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Der Einheitswertbescheid für die wirtschaftliche Einheit A vom 09.04.2014 über die Ablehnung einer Wertfortschreibung auf den 01.01.2014 wird bis einen Monat nach Zugang einer das Einspruchsverfahren abschließenden Entscheidung mit der Maßgabe von der Vollziehung ausgesetzt, dass vorläufig für das Grundstück auf den 01.01.2014 von einem Einheitswert in Höhe von 767.412,00 € auszugehen ist.
Soweit der Einheitswertbescheid zwischenzeitlich vollzogen worden ist, wird die Vollziehung insoweit aufgehoben, als die Vollziehung von einem höheren Einheitswert als 767.412,00 € Euro ausgegangen ist.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Gründe:
2I.
3Die Antragstellerin hat die wirtschaftliche Einheit A durch notariell beurkundeten Vertrag vom ….2013 von der B-GmbH zu einem Kaufpreis von 1.487.500,00 € käuflich erworben.
4Für die wirtschaftliche Einheit (damals noch mit einer geringeren Grundstücksgröße) hatte der Antragsgegner mit bestandskräftigem Wert- und Zurechnungsfortschreibungsbescheid vom 29.12.2010 auf den 01.01.2011 den Einheitswert im Sachwertverfahren i.H.v. 1.517.412,00 € festgestellt.
5Nach Erwerb durch die Klägerin erließ der Antragsgegner einen Zurechnungsfortschreibungsbescheid vom 09.04.2014 gegenüber der Antragstellerin und wies hierin auf unverändert weiter geltende Feststellungen zur Grundstücksart und zur Höhe des Einheitswertes (1.517.412,00 €) hin.
6Mit einem zweiten Bescheid vom 09.04.2014 lehnte der Antragsgegner eine Wertfortschreibung auf den 01.01.2014 ab, weil die Fortschreibungsgrenzen nicht erreicht bzw. nicht überschritten würden.
7Mit am gleichen Tage beim Antragsgegner eingegangenem Schreiben vom 22.04.2014 hat die Antragstellerin eine fehlerbeseitigende Wertfortschreibung beantragt. Es handele sich um ein Geschäftsgrundstück, hierfür sei das Ertragswertverfahren anzuwenden. Nach den vorliegenden Unterlagen sei jedoch im Sachwertverfahren bewertet worden. Vorsichtshalber werde Einspruch eingelegt und Aussetzung der Vollziehung beantragt. Ausweislich der vorgelegten Unterlagen seien zum 01.01.2014 81,4 % der vermietbaren Bürofläche vermietet; die restlichen Flächen stünden zur Vermietung zu vergleichbaren Konditionen bereit. § 76 Abs. 3 Nr. 2 BewG könne daher offensichtlich nicht zutreffen.
8Der Antragsgegner hat dem entgegengehalten, es handele sich hier nicht um ein einfaches Bürogebäude, sondern um ein Verwaltungsgebäude mit außergewöhnlich repräsentativer Darstellung mit Lichthöfen, offenen Übergängen, künstlerischen und gestalterischen Gegenständen, offenen Galerien und großen Fensterflächen. Für das Geschäftsgrundstück könne weder die gewählte Jahresrohmiete ermittelt noch die übliche Miete geschätzt werden. Die Bewertung sei daher nach § 76 Abs. 3 S. 2 BewG korrekt im Sachwertverfahren durchgeführt worden. Der Einheitswert sei bereits mit Bescheid vom 29.12.2010 bestandskräftig festgestellt worden, so dass er nicht mehr angefochten werden könne. Eine Aussetzung der Vollziehung komme aus den dargelegten Gründen auch nicht in Betracht.
9Über den eingelegten Einspruch ist bislang nicht entschieden worden.
10Die Antragstellerin begehrt nunmehr beim Gericht die Aussetzung und Aufhebung der Vollziehung des festgesetzten Einheitswertes.
11Bei der Immobilie handele es sich um ein Geschäftsgrundstück mit Büroeinheiten, die variabel entsprechend den Bedürfnissen der Mieter zusammengestellt werden könnten. Die erworbene Immobilie habe 93 Büroeinheiten, von denen zum Jahreswechsel 2013/2014 74 vermietet seien (rund 80 % entsprechend der beigefügten Anlage). Damit seien von 3.675,61 m² Gesamtfläche 2.582,14 m² vermietet, also unter Berücksichtigung der nicht vermietbaren Gemeinschaftsflächen rund 70 %.
12Die Büros seien an 34 verschiedene Mieter vermietet. Von insgesamt 123 Stellplätzen könnten 53 nicht vermietet werden, weil sie nicht für eine Vermietung aufbereitet seien. Vom Rest (70 Stellplätze) seien 57 vermietet, also rund 80 %.
13Es handele sich um ein Geschäftsgrundstück, dafür sehe § 76 Abs. 1 BewG die Bewertung im Ertragswertverfahren vor. Bei vermieteten Räumen ergebe sich die Jahresrohmiete aus der vereinbarten Miete, dies betreffe über 70 % der vermieteten Flächen mit 34 Mietern. Bei den (noch) unvermieteten Räumen sei die übliche Miete anzusetzen, diese könne unschwer aus den 34 Vergleichsobjekten im selben Hause abgeleitet werden. Die alternative Bewertung im Sachwertverfahren, so wie bisher vom Antragsgegner vorgenommen, komme nur dann zum Tragen, wenn weder die Jahresrohmiete ermittelt noch die übliche Miete geschätzt werden könne. Ein solcher Fall liege, wie vorstehend ausgeführt, jedoch nicht vor. Auch die nicht vermieteten Flächen stünden praktisch ausschließlich zur Büronutzung durch Dritte zur Verfügung. Damit handele es sich in vollem Umfang um ein Bürohaus.
14Die Bewertung sei auf den 01.01.1964 vorzunehmen, was das über einschlägige Sammlungen von Mietwerten verfügende Finanzamt ohne Probleme bewerkstelligen könnte.
15Solch einen Fundus habe die Antragstellerin nicht. Sie sei auch nicht in der Lage, aus den aktuell anfallenden Mieten auf die für den 01.01.1964 maßgeblichen Mieten zu schließen. Deshalb habe sie den Einheitswert in der beigefügten Anlage auf 440.061,73 € geschätzt.
16Der Antragstellerin komme es allerdings nicht darauf an, dass der von ihr berechnete Wert eingesetzt werde. Es gehe ihr vielmehr darum, das Finanzamt endlich zu gesetzlichem Handeln zu bewegen. Deshalb habe sie im Eilverfahren nur eine Herabsetzung des Einheitswerts um 750.000 € beantragt, so dass vorläufig weiterhin 767.412,00 € (1.517.412,00 € laut Bescheid vom 09.04.2014 abzgl. 750.000,00 €) angesetzt bleiben könnten.
17Der vom Antragsgegner in der bisherigen Höhe festgesetzte Einheitswert auf den 01.01.2014 sei auch verfassungswidrig festgesetzt.
18Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
19den Einheitswertbescheid für die wirtschaftliche Einheit A vom 09.04.2014 über die Ablehnung einer Wertfortschreibung auf den 01.01.2014 bis einen Monat nach Zugang einer das Einspruchsverfahren abschließenden Entscheidung mit der Maßgabe von der Vollziehung auszusetzen, dass vorläufig für das Grundstück A auf den 01.01.2014 von einem Einheitswert in Höhe von 767.412,00 € auszugehen ist und,
20soweit der Bescheid bereits vollzogen ist, insoweit die Vollziehung aufzuheben;
21hilfsweise, die Beschwerde zuzulassen.
22Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
23den Antrag abzuweisen.
24Die Antragstellerin habe im … 2013 ein Grundstück von insgesamt 10.194 m² erworben. Das Grundstück sei mit Gebäuden einer ehemaligen Schachtanlage bebaut. Diese seien nach Schließung des Schachtes einer anderen Nutzung (Verwaltungsgebäude) zugeführt worden. Zugleich mit der Zurechnungsfortschreibung für den Verkauf sei eine Wertfortschreibung geprüft worden, da bei dem bisherigen Eigentümer eine andere Grundstücksgröße bewertet war.
25Bei Geschäftsgrundstücken im Sinne des § 75 Abs. 3 BewG sei der Einheitswert nach § 76 Abs. 1 Nr. 2 BewG regelmäßig im Ertragswertverfahren zu ermitteln.
26Bürohäuser seien nüchterne Zweckgebäude, die unter Verzicht auf jegliche Sonderausstattung gebaut würden. Nach § 76 Abs. 3 BewG sei jedoch für solche Gruppen von Geschäftsgrundstücken oder in solchen Einzelfällen bebauter Geschäftsgrundstücke, für die weder eine Jahresrohmiete ermittelt noch eine übliche Miete nach § 79 Abs. 2 BewG geschätzt werden könne, das Sachwertverfahren anzuwenden.
27Bei dem hier zu beurteilenden Gebäude handele es sich um den seltenen Fall umgebauter und modernisierter Zweckgebäude ehemaliger Bergwerksanlagen. Die Anordnung des Modernisierungsplanes des damaligen Architekten mit den künstlerischen und gestalterischen Gegenständen, offenen Übergängen, offenen Galerien, großen Fensterflächen, Lichthöfen und die Einbeziehung eines Restaurantbetriebs innerhalb eines besonderen Gewerbegebietes sei kein nüchterner Zweckbau, der allein aus ertragsorientierten Gesichtspunkten modernisiert worden sei.
28Diese Feststellung habe bereits der Bausachverständige des Finanzamtes bei einer Ortsbesichtigung am 11.02.2003 getroffen. In dem Verfahren beim Finanzgericht Düsseldorf betreffend den Einheitswertbescheid auf den 01.01.2002 seien die Bewertungsgrundlagen festgelegt worden. Dabei habe das Finanzgericht ebenfalls das Sachwertverfahren zugrundegelegt.
29II.
30I. Bei verständiger Würdigung des Antragsbegehrens geht der Senat davon aus, dass die Antragstellerin mit ihrem Einspruch nur den zweiten Einheitswertbescheid vom 09.04.2014 angefochten hat, nach dem eine Wertfortschreibung auf den 01.01.2014 nicht in Betracht kommt, weil die Grenzen des § 22 BewG nicht erreicht bzw. nicht überschritten werden. Über diesen Einspruch, der infolge des gestellten Antrages auf Wertfortschreibung auf eine Herabsetzung des Einheitswertes entgegen der Sachbehandlung durch das Finanzamt gerichtet ist, wird der Antragsgegner noch zu entscheiden haben. Da sich die Antragstellerin ersichtlich nicht gegen die zum 01.01.2014 vorgenommene Zurechnungsfortschreibung in dem weiteren Bescheid vom 09.04.2014 wendet, dürfte ein Einspruch gegen diesen Bescheid nicht eingelegt worden sein.
31II. Der unter obiger Auslegung des Einspruchsbegehrens dementsprechend auszulegende Antrag auf Aussetzung der Vollziehung/Aufhebung der Vollziehung des eine Wertfortschreibung auf den 01.01.2014 ablehnenden Einheitswertbescheides vom 09.04.2014 ist begründet.
32Vorläufiger Rechtsschutz ist vor dem Hintergrund eines grundrechtskonformen effektiven Rechtsschutzes auch dann durch Aussetzung der Vollziehung zu gewähren, wenn eine Wertfortschreibung abgelehnt wird (BFH-Beschluss vom 10.04.1991 II B 66/89, BFHE 164, 101, BStBl. II 1991, 549 vergleiche auch noch BFH-Beschluss vom 24.04.1991, II B 185/90, BFH/NV 1991, 697 zur abgelehnten Artfortschreibung; ferner Gräber, 7. Auflage 2010, § 69 FGO Rn. 55 unter „Einheitswertbescheide“).
33Bei einem begründeten Antrag ist der Ablehnungsbescheid dann mit der Maßgabe von der Vollziehung auszusetzen, dass bis zur Entscheidung in der Hauptsache von einem Einheitswert in Höhe von X Euro ausgegangen wird (BFH-Beschluss vom 10.04.1991 II B 66/89 a. a. O.).
34Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn eine summarische Prüfung ergibt, dass neben für die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfrage auslösen. Der Erfolg braucht nicht wahrscheinlicher zu sein als der Misserfolg. Es brauchen insbesondere nicht erhebliche Zweifel in dem Sinne zu bestehen, dass eine Aufhebung des Verwaltungsaktes mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, vielmehr genügt es, dass der Erfolg des Rechtsbehelfs im summarischen Verfahren ebenso wenig auszuschließen ist, wie der Misserfolg (vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO Kommentar, § 69 Rn. 89 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung anordnen (§ 69 Abs. 3 S. 3 FGO).
351. Bei Anwendung der vorgenannten Rechtsgrundsätze bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheides vom 09.04.2014.
36a) Infolge der wohl geänderten tatsächlichen Verhältnisse (nunmehr Vermietung an fremde Dritte zu Bürozwecken nach Schließung des Schachtanlagebetriebs) ist es durchaus möglich, dass das Gebäude nunmehr abweichend von den Verhältnissen zum 01.01.2002 (damaliges Klageverfahren vor dem Finanzgericht) im Ertragswertverfahren zu bewerten ist. Das Grundstück könnte ein Geschäftsgrundstück im Sinne von § 76 Abs. 1 Nr. 2 BewG darstellen, dessen Wert im Ertragswertverfahren nach Maßgabe der §§ 78-82 BewG zu ermitteln ist.
37Die tatsächliche Vermietung des überwiegenden Anteils an der Gesamtfläche des Gebäudes an eine Vielzahl von Mietinteressenten spricht dafür, dass für das Grundstück eine Jahresrohmiete ermittelt und die übliche Miete geschätzt werden kann mit der Folge, dass entgegen der Ansicht des Antragsgegners eine Wertermittlung im Sachwertverfahren nach § 76 Abs. 3 Nr. 2 BewG zum Stichtag 01.01.2014 möglicherweise ausscheidet.
38b) Im Hinblick auf die Höhe des vorläufig zu Grunde zu legenden Einheitswertes ist ein Betrag i.H.v. 767.412,00 € anzusetzen.
39Der Senat folgt hier im Grundsatz der Berechnung der Antragstellerin (vergleiche hier die Anlage: „A Zusammenstellung“, Bl. 10 der FG Akte).
40Die dort von der Antragstellerin als Schätzwert angesetzten Mietwerte nach den Wertverhältnissen zum 01.01.1964 erscheinen nach den Erfahrungen des Senats zu Mietwerten im Hauptfeststellungszeitpunkt für Büro und Lagerflächen, Sonderflächen und Stellplatzflächen plausibel; einen möglicherweise genaueren Mietspiegel zum Hauptfeststellungszeitpunkt hat der Antragsgegner bisher nicht vorgelegt.
41Hinzu kommt, dass die Antragstellerin im Eilverfahren nicht den von ihr so errechneten Einheitswert i.H.v. 440.061,73 € zu Grunde gelegt wissen will, sondern nur einen deutlich höheren Einheitswert i.H.v. 767.412,00 € (= Wert laut Bescheid vom 09.04.2014: 1.517.412,00 € abzgl. 750.000,00 €), was einen Mietwert für Büroflächen (= im Streitfall hauptsächlich vermietete Flächen) von mindestens 2,30 €/m² (= 4,50 DM/m²) voraussetzt.
42Damit wird etwaigen Unsicherheiten zur Höhe der anzusetzenden Mietwerte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hinreichend Rechnung getragen.
432. Auch wenn man in Übereinstimmung mit der Handhabung des Antragsgegners weiterhin das Sachwertverfahren als rechtmäßige Grundlage der Bewertung ansehen würde, ist eine Aussetzung/Aufhebung der Vollziehung entsprechend dem gestellten Antrag geboten.
44Es bestehen nämlich in Bezug auf den Stichtag 01.01.2014 verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die der Einheitsbewertung zu Grunde liegenden Normen des Sachwertverfahrens und die Antragstellerin hat auch für diesen „atypischen“ Fall der Rechtswidrigkeit ein besonderes berechtigtes Interesse an der Aussetzung der Vollziehung/Aufhebung der Vollziehung des Ablehnungsbescheides.
45a) Bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts, hat das Finanzgericht dessen Vollziehung im Regelfall auszusetzen.
46Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen kann trotz Vorliegens solcher Zweifel die Aussetzung der Vollziehung abgelehnt werden. Ein solcher atypischer Fall kommt in Betracht, wenn die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts auf Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Gesetzesvorschrift beruhen (so BFH-Beschluss vom 01.04.2010 II B 168/09, BFHE 228, 149, BStBl. II 2010, 558 unter Hinweis auf BFH-Beschluss in BFHE 140, 396, BStBl II 1984, 454, unter III.).
47Ist dies der Fall, ist die Gewährung von Aussetzung der Vollziehung zwar nicht ausgeschlossen (BFH-Beschluss vom 25.08.2009 VI B 69/09, BFHE 226, 85, BStBl II 2009, 826, m.w.N.). Sie setzt aber nach langjähriger Rechtsprechung des BFH wegen des Geltungsanspruchs jedes formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes zusätzlich ein (besonderes) berechtigtes Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes voraus (so BFH-Beschluss vom 01.04.2010 II B 168/09, BFHE 228, 149, BStBl. II 2010, 558 mit zahlreichen Nachweisen seiner ständigen Rechtsprechung).
48b)
49aa) Der BFH hat in Fällen, in denen die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts auf Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Gesetzesvorschrift beruhen, in verschiedenen Fallgruppen dem Aussetzungsinteresse des Steuerpflichtigen den Vorrang vor den öffentlichen Interessen eingeräumt, und zwar unter anderem dann, wenn der BFH die vom Kläger als verfassungswidrig angesehene Vorschrift bereits dem BVerfG gemäß Art. 100 Abs. 1 GG zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit vorgelegt hatte (BFH-Beschluss vom 01.04.2010 II B 168/09, BFHE 228, 149, BStBl. II 2010, 558 unter Hinweis auf BFH-Beschlüsse vom 11.06.2003 IX B 16/03, BFHE 202, 53, BStBl II 2003, 663; vom 22.12.2003 IX B 177/02, BFHE 204, 39, BStBl II 2004, 367; vom 30.11.2004 IX B 120/04, BFHE 208, 213, BStBl II 2005, 287, und vom 31.01.2007 VIII B 219/06, BFH/NV 2007, 914).
50bb) Diese besondere Fallgruppe liegt auch im Streitfall vor.
51Mit Beschluss vom 22.10.2014 II R 16/13 (Juris) hat der Bundesfinanzhof die im dortigen Streitfall anzuwendenden Vorschriften über die Einheitsbewertung (§§ 19 bis 21, 76 Abs. 1, 93 Abs. 1 S. 2 BewG, Art. 2 Absatz 1 S. 3 des Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes vom 13.08.1965 in der Fassung des Art. 2 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung bewertungsrechtlicher Vorschriften und des Einkommensteuergesetzes vom 22.07.1970) dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt, weil er davon überzeugt ist, dass diese Bestimmungen am Stichtag 01.01.2009 nicht mehr den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprochen haben.
52Der Senat schließt sich im hier zu entscheidenden Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung/Aufhebung der Vollziehung vollinhaltlich dem Vorlagebeschluss des BFH an. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die dortigen Ausführungen verwiesen. Mit den zur Prüfung vorgelegten Vorschriften der §§ 19-21 BewG wird zwangsläufig auch das im jetzigen Streitfall angewendete Sachwertverfahren nach § 76 Abs. 3 i.V.m. §§ 83-90 BewG erfasst (vergleiche hierzu auch die eingehenden Ausführungen des BFH im Vorlagebeschluss). Was für den Stichtag 01.01.2009, gilt erst recht für den Stichtag 01.01.2014.
53Auch wenn der Gesetzeswortlaut des § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 FGO dies bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes nicht voraussetzt, liegt jedenfalls im Streitfall ein besonders berechtigtes Interesse der Antragstellerin an der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vor, das die Aussetzung/Aufhebung der Vollziehung selbst unter Zugrundelegung der restriktiven BFH-Rechtsprechung bei verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der der Bewertung zu Grunde liegenden Gesetzesnormen rechtfertigt.
54Die vom BFH vor dem Hintergrund des Gleichheitsgebotes im Sinne von Art. 3 GG zu Recht als wesentlich festgestellten Wertverzerrungen bei der Einheitsbewertung im Sachwertverfahren aufgrund des zum Bewertungsstichtag 50 Jahre andauernden Hauptfeststellungszeitpunktes zeigen sich im vorliegenden Fall besonders deutlich. Das Sachwertverfahren führte schon nach älteren Feststellungen der Bundesregierung teilweise zu Werten, die um mehr als 100 % über den Werten des Ertragswertverfahrens liegen, (vergleiche dazu Jakob, Möglichkeiten einer Vereinfachung der Bewertung des Grundbesitzes sowie Untersuchung einer befristeten Anwendung von differenzierten Zuschlägen zu den Einheitswerten, BMF Schriftenreihe, Bd. 48, 1992 Seite 65, zitiert im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22.06.1995, 2 BvL 37/91 zur Verfassungswidrigkeit der ungleichen Besteuerung des einheitsbewerteten und des zu Gegenwartswerten erfassten Vermögens bei Vermögen- und Erbschaftssteuer, Juris).
55Im Streitfall hat die Anwendung des Sachwertverfahrens auf das nach Aktenlage mit einem Gebäude Baujahr 1954 bebaute Grundstück zu einem Einheitswert geführt, der mit 1.517.412,00 € sogar gut 2 Prozent über dem im … 2013 vereinbarten Kaufpreis i.H.v. 1.487.500,00 € liegt, wobei dieser Kaufpreis nach dem glaubhaften Vorbringen der Antragstellerin unter Einschluss zahlreicher Inventargegenstände zustande gekommen ist. Dieser hohe im Wert verzerrte Einheitswert kommt insbesondere auch dadurch zu Stande, dass bei der Bewertung im Sachwertverfahren eine Wertminderung wegen Alters nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt nach § 85 S. 3 i.V.m. § 86 BewG ausgeschlossen ist.
563. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.