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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
2Streitig ist, ob den Klägern aus zwei unterschiedlich ausgestalteten Kapitalüberlassungen an die „A“ (…) steuerpflichtige Erträge zugeflossen sind.
3Die Kläger werden als Eheleute im Streitjahr 2010 gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt.
4Die A wurde am 19. Februar 2002 als Aktiengesellschaft (Corporation) nach dem Recht des US-Bundesstaates () gegründet. Deren Kapitalanlagen wurden über ein strukturiertes Beratersystem vor allem in Deutschland vertrieben. Durch einen Berater wurde potentiellen Anlegern das wirtschaftliche Konzept der A vorgestellt und Erträge von bis zu 15,5 % pro Jahr in Aussicht gestellt, welche zwar nicht garantiert wurden, tatsächlich jedoch, sofern gewünscht, ausgezahlt bzw. anderweitig gutgeschrieben werden sollten. Der Geschäftszweck der A im Bereich alternativer Energien wurde dabei in Details unterschiedlich vorgetragen. Allerdings sollten sämtliche Gelder in Märkte einfließen, über die beispielsweise Banken Sicherheitskapital, im Anleihengeschäft, Geschäfte mit Schuldverschreibungen oder im Kreditgeschäft zur Verfügung gestellt werden sollte. Die diesbezüglichen Märkte sollten außergewöhnliche Gewinnmargen ermöglichen, da sie für private Anleger nicht zugänglich seien.
5Die Klägerin unterzeichnete am 24. November 2008 eine „Beitrittserklärung“ zur A, mit der sie diese beauftragte, sie als „Shareholder“ mit einer Einlage i.H.v. 5.000 € aufzunehmen. Die im Anhang auszugsweise abgedruckten Klauseln des Gesellschaftsvertrages der A „bot die Klägerin dieser zum Abschluss an“. Die in englischer Sprache abgedruckten Klauseln der A bezeichneten diese als in den USA registrierte Gesellschaft. Die Gesellschaft sollte über Vorzugsaktien im Nennwert von 10 Millionen $ verfügen und die einzelnen Vorzugsaktien einen Nennwert von 100 $ haben. Die Beteiligung der Klägerin sollte auf mindestens ein Jahr abgeschlossen werden und war mit einer Frist von drei Monaten zum Jahresende kündbar. Die Verlustbeteiligung der Klägerin sollte auf den Betrag ihrer anfänglichen Beteiligung begrenzt sein. An ausgezahlten Gewinnausschüttungen sollte die Klägerin quotal teilnehmen.
6Die Klägerin erhielt zu Beginn jedes Jahres eine Mitteilung, nach der sich ihre Beteiligung an A um zwölf Monate verlängerte. Überdies teilte A ihr die voraussichtliche Wertsteigerung ihrer Beteiligung mit. Sie wurde darauf hingewiesen, dass sie bei abweichender Wertentwicklung separat benachrichtigt werde.
7Darüber hinaus stellte der Kläger der A … mit Datum vom 25. März 2010 einen Betrag von 200.000 € als „Private Placement“ darlehensweise zur Verfügung. Der Kläger sollte hierfür einen monatlich nachschüssig zu zahlenden Zinsertrag von 1,5-3 % seiner Darlehenssumme beginnend ab Mai 2010 erhalten. Der Kläger vereinnahmte ab Ende Juli bis Dezember 2010 sechs Zahlungen in Höhe von 3.000 € (1,5% der Darlehenssumme), also insgesamt 18.000 € auf dieses Darlehen.
8In ihrer Ende 2011 abgegebenen Einkommensteuererklärung für das Jahr 2010 berücksichtigte die Klägerin für die Wertsteigerung ihrer Beteiligung an A einen Betrag von 973 € in ihrer Einkommensteuererklärung, während der Kläger die vereinnahmten Zinsen i.H.v. 18.000 € ansetzte. Der Beklagte erließ daraufhin antragsgemäß unter dem 10. Januar 2012 einen gemeinsamen Einkommensteuerbescheid für 2010. Ungefähr zu dieser Zeit tauchten Berichte auf, dass es sich bei A um ein professionelles Schneeballsystem handelte.
9Durch Schreiben vom 30. Januar 2012, beim Beklagten am 31. Januar 2012 eingegangen, legten die Kläger Einspruch ein. In der Einkommensteuererklärung des Jahres 2010 seien bei der Klägerin Einkünfte aus Kapitalvermögen der Firma A berücksichtigt, die wegen Ablaufs der Spekulationsfrist nicht steuerbar seien.
10Der Beklagte wies den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 6. Dezember 2012 als unbegründet zurück. Bei der Beteiligung an A handele es sich um eine typisch stille Beteiligung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Nach einem Auskunftsersuchen gemäß dem deutsch-amerikanischen Doppelbesteuerungsabkommen sei der seinerzeitige Präsident von A der einzige Aktionär gewesen. Interne Korrespondenz mit einem Rechtsanwalt der A belege, dass A intern selbst nicht von einer Aktienbeteiligung, sondern dem Vorliegen einer stillen Gesellschaft ausgegangen sei.
11Die Kläger haben hiergegen durch Schreiben vom 3. Januar 2013, bei Gericht am gleichen Tag eingegangen, Klage erhoben. Es habe sich entgegen der Ansicht des Beklagten in Bezug auf den Vertrag der Klägerin mit A nicht um eine stille Gesellschaft, sondern um den Erwerb einer Aktie gehandelt. Entscheidend hierfür sei der Sachverhalt, wie er sich aus der Sicht des Erwerbers bei objektiver Betrachtungsweise darstelle. Der entsprechende Vertrag nutze das Wort „Shareholder“, welches dem deutschen „Aktionär“ entspreche. Es handele sich also um eine Beteiligung als Gesellschafter an einer „Corporation“. Das amerikanische Recht kenne das Institut der stillen Beteiligung nicht. Die Darlegungs- und Feststellungslast läge in diesem Fall bei dem Beklagten, da es sich um steuererhöhende Tatsachen handele. Sämtliche Berater und Schreiben zu dieser Anlage hätten immer nur von Aktien gesprochen. Auch in Deutschland erhalte man in der Regel keine Aktienurkunden, sondern lediglich die Mitteilung einer Bank, dass man Aktien erworben habe. Auch GmbH-Verträge in Deutschland ließen in der Regel keinen freien Verkauf zu. Es sei daher nicht einzusehen, weshalb an Aktien einer amerikanischen Gesellschaft höhere Ansprüche zu stellen seien. Es sei zwar richtig, dass in dem betreffenden US-Bundesstaat eine Aktienliste zu führen sei, eine solche Liste sei jedoch auszugsweise durch den deutschen Rechtsanwalt der A zur Verfügung gestellt worden (Namen geschwärzt). Des Weiteren sei nach den Formvorschriften des US-Bundesstaates ein jährlicher Business Report beim Secretary of State einzureichen. Dies sei geschehen, so dass die Aussage des Beklagten, dass Formvorschriften nicht eingehalten seien, nicht nachvollziehbar sei.
12Selbst bei Annahme einer stillen Gesellschaft sei zunächst darauf zu achten, ob es sich nicht um Kapitalrückzahlungen handele. Einzahlungen seien nicht an A selber, sondern über andere Konten ohne genaue Bezeichnung erfolgt. Das gleiche gelte für entsprechende Rückzahlungen. Es sei somit nicht ersichtlich, ob es sich um Zinszahlungen oder eine Rückzahlung von eingezahltem Kapital handele. Im Hinblick auf die Beteiligung der Klägerin liege überdies kein Zufluss vor, da nur eine ausdrückliche Kündigung ihrer Beteiligung diesen Zufluss bewirkt hätte. Die jährlichen Mitteilungen der A an die Klägerin seien in einem zweifachen Konjunktiv formuliert und hätten daher keine Novation auslösen können. Des Weiteren sei selbst im Fall einer Novation darauf abzustellen, ob ein Anlagebetrüger überhaupt leistungswillig und leistungsfähig gewesen wäre. Daran fehle es hier, da bereits keine Beträge auf das Konto der Firma A eingezahlt worden seien, sondern auf so genannte Treuhänderkonten. Auch habe sich die Firma A nicht selbst am wirtschaftlichen Verkehr beteiligt.
13Auch hinsichtlich des durch den Kläger gewährten Darlehens habe scheinbar niemals die Absicht seitens A bestanden, dieses Darlehen an den Kläger zurückzuführen. Dementsprechend seien die bisher von A als „Zinsen“ gezahlten Beträge als Kapitalrückzahlungen zu qualifizieren.
14Die Kläger beantragen,
15den Einkommensteuerbescheid 2010 vom 10. Januar 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Dezember 2012 dahingehend zu ändern, dass die erklärten Einkünfte aus Kapitalvermögen in Bezug auf die Beteiligung der Kläger an A i.H.v. 18.973 € unberücksichtigt bleiben,
16hilfsweise, die Revision zuzulassen.
17Der Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Die vorliegenden (unvollständigen) Unterlagen stützten ebenso wie die zur A bekannten Gesamtumstände die Auffassung des Beklagten, dass es sich um eine stille Gesellschaft gehandelt habe. Für die Annahme einer solchen Gesellschaft komme es darauf an, was die Vertragsparteien wirtschaftlich gewollt hätten und ob unter Heranziehung aller Umstände der zu ermittelnde Vertragswille auf die Errichtung einer stillen Gesellschaft gerichtet sei (BFH Urteil vom 28. Oktober 2008 VIII R 36/04, Bundessteuerblatt -BStBl.- II 2009, 190). Dieser Wille sei durch Unterzeichnung der abgegebenen Beitrittserklärung dokumentiert. Es sei darum gegangen, dass A nach außen ein Handelsgewerbe betreiben sollte, während die Anleger sich an diesem Handelsgewerbe – ohne nach außen in Erscheinung zu treten – beteiligen sollten. Zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks hätten die Anleger durch eine Kapitalüberlassung beigetragen. Hierin sei die stille Einlage des Anlegers gegenüber der A verkörpert. Für die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses spreche insbesondere, dass den Anlegern eine erhebliche Erfolgsbeteiligung versprochen worden sei. Auch das Fehlen jeglicher Sicherheiten sei ein Anhaltspunkt für die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses. Auch die von A gesammelten Beitrittserklärungen seien gegenüber dem oben zitierten Urteil des BFH vom 28. Oktober 2008 wortgleich bis auf den Begriff „stiller Gesellschafter“, der durch die Formulierung „Gesellschafter“ ersetzt worden sei. Dieser Tatsache komme aber bei der Beurteilung der Frage, welcher Vertragsgegenstand durch die Beitrittserklärung erfasst werde, eine wichtige Bedeutung zu, zumal im Gegensatz hierzu in keiner Beitrittserklärung ausdrücklich der Verkauf von Aktien vereinbart worden sei.
20Zwar gebe es im amerikanischen Gesellschaftsrecht keine gesetzliche Regelung zur stillen Gesellschaft, wie in § 230 des Handelsgesetzbuches, gleichwohl sei auch nach amerikanischem Recht die Möglichkeit, sich als Investor mit Fremdkapital an dem Geschäftsbetrieb einer Aktiengesellschaft zu beteiligen und diese zu fördern, ohne aktiv in das Geschäftsgeschehen einzugreifen, möglich. Es bestehe Vertragsfreiheit und insofern sei es durchaus gestattet, Verträge abzuschließen, die inhaltlich einer stillen Gesellschaft des deutschen Handelsrechts entsprächen.
21Objektive Anzeichen, nach denen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses Aktien verkauft werden sollten, hätten die Kläger bisher nicht dargelegt. Insgesamt sprächen verschiedene Anhaltspunkte im Rahmen einer Gesamtbetrachtung gegen den Schluss, dass die Klägerin Aktien an A erworben habe. So seien keine Aktienurkunden vorgelegt worden. Es sei auch nicht ersichtlich, dass bzw. ob die Beteiligung in ein Bankdepot eingebucht worden sei. Die Beteiligung könne auch nicht an Dritte veräußert werden. Überdies seien die Formvorschriften des US-Rechts nicht eingehalten. Im Gegensatz zur Rechtslage in Deutschland handele es sich bei US-amerikanischen Aktien um Namensaktien und nicht um Inhaberaktien. Die Inhaber der Aktien seien namentlich festzuhalten. Ein entsprechendes Aktienregister fehle. Überdies seien die Anteile jederzeit zum Nennwert angeboten worden. Kaufpreis für eine Aktie sei regelmäßig der aktuelle Kurswert. Auch Stammkapitalerhöhungen bei A seien nicht nachvollziehbar. Laut Handelsregister habe das Stammkapital der A 10.000.200 $ betragen. Die Aktien seien in 100.000 Aktien zu einem Nennwert von 100 $ sowie 200.000 Aktien zu einem Wert von 0,001 $ aufgeteilt. Selbst unter Berücksichtigung der laut Kündigungen vorgenommenen Rückkäufe lasse sich die insgesamt ausgegebene Menge an Aktien im Volumen von rund 104 Millionen € nicht nachvollziehen. Hierfür hätte es in den Vorjahren einer weiteren Kapitalerhöhung bedurft, die letzte Kapitalerhöhung stamme jedoch aus dem Jahr 2004.
22Das Vorbringen der Kläger, dass ihnen nicht steuerbare Kapitalrückzahlungen zugeflossen seien, sei nicht überzeugend. Von den turnusgemäß seitens der A versandten Mitteilungen liege dem Beklagten lediglich eine der Klagebegründung beigefügte Mitteilung bezüglich der Klägerin vor. Hierin werde zwar nicht zwischen der Vermögenssubstanz und den daraus resultierenden Erträgen unterschieden, der Umstand, dass sich der nominelle Wert ihrer Beteiligung jedoch voraussichtlich auf einen bestimmten Betrag erhöht haben soll, spreche aber dafür, dass dem ursprünglich angelegten Kapital Zinsen hinzugerechnet worden seien und dass dieser – um die Zinsen erhöhte – Betrag entweder stehen gelassen werden konnte, oder aber bei einer Kündigung ohne Wiederanlage an die Klägerin ausgekehrt worden wäre. In Bezug auf eine Kapitalrückzahlung sei überdies nach ständiger Rechtsprechung mangels Tilgungsbestimmung die Regelung des § 367 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches anwendbar. Dementsprechend sei von einer Zinszahlung durch A auszugehen.
23Die Anforderungen des BFH an einen Zufluss seien in Bezug auf die Klägerin auch durch eine Novation erfüllt. Bei einem Anleger, der in Kenntnis einer Mindestlaufzeit von zwölf Monaten eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Jahresende verstreichen lasse, sei ohne weiteres ein Zufluss anzunehmen. A sei im Streitfall auch noch zahlungsfähig und zahlungswillig gewesen. Dies sei bis zur Zahlungsunfähigkeit der Fall. Vor dem Zusammenbruch eines Schneeballsystems sei daher von der Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit auszugehen. A sei nach Kenntnis des Beklagten noch bis in das Jahr 2011 den Auszahlungsverlangen seiner Anleger nachgekommen.
24Für weitere Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 5. März 2015 sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen.
25Entscheidungsgründe:
26I. Die Klage ist unbegründet. Der Einkommensteuerbescheid 2010 vom 10. Januar 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Dezember 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO). Der Beklagte hat sowohl die Zinseinkünfte des Klägers i.H.v. 18.000 € als auch die der Klägerin aus typisch stiller Beteiligung i.H.v. 973 € zu Recht als Kapitaleinkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4, 7 EStG berücksichtigt.
271. Dem Kläger sind Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG i.H.v. 18.000 € aus einer Darlehensgewährung an A … zuzurechnen. Bei der gewählten Gestaltung stand dem Kläger eine Forderung gegen die A … zu, aus der er entsprechende Einkünfte erzielte.
28a) Die entsprechenden Beträge sind dem Kläger im Streitjahr durch Auszahlung der 18.000 € gemäß §§ 8 Abs. 1, 11 Abs. 1 S. 1 EStG zugeflossen.
29b) Die an den Kläger ausgezahlten Beträge stellten auch keine nicht steuerbare Rückzahlungen des Darlehenskapitals dar.
30Für die Abgrenzung, ob eine Rückzahlung der Anlagesumme oder eine Zinsauszahlung vorliegt, ist einkommensteuerrechtlich nach der Rechtsprechung des BFH allein an die Tilgungsbestimmung des Betreibers bei Auszahlung anzuknüpfen, selbst wenn diese Auszahlung zivilrechtlich mangels eines entstandenen Zinsauszahlungsanspruchs unwirksam sein sollte (ständige Rechtsprechung vergleiche BFH Urteil vom 11. Februar 2014 VIII R 25/12, BStBl. II 2014, 461 mit weiteren Nachweisen).
31Nach diesen Maßstäben liegen Zinseinkünfte des Klägers vor. Die Auszahlung der 18.000 € kann keine steuerfreie Rückzahlung des Darlehenskapitals darstellen. Eine ausdrückliche Tilgungsbestimmung liegt nicht vor. Der Gesamtkontext, insbesondere die Höhe der Auszahlungen anhand des vorher vereinbarten Mindestzinssatzes spricht aber dafür, dass die Tilgung im Sinne von § 367 Abs. 2 BGB auf die Zinsforderung des Klägers gegenüber A … erfolgen sollte. Dies wäre gemäß § 367 Abs. 1 BGB auch bei vollständigem Fehlen einer Tilgungsbestimmung der Fall.
322. Die Klägerin hat im Streitjahr Einkünfte i.H.v. 973 € aus ihrer Beteiligung an A als typisch stille Gesellschafterin gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG erzielt. Es ist nicht erkennbar, dass die Klägerin durch ihre Beteiligung an A zu einer Aktionärin geworden sein könnte. Nur bei Annahme einer Aktienbeteiligung der Klägerin wäre eine Einkünfteerzielung aus Kapitalvermögen ausgeschlossen, da die Klägerin keine Dividendenauszahlung (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) erhalten hat und ihre Beteiligung an A auch nicht innerhalb der Spekulationsfrist gem. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG a.F. veräußert hat.
33a) Die Klägerin war an der A als typisch stille Gesellschafterin im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG beteiligt.
34Eine stille Gesellschaft setzt den vertraglichen Zusammenschluss zwischen einem Unternehmensträger (Inhaber des Handelsgeschäfts) und einem Anderen voraus, kraft dessen sich der andere ohne Bildung eines Gesellschaftsvermögens mit einer Einlage an dem Unternehmen beteiligt und eine Gewinnbeteiligung erhält. Es ist ferner erforderlich, dass die Einlage so geleistet wird, dass sie in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht. Darüber hinaus erfordert die stille Gesellschaft eine gemeinsame Zweckverfolgung (BFH Urteil vom 28. Oktober 2008 VIII R 36/04, BStBl. II 2009, 190).
35Bei der Abgrenzung, ob bei einer Kapitalanlage eine Aktienbeteiligung oder eine stille Gesellschaft vorliegt, haben die gewählten vertraglichen Vereinbarungen nur indizielle Bedeutung. Die fehlende Erwähnung des Begriffes stille Gesellschaft ist daher nicht entscheidend. Für die Qualifikation der Rechtsbeziehung zwischen den Beteiligten kommt es darauf an, was sie als Vertragsparteien wirtschaftlich gewollt und verwirklicht haben. Für die Annahme eines stillen Gesellschaftsverhältnisses spricht es, wenn der Steuerpflichtige dem Geschäftsinhaber Geld überlässt aus dem dieser Gewinne erwirtschaften solle, wobei es dem Anleger nicht auf eine bestimmte Anlageform, sondern darauf ankommt, mit einer hohen Rendite an diesen Anlagen zu partizipieren (BFH Urteil vom 27. August 2014 VIII R 41/13, BFH/NV 2015, 187; Urteil vom 28. Oktober 2008 VIII R 36/04, BStBl. II 2009, 190). Für die Annahme einer Beteiligung als Aktionär ist demnach erforderlich, dass der Steuerpflichtige nachweist, dass er tatsächlich Gesellschafter einer ausländischen Aktiengesellschaft geworden ist. Hierzu bedarf es des Nachweises, dass die entsprechenden ausländischen Formvorschriften beachtet wurden. Den Steuerpflichtigen trifft insoweit bei einem Auslandssachverhalt gem. § 90 Abs. 2 S. 1 der Abgabenordnung (AO) eine erhöhte Darlegungs- und Feststellungslast. Zweifel bei der Tatsachenwürdigung können sich insoweit auch zulasten des Steuerpflichtigen auswirken (Seer in Tipke/Kruse AO/FGO § 90 AO Rn. 20).
36Anhand dieser Maßstäbe liegt eine typisch stille Beteiligung der Klägerin an der A vor. Es ist aufgrund der von der Klägerin vorgelegten Belege nicht ersichtlich, dass sie tatsächlich Aktien an einer US-amerikanischen Gesellschaft erworben hat. Es liegt vielmehr so, dass sie sich im Wege einer Kapitalbeteiligung an der A beteiligt hat und es ihr dabei in erster Linie um die Erzielung einer hohen Rendite ging. Dies zeigt sich auch daran, dass sie sich von dieser Anlage 15,5 % Gewinn pro Jahr versprach. Auch die Abrede, dass sie nur bis zur Höhe ihrer Einlage haften sollte, spricht ebenso für die Annahme einer stillen Gesellschaft, wie die dreimonatige Kündigungsfrist ihrer Beteiligung. Es ist weder der unterzeichneten Beitrittserklärung noch den Auszügen aus dem Gesellschaftsvertrag der A eine klare und eindeutige Regelung zu entnehmen, dass die Beteiligung der Klägerin an eine bestimmte zivilrechtliche Form, hier des Aktienerwerbes, geknüpft war. Der dort verwendete Begriff des „Shareholders“ ist in seiner Übersetzung offen. Er kann mit Aktionär aber auch mit Anteilseigner oder einfach Gesellschafter übersetzt werden, so dass sich hieraus nicht zwingend ein Schluss auf die Beteiligung als Gesellschafter in Form des Aktionärs ergibt. Es kommt hinzu, dass die Klägerin auch keine Nachweise dafür vorlegen konnte, dass ihr bestimmte Aktien übereignet wurden. Auch die Einreichung eines Business Reports liefert keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin Aktionärin geworden wäre, sondern nur dafür, dass A überhaupt als Gesellschaft registriert war. Gegen eine Aktienbeteiligung spricht auch, dass bei A keine Kapitalerhöhungen in Relation zum eingesammelten Beteiligungskapital nachvollziehbar sind, obwohl die Gesellschaft offenbar Beteiligungskapital in einer Größenordnung eingesammelt hat, das wesentlich über dem Nennwert ihrer Aktien lag. Nach der internen Korrespondenz von A mit ihrem deutschen Rechtsanwalt ging man auch bei A intern davon aus, dass über die Beitrittserklärungen Beteiligungen geschaffen wurden, die in ihrem wirtschaftlichen Gehalt dem Typus einer deutschen typisch stillen Gesellschaft entsprechen. Der Präsident von A hat auf Anfrage der deutschen Finanzverwaltung ausgesagt, einziger Aktionär gewesen zu sein (Bl. 73 der Gerichtsakte). Die wirtschaftliche Ausgestaltung spricht daher für das Vorliegen einer typisch stillen Beteiligung. Dies ist dann auch für die Besteuerung im Rahmen des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG maßgeblich. Verbliebene Unklarheiten in Bezug auf die Erfüllung der zivilrechtlichen Form gehen bei diesem Auslandssachverhalt gemäß § 90 Abs. 2 S. 1 AO zulasten der Kläger.
37b) Die Einnahmen sind der Klägerin gemäß §§ 8 Abs. 1, 11 Abs. 1 S. 1 EStG zugeflossen.
38Einnahmen im Sinne des § 8 Abs. 1 EStG sind dem Steuerpflichtigen gemäß § 11 Abs. 1 S. 1 EStG zugeflossen, sobald der Steuerpflichtige über sie wirtschaftlich verfügen kann. Eine Gutschrift kann auch ohne Zahlung einen Zufluss bewirken, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuld zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck gebracht wird, dass der Betrag dem Berechtigten von nun an zur Verwendung zur Verfügung steht. Allerdings muss der Gläubiger in der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im Übrigen leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldners herbeizuführen (BFH Urteil vom 30. Oktober 2001 VIII R 15/01, BStBl. II 2002, 138). Auch im Fall eines Schneeballsystems ist dabei entscheidend, ob der Schuldner der Kapitalerträge noch leistungsbereit und leistungsfähig ist. Die fehlende Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft ist vom Steuerpflichtigen darzulegen und nachzuweisen (BFH Urteil vom 11. Februar 2014 VIII R 25/12, BStBl. II 2014, 461; Urteil vom 30. Oktober 2001 VIII R 15/01, BStBl. II 2002, 138; Urteil vom 16. März 2010 VIII R 4/07, BStBl. II 2014, 147). In einer Gutschrift kann auch ein Zufluss durch eine gesonderte Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger zu sehen sein, wenn der Betrag zukünftig aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet sein soll. Von einem Zufluss des aufgrund der Altforderung geschuldeten Betrages im Sinne von § 8 Abs. 1, § 11 Abs. 1 S. 1 EStG kann in derartigen Fällen der Schuldumwandlung (Novation) nur ausgegangen werden, wenn sich die Novation als Folge der Ausübung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Gläubigers (Steuerpflichtigen) über den Gegenstand der Altforderung darstellt, also auf einem freien Entschluss des Gläubigers beruht. Für die Beantwortung dieser Frage kommt auch dem Umstand Bedeutung zu, in wessen Interesse die Schuldumwandlung lag. Lag sie im alleinigen oder überwiegenden Interesse des Gläubigers, erlangt dieser Verfügungsmacht über den Gegenstand der Altforderung (BFH Urteil vom 28. Oktober 2008 VIII R 36/04, BStBl. II 2009, 190).
39Der Klägerin sind demnach 973 € im Streitjahr aus ihrer stillen Beteiligung an der A gemäß §§ 8 Abs. 1, 11 Abs. 1 S. 1 EStG zugeflossen. Die Klägerin erhielt eine jährliche Mitteilung darüber, wie sich der Wert ihrer Beteiligung an A voraussichtlich entwickeln werde. Sie wurde darauf hingewiesen, dass sie bei abweichender Wertermittlung separat benachrichtigt werde. Sie hatte dann die Wahl, ihre Beteiligung bis zum Jahresende zu kündigen oder auf diese Kündigung zu verzichten, damit A ihre Einlage weiter anlegte. Der Verzicht auf diese Auszahlung lag im Interesse der Klägerin, da diese sich über die erneute Verwendung ihrer Einlage durch A eine weitere Rendite erhoffte. A war auch im Streitjahr noch leistungsfähig und leistungsbereit. Dies zeigt sich bereits daran, dass der Kläger im Streitjahr noch Zahlungen auf das von ihm zur Verfügung gestellte Darlehen erhalten hat (siehe oben). Die Tatsache, dass die Wertermittlung seitens A noch unter den Vorbehalt einer abweichenden Mitteilung gestellt wurde, dient aus Sicht eines Empfängers eher dazu, den Wert zu präzisieren. Es ist nicht ersichtlich, dass der angegebene Wert als solcher durch A nicht zumindest in ungefährer Größenordnung ausgezahlt werden sollte. Im Übrigen wäre es nach der Rechtsprechung Sache der Klägerin, darzulegen und vorzutragen, dass A im Streitjahr nicht mehr leistungsfähig und leistungsbereit war.
40II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war mangels Revisionsgründen im Sinne von § 115 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 FGO nicht gem. § 115 Abs. 1 FGO zuzulassen. Die im Streitfall zugrunde liegenden Rechtsfragen zur Abgrenzung von Aktien- und stiller Beteiligung, Zufluss von Kapitalerträgen bei Schneeballsystemen und Tilgungsbestimmung bei nicht entstandenem Zinsauszahlungsanspruch sind durch eine Reihe von Entscheidungen des Bundesfinanzhofes hinreichend geklärt.