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Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten darüber, ob im Rahmen der Feststellung der Einkünfte für 2006 Aufwendungen für ein Au-pair-Arbeitsverhältnis in voller Höhe oder nur zur Hälfte als erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten im Sinne des § 4f des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der im Streitjahr gültigen Fassung zu berücksichtigen sind.
3Der Kläger ist verheiratet und Vater von vier Kindern … . In den Jahren 2003 bis 2008 beschäftigte der Kläger Frau A (…) für 30 Stunden je Woche als Au-pair.
4Der Kläger war im Streitjahr 2006 an der – zu diesem Verfahren beigeladenen – B GbR (künftig GbR) beteiligt. Im Rahmen der Feststellungserklärung für 2006 machte er einen Betrag von 7.278 € als Kinderbetreuungskosten bei seinen Sonderbetriebsausgaben, die sich insgesamt auf 14.953 € beliefen, geltend.
5Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte diese im Feststellungsbescheid für 2006 vom 5.8.2008, ergangen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO), zunächst antragsgemäß. Am 30.9.2008 erging ein geänderter Feststellungsbescheid in einem hier nicht relevanten Streitpunkt.
6Im Jahr 2011 führte das FA für Groß- und Konzernbetriebsprüfung … eine Betriebsprüfung (BP) bei der GbR für die Veranlagungszeiträume 2006 bis 2008 durch. In dem BP-Bericht vom 20.5.2011, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass die vom Kläger als Sonderbetriebsausgaben geltend gemachten Kinderbetreuungskosten nur zu 50% abzugsfähig seien. Der Kläger habe im Laufe der BP nicht nachgewiesen, dass A ausschließlich für die Kinderbetreuung eingestellt worden sei. Eine vertragliche Regelung, welche Aufgaben diese gehabt habe, existiere nicht. Das BMF-Schreiben vom 19.1.2007 IV C 4 – S2221 – 2/07 (Bundessteuerblatt --BStBl-- I 2007, 184) sehe für diesen Fall vor, dass 50% der Gesamtaufwendungen als Kinderbetreuungskosten zu berücksichtigen seien. Am 8.8.2011 erließ das FA einen geänderten Feststellungsbescheid für 2006, in dem es die Sonderausgaben des Klägers um 3.639 € auf 11.314 € kürzte.
7Dagegen legte der Kläger fristgemäß Einspruch. Zur Begründung führte er aus, dass die A schriftlich bestätigt habe, dass sie u.a. während des Streitjahres 2006 im Haushalt des Klägers und seiner Ehefrau praktisch ausschließlich mit der Betreuung der Kinder beschäftigt gewesen sei. Darüber hinaus lege das FA den Begriff der Kinderbetreuungskosten unzutreffend aus. Nach Auffassung des Klägers gehöre zur Kinderbetreuung auch das gemeinsame Bettenmachen mit den Kindern, das gemeinsame Tischdecken, Abdecken und Spülen, das gemeinsame Aufräumen des Zimmers sowie das Wegräumen der Kleidung.
8Im Rahmen des Einspruchsverfahrens zog das FA die GbR gem. § 360 Abs. 3 AO zum Einspruchsverfahren des Klägers hinzu. Mit Einspruchsentscheidung vom 5.9.2012, auf die wegen ihres Inhalts Bezug genommen wird, wies es den Einspruch als unbegründet zurück.
9Hiergegen richtet sich die fristgemäß erhobene Klage. Der Kläger hält an seiner im Einspruchsverfahren vertretenen Auffassung fest und führt ergänzend aus: Dem Wortlaut und der Historie des § 4f EStG lasse sich keine Beschränkung hinsichtlich der Form und Art der Betreuung entnehmen. Es sei davon auszugehen, dass die betreuende Person diejenige Betreuungstätigkeit ausübe, die die Eltern mit ihren Kindern ausüben würden, wenn sie nicht aufgrund ihrer Erwerbstätigkeit dazu nicht in der Lage wären. Wenn Eltern im Rahmen ihres Erziehungsauftrags ein teilweise gemeinsames Haushalten zur Vorbereitung auf das spätere Leben als sinnvoll erachten würden, dürften diese nicht schlechter gestellt werden als Eltern, die ihren Kindern nur beim Spielen zusähen. In Bezug auf die Nachweisvoraussetzungen sei auf das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts (FG) vom 20.3.2013 3 K 12356/12 (Entscheidungen der Finanzgerichte
10--EFG-- 2013, 1116) zu verweisen. Entsprechend dieser Urteilsbegründung sei auch vorliegend das Verlangen nach einer im Vorhinein getroffenen schriftlichen Vereinbarung bezüglich des Anteils der Hausarbeit nicht durch das Gesetz gedeckt.
11Darüber hinaus hat der Kläger im Klageverfahren erstmals die Berücksichtigung weiterer Fahrtkosten als Sonderbetriebsausgaben geltend gemacht. Das FA ist diesem Begehren mit Teilabhilfebescheid vom 12.8.2013 nachgekommen.
12Der Kläger beantragt,
13den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2006 vom 12.8.2013 dahingehend abzuändern, dass bei den Sonderbetriebsausgaben des Klägers weitere Aufwendungen von 3.639 € als Kinderbetreuungskosten berücksichtigt werden.
14Das FA beantragt,
15die Klage abzuweisen.
16Das FA hält an seiner im Einspruchsverfahren vertretenen Rechtsauffassung fest. In Bezug auf die Klageerweiterung hinsichtlich der Fahrtkosten regt das FA an, die Kosten insoweit dem Kläger gem. § 137 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aufzuerlegen.
17E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
18Die zulässige Klage ist unbegründet.
19I. Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2006 vom 12.8.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die vom Kläger begehrte Berücksichtigung weiterer erwerbsbedingter Kinderbetreuungskosten im Sinne des § 4f EStG kommt im Ergebnis nicht in Betracht.
20Nach der im Streitjahr 2006 geltenden Fassung des EStG ist zwischen den in den §§ 4f und 9 Abs. 5 EStG geregelten erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten und den privat veranlassten Kinderbetreuungskosten, geregelt im § 10 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 8 EStG, zu unterscheiden. Gem. § 4f Satz 1 EStG können Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes im Sinne des § 32 Abs. 1 EStG, die wegen einer Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen anfallen, bei Kindern, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder wegen einer vor Vollendung des 27. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten, in Höhe von zwei Dritteln der Aufwendungen, höchstens 4.000 Euro je Kind, bei der Ermittlung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit wie Betriebsausgaben abgezogen werden. Im Falle des Zusammenlebens der Elternteile gilt § 4f Satz 1 EStG nur, wenn beide Elternteile erwerbstätig sind (§ 4f Satz 2 EStG).
21Aus der im Satz 1 verwendeten Formulierung „wegen einer Erwerbstätigkeit“ ist zu entnehmen, dass die Erwerbstätigkeit kausal für die Entstehung von Kinderbetreuungskosten sein muss. Da Satz 2 für den hier zu entscheidenden Fall, dass beide Elternteile berufstätig sind, an Satz 1 anknüpft, ist dieser Kausalzusammenhang im Streitfall ebenfalls erforderlich.
22Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist die Erwerbstätigkeit dann kausal für die Entstehung von Kinderbetreuungskosten, wenn die Erwerbstätigkeit mindestens eine Arbeitszeit von 10 Stunden umfasst (vgl. BMF-Schreiben vom 19.1.2007 IV C 4 – S2221 – 2/07, BStBl I 2007, 184 Rn. 23). Nach der wohl herrschenden Literaturauffassung, der sich der Senat anschließt, ist auch dann, wenn die Arbeitszeit weniger als 10 Stunden beträgt, der Abzug von Kinderbetreuungskosten nicht ohne Weiteres ausgeschlossen (vgl. zur vergleichbaren Vorschrift des § 9c EStG 2011 etwa Loschelder in Schmidt, 30. Aufl. 2011, § 9c EStG Rn. 15; Krömker in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 9c Anm. 12 (Stand September 2010); so wohl auch Heger in Blümich, EStG, KStG und GewStG, § 9c EStG Rn. 31). In diesem Fall muss der Steuerpflichtige aber jedenfalls detailliert darlegen, dass die Erwerbstätigkeit für die Entstehung der Kinderbetreuungskosten ursächlich gewesen ist (vgl. etwa Loschelder in Schmidt, 30. Aufl. 2011, § 9c EStG Rn. 15; Krömker in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 9c Anm. 12 (Stand September 2010)).
23An der letztgenannten Voraussetzung fehlt es im Streitfall. Der Kläger hat – ungeachtet eines entsprechenden Hinweises – nicht zur Überzeugung des Senats dargelegt, dass die Erwerbstätigkeit seiner Ehefrau für die Entstehung der Kinderbetreuungskosten kausal war. Eine solche Darlegung der Kausalbeziehung ist aber aufgrund der besonderen Umstände der von der Klägerin ausgeübten Erwerbstätigkeit nach Auffassung des Senats erforderlich. Im Klageverfahren hat der Kläger einen Anstellungsvertrag seiner Ehefrau mit einer Bauherrengemeinschaft, bestehend aus dem Kläger und seinem Vater, vorgelegt, der eine wöchentliche Arbeitszeit von lediglich 5 Stunden vorsah. Die Tätigkeit der Ehefrau sollte die Überwachung und Steuerung einer Geschäftsimmobilie in C umfassen, konnte aber, da als Erfüllungsort der Wohnort der Klägerin in E vereinbart war, von zu Hause aus ausgeübt werden. Eine Aufklärung der für die Kausalität der Kinderbetreuungskosten maßgeblichen Umstände, ob und in welchem Umfang sich im Streitjahr die konkreten Kinderbetreuungs- und die individuellen Arbeitszeiten gedeckt haben, ob die Klägerin bereits vor Arbeitsaufnahme ein Au-pair-Mädchen beschäftigt hatte etc., war dem Senat nicht möglich, da der – geladene – Kläger nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen ist und sein Bevollmächtigter hierüber keine Auskunft zu erteilen vermochte. Dies wirkt sich vorliegend dergestalt zu Lasten des Klägers aus, dass jedenfalls über die bislang vom FA berücksichtigten Kinderbetreuungskosten hinaus keine weiteren erwerbsbedingten Kinderbetreuungkosten anerkannt werden können.
24II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO i.V.m. § 137 Satz 1 FGO. Dem Kläger sind die Kosten des Verfahrens gem. § 137 Satz 1 FGO auch insoweit aufzuerlegen, als das FA im Rahmen eines Teilabhilfebescheides erstmals im Klageverfahren geltend gemachte Fahrtkosten als Sonderbetriebsausgaben berücksichtigt hat. Der Kläger hätte diese Aufwendungen auch bereits im Einspruchsverfahren geltend machen und nachweisen können und sollen.
25III. Die Revision wird zugelassen. Die Frage, ob im Falle eines geringen zeitlichen Umfangs der Tätigkeit erhöhte Darlegungsanforderungen an die Kausalität der Erwerbstätigkeit für die Kinderbetreuung zu stellen sind, hat grundsätzliche Bedeutung. Der Revisionszulassung steht nicht entgegen, dass es sich bei § 4f EStG um ausgelaufenes Recht handelt, da die Streitfrage nach der Kenntnis des Senats auch in weiteren Fällen von Bedeutung ist.