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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d:
2Die Klägerin hatte im Jahr 2008 das unbebaute Grundstück …, 1612 qm, durch notarielle Urkunde … des Notars A … an Herrn B zum Kaufpreis von 37.092,12 € verkauft. In § 5 des Vertrages verpflichtete sich der Erwerber, das Grundstück innerhalb von drei Jahren zu bebauen; sollte er dieser Verpflichtung trotz Mahnung mit angemessener Fristsetzung nicht nachkommen, sollte die Klägerin berechtigt sein, von dem Vertrag zurückzutreten und die schulden- und lastenfreie Rückübertragung zu verlangen. Dem jeweiligen Eigentümer wurde untersagt, den Grundbesitz anders als für einen Gewerbebetrieb mit integrierter Betriebsleiterwohnung für den Verkauf von Natursteinen sowie Zubehör für den Gartenbereich zu nutzen; diese Nutzungsbeschränkung war durch Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit zu Gunsten der Klägerin zu sichern. Außerdem wurde eine Rückauflassungsvormerkung zu Gunsten der Klägerin vereinbart. Mit Schreiben vom 2. 10. 2008 an den Notar A stimmte die Klägerin der Rangänderung ihrer Rückauflassungsvormerkung hinter eine Grundschuld zu Gunsten der C-Bank zu.
3Am 24. 6. 2013 beantragte die C-Bank als Gläubigerin des Herrn B die Zwangsversteigerung des Grundstücks, die das AG D-Stadt … durch Beschluss vom 2. 7. 2013 anordnete. Der seitens des Gerichts beauftragte Sachverständige ermittelte einen Verkehrswert des Grundstücks von 106.000 €. Der Kapitalwert der auf dem Grundstück lastenden Rechte Abteilung II Nr. 1 und 4 belief sich auf 69.407,88 €. Dabei handelte es sich um eine Nutzungsbeschränkung sowie ein Wasserleitungsrecht zu Gunsten der Klägerin.
4Dem entsprechend setzte das Amtsgericht durch Beschluss vom 20. 1. 2014 den Verkehrswert gem. § 74 a ZVG auf 106.000 € fest.
5Im Versteigerungstermin vom ….2014 wurde seitens des Gerichts die Vorschrift des § 51 ZVG erläutert und darauf hingewiesen, dass der Wert des belasteten Grundstücks rechtskräftig auf 106.000 € festgesetzt worden sei und die Differenz zu dem früheren Verkaufspreis von 37.092 € (68.907 €) als fiktiver Zuzahlungsbetrag gelte.
6Die Klägerin blieb im Versteigerungstermin über das Grundstück mit einem Gebot von 35.000 € Meistbietende. Mit Beschluss des Amtsgerichts wurde ihr das Grundstück zugeschlagen.
7Der Beklagte setzte für den Erwerb mit Bescheid vom 13. 6. 2014 Grunderwerbsteuer iHv 5.220 € nach einer Bemessungsgrundlage von 35.000 € (Meistgebot) zuzüglich bestehen bleibender Rechte iHv 69.407 € fest.
8Gegen den Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein. Sie trug vor, da Herr B der Bebauungsverpflichtung nicht nachgekommen sei, sei der Vertrag zur Rückübertragung bereits bei dem Notar A vorbereitet gewesen. Die vertraglich vereinbarte Rückübertragung sei nur deshalb nicht zustande gekommen, weil die C-Bank aus ihrem vorrangigen Recht zur Darlehenssicherung die Zwangsversteigerung betrieben habe. Jedenfalls könne maximal der Betrag von 35.000 € als Bemessungsgrundlage angesetzt werden. Die bestehen bleibenden Rechte aufgrund der Nutzungsbeschränkung zu Gunsten der Klägerin und des Wasserleitungsrechtes zu Gunsten der … erhöhten nicht den Wert des Grundstücks, sondern reduzierten ihn.
9Der Beklagte wies den Einspruch am 11. 9. 2014 zurück. Als grunderwerbsteuerliche Gegenleistung gelte hier das Meistgebot einschließlich der Rechte, die nach den Versteigerungsbedingungen bestehen blieben, § 9 I Nr. 4 GrEStG. Der Wert des Grundstücks spiele keine Rolle. Hier betrage daher die Bemessungsgrundlage 104.407 €, wie im Zuschlagsbeschluss beziffert. Auch § 16 II Nr. 3 GrEStG komme nicht in Betracht. Die Vorschrift erfasse nicht den Rückerwerb in der Zwangsversteigerung.
10Hiergegen richtet sich die Klage.
11Die Klägerin trägt vor:
12Da der Käufer seiner Bebauungsverpflichtung nicht nachgekommen sei, habe sie den Rückübertragungsanspruch nach den vertraglichen Bestimmungen ihm gegenüber geltend gemacht. Der Vertrag zur Rückübertragung sei bei dem Notar A bereits vorbereitet gewesen. Der Käufer habe zur teilweisen Finanzierung des Grundstückskaufpreises und der Bebauung bei der C-Bank ein Darlehen über 200.000 € aufgenommen, welches durch eine Buchgrundschuld besichert worden sei. Die Klägerin sei verpflichtet gewesen, diesem Recht den Vorrang einzuräumen, wenn das Darlehen ausschließlich zur Finanzierung des Grundstückskaufpreises oder zur Verwirklichung des Bauvorhabens verwendet würde. Da auf dem Grundstück keine Bauaktivitäten entwickelt worden seien, sei lediglich ein Teil des Kaufpreises über das Darlehen finanziert worden, so dass die tatsächliche Belastung durch die Grundschuld den Kaufpreis bei der Rückübertragung nicht hätte übersteigen dürfen. Tatsächlich habe sich aber der durch die C-Bank gewährte Betrag aufgrund aufgelaufener nicht gezahlter Zinsen so erhöht, dass der zurück zu zahlende Kaufpreis bei Rückübertragung an die Klägerin den aufgelaufenen Darlehensbetrag nicht erreicht hätte. Daher habe die Bank der beabsichtigten Rückübertragung nicht zugestimmt und statt dessen die Zwangsversteigerung betrieben. Um die vertraglich vereinbarte Rückübertragung faktisch zu erreichen, habe die Klägerin im Zwangsversteigerungstermin das Gebot von 35.000 € abgegeben. Damit komme eine Grunderwerbsteuerfestsetzung nicht in Betracht.
13Zu Unrecht habe der Beklagte jedenfalls bestehen bleibende Rechte von 69.407 € berücksichtigt. Die Bewertung des Rechts sei im Zwangsversteigerungsverfahren notwendig gewesen, weil hier die Belastung habe aufgezeigt werden müssen, die durch die grundbuchlich gesicherte Nutzungsbeschränkung entstanden sei. Das Grundstück sei nach den öffentlich-rechtlichen Nutzungsmöglichkeiten zu bewerten gewesen. Der Gutachter habe die Belastungen durch die grundbuchlich gesicherte Nutzungsbeschränkung nicht zu berücksichtigen gehabt, er habe aber im Gutachten darauf hingewiesen. Der Wert von 69.407 € reduziere gerade den Wert des Grundstücks. Der Wert des Grundstücks ohne Belastung betrage 106.000 €, der Wert des belasteten Grundstücks belaufe sich auf den früheren Verkaufswert von 37.092,12 €. Die Differenz stelle einen fiktiven Zuzahlungsbetrag dar. Dieser könne nicht Besteuerungsgrundlage sein. Insoweit verweist die Klägerin auf das Protokoll der Sitzung des AG D-Stadt vom ….2014 …
14Die Klägerin beantragt,
15den Beklagten zu verpflichten, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 13. 6. 2014 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 11. 9. 2014 aufzuheben,
16hilfsweise die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer um
1769.407 € herabzusetzen und den Grunderwerbsteuerbescheid entsprechend
18zu ändern.
19Der Beklagte beantragt Klageabweisung.
20Er bezieht sich auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
21Das Gericht hat die Zwangsversteigerungsakte des Amtsgerichts D-Stadt zum Verfahren beigezogen.
22E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
23Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 FGO.
24Der Hauptantrag auf Verpflichtung des Beklagten zur Aufhebung des Bescheides hat keinen Erfolg.
25§ 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG greift im Streitfall nicht ein. Nach dieser Vorschrift wird dann, wenn der Veräußerer das Eigentum an dem veräußerten Grundstück zurück erwirbt, auf Antrag sowohl für den Rückerwerb als auch für den vorausgegangenen Erwerbsvorgang die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn die Vertragsbedingungen des Rechtsgeschäfts, das den Anspruch auf Übereignung begründet hat, nicht erfüllt werden und das Rechtsgeschäft deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird. Zwar hatten die Vertragsparteien zu Gunsten der Klägerin ein Rücktrittsrecht vereinbart, falls der Erwerber seiner Bebauungsverpflichtung nicht rechtzeitig nachkommen würde. Eine Rückabwicklung des Erwerbsvorgangs aufgrund dieses Rücktrittsrechts ist aber nicht erfolgt. Denn die Zwangsversteigerung ist von der Gläubigerin des Erwerbers, der C-Bank, beantragt und am ….2014 durchgeführt worden, bevor eine Rückabwicklung des Vertrages zwischen der Klägerin und dem Erwerber erfolgt ist. Soweit nach der Entscheidung des BFH vom 14. 9. 1988 (II R 76/86 BStBl II 1989 S. 150) § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG bei einer Wiederversteigerung eingreifen kann, betraf dieses Urteil einen anders gelagerten Sachverhalt.
26Der Hilfsantrag ist ebenfalls unbegründet. Zu Recht hat der Beklagte die Grunderwerbsteuer nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG in Höhe von 5.220 € festgesetzt.
27Als Gegenleistung gilt nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 beim Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren das Meistgebot einschließlich der Rechte, die nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleiben. § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG knüpft formalrechtlich streng an das Zwangsversteigerungsrecht an (Pahlke § 9 GrEStG Tz. 120). Das Meistgebot umfasst das geringste Gebot (§ 44 Abs. 1 ZVG) und das über das geringste Gebot hinausgehende Mehrgebot (vgl. § 49 Abs. 1 ZVG). Zu dem geringsten Gebot gehören gemäß § 44 Abs. 1, § 52 ZVG auch die bestehen bleibenden Rechte. Bestehen bleibende Rechte sind nach § 52 I S. 1 ZVG alle bei der Feststellung des geringsten Gebotes berücksichtigten und nicht durch Zahlung zu deckenden Rechte am Grundstück aus Abt. II und III des Grundbuchs (Pahlke § 9 GrEStG Tz. 118). Unerheblich ist insoweit, ob die bestehen bleibenden Rechte dem Erwerber selbst zustehen. Bei dinglichen Rechten – wie hier der Dienstbarkeit zu Gunsten der Klägerin – kommt eine Konsolidation durch Zusammentreffen von Berechtigung und Verpflichtung gerade nicht in Betracht (vgl. § 889 BGB).
28Nach den durch das Amtsgericht festgelegten Versteigerungsbedingungen (…) blieben hier die Rechte Abt. II/1 und II/4 mit einem Wert von 69.407,88 € bestehen.
29Etwas anderes ergibt sich nicht aus § 9 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG. Danach gehören zur Gegenleistung auch die Belastungen, die auf dem Grundstück ruhen, soweit sie auf den Erwerber kraft Gesetzes übergehen (S. 1), mit Ausnahme der auf dem Grundstück ruhenden dauernden Lasten (S. 2). Im Streitfall kann dahinstehen, ob § 9 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG nur für den Fall anzuwenden ist, dass Grundstückslasten nach den Versteigerungsbedingungen außerhalb des geringsten Gebots ausnahmsweise bestehen bleiben (Hofmann § 9 GrEStG Tz. 46; FG Köln vom 8. 5. 2013 5 K 3384/10 EFG 2014,859; vgl. aber Loose § 9 GrEStG Tz. 402 und Tz. 416; Pahlke § 9 GrEStG Rz. 130). Denn eine dauernde Last i.S. dieser Vorschrift liegt hier nicht vor. Dauernde Lasten i.S. des § 9 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 GrEStG sind u.a. Grunddienstbarkeiten gem. §§ 1018 ff. BGB (Loose in Boruttau § 9 GrEStG Tz. 565). Im hier zu beurteilenden Fall handelt es sich dagegen sowohl bei der eingetragenen Nutzungsbeschränkung als auch dem Wasserleitungsrecht um beschränkt persönliche Dienstbarkeiten nach §§ 1090 ff. BGB. Diese stellen keine dauernde Last i.S. von § 9 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 GrEStG dar (Loose aaO. Tz. 566). Denn sie sind lediglich zu Gunsten einer bestimmten Person – hier: der Klägerin – und nicht zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers eines Grundstücks eingetragen. Der Klägerin, zu deren Gunsten die beschränkt persönliche Dienstbarkeit bestand, stand es damit frei, die Löschung der Dienstbarkeiten zu beantragen und auf diese Weise wieder eine uneingeschränkte Nutzung des Grundstücks zu ermöglichen.
30Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
31Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.