur verlangt werden, soweit sie zur Feststellung des steuererheblichen Sachverhalts notwendig, verhältnismäßig, erfüllbar und zumutbar ist. Der Umfang der Ermittlungspflicht des Finanzamtes wie auch der Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen bestimmt sich jeweils nach den Umständen des Einzelfalles (BFH, Urteil vom 28.10.2009 VIII R 78/05, BStBl II 2010, 455 unter Verweis auf §§ 88 Abs. 1 Satz 3, 90 Abs. 1 Satz 3, 200 AO).
64Das FA hat einen weiten Ermessensspielraum bei der Frage, welche Unterlagen in welcher Form für das Besteuerungsverfahren – auch im Rahmen einer Außenprüfung - vom Steuerpflichtigen vorzulegen sind.
65Wie die Klägerin selber einräumt, ist sie dazu verpflichtet, die mit der Verfügung vom 11.04.2014 angeforderten Auskünfte zu erteilen, weil diese Auskünfte Grundlage der von ihr begehrten Änderung der Umsatzsteuerbescheide 2011 und 2012 zu ihren Gunsten sind. Als Bauträger ist die Klägerin bereits gemäß UStAE Abschnitt 22.4 zu § 13b dazu verpflichtet, die Entgelte, für die sie die USt gemäß § 13b UStG anstelle des Leistenden abführt, gesondert aufzuzeichnen. Dieser Verpflichtung ist die Klägerin auch offensichtlich nachgekommen, sonst hätte sie die entsprechenden Entgelte bereits nicht in ihren USt-Erklärungen angeben können.
66Sämtliche Angaben zum leistenden Unternehmer, zur Rechnung, zur Höhe der geleisteten Zahlungen und zur Zuordnung der berechneten Leistung zum jeweiligen Bauvorhaben sind zur Überprüfung der Frage, ob es sich bei den nunmehr zurückgeforderten USt-Beträgen tatsächlich um solche handelt, für die die Klägerin die Steuer nicht aufgrund von § 13b Abs. 2 Nr. 4; Abs. Satz 2 UStG schuldete, erforderlich.
67Es ist zu überprüfen, welcher Teil insgesamt erklärten Leistungen iSd § 13b UStG zu Recht von der Klägerin als solche behandelt wurde. Zudem kann auch in den Fällen, in denen die Klägerin ihre Eingangsleistungen für ihre Bauträgertätigkeit verwandte, aus anderen Gründen eine Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG weiterhin bestehen. Handelt es sich zum Beispiel um einen um Ausland ansässigen Leistenden, wäre die Steuerschuldnerschaft der Klägerin gleichwohl gemäß § 13b Abs. 2 Nr. 1; Abs. 5 Satz 1 UStG gegeben.
68Zudem entspricht es der allgemeinen Darlegungs- und Beweislastverteilung, dass die Klägerin nicht nur die Unterlagen, die einen Erstattungsanspruch begründen, vorzulegen hat, sondern auch nachvollziehbar darlegt, mit welchem konkreten Sachverhalt sie ihr Änderungsverlangen begründet. Dem FA muss ermöglicht werden, Art und Höhe der empfangenen Leistung und insbesondere die Zuordnung der Leistung zu einer Bauträgertätigkeit der Klägerin zu überprüfen. Darüber hinaus besteht gerade bei Bauleistungen stets besonderer rechnerischer Überprüfungsbedarf aufgrund regelmäßig geleisteter Anzahlungen und Abschlusszahlungen.
69Das FA hat die Unterlagen zudem nicht ausschließlich zur Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse Dritter angefordert. Wie bereits ausgeführt, werden die Angaben in selben Maße zur Überprüfung der Berechtigung der Umsatzsteuererstattung der Klägerin benötigt.
70Auch die Aufforderung des FA, die Auskünfte in Form einer Aufstellung zu erteilen, überschreitet nicht die Grenzen des Ermessens. Die Klägerin hat es weder in ihrem Antrag auf Änderung der Umsatzsteuerbescheide vom 02.12.2013 noch in ihrem Einspruchsschreiben gegen die Ablehnung der Änderung der Umsatzsteuerbescheide vom 23.01.2014 für nötig befunden, überhaupt Angaben zur Höhe der ihrer Auffassung nach zu Unrecht als solche iSd § 13b UStG behandelten Eingangsleistungen und der darauf entfallenden Umsatzsteuerbeträge zu machen. Aus den Umsatzsteuererklärungen sowie den Jahressteuerbescheiden konnte das FA und auch das Gericht nur im Wege der Subtraktion der als Vorsteuer geltend gemachten Umsatzsteuern iSd § 13b UStG von den als insgesamt nach § 13b UStG geschuldeten erklärten Beträgen ermitteln, dass die Klägerin allein in Hinblick auf die Jahre 2011 und 2012 Änderungen zu ihren Gunsten iHv 224.630 € (2011) und iHv 225.847 € (2012) begehren dürfte, wenn die Steuerschuldnerschaft nicht aus anderen Gründen gleichwohl nach § 13b UStG besteht. Angesichts dieser Höhe der von der Klägerin beanspruchten Beträge kann diese nicht davon ausgehen, dass sie die – unstreitig - erforderlichen Auskünfte zur Überprüfung der Voraussetzungen des § 13b UStG lediglich in der Form der Überlassung einer Belegsammlung oder der Ermöglichung der Überprüfung der Buchführungsunterlagen der jeweiligen Jahre durch die Umsatzsteuer-Sonderprüferin erteilen kann. Eine Auflistung der Beträge, deren Erstattung die Klägerin begehrt, sowie der jeweiligen Bauvorhaben und der daran beteiligten Subunternehmer einschließlich der auf dieses jeweils entfallenden Beträge, zudem getrennt nach Jahren, bevor die Prüfung beginnt, dient der Ermittlung des steuererheblichen Sachverhaltes und ist angemessen und zumutbar. Hierdurch wird es dem FA ermöglicht, in einer angemessenen Zeit einen Überblick nicht nur über die Höhe der insgesamt als unter § 13b UStG fallend behandelten Werklieferungen und Werkleistungen an die Klägerin als auch über die Höhe der hiervon auf ihre Bauträgerträgertätigkeit entfallenden Leistungen zu erhalten, sondern auch die betragsmäßige Zuordnung und rechnerische Berechtigung zu überprüfen.
71Die Behauptung der Klägerin, dass die Erstellung solcher Listen „Monate im Rahmen des laufenden Geschäftsbetriebes“ in Anspruch nehmen würde, ist unsubstantiiert. Die Klägerin belegt ihre Behauptung nicht mit Angaben irgendwelcher Art, so dass die Behauptung weder nachvollzieh- noch nachprüfbar ist. Angesichts der Höhe der von der Klägerin zu ihren Gunsten begehrten Änderungen der Umsatzsteuerbescheide 2011 und 2012 (rund 500.000 €) ist zudem auch ein höherer zeitlicher Aufwand für die Darlegung der Berechtigung der begehrten Änderung angemessen.
72Die Annahme der Klägerin, dass sie mit der streitgegenständlichen Aufforderung zur Erstellung von Excel-Listen bezüglich jedes einzelnen Gebäudes in einem einheitlichen Bauvorhaben und Auflistung sämtlicher von einem Handwerker erteilten Rechnungen unter Nennung von Steuernummer, erbrachter Leistung und Rechnungsbetrag aufgefordert werde, kann weder der Verfügung vom 11.04.2014 noch der Einspruchsentscheidung vom 12.03.2015 entnommen werden.
73Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 136 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung; die Festsetzung des Streitwertes auf § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes.
74Die Revision war nicht zuzulassen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Streitfall eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (vgl. § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung).