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1. Bei einer Gesamtzusage handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, die den Anforderungen des § 307 Abs. 1 BGB entsprechen muss.
2. Eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, kann in einer Gesamtzusage nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Eine derartige Klausel benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen i.S.d. § 307 Abs. 1 BGB, da sie von den wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes abweicht.
Zur Auslegung einer Gesamtzusage
1. Auf die Berufung der Beklagten zu 2. wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Der Beklagte zu 1. wird verurteilt, an den Kläger eine Sonderzahlung Inflationsausgleich in Höhe von 1.948,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.07.2023 zu zahlen.
2. Die Beklagte zu 2. wird verurteilt, an den Kläger eine Sonderzahlung Inflationsausgleich in Höhe von 355,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.07.2023 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtstreits tragen der Beklagte zu 1. zu 50% und die Beklagte zu 2. zu 10 % und der Kläger zu 40%.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf eine von den Beklagten an andere Arbeitnehmer ausgezahlte Inflationsausgleichsprämie.
3Der Beklagte zu 1. ist ein großer Fußball-Traditionsverein. Die Beklagte zu 2. betreibt den aus dem Beklagten zu 1. ausgegliederten Spielbetrieb der Bundesligamannschaft des Vereins.
4Der Kläger war bei dem Beklagten zu 1. seit März 2009 als Scout im Nachwuchsbereich bei einer Bruttovergütung von zuletzt monatlich 3.000,00 € beschäftigt. Der letzte entsprechende Arbeitsvertrag vom 31.03.2021 war bis zum 30.06.2023 befristet und wurde nicht verlängert.
5Bei der Beklagten zu 2. war der Kläger zuletzt aufgrund eines als „Arbeitsvertrag“ betitelten Vertrages vom 01.06.2023 bis zum 30.06.2024 als Trainer und Campleiter der von der Beklagten zu 2. betrieben Fußballschule bei einem vereinbarten Stundenlohn von 15,00 € beschäftigt.
6Die Beklagten zahlten an einen Teil ihrer Mitarbeiter im Juni 2023 eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 1.948,00 € (orientiert am Gründungsjahr des Vereins) aus. Hierzu erhielten die begünstigten Arbeitnehmer ein Anschreiben, wegen dessen Einzelheiten auf die zur Gerichtakte gereichte Kopie (Bl. 103 GA) Bezug genommen wird, in dem es wie folgt hieß:
7„(…) mit Beendigung der Bundesligasaison nähern wir uns dem Abschluss unseres Geschäftsjahres 2022/2023 und schon jetzt können wir resümieren, dass wir nach Jahren wirtschaftlicher Verluste erstmals wieder ein deutlich positives Ergebnis erzielen werden. Dieses Ergebnis ist Ausdruck einer engagierten und starken Teamleistung, bei der viele von uns gelegentlich auch eine schweißtreibende Extrameile einlegen mussten. Für Deine Unterstützung und Dein persönliches Engagement sagen wir DANKE!
8Diese richtig gute Leistung des 1. F möchten wir darüber hinaus in Form einer Sonderprämie anerkennen und belohnen. Damit möchten wir gleichsam zum Ausdruck bringen, dass wir von unserem eingeschlagenen Kurs überzeugt sind. Wir alle tragen gemeinsam auch weiterhin die Verantwortung für die nachhaltige, wirtschaftliche Stabilisierung des 1. F. Alle Mitarbeitende* in Festanstellung erhalten eine Sonderzahlung. Du erhältst mit der Gehaltsabrechnung Ende Juni
91.948,00 €.
10Vielleicht hilft diese Sonderzahlung, die aktuell anhaltenden hohen Belastungen aufgrund der gestiegenen Verbraucherpreise etwas zu mildern. Erfreulich ist in jedem Fall, dass der gezahlte Bonus aufgrund der aktuell geltenden Regelungen als Inflationsausgleichsprämie steuer- und sozialversicherungsfrei ausbezahlt werden kann. Für Deinen Einsatz möchten wir Dir herzlich danken und wir freuen uns weiterhin auf eine gute Zusammenarbeit.“
11Am Ende des Schreibens heißt es kleingedruckt:
12„Mitarbeitende in Teilzeit werden zeitanteilig berücksichtigt; Unsere Azubis erhalten 1/3 der Prämie und unterjährig eingestellte Mitarbeitende werden pro rata berücksichtigt.“
13Der Kläger erhielt weder von dem Beklagten zu 1. noch von dem Beklagten zu 2. das Schreiben oder eine entsprechende Zahlung.
14Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe diese Prämie für beide Arbeitsverhältnisse zu. Die Beklagten dürften nicht danach differenzieren, ob das Arbeitsverhältnis über den 30.06.2023 hinaus fortbestehe. Es handele sich jedenfalls um eine Zahlung mit Mischcharakter, die auch bereits erbrachte Arbeitsleistung belohne.
15Der Kläger hat beantragt,
161. den Beklagten zu 1. zu verurteilen, an ihn eine Sonderzahlung Inflationsausgleich in Höhe von 1948,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.07.2023 zu zahlen.
2. die Beklagte zu 2. zu verurteilen, an ihn eine Sonderzahlung Inflationsausgleich in Höhe von 1948,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.07.2023 zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Sie hat die Ansicht vertreten, die Prämie sei an den Bestand des Arbeitsverhältnisses über den 30.06.2023 hinaus gebunden.
23Auch bei der Zahlung von Inflationsausgleichsprämien dürfe die kommende Betriebstreue als Teilzweck berücksichtigt werden.
24Mit der Beklagten zu 2. bestünde kein Arbeitsvertrag. Der eingereichte Vertrag sei lediglich ein Rahmenvertrag für den jeweiligen Abschluss kürzerer befristeter Arbeitsverträge für die jeweiligen Einsätze des Klägers als Trainer in der Fußballschule.
25Das Arbeitsgericht Köln hat der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Anspruch sich aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz ergäbe. Die von dem Beklagten angeführten Differenzierungskriterien würden den Kläger unangemessen benachteiligen. Die Zahlung habe jedenfalls Mischcharakter, da sie auch der Honorierung von Leistungen in der Vergangenheit diene und zudem dem Inflationsausgleich. Die Differenzierung nach Betriebstreue sei damit nicht gerechtfertigt. Gegen die Beklagte zu 2. bestehe ein entsprechender Anspruch, da ein Arbeitsvertrag vorliege und eine Differenzierung nach Teilzeitanteilen nicht dargelegt sein.
26Gegen das ihnen am 26.03.2024 zugestellte Urteil haben die Beklagten am 23.04.2024 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 27.06.2024 am 27.06.2024 begründet.
27Zur Begründung der Berufung führen die Beklagten aus, dass das Arbeitsgericht fehlerhaft von einem Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten zu 2. ausgegangen sei. Der Kläger war im Zeitraum vom 01.07.2022 bis zum 30.06.2023 ausweislich der Zeiterfassung der Beklagten zu 2. insgesamt lediglich 316,5 Stunden für die Beklagte zu 2. und damit in einem Arbeitsumfang von 18,27 % tätig. Die Parteien hätten nur einen Rahmenvertrag geschlossen, der noch keine Verpflichtung zur Erbringung von Arbeitsleistung begründe. Ohne das Einverständnis des Klägers sei er seitens der Beklagten zu 2. nicht zur Arbeit herangezogen werden. Es bedurfte stets des Abschlusses einzelner befristeter Arbeitsverträge. Es stand dem Kläger gänzlich frei, sich auszusuchen, welche der angebotenen Arbeitseinsätze er übernehmen wollte und welche nicht.
28Die Prämie habe vorrangig dem Ausgleich der gestiegenen Lebenshaltungskosten und daneben der zukünftigen Betriebstreue über den 30.06.2023 hinaus gedient.
29Der Vorstand des Beklagten zu 1. und die Geschäftsführung der Beklagten zu 2. hätten dabei am 31.03.2023 in der Vorstands- und Geschäftsführersitzung folgende Kriterien für die Gewährung der IAP festgelegt:
30- Festanstellung über den 30.06.2023 hinaus beim F, also Bestand eines Arbeitsverhältnisses beim Beklagten zu 1. oder bei der Beklagten zu 2., welches über den 30.06.2023 hinaus fortbesteht.
31- Anspruchsberechtigt sind nur Mitarbeiter, die von dem Reallohnverlust besonders betroffen sind, sodass die Spieler der Profimannschaft keinen Anspruch auf die IAP hatten.
32- Jeder Mitarbeiter des F erhält die IAP nur einmal, unabhängig davon, ob er sowohl mit dem Beklagten zu 1. als auch der Beklagten zu 2. in einem Arbeitsverhältnis steht.
33- Mitarbeiter in Teilzeit erhalten die IAP pro rata temporis, d.h. anteilig bezogen auf den tatsächlich erbrachten Tätigkeitsumfang im Verhältnis zu Vollzeitmitarbeitern.
34Diese Vorgaben seien konsequent und einheitlich umgesetzt worden. Insbesondere habe die Inflationsausgleichsprämie keinen Bezug zur Arbeitsleistung gehabt. Dies ergebe sich bereits daraus, dass ausscheidende Mitarbeiter das Informationsschreiben nicht erhalten haben. Ein Doppelanspruch gegen beide Beklagten sei damit ausgeschlossen, jedenfalls sei der Anspruch zu kürzen.
35Die Beklagten beantragen,
36das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 05.03.2024 - 4 Ca 5925/23 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.
37Der Klägervertreter beantragt,
38die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 05.03.2024, den Beklagten zugestellt am 26.03.2024, Aktenzeichen 4 Ca 5925/23, zurückzuweisen.
39Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Er trägt vor, bei dem Vertragsverhältnis mit der Beklagten zu 2. habe es sich um ein Arbeitsverhältnis gehandelt und es seien keine separaten Arbeitsverträge für die jeweiligen Einsätze erforderlich. Diese seien auch nicht abgeschlossen worden. Der Ausschluss ausscheidender Arbeitnehmer stelle zudem eine Benachteiligung nach § 4 Abs. 2 S. 2 TzBfG dar.
40Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
41E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
42Die zulässige Berufung ist unbegründet.
43I. Die Berufungen der Beklagten sind zulässig. Sie sind nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthaft und gemäß § 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig, weil sie nicht nur form- und fristgerecht eingelegt, sondern auch ordnungsgemäß begründet wurden.
44II. Die Berufungen sind jedoch nur hinsichtlich der Beklagten zu 2. teilweise begründet.
451. Die Berufung der Beklagten zu 1. ist unbegründet.
46Das Arbeitsgericht hat der Klage insoweit zu Recht stattgegeben. Der Kläger hat gegen die Beklagte zu 1. einen Anspruch auf Inflationsausgleichsprämie in der geltend gemachten Höhe aus einer Gesamtzusage.
47a. Bei dem Schreiben der Beklagten vom 26.06.2023, dass an alle ihrer Ansicht nach berechtigten Arbeitnehmer gegangen ist, handelt es sich um eine Gesamtzusage.
48aa. Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Betriebs oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete ausdrückliche Willenserklärung des Arbeitgebers, bestimmte Leistungen erbringen zu wollen. Eine ausdrückliche Annahme des in der Erklärung enthaltenen Antrags iSv. § 145 BGB wird dabei nicht erwartet und es bedarf ihrer auch nicht. Das in der Zusage liegende Angebot wird gemäß § 151 Satz 1 BGB angenommen und ergänzender Inhalt des Arbeitsvertrags. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erwerben einen einzelvertraglichen Anspruch auf die zugesagten Leistungen, wenn sie die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen. Dabei wird die Gesamtzusage bereits dann wirksam, wenn sie gegenüber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in einer Form verlautbart wird, die die einzelnen Beschäftigten typischerweise in die Lage versetzt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Auf deren konkrete Kenntnis kommt es nicht an (st. Rspr., zB BAG 24. Januar 2024 - 10 AZR 33/23 - Rn. 15; 30. Januar 2019 - 5 AZR 442/17 - Rn. 50 mwN, BAGE 165, 132). Die Zusage hat für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den gleichen Inhalt und die gleiche Bedeutung, sofern es nicht zwischenzeitlich zu einer Veränderung des Inhalts der Zusage durch den Arbeitgeber gekommen oder diese für die Zukunft aufgehoben worden ist (BAG 20. August 2014 - 10 AZR 453/13 - Rn. 15 mwN). Ob es sich um eine Gesamtzusage handelt und welchen Inhalt sie hat, ist durch Auslegung zu ermitteln. (BAG, Urteil vom 21. Februar 2024 – 10 AZR 345/22 –, Rn. 33, juris).
49bb. Bei dem Schreiben vom 26.06.2023 handelt es sich um eine in allgemeiner Form gerichtete Willenserklärung mit der den Arbeitnehmern eine Inflationsausgleichsprämie zugesagt wird. Es diente dazu, die von den Beklagten selbst vorgetragenen Entscheidungen in der Vorstands- und Geschäftsführersitzung am 31.03.2023 bekannt zu machen. Zwar haben nicht alle Mitarbeiter das Schrieben erhalten. Das Schreiben ist aber nicht individuell an einzelne Arbeitnehmer gerichtet. Vielmehr wird dort ganz allgemein ausgeführt, dass alle Arbeitnehmer in Festanstellung eine Sonderzahlung erhalten. Auch die Einschränkungen für Teilzeitmitarbeiter und Auszubildende ergibt sich nicht aus einem individuellen Text sondern lediglich aus der Fußnote. Diese Einschränkung trifft auch nicht auf alle Empfänger des Schreibens zu. Damit handelt es um eine in allgemeiner Form gefasste Willenserklärung der Beklagten. Diese ist auch gegenüber den Arbeitnehmern verlautbart worden, indem jedenfalls die nach Auffassung der Beklagten Anspruchsberechtigten ein entsprechendes Schreiben erhalten haben.
50b. Auf diese Gesamtzusage kann sich der Kläger berufen und an diese sind die Beklagten gebunden. Diese findet auch für den Kläger Anwendung. Die Beschränkung des Anspruchs auf Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis über den 30.06.2023 hinaus fortbesteht ist gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.
51aa. Die von der Beklagten als Inflationsausgleichsprämie bezeichnete Zahlung dient zumindest auch der Entlohnung von Arbeitsleistung. Unabhängig davon, dass die Beklagte selbst hiervon ausgeht oder dies Gegenstand einer Vorstands- und Geschäftsführungssitzung war, ergibt sich dies auch durch die insoweit maßgebliche Auslegung des Informationsschreibens nach vertraglichen Grundsätzen (vgl. BAG 14.11.2012 - 10 AZR 793/11, NZA 2013, 273; 14.11.2012 - 10 AZR 3/12, a.a.O.; Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 19. Juli 2024 – 7 Sa 1186/23 –, Rn. 61, juris).
52Bei einer Gesamtzusage handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (BAG 30.01.2019 - 5 AZR 450/17, BAGE 165, 168; 13.11.2013 - 10 AZR 848/12, BAGE 146, 284). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zu Grunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAGE 135, 238 = NJW 2011, 329 = NZA 2010, 1355 Rn. 19; BAG v. 7.7.2015- 10 AZR 260/14; NJW 2015, 3389 Rn. 19, beck-online).
53bb. Bei Auslegung des Schreibens der Beklagten ist diesem für die Kammer eindeutig zu entnehmen, dass die Zahlung auch für erbrachte Arbeitsleistung erfolgen soll. Hierauf hat auch das Arbeitsgericht zu Recht abgestellt. Die Erklärung „diese richtig gute Leistung“ in Form einer Sonderprämie anerkennen und belohnen zu wollen, macht in Zusammenschau mit den vorherigen Ausführungen zur Unterstützung und dem persönlichen Engagement im Geschäftsjahr 2022/2023 nur Sinn, wenn eine Arbeitsleistung in der Vergangenheit honoriert werden soll. Unabhängig davon, dass die Beklagte im Folgenden auch eine weitere gute Zusammenarbeit erwähnt, verbindet sie diese ausdrücklich mit dem Dank für den Einsatz, der nur in der Vergangenheit liegen kann. Da sich somit aus der Auslegung der Gesamtzusage unmittelbar der Bezug zu bereits erbrachter Arbeitsleistung ergibt, kommt es nicht darauf an, dass die anteilige Zahlung für Teilzeitbeschäftigte ebenfalls nach der Rechtsprechung als Auslegungskriterium für eine Anknüpfung an die Arbeitsleistung angesehen wird. Dass Teilzeitbeschäftigte anteilig berücksichtigt werden sollen, spricht aber gleichfalls für den Entgeltcharakter der Sonderzahlung (BAG, Urteil vom 20. September 2017 – 10 AZR 610/15 –, Rn. 23, juris).
54cc. Da die Zusage auch für erbrachte Arbeitsleistung erfolgt ist, wie die Auslegung der Gesamtzusage ergibt, konnte der Beklagte zu 1. den Kläger hiervon auch nicht ausnehmen, da sein Arbeitsverhältnis nicht über den 30.06.2023 hinaus fortgesetzt wurde. Eine solche Ausnahme wäre unangemessen benachteiligend, wie das Arbeitsgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat. Eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung darstellt, kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt außerhalb des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Eine derartige Klausel benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen i.S.d. § 307 Abs. 1 BGB, da sie von den wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes abweicht (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Sie steht im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB, weil sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeitetes Entgelt entzieht (BAG 12.09.2013 - 6 AZR 913/11, Rn. 24, AP Nr. 1 zu § 134 InsO; 12.09.2013 - 6 AZR 980/11, Rn. 24, BAGE 146, 64; 18.01.2012 - 10 AZR 612/10 Rn. 22, 27 f., BAGE 140, 231). Dient eine Sonderzahlung zumindest auch der Belohnung von Arbeitsleistung, würde ihm durch einen Stichtag mit einer Festanstellung über den 30.06.2023 hinaus bereits verdienter Arbeitslohn nachträglich entzogen, da der Anspruch auf eine Sonderzahlung pro-rata-temporis erworben wird (BAG 14.11.2012 - 10 AZR 3/12, Rn. 19, NZA 2013, 327; 18.01.2012 - 10 AZR 667/10, Rn. 10, AP BGB § 307 Nr. 59; 21.04.2010 - 10 AZR 178/09, Rn. 14, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 45; 28.03.2007 - 10 AZR 261/06, Rn. 17, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 265). Eine entsprechende Beschränkung ist damit unwirksam. Insoweit kann dahinstehen, ob die Gesamtzusage überhaupt eine solche Einschränkung auf über den 30.06.2023 hinaus bestehende Arbeitsverhältnisse enthält, wenn Sie von „Mitarbeitern in Festanstellung“ spricht.
55c. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
562. Die Berufung der Beklagten zu 2. Ist teilweise begründet.
57Der Kläger hat gegen die Beklagte zu 2. nur einen Anspruch auf 18,27 % der Inflationsausgleichsprämie von 1948,00 EUR. Dies entspricht unstreitig dem in dem Geschäftsjahr 2022/2023 von dem Kläger erbrachen Anteil an einer Vollzeitstelle. Dies ergibt einem Betrag von 355,90 EUR.
58a. Zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2. bestand im Geschäftsjahr 2022/2023 ein Arbeitsverhältnis. Es ist in diesem Zusammenhang unerheblich, ob ein befristetes Arbeitsverhältnis aufgrund des Vertrages vom 31.03.2021 bestand oder jeweils kurzeitig befristete Arbeitsverhältnisses aufgrund des Rahmenvertrages vom 31.03.2021 abgeschlossen wurden, wie die Beklagte meint. Der Kläger war jedenfalls im Geschäftsjahr als Arbeitnehmer tätig und hat im Umfang von 18,27 % einer Vollzeitstelle Arbeitsleistung erbracht. Ein Ausschluss des Klägers von dieser Zahlung aufgrund seiner Befristung (sei es bis zum 30.06.2023, sei es tageweise) ist wie ausgeführt unangemessen benachteiligend und damit unwirksam. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden.
59b. Der Anspruch war anteilig zu kürzen. Die Gesamtzusage sieht ausdrücklich, wie ausgeführt, eine Zahlung entsprechend dem Teilzeitanteil vor. Eine solche Regelung verstößt nicht gegen § 4 Abs. 1 S. 2 TzBfG. § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG gestattet es dem Arbeitgeber, das Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung für Teilzeitbeschäftigte entsprechend ihrer gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten verringerten Arbeitsleistung anteilig zu kürzen (BAG 24.09.2008 - 10 AZR 634/07, NZA 2008, 1422). Erhalten Teilzeitbeschäftigte eine Leistung nur anteilig entsprechend ihrem reduzierten Arbeitszeitvolumen im Verhältnis zur Vollzeit, gibt es für die geringere Zahlung vor dem Hintergrund des § 4 Abs. 1 Satz 2 TzBfG daher zunächst keinen anderen Grund als die geringere Arbeitszeit und damit die quantitativ geringere Arbeitsleistung. In quantitativer Hinsicht ist jedoch eine unterschiedliche Abgeltung von Teilzeit- und Vollzeitarbeit insofern gestattet, als eine Kürzung von (Sonder-)Zahlungen entsprechend dem Anteil am Arbeitszeitvolumen eines vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten vorgenommen wird; das stellt § 4 I 2 TZzBfG ausdrücklich klar (pro-rata-temporis-Grundsatz). Liegt der Kürzung eine solche rein quantitative Betrachtung zugrunde, handelt es sich bereits nicht um eine rechtfertigungsbedürftige Ungleich- sondern gerade um Gleichbehandlung (st. Rspr., vgl. etwa BAG 19.10.2010 – 6 AZR 305/09, ZTR 2011, 29; BAG 24.9.2008 – 10 AZR 634/07, AP TVöD § 24 Nr. 1; Ascheid/Preis/Schmidt/Greiner, 7. Aufl. 2024, TzBfG § 4 Rn. 7b, beck-online).
60c. Soweit die Beklagte ausführt, auf der Vorstands- und Geschäftsführersitzung vom 30.03.2023 sei beschlossen worden, dass der Anspruch nur einmal bestehe, wenn ein Mitarbeiter bei beiden Beklagten beschäftigt wird, ist dies für den Anspruch nicht erheblich. Eine entsprechende Einschränkung ist der Gesamtzusage nicht zu entnehmen. Der Kläger verfügt über zwei Arbeitsverhältnisse zu zwei Arbeitgebern. Unstreitig wurde bei beiden Arbeitgebern das Schreiben vom 26.06.2023 an die Arbeitnehmer versandt. Es handelt sich damit um wortgleiche Gesamtzusagen von zwei Arbeitgebern, die jeweils Ansprüche der Arbeitnehmer begründen und unabhängig voneinander bestehen.
61d. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
62III. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 100 Abs. 1 und 2 ZPO. Die Revision wurde nicht zugelassen, da die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen.