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1. Das Mitbestimmungsverfahren nach §§ 70,38 BPersVG und das Mitwirkungsverfahren nach §§ 81, 85 BPersVG sind zwei unterschiedliche Verfahren. Der Arbeitgeber kann zwar beide Verfahren miteinander verbinden, er muss es jedoch nicht.
2. Die ordnungsgemäße Durchführung des Mitbestimmungsverfahrens nach §§ 70, 78 Abs. 1 Nr. 3 u. 4 BPersVG ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung der mit diesen Zielen erklärten Änderungskündigung.
Einzelfallentscheidung zu einer verhaltensbedingten Änderungskündigung im öffentlichen Dienst.
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 23.08.2023 – 4 Ca 691/23 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
2Die Parteien streiten im Wesentlichen über die Wirksamkeit einer –von der Klägerin unter Vorbehalt angenommenen– verhaltensbedingten Änderungskündigung, mit der der Arbeitsvertrag der Klägerin dahingehend geändert werden soll, dass von ihr Tätigkeiten mit der Wertigkeit der Entgeltgruppe EG 12 TVöD statt bisher Tätigkeiten der EG 14 TVöD geschuldet sind.
3Die am 1978 geborene Klägerin ist ledig und hat keine Unterhaltspflichten. Die Klägerin verfügt über einen Masterabschluss „Internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik" sowie einen Bachelor in Kulturwissenschaften.
4Sie wurde mit Wirkung vom 01.06.2011 in Vollzeit zunächst befristet eingestellt und war seitdem als Referentin in vielen Referaten der Beklagten eingesetzt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der TVöD Bund Anwendung. Die Klägerin war zuletzt in die EG 14 TVöD Bund eingruppiert, ihre Quartalsvergütung betrug 19.596,15 Euro brutto.
5Spätestens seit September 2019 ist das Arbeitsverhältnis der Parteien belastet.
6Die Beklagte warf der Klägerin zahlreiche und sich wiederholende Schlechtleistungen insbesondere in Hinblick auf ihre Arbeitsweise und ihr Kommunikationsverhalten vor.
7Die Beklagte erteilte der Klägerin acht Abmahnungen, die alle auf Betreiben der Klägerin gerichtlich überprüft wurden. Das LAG Köln hielt hiervon vier Abmahnungen für wirksam (rechtskräftige Urteile vom 14.06.2024 – 10 Sa 547/23 – und – 10 SLa 92/24 –). Diese betrafen folgende Sachverhalte:
8Abmahnung vom 04.01.2021: Pflichtverletzungen bzgl. Fristsetzung und Kommunikation sowie der Organisation der Zuarbeit (Bl. 602-609 der erstinstanzlichen Akte).
Abmahnung vom 04.01.2021: Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Erstellung des Entwurfs einer Leitungsvorlage (Bl. 586-591 der erstinstanzlichen Akte).
Abmahnung vom 20.07.2021: Pflichtverletzungen bei der fach- und sachgerechte Prüfung der Zuwendungsfähigkeit, wodurch es zu erheblichen Belastungen der ansonsten sehr guten Beziehungen mit dem externen Partner s gGmbH gekommen ist (Bl. 633-639 der erstinstanzlichen Akte).
Abmahnung vom 10.03.2022: Pflichtverletzungen aufgrund eines Fristversäumnisses und inhaltlicher Mängel hinsichtlich einer Leitungsvorlage für die Ministerin (Bl. 812-819 der erstinstanzlichen Akte).
Die D G I Z (G) führt Sektorvorhaben der Technischen Zusammenarbeit für die Beklagte durch. Sektorvorhaben (SV) haben das Ziel, die entwicklungspolitischen Wirkungen in einem Sektor/Politikfeld bzw. zu einem sektoralen Thema zu erhöhen. Sektorvorhaben unterstützen die Beklagte mit fachlicher Zuarbeit und innovativen Ansätzen dabei, entwicklungspolitische Ziele zu erreichen. Von der G als Durchführungsorganisationen (abgekürzt: DO) war das Sektorvorhaben Ernährungssicherung des Aktionsfeldes „Ernährungssicherung" im Kernthema „eine Welt ohne Hunger" der Beklagten vorgeschlagen worden. Es war das Ziel der Durchführungsorganisation, von der Beklagten mit der eigenständigen Erbringung der vorgeschlagenen Leistungen beauftragt werden, um die sektorpolitischen Ziele der Beklagten zu unterstützen.
14Das beauftragende Sektorreferat bei der Beklagten war das Referat 123 und die Klägerin die hierfür zuständige Referentin.
15Das „Handbuch der bilateralen EZ, Verfahrensablauf für die Planung und Durchführung von Sektorvorhaben der G und Vorhaben für die internationale Zusammenarbeit mit Regionen (IZR)" bildet die Grundlage für den Verfahrensablauf. Der vorgeschriebene Verfahrensablauf sieht unter anderem die Anforderung einer Kurzstellungnahme (durch BMZ), die Erörterung der Kurzstellungnahme (BMZ und DO) sowie die Erteilung des Prüfauftrages durch BMZ vor (vgl. die einzelnen Verfahrensschritte Bl. 4 des Schriftsatzes der Beklagten vom 23.06.2023, Bl. 203 der erstinstanzlichen Akte). Zur Erörterung der Kurzstellungnahme heißt es in der Handreichung wie folgt (vgl. Anlage B 5, BI. 302 ff. erstinstanzlichen Akte):
16(Funktion des Schrittes)
17- die Erörterung der Kurzstellungnahme bildet für das projektführende Referat die Grundlage, auf der es den Auftrag zur weiteren Vorbereitung des Moduls erteilt.
18- Die Erörterung der Kurzstellungnahme ist für das projektführende Referat der zentrale Ansatzpunkt für die entwicklungspolitische Steuerung des Moduls. In diesem Rahmen macht das BMZ entwicklungspolitische Vorgaben und schafft die Verbindung zu übergeordneten Strategien.
19- (...)
20(Regelungen) die Erörterung erfolgt in einer gemeinsamen Sitzung des BMZ mit der verantwortlichen DO. Sollte eine gemeinsame Sitzung in Ausnahmefällen nicht möglich sein, so erfolgt die Erörterung der Kurzstellungnahme mit der DO in anderer zweckmäßiger Form
21- (...)
22Die Zuständigkeit der Klägerin ergibt sich aus Ziffer 4.4 der Tätigkeitsbeschreibung für die Sektorberatung Ernährungssicherung (Anlage B 13, BI. 335 d. erstinstanzlichen Akte). Mit Schreiben vom 22.04.2022 versandte der Auftragsverantwortliche der DO, Herr D, die Kurzstellungnahme, allerdings nicht an alle Referate der Beklagten, deren Zuständigkeit von dem Modul berührt waren.
23Die versehentlich nicht berücksichtigten Referate wurden von der Klägerin mit Schreiben vom 26.04.2022 (Anlage B 6, BI 324 d. erstinstanzlichen Akte) mit dem Hinweis angeschrieben, dass, um so wenig Zeit wie möglich zu verlieren, sie sich mit GS 14 so verständigt hätte, dass sie ihre Anmerkungen zur Kurzstellungnahme innerhalb der genannten Frist einreichen können, welche zur Berücksichtigung vor/mit Erteilung des Prüfungsauftrages weitergeleitet würden.
24Im Anschluss leitete die Klägerin die Kommentierungen teilweise 1:1 weiter, wobei beispielsweise die verwendete Ich-Form des Kommentierenden übernommen wurden sowie noch die Anrede an die Klägerin oder Formulierungen wie „was ich noch gar nicht auf dem Schirm hatte" des Kommentierenden. Die Kommentierung der Klägerin beschränkt sich darauf, dass die Anmerkungen einerseits ausführlich seien, aber auch interessante Punkte beinhalteten und um die Einschätzung des Auftragsverantwortlichen der Durchführungsorganisation gebeten werde, welche Aspekte sinnvollerweise berücksichtigt werden können/sollen. Hinsichtlich der Tiergesundheit wäre sie interessiert, inwiefern es Sinn mache, diesen neuen Aspekt im Rahmen der konsolidierten SV zu berücksichtigen, auch im Hinblick auf die Kapazitäten. Sie denke, dass sie sich vorrangig auf die neuen Aspekte Klima und Biodiversität konzentrieren sollten. Wegen der Einzelheiten wird auf die ausgetauschten E-Mails und den Sachvortrag der Beklagten (S. 610 des Schriftsatzes vom 23.06.2023, Bl. 324 ff. der erstinstanzlichen Akte) verwiesen.
25Ihr Vorgesetzter H schrieb unter dem 05.05.2022 folgende E-Mail an die Klägerin:
26„Liebe R, ich bin sehr überrascht, dass du hier völlig ungefiltert offensichtlich schnell zusammengeschrieben Kommentare aus anderen Referaten [„hatte ich noch gar nicht auf dem Schirm“; „habe ich bisher nicht herausfinden können“, „vielleicht kann hier nochmals nachgeforscht werden") als Reaktion von 123 auf eine KStN für ein für SEWOH so wichtiges Vorhaben gibst. Dein eigener Input beschränkt sich hier auf die Bewertung, die Punkte seien „interessant" (was immer das heißen soll) und darauf, Hr. D zu fragen, „welche Aspekte sinnvollerweise berücksichtigt werden können/sollten". Das erfüllt in keinster Weise den Anspruch einer politischen Steuerung. Ich hoffe sehr, dass wir das im weiteren Austausch mit Hr. D glatt gezogen kriegen.“
27Zu den Aufgaben der Klägerin im Referat 123 gehörten nach der Tätigkeitdarstellung (Anlage B 13, BI. 335 d. erstinstanzlichen Akte) folgende Aufgaben:
284.2 Betreuung Globalvorhaben (GV) zur Ernährungssicherung und Resilienzstärkung; Sektorvorhaben in Agrarpolitik und Ernährungssicherung
29- Vorhaben bewerten und beauftragen, z.B. prüfen der Wirkungslogik, abstimmen von (Änderungs-) Angeboten mit dem Länder- und Grundsatzbereich
30- Einzelne Vorhaben (Länderpakete) des GV bewerten und beauftragen, z.B. prüfen der Wirkungslogik, inhaltliche Abstimmungen mit Länderbereich und GV vornehmen
31Der Klägerin wurde am 28.03.2022 der siebte Fortschrittsbericht für den Zeitraum 2021/22 zur Maßnahme „Globalvorhaben Ernährungssicherung und Resilienzstärkung" zugeleitet von der Programmleiterin des Programms Ernährungssicherung und Resilienzstärkung im Bereich Sektor und Globalvorhaben Frau L-N. Gemäß der Handreichung Nr. HR067 hätte der G innerhalb einer Frist von sechs Wochen eine Rückmeldung gegeben werden müssen.
32Darüber hinaus wurde die Klägerin von ihr am 20.01.2022 gebeten, einen Jour fixe einzurichten, worüber schon einige Male gesprochen worden sei. Die Klägerin antwortete unter dem 21.01.2022, dass sie gerne monatliche Jour fixe-Termine anstreben würde, beginnend mit dem 27.01.2022. Zudem wurde die Klägerin unter dem 28.02.2022 daran erinnert, eine WebEx Einladung für den morgigen Termin zu versenden, sowie für den Regeltermin (Jour fixe) an den letzten Freitagen im Monat (diesbezüglich wird auf die Anlagen B 15-B 17, BI. 340ff. der erstinstanzlichen Akte verwiesen).
33Zudem schrieb Frau L-N von der G unter dem 05.05.2022 auszugsweise wie folgt an die Klägerin:
34„Wir hatten ja vereinbart einmal im Monat einen Jour fixe abzuhalten. Der letzte Jour fixe war Ende Februar. Den von ihnen Anfang des Jahres angekündigte WebEx Serientermin habe ich nicht erhalten bzw. dieser war falsch angelegt und sie wollten ihn korrigieren lassen. Um wichtige Verfahrensfragen, Themen und Entscheidungen regelmäßig mit Ihnen abstimmen und besprechen zu können, möchte ich sie bitten, dass wir den Jour fixe-Regeltermin (über WebEx) wieder zeitnah aufnehmen und in unserem Kalender aufnehmen.“
35Ihr Vorgesetzter N von der G schrieb unter dem 06.05.2022 auszugsweise wie folgt an den Vorgesetzten der Klägerin H:
36„Leider gibt es noch immer einen Kommunikations-Gap zwischen Frau A und dem GV ES. C L versucht seit längerer Zeit verzweifelt den regelmäßigen Kontakt/Austausch mit R A zu etablieren, was leider - wie du aus angehängte Nachricht entnehmen kann - nicht funktioniert. So hat C L heute keine Meldung zum letzten PFB erhalten, der Ende März an Frau A ging, und die JF-Regeltermine werden seitens Frau A verschoben bzw. nicht eingehalten. Frau L ist da offen gesprochen recht verzweifelt und hat mich auch um Rat gefragt, ob sie alternativ mit wichtigen Anliegen, welche die Umsetzung des GV betreffen, in Zukunft besser direkt auf Dich zukommt.“
37Am 16.08.2022 beteiligte die Beklagte ihren Personalrat. Das Anschreiben war wie folgt überschrieben: „Beteiligung des Personalrats nach § 85 Abs. 1 des Bundespersonalvertretungsgesetztes (BPersVG), Änderungskündigung gegenüber Frau R A“. Einleitend führte die Beklagte wie folgt aus: „wir beabsichtigen, gegenüber Frau R A eine Änderungskündigung unter Einhaltung der arbeitsvertraglich maßgeblichen ordentlichen Kündigungsfrist zu erklären. Nach unserer Auffassung beträgt die Kündigungsfrist nach § 30 Abs. 5 TVöD vier Monaten zum Quartalsende, endet also zum 31. Dezember 2022. Die in Vollzeit beschäftigte Frau A ist nach der von ihr auszuübenden Tätigkeit in Entgeltgruppe (EG) 14 TV EntGO Bund (nachfolgend TVöD) eingruppiert. Ihre Leistungen entsprechen jedoch nicht dem Anforderungsprofil der EG 14 TVöD, was durch inzwischen acht erteilte Abmahnungen belegt ist. Weitere Schlechtleistungen geben uns nun Veranlassung, eine Änderungskündigung auszusprechen, mit der Frau die Weiterbeschäftigung mit einer Tätigkeit und Eingruppierung nach der EG 12 TVöD angeboten wird.“
38Weiter führte sie u.a. aus: „Vielmehr ist ihr eine Tätigkeit gemäß EG 12 TVöD über eine Änderungskündigung zu übertragen, bei der sich die immer wieder auftretenden Defizite nicht mehr niederschlagen und sie dem Anforderungsprofil gerecht wird. Die Herabstufung in die EG 12 TVöD ist erforderlich, um den in den Abmahnungen dokumentierten andauernden Problemen in der Arbeitsleistung von Frau A zu begegnen und sie künftig ihren Fähigkeiten entsprechend einzusetzen. Die langjährige Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Frau A in verschiedenen Verwendungen zeigt, dass diese nicht sinnvoll im höheren Dienst eingesetzt werden kann. Ihre Führungskräfte haben in den letzten Jahren immer wieder erfolglos versucht, sie durch enge Führung und kleinteilige Anleitung an Aufgaben des höheren Dienstes heranzuführen. Eine Chance auf eine künftige funktionierende Zusammenarbeit besteht nach diesen Erfahrungen nur, wenn Frau A Aufgaben mit deutlich weniger Eigenverantwortung übertragen bekommt. Daher ist mindestens eine Rückgruppierung in die nächstniedrigere Laufbahn erforderlich.“
39Wegen des weiteren Inhalts der Personalratsbeteiligung wird auf Bl. 565-592 der erstinstanzlichen Akte Bezug genommen.
40Am 25.06.2022 teilte der Personalrat der Beklagten mit, dass er keine Einwendungen erhebe und ergänzte, dass er eine „Heranführung an die gD Aufgaben" und auch eine Unterstützung der künftigen Führungskraft der Klägerin für notwendig erachte.
41Die Beklagte bat am 25.08.2022 beim Personalrat um Bestätigung, dass die Rückmeldung als Mitwirkung nach § 85 BPersVG ohne Einwendung zu verstehen ist. Der Personalrat bejahte dies am 26.08.2022.
42Die Beklagte sprach unter dem 26.08.2022 eine Änderungskündigung durch den Leiter der Zentralabteilung Ministerialdirektor Dr. M S aus, in welcher die ordentliche fristgerechte Kündigung zum 31.12.2022 erklärt wurde und zugleich ab dem 01.01.2023 die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Änderung angeboten wurde, dass sie in die Entgeltgruppe 12 TVöD eingruppiert werde (BI. 546-548 der erstinstanzlichen Akte). Der Kündigung war u.a. die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien beigefügt.
43Die Klägerin nahm die Änderung der Arbeitsbedingungen unter dem 02.09.2022 unter dem Vorbehalt an, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist. Zudem wies sie über ihre Prozessbevollmächtigte die Kündigung wegen einer fehlenden Kündigungsvollmacht zurück, da sich diese nicht aus der Übersendung der gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien ergebe. Der Zurückweisung war keine Originalvollmacht der Prozessbevollmächtigten der Klägerin beigefügt. Die Beklagte wies die Zurückweisung mit einem vom Staatssekretär F verfassten Schreiben vom 05.09.2022 zurück, weil das bei der Beklagten als Telekopie eingegangene Zurückweisungsschreiben keine eigenhändige von der Klägerin unterschriebene Vollmacht enthielt.
44Seit Januar 2023 wird die Klägerin mit Tätigkeiten der EG 12 beschäftigt und entsprechend vergütet. Seit April 2023 wird sie als Sachbearbeiterin im Referat Z 20 eingesetzt. Seitdem gibt es keine Beanstandungen mehr.
45Mit der am 16.09.2022 beim Arbeitsgericht Bonn eingegangenen Klage wehrt sich die Klägerin gegen die Änderungskündigung.
46Die Klägerin hat bestritten, dass der Personalrat der Beklagten wirksam angehört worden sei und keine Einwendungen erhoben habe. Der Personalrat hätte zudem die Zustimmung zur Herabgruppierung erteilen müssen.
47Bezüglich der die Änderungskündigung auslösenden Sachverhalte ist sie der Auffassung gewesen, dass ihr keine Pflichtverletzung vorzuwerfen sei.
48Bei den Kommentierungen sei die Vorgehensweise mit dem Referat abgesprochen gewesen, da zuvor teilweise Referate nicht beteiligt worden seien. Diese Abstimmung habe beinhaltet, dass Kommentierungen von ihr eingeholt und gebündelt an die G weitergeleitet würden mit der Bitte um Einschätzung.
49Bezüglich des Projektfortschrittsberichts, welcher in ihrer Abwesenheit am 28.03.2022 eingegangen sei, habe sie erst in einer Fortbildung Ende April 2022 erfahren, dass Projektberichte innerhalb von sechs Wochen grundsätzlich abzunehmen seien. Der Projektfortschrittbericht von 450 Seiten habe daher nicht unmittelbar bearbeitet werden können. Im Jour fixe am 23.5.2022 habe die Klägerin Frau L informiert, dass der Bericht aufgrund der aktuellen Situation zunächst nicht bearbeitet werden könne. Die Rückmeldung habe nach längerer Abwesenheit wegen Sommerurlaub und längerer Erkrankung im September 2022 erfolgen können. Eine Verschweigefrist sei nicht gegeben. Aus ihrer Sicht sei die Angelegenheit damit erledigt gewesen. Die Einrichtung eines regelmäßigen Jour fixe-Termin sei kein Teil ihrer Tätigkeitsdarstellung. Bei der Vielzahl an Vorhaben wäre ein Jour fixe mit jedem Vorhaben monatlich und schon gar nicht alle zwei Wochen möglich.
50Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
511. festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der schriftlichen Änderungskündigung vom 26.08.2022 unwirksam ist;
2. hilfsweise festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 26.08.2022, zugegangen am 26.08.2022, mit Ablauf des 31.12.2022 beendet worden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
56die Klage abzuweisen.
57Die Beklagte hat bestritten, dass vereinbart worden sei, dass es bei dem Sektorvorhaben Ernährungssicherung reiche, die Weiterleitung von Eingaben aus nichtbeteiligten Referaten ohne eigene Bewertung an die Durchführungsorganisation zu überlassen. Es sei lediglich zugestimmt worden, dass die Erörterung der Kurzstellungnahme mit den nichtbeteiligten Referaten schriftlich nachgeholt werden könnte.
58Die Beklagte ist der Auffassung gewesen, dass die Klägerin die an sie gestellten Anforderungen, die sich unmittelbar aus ihrer Tätigkeitsbeschreibung ergäben, verkenne. Es fehle an einer eigenverantwortlichen Bearbeitung der ihr obliegenden Aufgaben auf der Grundlage ihres akademisch geschulten Urteilsvermögens unter Berücksichtigung der ihr vorliegenden eindeutigen Vorgaben. Arbeitsergebnisse anderer beteiligter Referate würden ungefiltert weitergegeben, ohne eine eigene Bewertung vorzunehmen. Zudem falle ihre fehlende Kompetenz bei der mangelnden Abstimmung mit Partnerorganisationen auf. Das Verhältnis zu den Partnerorganisationen werde erheblich beeinträchtigt. Den Abmahnungen und dem Kündigungssachverhalt sei der Vorwurf gemeinsam, dass die Klägerin bei unterschiedlichsten Aufgaben und Tätigkeiten in den Referaten und mit verschiedenen Vorgesetzten der von ihr verlangten akademischen Qualifikation nicht ansatzweise gerecht werde. Sie verirre sich in Details und werfe tatsächlich sich nicht stellende Fragen auf, mit denen sie ihre wie auch fremde Arbeitskraft unnötig binde.
59Darüber hinaus ist sie der Auffassung gewesen, dass die Kündigung keiner Beifügung einer Originalvollmacht bedurfte, da die Rechtsgrundlage keine rechtsgeschäftliche Bevollmächtigung sei, sondern das Vertreterhandeln auf gesetzlicher Grundlage erfolgt sei.
60Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 23.08.2023 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin als Referentin eine herausgehobene und verantwortliche Tätigkeit hatte und ihre qualitativen Schlechtleistungen nicht nur das Verhältnis zu anderen Organisationen beeinträchtigt haben, sondern auch die Arbeitskraft von Vorgesetzten und Externen unnötig gebunden worden sei. Die Klägerin sei auch ausreichend abgemahnt worden, ohne dass sich ihr Verhalten geändert habe. Der Personalrat sei ordnungsgemäß zur Änderungskündigung angehört worden. Eine Beteiligung hinsichtlich der Rückgruppierung sei nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit der Änderungskündigung, da die Verfahren unterschiedlich seien und die Beteiligung jederzeit nachgeholt werden könne. Ob der Kündigung eine Vollmacht hätte beigefügt werden müssen, könne dahinstehen, da die Zurückweisung nach § 174 BGB ihrerseits nach § 174 BGB wirksam zurückgewiesen worden sei.
61Gegen dieses ihr am 04.10.2023 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19.10.2023 Berufung eingelegt und diese – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 04.01.2024 – am 04.01.2024 begründet.
62Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.
63Der Personalrat sei zwar zur Änderungskündigung ordnungsgemäß angehört worden, aber nicht nach § 78 Abs. 1 Nr. 2-4 BPersVG zur Rückgruppierung. Daher sei sie berechtigt, auf einer EG 14 Position zu arbeiten und bezahlt zu werden. Hierüber verhielten sich die Hilfsanträge.
64Die Klägerin ist der Ansicht, sie sei nur für die Tätigkeiten des höheren Dienstes befähigt, aber mangels Verwaltungsausbildung nicht zu denen des gehobenen Dienstes.
65Ministerialdirektor Dr. S sei als Vertreter des Staatssekretärs nicht zur Kündigung befugt gewesen.
66Hinsichtlich der Kündigungsgründe habe sie sich nichts vorzuwerfen. Es sei auch kein Schaden entstanden.
67Den beteiligten Referaten sei kommuniziert worden, dass ihre etwaigen Kommentare weitergeleitet werden. Sie hätte die zum Teil sehr spezifischen Kommentare anderer Fachreferate nicht bearbeiten oder abändern können, da sie keine Fachkenntnisse aus diesen Referaten habe.
68Aufgrund einer Terminkollision am 25.02.2022 habe die Klägerin an Frau L am 18.02.2022 eine WebEx-Einladung für den 01.03.2022 versandt.
69Weitere Jour fixe Termine im März und April 2022 hätten nicht stattgefunden, weil sie vom 25.03. bis 14.04.2022 Urlaub hatte.
70Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung verwiesen.
71Die Klägerin beantragt nunmehr sinngemäß,
72unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichtes Bonn vom 23.08.2023, Az. 4 Ca 691/23, festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der schriftlichen Änderungskündigung vom 26.08.2022 unwirksam ist;
73hilfsweise für den Falls des Unterliegens,
74a) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin mit Aufgaben des höheren Dienstes ab dem 01.01.2023 zu beschäftigen und die Tätigkeit nach EG 14 zu bezahlen;
75b) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 11.349,64 Euro brutto (Bruttodifferenz zwischen EG 12 und EG 14) ab dem 01.01.2023 zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (23.08.2024).
76Die Beklagte beantragt,
77die Berufung zurückzuweisen.
78Sie verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags das angegriffene Urteil. Durch das Schreiben vom 16.08.2022 sei auch der Mitbestimmung nach § 70 BPersVG entsprochen worden.
79Der ihr am 23.08.2024 zugestellten Klageerweiterung (Hilfsanträge) stimme sie nicht zu.
80Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
81Entscheidungsgründe
82I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
83II. Das Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen, denen sich die Kammer anschließt. Die erstmalig in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsanträge haben ebenfalls keinen Erfolg. Das Vorbringen der Klägerin in der Berufungsinstanz bietet lediglich Anlass zu folgenden ergänzenden Ausführungen:
841. Die Änderungskündigung vom 26.08.2022 ist wirksam und hat mit Wirkung vom 01.01.2023 das Arbeitsverhältnis der Parteien dergestalt geändert, dass nunmehr Tätigkeiten mit der Wertigkeit der EG 12 TVöD geschuldet werden.
85a) Die Kündigung ist nicht bereits wegen fehlender Vorlage einer auf den Leiter der Zentralabteilung Dr. S lautenden Vollmachtsurkunde unwirksam (§ 174 Satz 1 BGB).
86aa) Der Anwendungsbereich des Zurückweisungsrechts des § 174 Satz 1 BGB ist im vorliegenden Fall nicht eröffnet. § 174 Satz 1 BGB gilt nach seinem Wortlaut und seiner Stellung im BGB unter dem “Titel 5. Vertretung und Vollmacht” nur für rechtsgeschäftlich bevollmächtigte Vertreter. Beruht die Vertretungsmacht nicht auf der Erteilung einer Vollmacht durch den Vertretenen, sondern auf gesetzlicher Grundlage, scheidet eine Zurückweisung aus. Die gesetzliche Vertretungsmacht beruht nicht auf einer Willensentscheidung des Vertretenen. Sie kann auch nicht durch eine Vollmachtsurkunde nachgewiesen werden. § 174 BGB mutet die mit der Inanspruchnahme gesetzlicher Vertretung verbundene Unsicherheit über die Wirksamkeit des Bestehens der behaupteten Vertretungsmacht dem Erklärungsempfänger zu (BAG, Urteil vom 10. Februar 2005 – 2 AZR 584/03 –, Rn. 49, juris).
87Der Leiter der Zentralabteilung Dr. S hat die Kündigungserklärung als gesetzlicher Vertreter der Beklagten abgegeben. Seine Vertretungsmacht folgt aus § 6 Abs. 4 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien. Dort ist geregelt, dass die Beklagte in Abwesenheit der Staatssekretäre durch den zuständigen Abteilungsleiter vertreten wird. Als Leiter der Zentralabteilung war er für Personalangelegenheiten zuständig.
88bb) Selbst wenn man von einer rechtsgeschäftlichen Vertretung ausginge, wäre die Kündigung insoweit nicht unwirksam. Denn das Zurückweisungsschreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wurde von der Beklagten ebenfalls gemäß § 174 BGB unverzüglich zurückgewiesen, weil ihm keine Originalvollmacht der Klägerin beigefügt war. Insoweit ist die Zurückweisung der Zurückweisung rechtlich erfolgreich möglich (vgl. Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), Urteil vom 9. Juni 2016 – 15 Sa 131/16 –, Rn. 93, juris).
89b) Die Kündigung ist am Maßstab des Kündigungsschutzgesetzes zu überprüfen, da das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate bestand (§ 1 Abs. 1 KSchG) und die Beklagte in ihrer Verwaltung regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer i.S.d. § 23 Abs. 1 KSchG beschäftigt. Die Klägerin hat auch rechtzeitig gemäß § 4 S. 1 KSchG innerhalb von 3 Wochen ab Zugang der Kündigung Klage erhoben.
90Dieser Überprüfung hält die Kündigung stand.
91Die Änderung der Arbeitsbedingungen ist sozial gerechtfertigt, weil der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen Gründe im Verhalten der Klägerin iSv. § 1 Abs. 2 KSchG entgegenstehen und die angebotenen geänderten Bedingungen dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechen. Insbesondere ist die Änderung geeignet und erforderlich, um weitere Vertragsstörungen zu vermeiden. Die Klägerin wurde zudem vor Ausspruch der Änderungskündigung mehrfach einschlägig abgemahnt.
92aa) Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass mehrere verhaltensbedingte Gründe für die Änderung der Arbeitsbedingungen iSv. § 2 Satz 1 KSchG iVm. § 1 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 KSchG vorlagen.
93Zunächst hat die Klägerin eine Pflichtverletzung begangen, als sie die im ministeriumsinternen Abstimmungsprozess erfolgten Kommentierungen der anderen Referate „1:1“ an die externe Organisation weitergeleitet hat, obwohl diese bereits ihrer Form und Formulierung nach hierzu nicht geeignet waren. Die Klägerin hat offensichtlich die einzelnen Kommentare der Referate nur per „copy & paste“ in einem Dokument zusammengefasst, anstatt sie sprachlich und inhaltlich in eine für Externe geeignete Form zu bringen. Das Dokument erhält teilweise noch die „Ich“-Form der kommentierenden Mitarbeiter der anderen Referate, deren Wissenslücken („hatte ich noch gar nicht auf dem Schirm“; „habe ich bisher nicht herausfinden können“, „vielleicht kann hier nochmals nachgeforscht werden") und Anreden („Liebe R (A)“).
94Dies ist und wirkt nicht nur unprofessionell, sondern demonstriert auch eine nicht hinnehmbare Gleichgültigkeit. Die Klägerin repräsentiert als Referentin das Ministerium gegenüber den Partnerorganisationen und vermittelt mit ihrer Arbeitsweise ein schlechtes Bild.
95Die Einlassungen der Klägerin hierzu zeigen bereits fehlendes Problembewusstsein und fehlende Einsicht. Es geht nicht darum, dass die Fachreferate gewusst haben, dass die fachlichen Kommentierungen letztlich auch der G bekanntgegeben werden oder darum, dass die Klägerin die Expertise der Fachreferate durch ihre eigene fehlende Expertise ersetzen sollte. Es geht vielmehr zunächst um die Arbeitsweise, die Außendarstellung und die Form der Kommunikation. Des Weiteren geht es auch um den Arbeitsinhalt. Als zuständige Referentin des projektführenden Referats oblag es ihr, im Rahmen der Erörterung der Kurzstellungnahmen das Modul entwicklungspolitisch zu steuern und Vorgaben zu machen. Dieser Verpflichtung kam sie allenfalls sehr rudimentär nach.
96Eine weitere Pflichtverletzung liegt in der nicht rechtzeitig vorgenommenen Rückmeldung zu dem Projektfortschrittsbericht. Selbst wenn die Klägerin erst Ende April 2022 davon erfahren haben sollte, dass sie binnen sechs Wochen diesbezüglich eine Rückmeldung geben müsse, rechtfertigt das Verstreichen von drei Wochen keine Verzögerung von vier Monaten (Vorlage im September 2022 statt im Mai 2022), selbst wenn Ende Mai kommuniziert worden ist, dass sich die Rückmeldung noch verzögere. Auch die von der Klägerin angegebenen Urlaubs- und Krankheitszeiten rechtfertigen keine derart lange Verzögerung.
97Auch die Nichtumsetzung und Nichteinhaltung der mit Frau L von der G Ende Januar 2022 vereinbarten monatlichen Jour fixe–Termine stellt eine Pflichtverletzung dar. Die Klägerin räumt selbst ein, dass zwischen dem 01.03.2022 und dem 23.05.2022 keine Jour fixe stattgefunden haben. Das ist ein Zeitraum von fast drei Monaten. Ein Urlaub der Klägerin vom 25.03. bis zum 14.04.2022 kann dies allein nicht rechtfertigen. Es ist bezeichnend, dass sich Frau L wegen der fehlenden Kommunikationsbereitschaft der Klägerin schon an ihren Vorgesetzten wenden musste, der wiederum hilfesuchend den Vorgesetzten der Klägerin kontaktiert hat.
98bb) Auch bei einer ordentlichen Änderungskündigung aufgrund von im Verhalten des Arbeitnehmers liegenden Gründen ist regelmäßig eine einzelfallbezogene Interessenabwägung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erforderlich. Die angebotenen Vertragsänderungen dürfen sich nicht weiter vom bisherigen Vertragsinhalt entfernen, als es zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (vgl. BAG 18.05.2017 – 2 AZR 606/16 – Rn. 11). Wie bei einer Beendigungskündigung bedarf es auch bei einer verhaltensbedingten Änderungskündigung grundsätzlich einer vorherigen Abmahnung (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 8. Dezember 2021 – 6 Sa 65/21 –, Rn. 29, juris; KR - Kommentar, 14. Auflage 2025, § 2 KSchG, Rn. 155).
99Die Klägerin wurde unter dem 04.01.2021 (zweifach), 20.07.2021 und 10.03.2022 insgesamt viermal abgemahnt, wobei die Rechtswirksamkeit der Abmahnungen gerichtlich rechtskräftig festgestellt wurde und damit auch für die erkennende Kammer feststeht. Die Abmahnungen stammen alle aus dem gleichen Pflichtenkreis, nämlich dem Arbeits- und Kommunikationsverhalten. Dennoch änderte die Klägerin ihr Verhalten nicht zum Besseren.
100Die Änderung der Arbeitsbedingungen, nämlich die Möglichkeit der Zuweisung von Tätigkeiten der EG 12 statt der EG 14, ist auch sonst verhältnismäßig. Insbesondere war die Beklagte nicht gehalten, der Klägerin zunächst eine Änderungskündigung zum Zwecke der Übertragung von Tätigkeiten der EG 13 auszusprechen. Denn die Anforderungen für Tätigkeiten der EG 13 und 14 sind sich hierfür zu ähnlich und unterscheiden sich im Wesentlichen nur im fachlichen Schwierigkeitsgrad. Die Probleme der Klägerin liegen jedoch nicht im fachlichen Schwierigkeitsgrad, sondern im Wesentlichen an ihrer Arbeitsweise und in ihrem Kommunikationsverhalten. Deshalb war es angemessen, dass die Beklagte der Klägerin unmittelbar eine Änderungskündigung zum Zwecke der Übertragung von Tätigkeiten der EG 12 ausgesprochen hat. Denn bei der Ausübung von Tätigkeiten der EG 12 hat die Klägerin weniger Außenwirkung und ihre Arbeitsleistung kann von Vorgesetzten besser strukturiert werden.
101Auch wenn es hierauf rechtlich nicht ankommt, weil der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt der Zeitpunkt des Zugangs der Änderungskündigung ist (KR - Kommentar, 14. Auflage 2025, § 2 KSchG, Rn. 176), zeigt sich die Richtigkeit der Prognose, weil es seit Umsetzung der Änderungskündigung zu keinen Pflichtverletzungen mehr gekommen ist.
102Das Änderungsangebot ist auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil die Klägerin für eine Tätigkeit der EG 12 nicht qualifiziert sei, weil sie über keine klassische Verwaltungsausbildung verfügt. Diese ist jedoch für eine Tätigkeit im „gehobenen Dienst“ keine zwingende Voraussetzung. Beschäftigte der EG 12 müssen aufgrund der Verweisungskette im TV EntgO Bund in persönlicher Hinsicht die Voraussetzungen der EG 9b erfüllen. Dies sind u.a. Beschäftigte im Büro- und sonstigen Innendienst mit abgeschlossener Hochschulbildung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin aufgrund ihrer Studienabschlüsse und ihrer Erfahrungen.
103c) Die Änderungskündigung ist nicht nach § 85 Abs. 3 BPersVG in Folge einer unterbliebenen oder fehlerhaften Beteiligung des Personalrats unwirksam.
104Denn zwischen den Parteien ist (zwischenzeitlich) unstreitig, dass der Personalrat nach § 85 Abs. 1 S. 1 BPersVG ordnungsgemäß an der ordentlichen Änderungskündigung beteiligt wurde und keine Einwendungen erhoben hat.
105d) Es kann für die Wirksamkeit der Änderungskündigung dahinstehen, ob der Personalrat ordnungsgemäß nach § 78 Abs. 1 Nr. 3 u. 4 BPersVG mitbestimmt hat. Eine Mitbestimmung nach § 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG scheidet bereits deshalb aus, weil die Bestimmung gilt nur für Beamte gilt (Richardi/Dörner/Weber/Annuß/Annuß, 6. Aufl. 2024, BPersVG § 78 Rn. 25).
106Das Mitbestimmungsverfahren nach §§ 70, 78 BPersVG und das Mitwirkungsverfahren nach §§ 81, 85 BPersVG sind zwei unterschiedliche Verfahren. Der Arbeitgeber kann zwar beide Verfahren miteinander verbinden, er muss es jedoch nicht (BAG, Urteil vom 3. November 1977 – 2 AZR 277/76 –, juris).
107Einer Mitbestimmung nach §§ 70, 78 BPersVG bedurfte es für den Ausspruch der Änderungskündigung nicht, da durch sie zunächst nur die individual-rechtlichen Voraussetzungen für die dann vorzunehmenden mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen der Übertragung einer niedriger zu bewertenden Tätigkeit mit entsprechender Eingruppierung geschaffen werden. Mit der Änderungskündigung selbst wurde der Klägerin nämlich keine konkrete niedriger zu bewertende Tätigkeit übertragen. Dementsprechend hat sich hierdurch auch nicht ihre Eingruppierung geändert. Vielmehr wurde durch die Änderungskündigung der Arbeitsvertrag der Klägerin dahingehend geändert, dass die Klägerin mit Ablauf der Kündigungsfrist Tätigkeiten mit der Wertigkeit der EG 12 schuldet, die ihr die Beklagte dann im Rahmen des Direktionsrechts zuweisen kann.
108Im Übrigen ist die ordnungsgemäße Durchführung des Mitbestimmungsverfahrens nach §§ 70, 78 Abs. 1 Nr. 3 u. 4 BPersVG auch keine Wirksamkeitsvoraussetzung der mit diesen Zielen erklärten Änderungskündigung (vgl. zum BetrVG: BAG, Urteil vom 18. Mai 2017 – 2 AZR 606/16 –, Rn. 18; BAG, Urteil vom 22. April 2010 – 2 AZR 491/09 –, Rn. 15; BAG, Urteil vom 8. Juni 1995 – 2 AZR 739/94 –, Rn. 12, juris, mwN.).
1092. Die mit der Berufung vorgenommene Klageerweiterung hat ebenfalls keinen Erfolg. Die Klageänderung ist gemäß § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG in Verbindung mit § 533 ZPO zulässig. Zwar hat die Beklagte der Klageänderung nicht zugestimmt, aber die Kammer hielt sie für sachdienlich. Zudem ist sie auf Tatsachen gestützt worden, die die Kammer ihrer Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hatte.
110a) Der Hilfsantrag zu a) ist unzulässig und unbegründet.
111aa) Ihm fehlt es zunächst nicht an der hinreichenden Bestimmtheit iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Zwar ist die Formulierung „mit Aufgaben des höheren Dienstes“ nicht hinreichend bestimmt, weil der höhere Dienst alle Entgeltgruppen ab EG 13 umfasst. Durch die Klagebegründung wird aber deutlich, dass sie mit dem Feststellungsantrag begehrt, „auf einer EG 14 Position zu arbeiten, also entsprechend beschäftigt zu werden und bezahlt zu werden“ (Bl. 529 d.A.). Die Kammer versteht den Antrag dahingehend, dass die Klägerin festgestellt haben möchte, dass sie mit Aufgaben der Wertigkeit der EG 14 zu beschäftigen ist.
112Für diesen Antrag fehlt es aber am besonderen Feststellungsinteresse iSd. § 256 ZPO. Denn die Frage, ob die Klägerin Tätigkeiten mit der Wertigkeit der EG 12 oder der EG 14 schuldet und erbringen muss, ist bereits Gegenstand der Änderungskündigung. Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist nicht die Wirksamkeit der Kündigung, sondern der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen (BAG, Urteil vom 26. Januar 2012 – 2 AZR 102/11 –, BAGE 140, 328-335, Rn. 13).
113bb) Der Antrag ist aber auch unbegründet.
114Hat der Arbeitnehmer das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen, ist er nach Ablauf der Kündigungsfrist auch während der Dauer des Rechtsstreits verpflichtet, zu geänderten Bedingungen zu arbeiten. Ein vorläufiger Weiterbeschäftigungsanspruch, zunächst zu den alten Arbeitsvertragsbedingungen weiter beschäftigt zu werden, besteht nicht. Mit dem Zugang der Vorbehaltserklärung ist ein Arbeitsvertrag entstanden, der unter der auflösenden Bedingung des Obsiegens des Arbeitnehmers im Rechtsstreit steht. Hat die Änderungsschutzklage des Arbeitnehmers Erfolg, gilt die Änderung der Arbeitsbedingungen nach § 8 KSchG als von Anfang an unwirksam. Die früheren Arbeitsbedingungen sind insoweit wiederherzustellen, als die Rückwirkung tatsächlich auch durchführbar ist. Hat der Arbeitnehmer z.B. aufgrund der geänderten Arbeitsbedingungen weniger Entgelt als zuvor erhalten, ist ihm die Entgeltdifferenz nachzuzahlen. Wird die Änderungsschutzklage des Arbeitnehmers abgewiesen, verliert der von ihm ausgesprochene Vorbehalt seine Wirkung. Mit Rechtskraft der Entscheidung werden die geänderten Arbeitsbedingungen endgültig verbindlicher Vertragsinhalt (Gallner/Mestwerdt/Nägele, Kündigungsschutzrecht, KSchG § 2 Rn. 36 mwN.).
115Dementsprechend ist die Klägerin seit dem 01.01.2023 verpflichtet, Tätigkeiten mit der Wertigkeit der EG 12 auszuüben. Die Beklagte kann ihr im Rahmen des Direktionsrechts auch nur Tätigkeiten dieser Wertigkeit zuweisen. Dies gilt jedenfalls solange nicht die Unwirksamkeit der Änderungskündigung rechtskräftig festgestellt wurde.
116Selbst wenn man zugunsten der Klägerin unterstellen würde, dass die Beklagte ihren Personalrat nicht ordnungsgemäß nach §§ 70, 78 Abs. 1 Nr. 3 u. 4 BPersVG bei der tatsächlichen Zuweisung der neuen Tätigkeit der EG 12 beteiligt hätte, ergäben sich hieraus nicht die geltend gemachten individualrechtlichen Ansprüche der Klägerin. Vielmehr stünde der Klägerin allenfalls ein Leistungsverweigerungsrecht zu. Die Beklagte könnte die Beteiligung zudem jederzeit nachholen.
117bb) Der Hilfsantrag zu b) ist ebenfalls unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die geltend gemachte Differenzvergütung zwischen EG 12 und EG 14.
118Der Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus §§ 2, 8 KSchG, 611a Abs. 2 BGB, weil nicht rechtskräftig festgestellt wurde, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt ist. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen.
119Der Anspruch ergibt sich ebenfalls nicht aus § 611a Abs. 2 BGB iVm. §§ 12, 15 TVöD. Denn die Klägerin hat unstreitig seit dem 01.01.2023 Tätigkeiten mit der Wertigkeit der EG 12 ausgeübt. Dementsprechend war sie in Anwendung des TVöD in die EG 12 eingruppiert.
120III. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung zu tragen. Gründe für eine Revisionszulassung sind nicht gegeben, da die Entscheidung auf den Umständen des vorliegenden Einzelfalls beruht.