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Das Vorhandensein eines Doppelhauses auf einem Grundstück hindert nicht zwangsläufig die Annahme des Vorliegens nur e i n e s Grundstücks i. S. d. § 7 Abs. 1 GrEStG und die damit verbundene Grunderwerbsteuerbefreiung bei flächenmäßiger Teilung eben dieses einen Grundstücks
Die Steuerbescheide vom 12. April 1967 - I 1747/1966 und
I 1748/1966 - und die Einspruchsentscheidung vom 23. Mai 1967
werden aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
G r ü n d e :
2Die Klägerinnen waren je zur Hälfte Eigentümerinnen
3der Grundstücke Z-Stadt Blatt .... Flur 15, Flurstück 001
4Straße 03 und Flur 15 Flurstück 002 Straße 04.
5Durch Vertrag vom 6. Oktober 1966 setzen sie sich dahin
6auseinander, daß der Klägerin A das Flurstück 002
7( Nr. 04 ) zu Alleineigentum überlassen wurde und der Klä-
8gerin C das Flurstück 001 ( Nr. 03 ). Die auf den Grund-
9stücken lastenden Schulden wurden aufgeteilt. Die Klägerinnen
10beanspruchten Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß § 7 Abs. 1
11Grunderwerbsteuergesetz (Umwandlung von gemeinschaftlichem
12Eigentum in Flächeneigentum).
13Das Finanzamt setzte jedoch Grunderwerbsteuer fest,
14und zwar gegen jede der Klägerinnen nach der Hälfte der
15Schulden eine Grunderwerbsteuer ( mit Zuschlag ) von
161.819,35 DM. In den Bescheiden bemerkte es zur Erläuterung:
17Bei den Grundstücken handele es sich um ein Doppelhaus mit
18gesonderten Hausnummern. Die beiden Häuser seien durch eine
19Brandmauer getrennt und besäßen gesonderte Eingänge. Es
20bestünden zwei getrennte Heizungsanlagen sowie getrennte
21Versorgungsanschlüsse. Mit Sicherheit könnte daher die wirt-
22schaftliche Unabhängigkeit und selbstständige Verwertbarkeit
23der beiden Hauseinheiten angenommen werden. Für die beiden
24Grundstücke seien demgemäß getrennte Einheitswerte festge-
25stellt worden, ohne daß jemals Einwendungen dagegen erhoben
26worden seien. Die Urkunde vom 6. Oktober 1966 beinhalte
27nach alledem einen Austausch von Miteigentumsanteilen. Die
28Grundstücke bildeten keine wirtschaftliche Einheit; § 7
29Grunderwerbsteuergesetz ( GrEStG) sei daher nicht anwendbar.
30Die Klägerinnen erhoben Einspruch und machten geltend:
31Das einheitliche Grundstück Straße 04 bis 03 habe
32bisher die Katasterbezeichnung Flurstück 003 getragen. Zur
33flächenmäßigen Aufteilung sei es vermessen und in zwei Teil-
34grundstücke Flurstücke 002 und 001 aufgeteilt worden. Der
35Veränderungsnachweis trage das Datum vom 20. September 1966.
36Bereits am 6. Oktober 1966 sei dann der notarielle Vertrag
37beurkundet worden. Diesen einheitlichen Vorgang könne man
38nicht in zwei Teile auseinanderreißen. Bei der Teilung eines
39einheitlichen Grundstücks tauche die Frage nach der wirt-
40schaftlichen Einheit mehrerer Grundstücke zwangsläufig nicht
41auf. Im übrigen handele es sich bei dem aufstehenden Gebäude
42um eine wirtschaftliche Einheit. Die Tatsache, daß zwei
43Einheitswerte festgestellt worden seien, sei für die grund-
44erwerbsteuerliche Beurteilung nicht bindend.
45Der Einspruch wurde zurückgewiesen. Das Finanzamt wieder-
46holte seine Ausführungen in den Steuerbescheiden.
47Mit der Klage wird beantragt, die Steuerbescheide auf-
48zuheben. Zur Begründung wird das Einspruchsvorbringen wieder-
49holt.
50Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen und verweist
51auf die Einspruchsentscheidung. Es führt aus, es sehe die
52Existenz von zwei Hauseinheiten als von Anfang an gegeben an,
53eine wirtschaftliche Einheit habe nie bestanden.
54Es sind die Einheitswertakten der Einfamilienhäuser Straße
5504 und 03 beigezogen worden.
56Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne
57mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
58Die Klage ist begründet.
59Wird ein Grundstück, das mehreren Miteigentümern gehört,
60von den Miteigentümern flächenweise geteilt, so wird die
61Grunderwerbsteuer nicht erhoben, soweit der Wert des Teil-
62grundstücks, das der einzelne Erwerber erhält, dem Bruch-
63teil entspricht, zu dem er am gesamten zu verteilenden
64Grundstück beteiligt ist (§ 7 Abs. 1 GrEStG ).
65Unter Grundstücken sind nach § 2 Abs. 1 GrEStG Grund-
66stücke im Sinne des bürgerlichen Rechts zu verstehen, also
67Teile der Erdoberfläche, die im Grundbuch eine besondere
68Stelle – ein besonderes Grundbuchblatt oder eine besondere
69Nummer des Bestandsverzeichnisses eines gemeinschaftlichen
70Grundbuchblattes – haben (§ 3 Abs. 1 Satz 1, § 4 Grund-
71buchordnung - GBO -; s. Boruttau-Klein, Grunderwerbsteuer-
72gesetz, 7. Aufl. 1963, Tz. 2 zu § 2 ). Der Grundbesitz
73Straße 04 und 03 hat vor der Teilung, d.h. vor dem
74Verwaltungsakt des Katasteramts, eine Parzellenbezeichnung
75( Nr. 003 ) und ein besonderes Grundbuchblatt ( Bl. ... )
76gehabt. Dies geht aus der in den Grunderwerbsteuerakten
77befindlichen Abzeichnung der Flurkarte vom 20. September
781966 und aus den in den Einheitswerten befindlichen
79Veräußerungsmitteilungen des Notars vom 9. Mai 1966 über
80die Übertragung von den Eltern auf die Klägerinnen hervor.
81Der Grundbesitz hat also aus einem Grundstück bestanden. Der
82Wert der Teilgrundstücke, die die beiden Klägerinnen er-
83halten haben, hat unstreitig den Miteigentumsanteilen am
84bisherigen Grundstück entsprochen. Damit sind die Voraus-
85setzungen des § 7 Abs. 1 GrEStG erfüllt.
86Die bauliche Gestaltung des auf dem Grundbesitz be-
87findlichen Gebäudes ist im vorliegenden Fall ohne Bedeu-
88tung. Die Frage nach der wirtschaftlichen Einheit stellt
89sich, wie die Klägerinnen mit Recht bemerken, nur dann,
90wenn mehrere Grundstücke im Rechtssinn aufgeteilt wer-
91den und geprüft werden muß, ob sie gemäß § 2 Abs. 3 GrEStG
92als ein Grundstück zu behandeln sind. Dieser Fall ist hier
93nicht gegeben.
94Aufgrund des Vertrages vom 6. Oktober 1966 ist gemäß
95§ 7 Abs. 1 GrEStG Grunderwerbsteuer nicht zu erheben. Die
96Steuerbescheide und die Einspruchsentscheidung waren somit
97aufzuheben.