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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Aufwendungen des Klägers im Zusammenhang mit zwei Bürgschaften als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen werden können.
3Die Kläger sind seit dem 10.09.2009 verheiratet und wurden in den Streitjahren 2009 bis 2011 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
4Mit Gesellschaftsvertrag vom 18.12.2001 wurde die A GmbH mit Sitz in B gegründet. Von dem Stammkapital i. H. v. EUR 25.000 übernahm der Kläger einen Anteil i. H. v. EUR 15.000.
5Mit – notariell beurkundetem – Treuhandvertrag vom selben Tage vereinbarten der Kläger als Treuhänder und C als Treugeber -Treugeber-, dass dies treuhänderisch im Auftrag und für Rechnung des Treugebers geschehen sei. Der Kläger verpflichtete sich, sämtliche ihm als Gesellschafter zustehenden Rechte bezüglich des treuhänderisch gebundenen Geschäftsanteils nur gemäß den Weisungen des Treugebers auszuüben und die auf den Geschäftsanteil entfallenden Ausschüttungen an diesen abzuführen. Dem Treugeber sollten umfassende Informations- und Kontrollrechte zustehen. Verfügungen über den treuhänderisch gebundenen Geschäftsanteil sollten nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung des Treugebers zulässig sein. Der Kläger verpflichtete sich, den Geschäftsanteil einschließlich des Gewinnbezugsrechts seit Gründung auf Verlangen des Treugebers auf diesen oder Dritte – ohne Gegenleistung – zu übertragen. Er bevollmächtigte den Treugeber unwiderruflich, den Geschäftsanteil auf sich selbst oder von ihm zu benennende Dritte zu übertragen sowie den Treuhänder in allen Angelegenheiten, die den Geschäftsanteil betreffen, gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. Aufgrund dieser Vollmacht sollte der Treugeber jederzeit berechtigt sein, den Treuhänder in Gesellschafterversammlungen zu vertreten und dessen Stimmrecht auszuüben. Für seine Tätigkeit sollte der Kläger keine Vergütung erhalten, sondern lediglich Ersatz seiner Aufwendungen verlangen können. Der Treugeber verpflichtete sich, den Kläger von sämtlichen Ansprüchen Dritter im Hinblick auf den Geschäftsanteil und die Stellung als Treuhänder freizustellen. Über das Treuhandverhältnis wurde Stillschweigen vereinbart.
6Mit Wirkung zum 01.01.2002 wurde der Kläger zum Geschäftsführer der GmbH bestellt. Laut Anstellungsvertrag vom 18.12.2001 sollte er für seine Tätigkeit ein festes Monatsgehalt i. H. v. DM 10.000, Weihnachtsgeld und – wenn der Steuerbilanzgewinn der Gesellschaft mindestens DM 100.000 beträgt – eine Tantieme i. H. v. DM 50.000 erhalten.
7Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 04.09.2002 wurde die Firma der GmbH in D GmbH geändert und der Sitz nach E verlegt.
8Am 10.06.2003 gewährte die Kreissparkasse () -Sparkasse- der GmbH zur Finanzierung eines Grundstückskaufs einen Kontokorrentkredit bis zu einem Höchstbetrag von EUR 250.000. Als Sicherheit diente u. a. eine selbstschuldnerische Bürgschaft des Klägers bis zu einem Höchstbetrag von EUR 250.000. Am 28./29.07.2003 gewährte die Deutsche Kreditbank AG -DKB- der GmbH ebenfalls zur Finanzierung eines Grundstückskaufs einen Kreditrahmen von EUR 1.130.000. Als Sicherheit diente u. a. eine selbstschuldnerische Bürgschaft des Klägers bis zu einem Höchstbetrag von EUR 1.130.000.
9Zu Beginn des Jahres 2004 wurde der Kläger als Geschäftsführer der GmbH abberufen. Ein Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH vom 08.04.2004 wurde mit Beschluss des Amtsgerichts () vom 12.07.2004 mangels Masse abgelehnt.
10Mit Schreiben vom 21.04.2004 nahm die Sparkasse den Kläger aus der Bürgschaft in Anspruch. Die Forderung belief sich zum 31.07.2006 auf EUR 18.778,38. Am 18./31.09.2006 schlossen der Kläger und die Sparkasse eine Teilzahlungsvereinbarung, in der sich der Kläger verpflichtete, ab dem 30.08.2006 monatliche Raten i. H. v. EUR 25 zu zahlen. In den Streitjahren 2009 bis 2011 zahlte er entsprechend jeweils EUR 300.
11Mit Schreiben vom 03.06.2004 nahm die DKB den Kläger aus der Bürgschaft in Anspruch. Am 29.10.2009 verurteilte ihn das Landgericht () zur Zahlung von EUR 100.000 zuzüglich Zinsen an die F, an die die DKB ihre Forderung aus der Bürgschaft abgetreten hatte. Die Kosten des Rechtsstreits, die der Kläger zu tragen hatte, wurden mit Beschluss vom 07.12.2009 auf EUR 7.334,53 zuzüglich Zinsen i. H. v. EUR 64,68 (insgesamt EUR 7.399,21) festgesetzt. Im Dezember 2009 schloss der Kläger einen Zahlungsvergleich. Er verpflichtete sich, am 15.01.2010 einen Betrag von EUR 10.000 zuzüglich Verfahrenskosten und Zinsen sowie weitere EUR 30.000 zuzüglich Zinsen in monatlichen Raten i. H. v. EUR 450 ab dem 15.02.2010 zu zahlen. In den Streitjahren leistete er wie vereinbart.
12Zur Finanzierung der Verpflichtung aus dem Zahlungsvergleich nahm der Kläger am 22.12.2009 ein Darlehen über EUR 45.000 bei der DSL Bank auf. Als Sicherheit diente der Bank eine Grundschuld auf einem Einfamilienhaus im Miteigentum des Klägers. Im Jahr 2011 zahlte er Darlehenszinsen i. H. v. EUR 1.247,63. Im Zusammenhang mit dem Verfahren gegen die F und mit der Bestellung der Grundschuld stellten die von dem Kläger beauftragten Rechtsanwälte G EUR 376,81 (Zahlung in 2009), EUR 237,29 und 4.051,95 (Zahlung in 2010) in Rechnung.
13Die Aufwendungen machten die Kläger mit den Einkommensteuererklärungen für 2009 bis 2011 als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit geltend.
14Mit (geändertem) Einkommensteuerbescheid 2009, (erstmaligem) Einkommensteuerbescheid 2010, jeweils vom 06.10.2011, und (erstmaligem) Einkommensteuerbescheid 2011 vom 09.04.2013 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2009 auf EUR 8.596, für 2010 auf EUR 6.545 und für 2011 auf EUR 10.734 fest. Die geltend gemachten nachträglichen Werbungskosten berücksichtigte er nicht. In den Erläuterungen des Bescheids führte er zur Begründung aus: Ausschlaggebend für die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Bürgschaft möge zwar das Geschäftsführerverhältnis gewesen sein. Dieses müsse aber von dem Treuhandverhältnis abgegrenzt werden. Da für die Tätigkeit als Treuhänder kein Entgelt vereinbart worden sei, komme ein Werbungskostenabzug nicht in Frage. Außerdem habe sich der Treugeber im Treuhandvertrag verpflichtet, den Treuhänder von sämtlichen Ansprüchen Dritter freizustellen. Wenn dieser Rückgriffsanspruch nicht nachweislich wertlos oder nicht durchsetzbar sei, scheide eine Berücksichtigung von Werbungskosten aus.
15Hiergegen wandten sich die Kläger mit Einsprüchen. Sie vertraten die Auffassung, dass die streitgegenständlichen Aufwendungen durch die Stellung des Klägers als Geschäftsführer – nicht als Gesellschafter oder Treuhänder – veranlasst gewesen und daher bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzuziehen seien. Der Kläger habe die Bürgschaft übernommen, um seine Einnahmen aus der Anstellung als Geschäftsführer der GmbH zu sichern. Ein Zusammenhang mit dem Gesellschafts- und Treuhandverhältnis habe nicht bestanden. Denn das Gewinnbezugsrecht hinsichtlich des Geschäftsanteils habe der Treugeber, nicht der Kläger besessen. Für die Tätigkeit als Treuhänder habe der Kläger keine Vergütung erhalten. Ein wirtschaftliches Interesse habe daher nur in Bezug auf die Stellung als Geschäftsführer existiert. Entgegen der Auffassung des Beklagten bestehe auch kein Freistellungsanspruch aus dem Treuhandvertrag, da der Kläger die Bürgschaft als Geschäftsführer und nicht als Gesellschafter und Treuhänder übernommen habe.
16Unter dem 10.02.2012 änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid 2010 aus hier nicht mehr streitigen Gründen.
17Mit Einspruchsentscheidung vom 19.07.2013 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Übernahme der Bürgschaft durch das Gesellschafts- und Treuhandverhältnis veranlasst gewesen sei. Von einer durch das Arbeitsverhältnis veranlassten Bürgschaftsübernahme könne nur bei Vorliegen besonderer Umstände ausgegangen werden, etwa wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer sich im Hinblick darauf verbürge, dass er sich in seiner spezifischen Funktion als Arbeitnehmer schadensersatzpflichtig gemacht hat, oder wenn er sich in Bezug auf eine Tätigkeit als Geschäftsführer verbürgt habe, die seine Inanspruchnahme als Haftender rechtfertigen würde. Diese Voraussetzungen lägen im Streitfall nicht vor. Einem Abzug von Werbungskosten im Zusammenhang mit dem Treuhandverhältnis stehe entgegen, dass für die Tätigkeit als Treuhänder keine Vergütung vereinbart worden sei und dass der Kläger zudem einen Regressanspruch gegen den Treugeber habe. Dass dieser Regressanspruch nicht werthaltig oder durchsetzbar sei, habe der Kläger nicht nachgewiesen.
18Am 23.08.2013 haben die Kläger Klage erhoben. Sie wiederholen ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Dem – nicht mehr aufrechterhaltenen – Einwand des Beklagten, die Klage sei nicht fristgemäß erhoben worden, halten die Kläger entgegen, dass die Einspruchsentscheidung ihrem Prozessbevollmächtigten erst am 23.07.2013 zugegangen sei. Zum Nachweis haben sie eine Kopie der Einspruchsentscheidung mit Posteingangsstempel vorgelegt. Der Beklagte habe nicht nachgewiesen, dass die Einspruchsentscheidung tatsächlich bereits am 19.07.2013, einem Freitag, abgesandt worden sei. Die Verzögerung beim Zugang könne dem Umstand geschuldet sein, dass zwischen dem Erlass der Einspruchsentscheidung und deren Zugang ein Wochenende gelegen habe. Die Postverarbeitung sei bei dem Prozessbevollmächtigten wie folgt organisiert: Eingehende Post werde zentral geöffnet und mit einem Posteingangsstempel versehen. Dann werde sie durch einen Rechtsanwalt gesichtet und den einzelnen Dezernaten zugeordnet. Anschließend werde die Post zentral gescannt und sodann dem jeweiligen Sachbearbeiter vorgelegt. Vor diesem Hintergrund sei ausgeschlossen, dass der Bevollmächtigte die Einspruchsentscheidung bereits am 22.07.2013 erhalten habe.
19In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger erklärt, dass C das für die Gründung der GmbH erforderliche Stammkapital zur Verfügung gestellt habe. Er habe ihm – dem Kläger – eine Beteiligung an der Gesellschaft in Aussicht gestellt, um ihn als Geschäftsführer zu gewinnen. Zu dieser Beteiligung sei es allerdings nicht mehr gekommen. Als Treuhänder habe der Kläger zwar keine Vergütung erhalten. Er sei jedoch zum Geschäftsführer bestellt und als solcher vergütet worden. Die Bürgschaften habe er übernommen, weil die Bank verlangt habe, dass er sich – als Geschäftsführer – verbürge. Er habe erwartet, dass die Bauprojekte Gewinne abwerfen würden; dann hätte er eine Tantieme erhalten. Ohne die der Gesellschaft gewährten Darlehen hätte er seine Tätigkeit als Geschäftsführer nicht mehr ausüben können. Von der tatsächlichen Lage der Gesellschaft habe er keine Kenntnis gehabt. Dass C hinter seinem Rücken in die eigene Tasche gewirtschaftet habe, sei ihm erst nach Übernahme der Bürgschaft bewusst geworden. Er habe C auf Zahlung in Anspruch genommen. Für eine klageweise Durchsetzung seines Anspruchs hätten ihm jedoch die finanziellen Mittel gefehlt.
20Ihre Einwände hinsichtlich der Vermietungseinkünfte aus der Klageschrift erhalten die Kläger nicht mehr aufrecht.
21Die Kläger beantragen,
221. den Einkommensteuerbescheid 2009 vom 15.07.2010 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 06.10.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.07.2013 dahin zu ändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit nachträgliche Werbungskosten i. H. v. EUR 676,81 berücksichtigt werden;
2. den Einkommensteuerbescheid 2010 vom 06.10.2011 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 10.02.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.07.2013 dahin zu ändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit nachträgliche Werbungskosten i. H. v. EUR 27.388,24 berücksichtigt werden;
3. den Einkommensteuerbescheid 2011 vom 09.04.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19.07.2013 dahin zu ändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit nachträgliche Werbungskosten i. H. v. EUR 6.947,63 berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
29die Klage abzuweisen.
30Er hält an seiner im Verwaltungsverfahren vertretenen Auffassung fest und verweist auf die Begründung der Einspruchsentscheidung. Der Beklagte hat sich zunächst darauf berufen, dass die Kläger die Klagefrist, die am 22.08.2013 abgelaufen sei, nicht eingehalten hätten. Nach § 122 Abs. 2 der Abgabenordnung -AO- gelte die Einspruchsentscheidung als am 22.07.2013 bekanntgegeben. Inzwischen hält er die Klage für zulässig.
31In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte wiederholt, dass der Kläger gemäß dem Treuhandvertrag einen Aufwendungsersatzanspruch gegen den Treugeber besessen habe. Dass dieser Anspruch nicht werthaltig sei, habe er nicht nachgewiesen.
32Hinsichtlich der Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Klagevorbringen der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der dem Gericht vorgelegten Steuerakten Bezug genommen.
33Entscheidungsgründe
34Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
35I. Die Klage ist zulässig.
36Sie ist insbesondere fristgemäß erhoben worden.
37Gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO- beträgt die Frist für die Erhebung der Klage einen Monat; sie beginnt mit der Bekanntgabe der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf. Nach der Zugangsfiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO gilt ein Bescheid, der durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekanntgegeben, außer wenn er nicht oder später zugegangen ist. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen. Bestreitet der Empfänger den Erhalt innerhalb der Drei-Tages-Fiktion, hat er substantiiert Tatsachen vorzutragen, die schlüssig auf den späteren Zugang hindeuten und damit Zweifel an der Zugangsvermutung begründen (BFH-Beschlüsse vom 30.11.2006 XI B 13/06, BFH/NV 2007, 389 m. w. N., und vom 25.02.2010 IX B 149/09, BFH/NV 2010, 1115; Brockmeyer/Ratschow in Klein, AO, § 122 Rz. 53 m. w. N.). Das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen hat das Gericht von Amts wegen festzustellen.
38Nach diesen Maßstäben haben die Kläger, deren Klage am 23.08.2013 anhängig geworden ist, ausreichend Zweifel am Zugang der Einspruchsentscheidung vom 19.07.2013 innerhalb der Drei-Tages-Fiktion am 22.07.13 geweckt. Zwar reicht zur Begründung von Zweifeln nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH- ein abweichender Eingangsvermerk allein nicht aus, auch wenn dieser als private Urkunde zu werten wäre (BFH-Beschlüsse vom 30.11.2006 XI B 13/06, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2007, 389 m. w. N., und vom 25.02.2010 IX B 149/09, BFH/NV 2010, 1115). Die Kläger haben aber weitere Umstände vorgetragen, die insgesamt ausreichen, um Zweifel am rechtzeitigen Zugang zu begründen. So liegt zwischen dem Erlass der Einspruchsentscheidung und deren Zugang bei dem Bevollmächtigten der Kläger ein Wochenende: Die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ist an einem Freitag ergangen und soll gemäß der Verfügung der Behörde am selben Tag zur Post gegeben worden sein. Bei Anwendung des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO würde ihre Bekanntgabe für den 22.07.13, einen Montag, fingiert werden. Die Abweichung zwischen dem gesetzlich fingierten und dem von den Klägern behaupteten Eingang bei ihrem Bevollmächtigten beträgt nur einen einzigen Tag. Derartige Verzögerungen beim Postversand über ein Wochenende sind nichts Ungewöhnliches. Außerdem haben die Kläger schlüssig vorgetragen, wie die Post im Büro ihres Bevollmächtigten bearbeitet wird. Danach öffnet eine zentrale Stelle die eingehenden Briefe, versieht sie mit einem Posteingangsstempel und legt sie einem Rechtsanwalt vor, der sie den einzelnen Dezernaten zuordnet. Anschließend werde die Post zentral gescannt und sodann dem jeweiligen Sachbearbeiter zugeleitet. Nach Auffassung des Senats genügt das beschriebene Vorgehen den an eine ordnungsgemäße Posteingangsbearbeitung zu stellenden Anforderungen.
39Der deshalb nach § 122 Abs. 2 AO beweisbelastete Beklagte hat die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung am 23.07.2013 unstreitig gestellt.
40II. Die Klage ist unbegründet.
41Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Zahlungen aufgrund der Inanspruchnahme aus den Bürgschaften sind nicht bei den Einkünften des Klägers abziehbar.
421. Die Aufwendungen stellen keine Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes -EStG- dar.
43Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH gehören zu den Werbungskosten alle Aufwendungen, die durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind (BFH, Beschluss des Großen Senats vom 28.11.1977 GrS 2-3/77, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1978, 105). Die Aufwendungen müssen objektiv mit der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit – hier: mit der Tätigkeit als Arbeitnehmer – zusammenhängen und subjektiv zur Förderung dieser Tätigkeit getragen werden (BFH-Urteil vom 07.02.2008 VI R 75/06, BStBl II 2010, 48, m. w. N.). Diese Grundsätze gelten auch für nachträgliche Werbungskosten, die entstehen können, wenn der Arbeitnehmer nach Beendigung des Dienstverhältnisses Aufwendungen im Zusammenhang mit demselben erbringen muss. In einem solchen Fall muss bereits zu dem Zeitpunkt, in dem der Grund für die Aufwendungen gelegt wird, der dargestellte berufliche Zusammenhang bestehen. Danach können grundsätzlich auch Ausgaben zur Tilgung einer Bürgschaftsverpflichtung Werbungskosten sein. Werden sie als nachträgliche Werbungskosten geltend gemacht, muss demgemäß bereits die Übernahme der Bürgschaftsverpflichtung beruflich veranlasst gewesen sein (BFH-Urteile vom 20.12.1988 VI R 55/84, BFH/NV 1990, 23, vom 02.03.2005 VI R 36/01, BFH/NV 2006, 33, und vom 16.11.2011 VI R 97/10, BStBl II 2012, 343).
44Übernimmt ein Arbeitnehmer eine Bürgschaft für eine Darlehensverbindlichkeit seines Arbeitgebers, können die Aufwendungen aus der späteren Inanspruchnahme auch durch eine andere Einkunftsart als die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit veranlasst sein. Dies gilt zum einen dann, wenn der Arbeitnehmer auch Gesellschafter seiner Arbeitgeberin ist (BFH-Urteile vom 20.12.1988 VI R 55/84, BFH/NV 1990, 23, vom 17.07.1992 VI R 125/88, BStBl II 1993, 111, vom 26.11.1993 VI R 3/92, BStBl II 1994, 242, vom 05.10.2004 VIII R 64/02, BFH/NV 2005, 54, und vom 02.03.2005 VI R 36/01, BFH/NV 2006, 33). Dies gilt zum anderen aber auch dann, wenn der Arbeitnehmer eine Beteiligung als Gesellschafter anstrebt und daraus Einkünfte im Sinne der §§ 17 oder 20 EStG erzielen kann. Denn ein Veranlassungszusammenhang mit einer Einkunftsart kann auch dann bestehen, wenn der Steuerpflichtige erst später Einkünfte aus dieser Einkunftsart erzielt (sog. vorweggenommene Aufwendungen) oder wenn es ihm trotz einer entsprechenden Absicht nicht gelingt, Einkünfte aus dieser Einkunftsart zu erzielen (sog. vergebliche Werbungskosten oder fehlgeschlagene Anschaffungskosten, vgl. BFH-Urteil vom 20.04.2004 VIII R 4/02, BStBl II 2004, 597). Stehen Aufwendungen mit mehreren Einkunftsarten in einem objektiven Zusammenhang, sind sie bei der Einkunftsart zu berücksichtigen, zu der sie nach Art und Weise die engere Beziehung haben (BFH-Urteile vom 17.07.1992 VI R 125/88, BStBl II 1993, 111, vom 26.11.1993 VI R 3/92, BStBl II 1994, 242, und vom 25.11.2010 VI R 34/08, BStBl II 2012, 24). Maßgebend sind insoweit die Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls (BFH-Beschluss vom 10.02.2005 IX B 169/03, BFH/NV 2005, 1057).
45Ist der Arbeitnehmer wesentlich beteiligter Gesellschafter im Sinne des § 17 Abs. 1 EStG, geht die Rechtsprechung grundsätzlich davon aus, dass die Bürgschaftsübernahme durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist und nicht durch die Stellung als Arbeitnehmer. Denn ein Arbeitnehmer, der nicht Gesellschafter ist, wird nur in Ausnahmefällen bereit sein, zu Gunsten seines offenbar gefährdeten Arbeitgebers das Risiko einer Bürgschaft zu übernehmen (BFH-Urteile vom 20.12.1988 VI R 55/84, BFH/NV 1990, 23, vom 17.07.1992 VI R 125/88, BStBl II 1993, 111, vom 26.11.1993 VI R 3/92, BStBl II 1994, 242, vom 05.10.2004 VIII R 64/02, BFH/NV 2005, 54, und vom 02.03.2005 VI R 36/01, BFH/NV 2006, 33; siehe auch Krüger in Schmidt, EStG, 33. Aufl. 2014, § 19 Rz 110 Stichwort Bürgschaft). Solche Ausnahmen können u. a. dann anzunehmen sein, wenn sich der Gesellschafter-Geschäftsführer in seiner Funktion als Arbeitnehmer schadensersatzpflichtig gemacht hat oder in dieser Funktion als Haftender in Betracht kommt (BFH-Beschluss vom 28.06.2007 VI B 44/07, BFH/NV 2007, 1655; BFH-Urteil vom 20.12.1988 VI R 55/84, BFH/NV 1990, 23). Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Bürgschaftsübernahme bereits ernsthaft beabsichtigt hat, sich als Gesellschafter an seiner Arbeitgeberin wesentlich zu beteiligen. Dann überwiegt der Veranlassungszusammenhang mit der – geplanten – Gesellschafterstellung den beruflichen Veranlassungszusammenhang (Finanzgericht -FG- Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.03.2010 6 K 1328/05, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2010, 1423). Zweifel am Vorliegen beruflicher Gründe gehen nach den Regeln der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten des Steuerpflichtigen, der den Werbungskostenabzug begehrt (BFH-Urteil vom 07.02.1997 VI R 33/96, BFH/NV 1997, 400).
46Nach diesen Grundsätzen kann der Senat im vorliegenden Fall nicht mit der notwendigen Sicherheit feststellen, dass die Bürgschaftsübernahmen maßgeblich durch die Stellung des Klägers als Arbeitnehmer veranlasst waren. Die Höhe der Bürgschaftsverpflichtungen einerseits und der Geschäftsführervergütung andererseits sowie die Einlassungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung sprechen vielmehr für einen überwiegenden Veranlassungszusammenhang zwischen der Übernahme der Bürgschaften und der angestrebten Beteiligung an der Gesellschaft.
47Der Kläger hat sich i. H. v. insgesamt EUR 1.380.000 verbürgt. Dieser erheblichen Verbindlichkeit steht sein Jahresgehalt für die Tätigkeit als Geschäftsführer von nur EUR 61.355 zuzüglich Weihnachtsgeldes gegenüber. Damit entspricht die Bürgschaftssumme dem 22-fachen des Bruttojahresgehalts des Klägers. Zwar sieht der Anstellungsvertrag darüber hinaus die Zahlung einer Tantieme vor, wenn der Steuerbilanzgewinn der Gesellschaft mindestens DM 100.000 beträgt. Diese Tantieme ist jedoch mit EUR 25.565 festgelegt; eine Steigerung für den Fall, dass die Gesellschaft einen höheren Gewinn erzielt, ist nicht vorgesehen. Ein Nur-Arbeitnehmer mit entsprechendem Gehalt wäre zwecks Rettung seines Arbeitsplatzes nicht bereit gewesen, Bürgschaften in solcher Höhe zu übernehmen.
48Dies gilt erst recht, wenn es um die finanzielle Lage der Gesellschaft derart schlecht bestellt ist wie im Streitfall, in dem die GmbH nur 10 Monate nach Bürgschaftsübernahme einen Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat. Entgegen seiner Behauptung in der mündlichen Verhandlung muss der Kläger um die schlechte finanzielle Lage gewusst haben. Denn er hat eingeräumt, dass die Banken die Kredite ohne die umfangreichen Sicherheiten nicht ausgereicht hätten. Vor allem aber ist der Kläger – von der Gründung bis ein halbes Jahr nach der Übernahme der Bürgschaften – der (einzige) Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen. Kein Anderer sollte daher einen besseren Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse der GmbH gehabt haben.
49In der mündlichen Verhandlung ist zudem deutlich geworden, dass der Kläger unabhängig von der konkreten Bedrohung seines Arbeitsplatzes am wirtschaftlichen Erfolg der GmbH interessiert war. Er hat sein Engagement damit begründet, dass er die von der Gesellschaft initiierten Projekte für erfolgversprechend gehalten habe. Angesichts der auf EUR 25.565 begrenzten Tantieme ist diese Einlassung nur dann nachvollziehbar, wenn der Kläger eine Beteiligung an den Gewinnen der Gesellschaft – über die Tantieme hinaus – in Aussicht hatte.
50Dem Argument des Klägers, die Übernahme der Bürgschaften sei beruflich veranlasst gewesen, weil ihn die Banken gerade als Geschäftsführer angesprochen hätten, kann nicht gefolgt werden. Das Interesse der Banken bestand naturgemäß darin, einen Schuldner zu gewinnen, der mit seinem gesamten Privatvermögen für die Verbindlichkeiten der GmbH einzustehen hat. Daher waren die Banken an dem Kläger als Privatperson, nicht als Geschäftsführer interessiert.
51Gegen eine Veranlassung der Bürgschaftsübernahme durch das Arbeitsverhältnis spricht schließlich, dass der Kläger – nach seiner Einlassung in der mündlichen Verhandlung – versucht habe, sich bei C schadlos zu halten. Der Kläger als Treuhänder habe von dem Treugeber die Erstattung der von den Banken geforderten Summe verlangt. Dieses Vorgehen spricht dafür, dass ein Zusammenhang zwischen der Bürgschaftsübernahme und der angestrebten Beteiligung auch aus Klägersicht bestand.
522. Die Zahlungen können jedoch auch nicht als vergebliche Werbungskosten im Zusammenhang mit der angestrebten Beteiligung an der GmbH bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG berücksichtigt werden. Denn insoweit käme – bei hinreichend konkreter Investitionsentscheidung – allenfalls eine Qualifikation als Anschaffungskosten in Betracht. Solche sind bei nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Privatvermögens jedoch grundsätzlich steuerlich nicht zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 20.04.2004 VIII R 4/02, BStBl II 2004, 597; FG Hamburg, Urteil vom 23.04.2014 6 K 248/13, EFG 2014, 1782; v. Bornhaupt in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG/KStG, § 9 EStG Rdnr. B 703). Beteiligungen an Kapitalgesellschaften gehören zu diesen Wirtschaftsgütern.
533. Ebenso scheidet eine Berücksichtigung nach § 17 EStG aus. Auch wenn ein Veranlassungszusammenhang zwischen der Bürgschaftsübernahme und der angestrebten Beteiligung besteht, scheitert der Abzug der Aufwendungen daran, dass die Beteiligung nicht zustande gekommen ist. Nach § 17 Abs. 1 und 4 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Auflösung von Kapitalgesellschaften, wenn der Gesellschafter innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war und er die Beteiligung in seinem Privatvermögen hielt. Entsprechendes gilt für die aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft entstehenden Verluste. Aufwendungen im Zusammenhang mit dem fehlgeschlagenen Erwerb einer wesentlichen Beteiligung sind allerdings nicht nach § 17 EStG abziehbar. Dies gilt nicht nur dann, wenn die geplante Gründung der Kapitalgesellschaft nicht zustande kommt und damit das Tatbestandsmerkmal des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG „Kapitalgesellschaft“ nicht erfüllt ist, sondern auch dann, wenn zwar eine Kapitalgesellschaft besteht, der Steuerpflichtige aber nicht Gesellschafter dieser Kapitalgesellschaft wird. Denn auch dann fehlt es an einem Tatbestandsmerkmal des § 17 EStG, nämlich der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft durch den Steuerpflichtigen (BFH-Urteil vom 20.04.2004 VIII R 4/02, BStBl II 2004, 597; siehe auch Eilers/R. Schmidt in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 17 EStG Anm. 193).
544. Die Aufwendungen sind auch nicht bei etwaigen Einkünften des Klägers aus dem Treuhandverhältnis abziehbar, denn gemäß dem Treuhandvertrag sollte der Kläger für seine Tätigkeit als Treuhänder keine Vergütung erhalten.
555. Ein Abzug im Zusammenhang mit der Gesellschafterstellung des Klägers scheidet ebenfalls aus. Einkünfte aus der bestehenden Beteiligung an der GmbH gemäß den §§ 17 und 20 EStG konnte nur der Treugeber erzielen, denn aufgrund des Treuhandverhältnisses war der Geschäftsanteil diesem wirtschaftlich zuzurechnen.
56Abweichend von § 39 Abs. 1 AO bestimmt § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 AO, dass bei Treuhandverhältnissen die Wirtschaftsgüter dem Treugeber zuzurechnen sind. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung liegt ein steuerlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis vor, wenn die mit der rechtlichen Eigentümer- bzw. Inhaberstellung verbundene Verfügungsmacht im Innenverhältnis so zu Gunsten des Treugebers eingeschränkt ist, dass das rechtliche Eigentum bzw. die rechtliche Inhaberschaft als "leere Hülle" erscheint. Der Treugeber muss das Treuhandverhältnis beherrschen, und zwar nicht nur nach den mit dem Treuhänder getroffenen Absprachen, sondern auch bei deren tatsächlichem Vollzug. Wesentliches und im Grundsatz unverzichtbares Merkmal einer solchen Beherrschung ist eine Weisungsbefugnis des Treugebers – und damit korrespondierend die Weisungsgebundenheit des Treuhänders – in Bezug auf die Behandlung des Treuguts. Zudem muss der Treugeber berechtigt sein, jederzeit die Rückgabe des Treuguts zu verlangen. Das Treuhandverhältnis muss auf ernstgemeinten, zivilrechtlich wirksam abgeschlossenen und klar nachweisbaren Vereinbarungen zwischen Treugeber und Treuhänder beruhen und insbesondere auch tatsächlich durchgeführt werden (zu alldem nur BFH-Urteil vom 15.07.1997 VIII R 56/93, BStBl II 1998, 152 m. w. N.).
57Nach diesen Maßstäben liegt im Streitfall ein steuerlich anzuerkennendes Treuhandverhältnis vor. Der Kläger hat sich in dem – gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung -GmbHG- notariell beurkundeten – Treuhandvertrag verpflichtet, sämtliche ihm als Gesellschafter zustehenden Rechte nur gemäß den Weisungen des Treugebers auszuüben und die auf den Geschäftsanteil entfallenden Ausschüttungen an diesen abzuführen. Die Parteien haben darüber hinaus vereinbart, dass der Kläger den Geschäftsanteil einschließlich des Gewinnbezugsrechts seit Gründung auf Verlangen des Treugebers auf diesen oder Dritte – ohne Gegenleistung – übertragen wird. Der Kläger hat den Treugeber zudem unwiderruflich bevollmächtigt, den Geschäftsanteil auf sich selbst oder von ihm zu benennende Dritte zu übertragen sowie den Treuhänder in allen Angelegenheiten, die den Geschäftsanteil betreffen, gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. Aufgrund dieser Vollmacht sollte der Treugeber jederzeit berechtigt sein, den Treuhänder in Gesellschafterversammlungen zu vertreten und dessen Stimmrecht auszuüben. Dafür, dass diese Vereinbarungen tatsächlich nicht durchgeführt wurden, bestehen keine Anhaltspunkte. Das Bestehen und die tatsächliche Durchführung eines steuerlich anzuerkennenden Treuhandverhältnisses werden vom Beklagten auch nicht bestritten.
586. Ein Abzug der Aufwendungen des Klägers kann schließlich nicht aus dem objektiven Nettoprinzip hergeleitet werden.
59Nach Auffassung des 6. Senats des BFH ist der steuermindernde Abzug der im steuerbaren Bereich angefallenen Aufwendungen zwingend erforderlich. Ihre Beurteilung als einkommensteuerrechtlich irrelevante Ausgaben auf das Vermögen widerspreche dem das Einkommensteuergesetz prägenden objektiven Nettoprinzip. Deshalb müssten in Fällen, in denen die Bürgschaftsübernahme maßgeblich durch eine angestrebte Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft und weniger durch die Arbeitnehmerstellung des Bürgen veranlasst gewesen sei, dessen Aufwendungen dennoch als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen werden können (BFH-Urteil vom 16.11.2011 VI R 97/10, BStBl II 2012, 343).
60Dieser Auffassung folgt der Senat nicht. Entscheidend für die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen ist der Veranlassungszusammenhang mit einer Einkunftsart. Kann nicht festgestellt werden, dass die Übernahme der Bürgschaftsverpflichtung überwiegend durch die Stellung des Bürgen als Arbeitnehmer veranlasst war, kommt ein Ansatz der Aufwendungen bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nicht in Betracht. Der Umstand, dass die Aufwendungen bei der Einkunftsart, mit der sie in einem engeren Zusammenhang stehen, aus rechtlichen Gründen nicht abgezogen werden können, kann zu keinem anderen Ergebnis führen.
61Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
62Die Revision war wegen der abweichenden Entscheidung des BFH im Urteil vom 16.11.2011 VI R 97/10, BStBl II 2012, 343, gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen.