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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Der Kläger ist Rechtsnachfolger der am 4.2.2015 verstorbenen Frau E. Die E war in den Streitjahren 2007 und 2008 Bezugsberechtigte der E Stiftungen I bis IV mit Sitz in A, Liechtenstein. Hierbei handelte es sich, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, um Familienstiftungen im Sinne des § 15 Abs. 2 des Außensteuergesetzes (AStG). Diese Stiftungen waren als Mitunternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) an einer oder mehreren der folgenden inländischen Kommanditgesellschaften (nachfolgend bezeichnet als Ausgangsgesellschaften) beteiligt: …
3Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) veranlagte die E mit Einkommensteuererstbescheiden für 2007 vom 4.6.2009 und für 2008 vom 24.2.2010 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO). Die Erstbescheide wurden in der Folgezeit mehrfach in hier nicht relevanten Punkten geändert.
4Mit Schreiben vom 22.7.2010 wies der damalige Bevollmächtigte der E darauf hin, dass im Rahmen einer laufenden Betriebsprüfung (BP) durch das Finanzamt für Großbetriebsprüfung B Einigkeit darüber erzielt worden sei, dass es sich bei den Beteiligungsstiftungen I und II um Familienstiftungen im Sinne des § 15 Abs. 2 AStG handle. Insoweit sei bis einschließlich 2006 die Hinzurechnung gem. § 15 Abs. 1 AStG unter Anrechnung der gezahlten Körperschaftsteuer der Stiftungen und der auf die gewerblichen Einkünfte entfallenden Kürzungsbeträge gem. § 35 EStG durch die BP erfolgt. Ende 2006 seien mit Wirkung zum 1.1.2007 die E Beteiligungsstiftungen III und IV errichtet worden. Auch für diese Stiftungen sei zunächst davon ausgegangen worden, dass es sich nicht um Familienstiftungen im Sinne des § 15 Abs. 1 AStG handle. Wegen der gleich lautenden Rechtsgrundlagen wie bei den Beteiligungsstiftungen I und II sei man aber überein gekommen, auch für diese Stiftungen eine Hinzurechnung nach § 15 Abs. 2 AStG bei der E vorzunehmen. Es werde daher beantragt, für die in dem zugerechneten Einkommen enthaltenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb die Steuerermäßigung gem. § 35 EStG zu berücksichtigen.
5Am 4.11.2010 erließ das FA gem. § 164 Abs. 2 AO geänderte Einkommensteuerbescheide für 2007 und 2008.
6Dagegen legte die E fristgemäß Einsprüche ein.
7Im Rahmen des Einspruchsverfahrens erließ das FA am 27.9.2011 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 2008.
8Mit (einheitlicher) Einspruchsentscheidung vom 9.11.2011 wies das FA die Einsprüche gegen die Einkommensteueränderungsbescheide für 2007 vom 4.11.2010 und für 2008 vom 29.9.2011 als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies das FA auf das BMF-Schreiben vom 14.5.2004 (Bundessteuerblatt --BStBl-- 2004, Sondernummer 1/2004, 3 Tz. 15.1.4), wonach die Ermäßigung des § 35 EStG nach Verwaltungsauffassung bei einer Zurechnung von Einkommen des Rechtsträgers (hier der Stiftung) keine Anwendung finde.
9Hiergegen richtet sich die fristgemäß erhobene Klage, zu deren Begründung Folgendes vorgetragen wird: Der vom FA vertretenen Auffassung, dass § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG keine Anwendung auf Einkommen von Familienstiftungen finde, könne nicht gefolgt werden. Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 EStG ermäßige sich die tarifliche Einkommensteuer, soweit sie anteilig auf im zu versteuernden Einkommen enthaltene gewerbliche Einkünfte entfalle. Das Gesetz stelle somit nicht darauf ab, dass die steuerpflichtige Person die im Einkommen enthaltenen Einkünfte persönlich erzielt habe. Gem. § 2 Abs. 4 EStG sei das Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen. Im Hinblick darauf, dass § 15 Abs. 1 AStG nicht ausdrücklich ausschließe, dass in dem zuzurechnenden Einkommen auch gewerbliche Einkünfte enthalten seien, könne der Zurechnungsempfänger die Steuerermäßigung auch in Anspruch nehmen, soweit die Einkommenszurechnung gewerbliche Einkünfte umfasse. Dies sei hier in vollständiger Höhe der Fall.
10Nur diese Sichtweise korrespondiere mit dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschriften der §§ 35 EStG und 15 AStG. Die Ermäßigung des § 35 EStG solle nach dem Willen des Gesetzgebers eine Doppelbelastung des Einkommens mit Einkommensteuer und Gewerbesteuer verhindern. Damit sei im Rahmen des Wortlauts der Vorschrift eine Auslegung anzustreben, nach der natürliche Personen, in deren Einkommen gewerbliche Einkünfte enthalten seien, von der gezahlten Gewerbesteuer entlastet würden. Entsprechendes müsse auch für § 15 AStG gelten. Die Zurechnung von Einkommen ausländischer Familienstiftungen solle ihrem Ursprung nach der Erfassung solcher Einkommen im Rahmen der inländischen Ertragsbesteuerung dienen. Mehrbelastungen oder Strafbesteuerungen hätten dadurch nicht ausgelöst werden sollen. Es entspreche daher auch allgemeiner Auffassung, dass die Zurechnung nicht zu einer höheren Steuerbelastung führen dürfe, als wenn die Einkünfte unmittelbar erzielt würden.
11Eine Versagung der Gewerbesteueranrechnung in Bezug auf die zugerechneten Einkommen der Stiftungen würde im Streitfall zu unverhältnismäßigen Besteuerungsfolgen führen. Die Gesamtsteuerbelastung der in den deutschen Ausgangsgesellschaften erwirtschafteten Gewinne würde sich in diesem Fall auf 53,3% (2007) bzw. auf 62,2% (2008) belaufen. Dem stünde eine Steuerbelastung von 46,7% (2007) bzw. 49% (2008) gegenüber, die sich bei einer unmittelbaren Beteiligung ergeben hätte.
12Die zu Organschaften ergangene Rechtsprechung zur Gewerbesteueranrechnung bei Beteiligung an einer gewerblichen Mitunternehmerschaft (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22.9.2011 IV R 3/10, Sammlung der Entscheidungen des BFH --BFHE-- 235, 346, BStBl 2012, 14) sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, da die Steuerpflicht der Stiftung mit dem zugerechneten Einkommen grds. erhalten bleibe und eine gleichzeitige Inanspruchnahme mehrerer steuerlicher Begünstigungen im Rahmen des § 15 AStG daher gar nicht möglich sei. Im Übrigen werde diese Rechtsprechung auch für die entschiedenen Organschaftsfälle in der Literatur mit Recht sehr kritisch gesehen.
13Des Weiteren werde darauf hingewiesen, dass aufgrund § 15 Abs. 5 AStG i.V.m. § 12 Abs. 1 AStG auf Antrag die Steuern anzurechnen seien, die nach § 10 Abs. 1 AStG im Fall der Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG abziehbar seien. Anrechnungsfähige Steuern in diesem Sinne seien alle als Betriebsausgaben zu behandelnden Steuern, zu denen die ausländische Gesellschaft mit den der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegenden Einkünften sowie dem diesen Einkünften zugrunde liegenden Vermögen herangezogen worden sei. § 10 Abs. 1 AStG gelte daher für alle direkten Steuern und umfasse auch die deutschen Steuern. Dass die deutsche Gewerbesteuer eine Steuer sei, sei unstreitig. Sie sei auch ab 2008 nicht mehr als Betriebsausgabe abziehbar. Dass es sich nicht um eine Personensteuer, sondern um eine Betriebssteuer handle, sei unerheblich. Entscheidend sei, dass es sich um eine zusätzliche Belastung des Einkommens der ausländischen Stiftung handle. Vorsorglich würden daher entsprechende Anträge auf Anrechnung nach dieser Vorschrift gestellt.
14Für den Fall, dass die Anrechnung versagt werde, werde zudem geltend gemacht, dass die Anwendung des § 15 AStG gegen das Gemeinschaftsrecht verstoße. Das Halten einer Beteiligung an einer inländischen, gewerblich tätigen Personengesellschaft über eine ausländische Stiftung werde gegenüber dem Inlandsfall benachteiligt. Diese Ungleichbehandlung sei sowohl unter dem Gesichtspunkt der Kapitalverkehrsfreiheit als auch im Hinblick auf die allgemeine Freizügigkeit bedenklich. Eine Versagung der Gewerbesteueranrechnung sei auch nicht zur Missbrauchsabwehr erforderlich und damit unverhältnismäßig.
15Der Kläger beantragt,
16die Einkommensteuerbescheide für 2007 und 2008 vom 4.11.2010 und 27.09.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.11.2011 dahingehend abzuändern, dass der Ermäßigungsbetrag gemäß § 35 EStG für die in den gemäß § 15 AStG zugerechneten Einkünften aus ausländischen Familienstiftungen enthaltenen Einkünfte aus Beteiligungen an Mitunter-nehmerschaften gewährt wird, und zwar für die im Schriftsatz des Klägers vom 16.4.2015 genannten anteiligen Gewerbesteuermessbeträge;
17hilfsweise diese Beträge gemäß § 15 Abs. 5 AStG anzurechnen.
18Das FA beantragt,
19die Klage abzuweisen.
20Das FA hält an seiner im Einspruchsverfahren vertretenen Rechtsauffassung fest.
21E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
22Die Klage ist unbegründet.
23Die Einkommensteuerbescheide für 2007 vom 4.11.2010 und für 2008 vom 27.9.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9.11.2011 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Eine Anrechnung der im Schriftsatz vom 16.4.2015 bezeichneten anteiligen Gewerbesteuermessbeträge kommt weder nach § 35 EStG noch nach § 15 Abs. 5 AStG in Betracht.
24I. Der Hauptantrag ist unbegründet. Eine Anrechnung nach § 35 EStG scheidet aus, da die E in den Streitjahren nicht selbst Mitunternehmerin der Ausgangsgesellschaften war.
251. § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in der im Streitjahr 2007 gültigen Fassung sieht vor, dass sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen mit Ausnahme der §§ 34f und 34g, ermäßigt, soweit sie anteilig auf im zu versteuernden Einkommen enthaltene gewerbliche Einkünfte entfällt, und zwar bei Einkünften aus Gewerbebetrieb als Mitunternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 EStG um das 1,8fache des jeweils für den dem Veranlagungszeitraum entsprechenden Erhebungszeitraum festgesetzten anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrags.
26§ 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in der im Streitjahr 2008 gültigen Fassung regelt, dass sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen mit Ausnahme der §§ 34f, 34g und 35a, ermäßigt, soweit sie anteilig auf im zu versteuernden Einkommen enthaltene gewerbliche Einkünfte entfällt (Ermäßigungshöchstbetrag), und zwar bei Einkünften aus Gewerbebetrieb als Mitunternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG oder als persönlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft auf Aktien im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG um das 3,8-fache des jeweils für den dem Veranlagungszeitraum entsprechenden Erhebungszeitraum festgesetzten anteiligen Gewerbesteuer-Messbetrags. Die durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.8.2007 (BGBl. I 2007, 1912) neu gefasste Vorschrift sieht daher einen von 1,8 auf 3,8 erhöhten Anrechnungsfaktor vor. Zusätzlich wurde die Gewährung der Steuerermäßigung nach § 35 EStG auf einen Höchstbetrag begrenzt. Den Höchstbetrag bildete die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer des Unternehmens (§ 35 Abs. 1 Satz 5 EStG).
272. Die Frage, ob die Vorschrift des § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in der in den jeweiligen Streitjahren geltenden Fassung eine Anrechnung der Gewerbesteuer auch dann ermöglicht, wenn der Steuerpflichtige nicht unmittelbar an der Mitunternehmerschaft beteiligt ist, sondern – wie hier – eine Familienstiftung mit Sitz im EU/EWR-Ausland zwischengeschaltet ist, mit der Folge, dass deren Einkommen dem Stifter gem. § 15 Abs. 1 AStG zugerechnet wird, ist in der Literatur umstritten.
28Wassermeyer (Internationales Steuerrecht 2009, 191, 194) vertritt die Auffassung, dass die Steuerermäßigung nach § 35 EStG in dieser Konstellation in Anspruch genommen werden kann. Die Vorschrift spreche von den im zu versteuernden Einkommen enthaltenen gewerblichen Einkünften. Die Einkommenszurechnung nach § 15 Abs. 1 AStG schließe nicht aus, dass in dem zuzurechnenden Einkommen auch gewerbliche Einkünfte enthalten seien. Vielmehr stelle § 35 Abs. 1 EStG nicht darauf ab, ob die steuerpflichtige Person die im Einkommen enthaltenen Einkünfte persönlich erzielt habe. Der Zurechnungsempfänger könne deshalb die Steuerermäßigung nach § 35 EStG in Anspruch nehmen, soweit die Einkommenszurechnung auch gewerbliche Einkünfte umfasse.
29Eine gegenteilige Auffassung wird etwa von Schulz (Die Besteuerung ausländischer Familienstiftungen nach dem Außensteuergesetz, 83 f.) vertreten. Nach der Ansicht von Schulz liegen die Voraussetzungen einer Anrechnung nach § 35 Abs. 1 EStG nicht vor, da nach § 15 Abs. 1 AStG nur eine saldierte Einkommensgröße außerhalb der Summe der Einkünfte transferiert werde und im zu versteuernden Einkommen daher keine gewerblichen Einkünfte mehr enthalten seien. Auch die Finanzverwaltung vertritt – allerdings ohne nähere Begründung – die Auffassung, dass § 35 EStG auf das nach § 15 Abs. 1 AStG zugerechnete Einkommen keine Anwendung findet (vgl. BMF-Schreiben vom 14.5.2004, Sondernummer 1/2004, 3 Tz. 15.1.4. Satz 2).
303. Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Die Auslegung der Vorschrift ergibt, dass in der hier maßgeblichen Konstellation keine Anrechnung der Gewerbesteuer erfolgen kann.
31a) Hierfür spricht zunächst der Wortlaut der Vorschrift. § 35 EStG begünstigt Einkünfte aus gewerblichen Unternehmen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG (§ 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) und Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Mitunternehmer (§ 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Die Formulierung der Vorschrift legt nahe, dass es sich bei den in Bezug genommenen Einkünften um solche handeln muss, die dem Steuerpflichtigen nach den Grundsätzen der Einkünftezurechnung zuzurechnen sein müssen, er sie also grds. selbst erzielt haben muss (vgl. hierzu Kirchhof in Kirchhof, EStG, 14. Aufl. § 2 Rn. 5 ff.). In der im Streitfall gegeben Fallgestaltung, dass es sich um die Anrechnung von Gewerbesteuer handelt, die von einer Mitunternehmerschaft geschuldet wird, kommt hinzu, dass gem. § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG begünstigt lediglich die „als Mitunternehmer“ erzielten Einkünfte sind. Beide Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor, da die E weder Einkünfte aus Gewerbebetrieb „erzielt“ hat noch „als Mitunternehmer“ der hier maßgeblichen Ausgangsunternehmen tätig war. Mitunternehmer waren vielmehr (u.a.) die jeweils zwischengeschalteten Familienstiftungen. Eine mittelbare Beteiligung kann aber, wie § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG zu entnehmen ist, nur dann als "mitunternehmerisch" qualifiziert werden, wenn sie über eine oder mehrere Personengesellschaften erfolgt.
32Der Senat hat dagegen Zweifel, ob man entsprechend der Auffassung von Wassermeyer bei der Auslegung des § 35 EStG an dem Halbsatz „soweit sie anteilig auf im zu versteuernden Einkommen enthaltene gewerbliche Einkünfte entfällt“ ansetzen kann. Der von Wassermeyer in Bezug genommene Halbsatz beinhaltet eine Regelung des sog. Ermäßigungshöchstbetrags. Diese Regelung dient daher in erster Linie der Begrenzung der Anrechnung, nicht aber der Bestimmung des Anwendungsbereichs der Vorschrift. Ob man daher aus der Vorschrift ableiten kann, dass der Steuerpflichtige die Einkünfte nicht selbst erzielt zu haben braucht, erscheint fraglich.
33Selbst dann, wenn man den in Bezug genommenen Halbsatz zur Auslegung der Vorschrift heranziehen könnte, würden aber in der hier maßgeblichen Konstellation entgegen der Auffassung von Wassermeyer keine „im zu versteuernden Einkommen enthaltene gewerbliche Einkünfte“ vorliegen. Wie sich § 15 Abs. 1 AStG in der im Streitjahr gültigen Fassung entnehmen lässt, werden dem Stifter keine einzelnen Einkünfte, sondern das „Einkommen“ der Stiftung zugerechnet (so die wohl herrschende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, vgl. BFH-Urteil vom 5.11.1992 I R 39/92 BFHE 170, 62, BStBl II 1993, 388; BFH-Beschluss vom 8.4.2009 I B 223/08, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH --BFH/NV-- 2009, 1437; Urteile des FG München vom 26.11.2014 9 K 2275/14, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2015, 356, und des FG Düsseldorf vom 22.1.2015 16 K 2858/13 F, EFG 2015, 629; Edelmann in Kraft, AStG, § 15 Rn. 170 ff.; Kirchhain in Mössner/Fuhrmann, AStG Kommentar, 2. Aufl., § 15 Rn. 18 ff. und 95 ff.; Wenz/Linn, in Haase, Außensteuergesetz / Doppelbesteuerungsabkommen, § 15 AStG Rn.67). M.a.W. gehen die von der Stiftung erzielten Einkünfte in dem nach den Grundsätzen des Körperschaftsteuergesetzes ermittelten (konsolidierten) Stiftungseinkommen auf und verlieren bereits auf der Ebene der Stiftung ihre Selbständigkeit. Das dem Stifter nach § 15 Abs. 1 AStG zuzurechnende Einkommen der Stiftung ist daher auch keiner bestimmten Einkunftsart des Stifters (§ 2 Abs. 1 EStG) zuzuordnen, sondern es erhöht den um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen verminderten Gesamtbetrag der Einkünfte (vgl. BFH-Urteil vom 5.11.1992 I R 39/92, BFHE 170, 62, BStBl II 1993, 388). Dagegen wird durch § 15 Abs. 1 AStG keine eigene Einkünfteerzielung des Zurechnungsadressaten fingiert. Zwar hat der Gesetzgeber im Zuge des Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetzes vom 26.6.2013 die Systematik der Zurechnung geändert und im § 15 Abs. 1 AStG den Begriff des „Einkommens“ durch den Begriff „Einkünfte“ ersetzt (vgl. zum Hintergrund BT-Drucks. 17/13033, 87 f.). Der insoweit neu gefasste § 15 AStG ist aber erst ab dem Veranlagungszeitraum 2013 und damit nicht in den hier zu entscheidenden Streitjahren anwendbar.
34c) Die Wortlautauslegung wird durch die systematische Auslegung der Vorschrift bestätigt. Nach Auffassung des Senats kann insoweit auf die hinsichtlich einer „Einkommenszurechnung“ vergleichbare Problematik bei der Organschaft abgestellt werden. Da u.a. auch natürliche Personen (oder Personengesellschaften) als Organträger fungieren können, stellen sich bei einer Organschaft im Rahmen des § 35 EStG vergleichbare Probleme wie bei der Zurechnung von Einkommen nach § 15 Abs. 1 AStG. In beiden Fällen wird dem Steuerpflichtigen das Einkommen eines anderen Rechtsträgers zugerechnet. Besteht zwischen einer Organgesellschaft und einem Organträger eine Organschaft im Sinne der §§ 14 ff. KStG, werden in einem ersten Schritt die Einkünfte der Organgesellschaft und des Organträgers sowie das jeweilige Einkommen getrennt ermittelt (vgl. Müller/Stöcker, Die Organschaft, 8. Aufl., Rn. 467 m.w.N.). In einem zweiten Schritt wird das Einkommen des Organträgers mit dem Fremdeinkommen der Organgesellschaft zusammen gerechnet (vgl. Müller/Stöcker, Die Organschaft, 8. Aufl., Rn. 468 m.w.N.), und zwar nach wohl vorherrschender Auffassung – ebenso wie die Zurechnung nach § 15 AStG – auf der Berechnungsstufe der Ermittlung des Einkommens (vgl. BFH-Urteil vom 23.1.2002 XI R 95/97, BFHE 198, 99, BStBl II 2003, 9).
35Ungeachtet der hier im Rahmen der Wortlautauslegung aufgezeigten Probleme geht die herrschende Auffassung davon aus, dass für die im zugerechneten Einkommen der Organgesellschaften enthaltenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb grds. die Steuerermäßigung des § 35 EStG in Anspruch genommen werden kann (vgl. etwa Levedag in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 35 EStG Anm. 47; Wacker in Schmidt, EStG, 34. Aufl., § 35 Rn. 54). Ob es im Falle einer „einfachen“ Organschaft besondere Gründe dafür gibt, zu einer anderen Auslegung als bei einer Einkommenszurechnung nach § 15 Abs. 1 AStG zu kommen, etwa vor dem Hintergrund, dass die Vorschrift des § 35 EStG a.F. zunächst eine ausdrückliche Regelung zur Behandlung einer bestimmten Form der Organschaft beinhaltet hatte, braucht hier nicht entschieden zu werden.
36Der Senat sieht es für den vorliegenden Fall vielmehr als entscheidend an, dass der BFH in einer bestimmten Konstellation der Organschaft die Gewerbesteueranrechnung ausdrücklich versagt hat, nämlich dann, wenn zwischen eine Personengesellschaft als Obergesellschaft und eine weitere (nachgeordnete) Personengesellschaft eine Kapitalgesellschaft zwischengeschaltet ist, die in einem Organschaftsverhältnis zur Obergesellschaft steht und selbst als Mitunternehmerin der (nachgeordneten) Personengesellschaft fungiert. Nach der Auffassung des BFH steht in diesem Fall der „Durchleitung" anteiliger Gewerbesteuermessbeträge durch eine Kapitalgesellschaft die Abschirmung der Vermögenssphäre der Kapitalgesellschaft gegenüber ihren Anteilseignern entgegen (vgl. BFH-Urteil vom 22.9.2011 IV R 3/10, BFHE 235, 346, BStBl II 2012, 14). Folgt man der vom BFH vertretenen Auffassung (kritisch allerdings z.B. Bäuml, FR 2013, 1121, 1127; Schaumburg/Bäuml, FR 2010, 1061 ff.; Wacker in Schmidt, EStG, 34. Aufl., § 35 Rn. 54; ders. in JbFAStR 2012/2013, 489 ff.; a.A. auch die Vorinstanz, vgl. Urteil des FG Düsseldorf vom 29.10.2009 16 K 1567/09 F, EFG 2010, 798) und bejaht eine entsprechende Abschirmwirkung der zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft, spricht diese Erwägung auch in der hier maßgeblichen Konstellation, dass zwischen die Mitunternehmerschaft und die natürliche Person eine Stiftung zwischengeschaltet wird, dafür, die Anrechnung nach § 35 EStG zu versagen. Dass die Abschirmwirkung der Kapitalgesellschaft bei der Organschaft de facto ebenso durchbrochen wird wie bei der Zurechnung nach § 15 Abs. 1 AStG, hat der BFH in seinem Urteil vom 22.9.2011 IV R 3/10 (BFHE 235, 346, BStBl II 2012, 14) nicht als maßgeblich erachtet. Im Übrigen trifft das zentrale Argument des BFH, dass der Fall der Organträger-Personengesellschaft nicht vom Wortlaut der Regelung des § 35 Abs. 2 Satz 5 EStG umfasst sei, da es an einer unmittelbaren Beteiligung als Mitunternehmer fehle, gleichermaßen auf die im Streitfall maßgebliche Vorschrift des § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu. Hinter diese Erwägungen muss die nach dem Sinn und Zweck des § 35 EStG durchaus denkbare Anrechnung zurücktreten.
37II. Die Klage ist darüber hinaus auch hinsichtlich der hilfsweise beantragten Anrechnung nach § 15 Abs. 5 AStG unbegründet. § 15 Abs. 5 AStG verweist auf § 12 AStG. Nach § 12 Abs. 1 AStG werden auf Antrag des Steuerpflichtigen auf seine Einkommen- oder Körperschaftsteuer, die auf den Hinzurechnungsbetrag entfällt, die Steuern angerechnet, die nach § 10 Abs. 1 AStG abziehbar sind. § 12 Abs. 2 AStG regelt, dass bei der Anrechnung die Vorschriften des § 34c Abs. 1 EStG und des § 26 Abs. 1 und 6 des Körperschaftsteuergesetzes entsprechend anzuwenden sind. Ihrer Systematik nach ist die Vorschrift darauf zugeschnitten, dass sich der Stifter die ihn wirtschaftlich belastenden Steuern der im Ausland ansässigen Stiftung anrechnen lassen kann. Es kann dahinstehen, ob man hierunter auch die Gewerbesteuer einer inländischen Personengesellschaft, an der eine im Ausland ansässige Familienstiftung beteiligt ist, verstehen kann (so wohl Kirchhain in Mössner/Fuhrmann, AStG Kommentar, 2. Aufl., § 15 Rn. 144). Nach Auffassung des Senats ist § 35 EStG in der Frage der Anrechnung der Gewerbesteuer als die speziellere Vorschrift anzusehen, die eine Anrechnung nach § 15 Abs. 5 AStG in ihrem Anwendungsbereich auch dann verdrängt, wenn sie tatbestandlich nicht einschlägig ist. Hierfür spricht schon, dass die Anrechnung der Gewerbesteuer nach § 35 EStG eine gänzlich anders geartete Systematik aufweist als eine Anrechnung nach §§ 15 Abs. 5, 12 AStG i.V.m. § 34c EStG.
38III. Entgegen der Auffassung des Klägers verstößt die Anwendung des § 15 AStG bei einer Versagung der Anrechnung nach § 35 Abs. 1 EStG oder nach § 15 Abs. 5 AStG auch nicht gegen das EWR-Abkommen. Zwar weist der Kläger zutreffend darauf hin, dass die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 AStG den freien Kapitalverkehr im Sinne des Art. 40 ff. des EWR-Abkommens beschränkt. Eine solche Beschränkung ist nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, aber gerechtfertigt, wenn es an einem steuerlichen Auskunftsaustausch mit einem anderen EWR-Staat fehlt und deshalb das Interesse der Allgemeinheit, Steuerhinterziehung zu bekämpfen, und die Notwendigkeit, die Wirksamkeit von Steuerprüfungen zu wahren, durch eine hierfür geeignete, erforderliche und verhältnismäßige Regelung in anderer Weise sichergestellt wird (vgl. BFH-Urteil vom 22.12.2010 I R 84/09 unter Hinweis auf die EuGH-Urteile vom 28.10.2010 C-72/09 "Établissements Rimbaud", IStR 2010, 842 und vom 19.11.2009 C-540/07 "Kommission ./. Italien", IStR 2009, 853). Diese Rechtsprechung ist auf den Streitfall übertragbar, da in den Streitjahren mit Liechtenstein kein Amtshilfeabkommen in Steuersachen und auch kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit einer gleichwertigen Auskunftsregelung bestand. Dem mit Liechtenstein am 2.9.2009 abgeschlossene Abkommen über die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch in Steuersachen (BGBl II 2010, 951) kommt nach der zutreffenden Auffassung des BFH, der sich der Senat ebenfalls anschließt, keine Rückwirkung zu, sondern ist erst ab dem Veranlagungszeitraum 2010 anwendbar (vgl. Art. 13 Abs. 2 des Abkommens).
39IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
40V. Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Die Frage, ob im Falle der Zurechnung des Einkommens einer ausländischen Familienstiftung nach § 15 Abs. 1 AStG a.F. eine Anrechnung der Gewerbesteuer möglich ist, hat grundsätzliche Bedeutung. Der Senat geht davon aus, dass sich die im Streitfall zu beantwortende Frage, auch wenn es sich um ausgelaufenes Recht handelt, in einer nicht unerheblichen Anzahl noch anhängiger Verfahren stellt.