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1. Die Pflicht zur Zahlung von Verzugszinsen setzt ein Verschulden des Schuldners voraus, das bei einer objektiv zweifelhaften Rechtslage ausgeschlossen sein kann (BAG v. 13.06.2002 - 5 AZR 385/20 -).
2. Mit dem Urteil des 4. Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 28.02.2018 - 4 AZR 816/16 - war höchstrichterlich geklärt, dass in der Serviceeinheit eines Gerichts die „Betreuung der Aktenvorgänge in der Geschäftsstelle vom Eingang bis zum Abschluss des Verfahrens“ einen einzigen großen Arbeitsvorgang darstellt. Die Zahlungsansprüche, die sich aus einer in diesem Zusammenhang fehlerhaften Eingruppierung ergeben, sind zu verzinsen. Das beklagte Land kann sich wegen der besagten höchstrichterlichen Rechtsprechung jedenfalls seit dem 28.02.2018 nicht auf fehlendes Verschulden berufen.
3. Es bedarf keines besonderen Verzichts auf die Verjährungseinrede hinsichtlich der Zinsen, wenn schon hinsichtlich des Hauptanspruchs auf die Einrede verzichtet worden ist.
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 29.05.2024 - 9 Ca 442/24 - abgeändert und das beklagte Land wird verurteilt, an die Klägerin als Verzugsschaden 6.199,09 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 22.01.2024 an die Klägerin zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat das beklagte Land zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um die Zahlung von Verzugszinsen aus einer inzwischen unstreitigen Hauptforderung. Bei dieser Hauptforderung ging es um nachzuzahlende und inzwischen nachgezahlte Entgeltdifferenzen, die aus einer fehlerhaften Eingruppierung entstanden waren.
3Streit besteht zwischen den Parteien insbesondere mit Blick auf die Auffassung des beklagten Landes, in der Zeit zwischen dem Jahr 2018 und dem Jahr 2023 sei die Rechtslage zur Eingruppierung von Beschäftigten in den Serviceeinheiten der Gerichte und Staatsanwaltschaften so unübersichtlich und so wenig eindeutig gewesen, dass die Nichtzahlung der streitigen Entgeltdifferenz auf einem vertretbaren Rechtsstandpunkt beruht habe und ihm, dem beklagten Land, daher mit Blick auf den Leistungsverzug keine Fahrlässigkeit vorgehalten werden könne.
4Die Klägerin ist seit vielen Jahren als Justizbeschäftigte bei der Staatsanwaltschaft K tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Tarifvertrag der Länder (TV-L) Anwendung. Bis in das Jahr 2018 erhielt die Klägerin ihr Entgelt entsprechend der Entgeltgruppe E 6 / Stufe 5 TV-L.
5Mit Urteil vom 28.02.2018 - 4 AZR 816/16 - hat der vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts entschieden, dass in einer Geschäftsstelle am Bundesverwaltungsgericht die Betreuung der Aktenvorgänge vom Eingang bis zum Abschluss des Verfahrens ein abgrenzbares Arbeitsergebnis darstelle. Zu ihm gehörten sämtliche mit der Aktenführung und -betreuung im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten einschließlich der Durchführung von Beglaubigungen und der Bearbeitung von Sachstandsanfragen sowie der Fertigung des Schreibwerks und der Verteilung der Neueingänge. Es sei daher bei der Tätigkeit in der Geschäftsstelle von einem großen Arbeitsvorgang „Betreuung der Aktenvorgänge in der Senatsgeschäftsstelle vom Eingang bis zum Abschluss des Verfahrens“ auszugehen und nicht, wie bisher angenommen, von mehreren Arbeitsvorgängen. Die Mitarbeiterin in der Geschäftsstelle sei deshalb in die Entgeltgruppe 9a TV EntgO Bund einzugruppieren.
6Die maßgebliche Eingruppierungsvorschrift war in der vorzitierten Entscheidung der § 22 BAT-O. Die Regelung in § 22 Abs. 2 Satz 1 und 2 BAT-O lautet wörtlich (Unterstreichung nur hier):
7(2) Der Angestellte ist in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht.
8Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen.
9Die Eingruppierungsregelung im TVöD, § 12 Abs. 2 Satz 1 und 2, ist wortgleich mit der vorzitierten Tarifvorschrift mit dem einzigen Unterschied, dass es statt „Der Angestellte“ am Anfang der Vorschrift heißt: „Die/Der Beschäftigte“.
10Die für die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits maßgebliche Eingruppierungsvorschrift des geltenden TV-L ist § 12 TV-L. Die Regelung lautet in Absatz 1 Satz 3 wörtlich (Unterstreichung nur hier):
11Die/Der Beschäftigte ist in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihr/ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht.
12Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen.
13Die für die Eingruppierung einschlägigen Vorschriften im BAT-O, im TVöD und im TV-L sind also so gut wie wortgleich. Für alle drei Vorschriften ist die Definition des Arbeitsvorgangs der erste Schritt beim Eingruppierungsvorgang.
14Nicht ganz sechs Monate nach Verkündung der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zum BAT-O, nämlich am 27.08.2018, hat die Klägerin durch die sie vertretende Gewerkschaft beim beklagten Land einen Antrag auf Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9/9a für die Zeit ab dem 01.02.2018 gestellt. In dem Schreiben heißt es unter anderem (Unterstreichung nur hier):
15Namens unseres Mitglieds machen wir geltend:
16[…]
173.) Die Entgeltdifferenz zwischen der bisherigen Entgeltgruppe E 6 / Stufe 6 und der EG 9 / Stufe 3 seit dem 01.02.2018 in Höhe von jeweils monatlich 148,83 Euro, zzgl. jeweils 5% Zinsen über dem Basiszinssatz ab Fälligkeit, zzgl. jeweils netto 40 Euro Verzugspauschale.
18Am 09.09.2020 hat das Bundesarbeitsgericht in den Verfahren 4 AZR 195/20 und 4 AZR 196/20 für Recht erkannt, dass Beschäftigte einer Serviceeinheit eines Amtsgerichts, auf deren Arbeitsverhältnis der TV-L Anwendung finde, eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 beziehungsweise 9a ausübten. Alle Tätigkeiten in der Serviceeinheit einer Geschäftsstelle seien ihnen einheitlich zugewiesen und führten zu einem einzigen Arbeitsergebnis. Die gesamte Tätigkeit diene dem Arbeitsergebnis der Betreuung der Aktenvorgänge in der Serviceeinheit, vom Eingang bis zum Abschluss des Verfahrens. Genauso wie in der Entscheidung aus dem Jahre 2018 (4 AZR 816/16), bezüglich der Tätigkeit in der Geschäftsstelle beim Bundesverwaltungsgericht unter Anwendung des BAT-O, wurde hier also entgegen der bisherigen Übung nur ein einziger Arbeitsvorgang angenommen, wobei der 4. Senat über weite Strecken die eigene Entscheidung aus dem Jahre 2018 zitierte. Und genauso wie dort führte hier die Annahme des einheitlichen Arbeitsvorgangs zu einer höheren Eingruppierung der Beschäftigten. Die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde des Landes B und der Tarifgemeinschaft deutscher Länder ist vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 04.10.2022 nicht zur Entscheidung angenommen worden (- 1 BvR 382/21 -).
19Mit Blick auf das Geltendmachungsschreiben der Klägerin vom 27.08.2018 wandte sich das beklagte Land an die Klägerin mit einem Schreiben vom 09.07.2021. Dort heißt es auszugsweise (Unterstreichung nur hier):
20Ihr Antrag vom 27.08.2018
21Sehr geehrte Frau O,
22mit Schreiben vom 7. Juni 2021 hat das Ministerium der Finanzen des Landes N die Zustimmung zum Verzicht auf die Einrede der Verjährung für die im Jahre 2021 gemäß § 37 TV-L, §§ 195, 199 Absatz 1 BGB von Verjährung bedrohten Ansprüche auf Höhergruppierung erklärt.
23Hiervon betroffen sind alle eventuellen Ansprüche für das Jahr 2018, hinsichtlich derer ich hiermit ausdrücklich auf die Einrede der Verjährung verzichte.
24Mit freundlichen Grüßen In Vertretung
25Mit Datum vom 05.09.2022 verzichtete das beklagte Land bezogen auf Ansprüche für das Jahr 2019 mit einem im Übrigen gleichlautenden Schreiben auf die Einrede der Verjährung. Im Berufungsverfahren ist die Auffassung des beklagten Landes zum Streitgegenstand geworden, es habe mit diesen Schreiben nur auf die Einrede der Verjährung hinsichtlich der Hauptforderung, nicht aber hinsichtlich der Zinsforderung verzichtet.
26Am 01.03.2023 erfolgte die Entschließung der Tarifgemeinschaft deutscher Länder zur Umsetzung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Dieser Entschließung folgend begann das beklagte Land mit der Übertragung der vorgenannten Rechtsprechung auf insgesamt ca. 5.800 Fälle.
27Am 16.10.2023, also gut 7 Monate später, hat das beklagte Land unter Verweis auf die Urteile des Bundesarbeitsgerichts die entsprechende Eingruppierung ab dem 01.02.2018 vorgenommen. Mit einem Schreiben vom gleichen Tag, dem 16.10.2023, wandte sich das beklagte Land erneut an die Klägerin. In diesem Schreiben heißt es unter anderem (Unterstreichungen nur hier):
28Sie haben am 27.08.2018 einen Antrag auf Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9/ 9a gestellt. Der Zahlungsanspruch besteht entsprechend der Ausschlussfrist gemäß § 37 TV-L seit dem 01.02.2018.
29Das Landesamt für Be N werde ich umgehend über die korrigierende Eingruppierung informieren. Bitte beachten Sie, dass ich keine Angaben über die Höhe einer etwaigen Nachzahlung machen kann. Die genaue Berechnung des Anspruchs obliegt dem Landesamt für Be, die Umsetzung kann jedoch bis Jahresende dauern. Ich bitte daher von Sachstandsmitteilungen abzusehen.
30Die seit Februar 2018 fortlaufenden Zahlungsrückstände wurden sodann vom beklagten Land am 30.11.2023 ausgeglichen.
31Verzugszinsen hat das beklagte Land nicht gezahlt. Sie sind nun Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Für den Zeitraum von Februar 2018 bis Oktober 2023 geht es unter Zugrundelegung einer Entgeltdifferenz iHv 45.725,67 EUR um einen rechnerisch unstreitigen Zinsbetrag in Höhe von 6.199,00 EUR.
32Mit der seit dem 22.01.2024 anhängigen Klage hat die Klägerin ihre Forderung auf Verzinsung der Nachzahlungsansprüche weiterverfolgt und dies mit der Auffassung begründet, ihr stehe der Anspruch auf Zahlung von Zinsen aus § 288 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 247 BGB zu.
33Die Klägerin hat beantragt,
34die Beklagte zu verurteilen, an sie 6.199,09 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 22.01.2024.
35Der Beklagte hat beantragt,
36die Klage abzuweisen.
37Das beklagte Land hat zur Verteidigung gegen die Klage vorgetragen, nach seiner Auffassung habe es sich nicht im Schuldnerverzug befunden. Denn die Hauptleistung sei infolge eines Umstands unterblieben, den es nicht zu vertreten gehabt habe. Die Leistungspflicht habe nämlich von der Beantwortung einer umstrittenen Rechtsfrage abgehangen, die noch nicht höchstrichterlich geklärt gewesen sei. In einem solchen Fall sei von einem unverschuldeten Rechtsirrtum auszugehen. Dieser Rechtsirrtum stelle den Schuldner von den Folgen des Verzugs frei. Ähnlich sehe das der Bundesgerichtshof (BGH v. 26.01.2005 - VIII ZR 79/04 -), das ArbG Leipzig (ArbG Leipzig v. 11.09.2007 - 5 Ca 2317/07 -), das Landesarbeitsgericht Hessen (LAG Hessen v. 30.01.2023 – 2 Sa 629/13 -) und das Bundesarbeitsgericht (BAG v. 07.10.1981 - 4 AZR 225/79 -).
38Das Arbeitsgericht Köln hat die Klage mit Urteil vom 29.05.2024 - 9 Ca 442/24 - insgesamt abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, für einen Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1, 247 BGB fehle es an einem Verschulden des Landes, § 286 Abs. 4 BGB. Das Land habe mit der Verspätung der Zahlung der Hauptleistung nicht fahrlässig gehandelt und erst recht nicht vorsätzlich. Die Rechtslage sei nämlich nicht eindeutig gewesen und das Handeln des Landes habe auf einem vertretbaren Rechtsstandpunkt beruht. Zwar sei der Maßstab für die Annahme eines schuldausschließenden Rechtsirrtums streng. Ein solcher Rechtsirrtum könne aber jedenfalls dann angenommen werden, wenn die Rechtslage objektiv zweifelhaft sei und der Schuldner sie sorgfältig geprüft habe und er seine Auffassung nach verständiger Würdigung des Sachverhalts für vertretbar habe halten dürfen. An diesen Maßstäben gemessen habe sich das beklagte Land im Streitfall bis zu der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsbeschwerde der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und des Landes B in einem schuldausschließenden Rechtsirrtum befunden. Denn bis zu diesem Zeitpunkt sei höchstrichterlich nicht geklärt gewesen, ob die von der Klägerin behauptete tarifliche Bewertung ihrer Tätigkeit als Mitarbeiterin einer Serviceeinheit mit der EG9/EG9a zutreffend sei. Die Rechtslage sei objektiv zweifelhaft gewesen. Dies folge schon aus der Vielzahl an klageabweisenden Entscheidungen der Arbeitsgerichte im Hinblick auf die von den Arbeitnehmern geführten Eingruppierungsfeststellungsklagen. Bestätig werde die Annahme der Zweifelhaftigkeit auch durch den Verfahrensgang des von der Klägerin vorgelegten Urteils des Bundesarbeitsgerichts. Es sei auch nicht vorwerfbar und daher sei auch die Verspätung der Zahlung nicht fahrlässig erfolgt, wenn anschließend das beklagte Land die Entschließung der Tarifgemeinschaft der Länder vom 01.03.2023 abgewartet und die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts innerhalb eines Zeitraums von ca. 7 Monaten auf insgesamt knapp 6.000 Beschäftigte übertragen habe.
39Gegen dieses ihr am 06.06.2024 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Köln hat die Klägerin am 05.07.2024 Berufung eingelegt und sie hat diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 09.09.2024 an jenem 09.09.2024 begründet.
40Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Klägerin vor, nach ihrer Auffassung könne sich das beklagte Land schon deshalb nicht auf einen Rechtsirrtum berufen, weil schon im Februar 2018 der 4. Senat des Bundesarbeitsgerichts, also höchstrichterlich, entschieden habe, dass die Tätigkeit in einer Geschäftsstelle der Justiz als ein einziger Arbeitsvorgang zu betrachten sei (4 AZR 816/16). Soweit sich das beklagte Land erstmals in der Berufungsinstanz auf die Einrede der Verjährung berufen habe, verweise sie auf den ihr gegenüber ausdrücklich erklärten Verzicht in den Schreiben des beklagten Landes vom 09.07.2021 und vom 05.09.2022.
41Die Klägerin beantragt,
42das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 29.05.2024 - 9 Ca 442/24 - abzuändern und nach den erstinstanzlich gestellten Schlussanträgen zu erkennen.
43Das beklagte Land beantragt,
44die Berufung zurückzuweisen.
45Es werde gegen die von der Klägerin geltend gemachten Forderungen auf Zahlung von Verzugszinsen die Einrede der Verjährung erhoben. Zwar habe die Klägerin mit Schreiben vom 27.08.2018 die Forderung auf Zahlung von Verzugszinsen geltend gemacht; das beklagte Land habe jedoch mit den Schreiben vom 09.07.2021 und vom 05.09.2022 nur hinsichtlich der von Verjährung bedrohten „Ansprüche auf Höhergruppierung“ auf die Erhebung der Einrede der Verjährung verzichtet. Von einem Zinsanspruch sei in keinem der Schreiben die Rede gewesen. Ein Anspruch auf Höhergruppierung sei etwas völlig anderes, als der aus ganz anderen Vorschriften resultierende Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen. Die Zusage des beklagten Landes, sich nicht auf Verjährung zu berufen, habe einen etwaigen Zinsanspruch also gar nicht erfasst.
46Zutreffend habe das Arbeitsgericht einen Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen schon dem Grunde nach abgelehnt und dies mit der Regelung in § 286 Abs. 4 BGB begründet, der zufolge ein Schuldner nicht in Verzug gerate, solange die Leistung aufgrund eines Umstandes unterbleibe, den er nicht zu vertreten habe. Die Nichtzahlung der durch die fehlerhafte Eingruppierung entstandenen Entgeltdifferenzen an die Klägerin sei in diesem Sinne aufgrund von Tatsachen unterblieben, die das beklagte Land nicht zu vertreten gehabt habe. Erst seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 04.10.2022 - 1 BvR 382/21 - sei die bis dahin noch ungeklärte Rechtslage eindeutig gewesen. Wenn die von dem Schuldner vertretene Rechtsauffassung auf einer herrschenden Meinung beruhe, brauche er nach richtiger Auffassung mit einer Änderung der Rechtsprechung nicht zu rechnen. Habe sich noch keine herrschende Meinung oder einheitliche Rechtsprechung gebildet, handele ein Schuldner nicht schuldhaft, wenn er sich einer Rechtsmeinung anschließe. Das beklagte Land habe nicht nur eine Rechtsansicht vertreten, sondern sich der herrschenden Meinung angeschlossen, was die gerichtsbekannte Vielzahl an klageabweisenden Urteilen der Arbeitsgerichte in den von Arbeitnehmern angestrengten Eingruppierungsfeststellungsklagen belege.
47Selbst nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 04.10.2022 - 1 BvR 382/21 - sei die Rechtslage nicht eindeutig gewesen, denn die Verfassungsbeschwerde sei lediglich an formalen Gründen gescheitert. Von einer eindeutigen Rechtslage habe weiterhin nicht die Rede sein können, weil die Tarifgemeinschaft deutscher Länder weiterhin davon ausgegangen sei, dass das Verständnis des Bundesarbeitsgerichts unzulässig in die Tarifautonomie und damit in die Regelungskompetenz der Tarifvertragsparteien eingreife. Selbst wenn auf die Entscheidung des Bundverfassungsgerichts abzustellen sei, sei mit Blick auf die Vielzahl der betroffenen Beschäftigten eine angemessene Bearbeitungszeit zu berücksichtigen, die ebenfalls das Verschulden ausschließe.
48Dass sich das Bundesarbeitsgericht selbst mit der Rechtslage nicht sicher gewesen sei, zeige die Tatsache, dass die weiteren anhängigen Verfahren bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgesetzt worden seien. Das Recht der tariflichen Eingruppierung sei hoch kompliziert; von einer eindeutigen Rechtslage könne deshalb nur selten gesprochen werden. Teilweise komme es sogar bei ähnlichen Sachverhalten zu widersprüchlichen Revisionsentscheidungen. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28.02.2018 (4 AZR 816/16) sei daher nicht geeignet, eine eindeutige Rechtslage anzunehmen, zumal sie sich mit einer Eingruppierung nach dem BAT-O befasst habe und eben nicht nach dem TV-L.
49Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
50E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
51Die Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.
52I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
53II. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Die Klägerin hat gegen das beklagte Land einen Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen nach §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 611 a Abs. 2 BGB und weiter in Verbindung mit der arbeitsvertraglichen Vereinbarung über die Pflicht der Beklagten zur Entgeltzahlung nach den Vorgaben des TV-L. Der Anspruch besteht in der rechnerisch unstreitigen Höhe des Klageantrages.
541. Bis auf die vom beklagten Land aufgeworfene Frage des Verschuldens und weiter bis auf die vom beklagten Land erhobene Einrede der Verjährung sind die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Verzinsung der Hauptforderung aus § 288 Abs. 1 BGB erfüllt: Es ist unstreitig, dass zwischen den Parteien seit vielen Jahren ein Arbeitsverhältnis besteht und dass aufgrund einer beidseitigen unmittelbarer Tarifbindung gemäß § 3 Abs. 1 TVG der TV-L Anwendung findet. Weiter ist unstreitig, dass zumindest in dem Zeitraum, in dem Entgeltansprüche nicht nach § 37 TV-L verfallen sind, hier also ab Februar des Jahres 2018, der Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 9/9a dem Grunde nach besteht und dass das beklagte Land daher dem Grunde nach verpflichtet war, die entstandene Differenz zur tatsächlich gezahlten Vergütung nachzuzahlen, was inzwischen auch geschehen ist. Neben dem Bestand dieser auch der Höhe nach nicht umstrittenen Hauptforderung waren unstreitig auch die Voraussetzungen der Regelungen zum Schuldnerverzug in § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB („Leistet der Schuldner …nicht … nach dem Eintritt der Fälligkeit …“) und in § 286 Abs. 2 Nummer 1 BGB (Der Mahnung bedarf es nicht, wenn für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist …“) erfüllt. Damit war nicht nur die Hauptforderung auf Zahlung des restlichen Arbeitsentgelts entstanden und monatlich fällig geworden; das Gleiche gilt auch dem Grunde nach für die Pflicht des beklagten Landes aus § 288 Abs. 1 und 2 BGB der Klägerin die Geldschuld während des Verzugs zu verzinsen.
552. Weder ist der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Verzugszinsen wegen des Fehlens eines Verschuldens gemäß § 286 Abs. 4 BGB ausgeschlossen, noch steht dem Anspruch die vom beklagten Land erhobene Einrede der Verjährung entgegen.
56a. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Verzugszinsen ist nicht mangels Verschuldens gemäß § 286 Abs. 4 BGB ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift kommt der Schuldner nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstandes unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat, also zum Beispiel im Falle des entschuldbaren Rechtsirrtums.
57Ohne Erfolg macht das beklagte Land mit Blick auf § 286 Abs. 4 BGB geltend, die Rechtslage sei während des gesamten Verzugszeitraums, wenigstens aber im Zeitraum bis zur Entscheidung der Tarifgemeinschaft deutscher Länder objektiv zweifelhaft gewesen, es sei also Opfer eines solchen entschuldbaren Rechtsirrtums geworden.
58Denn die Rechtslage war seit dem Monat Februar 2018 objektiv eindeutig.
59Beruht die Ungewissheit über die Schuld auf rechtlichen Zweifeln des Schuldners, so muss dies zwar im Grundsatz als möglicher Entschuldigungsgrund berücksichtigt werden können. Der Rechtsirrtum ist aber nur dann entschuldbar, wenn die Rechtslage objektiv zweifelhaft ist und der Schuldner sie sorgfältig geprüft hat (BAG v. 13.06.2002 - 2 AZR 391/01 -). Für den Ausschluss von solchen Zweifeln kann es ausreichen, die höchstrichterliche Rechtsprechung zu berücksichtigen, insbesondere dann, wenn ihr ein zumindest ähnlicher Sachverhalt zugrunde liegt (BAG 19.08.2015 - 5 AZR 975/13 -). Ist in einem solchen Fall eine Rechtsfrage bereits vom Bundesarbeitsgericht entschieden, ist die Annahme einer objektiv zweifelhaften Rechtslage ausgeschlossen (BAG v. 24.06.2021 - 5 AZR 385/20 -).
60Mit Urteil vom 28.02.2018 - 4 AZR 816/16 - hat das Bundesarbeitsgericht deutlich gemacht, dass die Bearbeitung von Sachstandsanfragen mit Auskunftsersuchen, die Beglaubigung von gerichtlichen Schreiben, die Erteilung von Bescheinigungen und Rechtskraftzeugnissen, die Verteilung der neu eingegangenen Verfahren entsprechend dem Geschäftsverteilungsplan und schließlich die Feststellung des zuständigen Richters „schwierige Tätigkeiten“ im Sinne des Tarifmerkmals seien, die in rechtlich relevantem Umfang anfielen. Diese Einzeltätigkeiten seien nicht kleineren Arbeitsvorgängen zuzuordnen, sondern sie gehörten zu einem großen Arbeitsvorgang „Betreuung der Aktenvorgänge in der Senatsgeschäftsstelle vom Eingang bis zum Abschluss des Verfahrens“. Da dieser Arbeitsvorgang mehr als 70 % der Arbeitszeit in Anspruch nehme, sei er es, der die Eingruppierung bestimme. Wörtlich heißt es in den Entscheidungsgründen: „Ohne die Arbeitsschritte der Durchführung von Beglaubigungen und der Bearbeitung von Sachstandsanfragen kann ein sinnvolles Arbeitsergebnis nicht erzielt werden.“
61Dass es in dieser Entscheidung um die Geschäftsstelle eines Bundesgerichts ging und dass für die Eingruppierung der dortigen Klägerin nicht § 12 TV-L heranzuziehen war, sondern § 22 BAT-O, ist unerheblich. Denn die Eingruppierungsvorschriften sind jedenfalls mit Blick auf den Arbeitsvorgang als Grundlage der Eingruppierungsentscheidung wortgleich und die Tätigkeiten, die einer Mitarbeiterin in einer Geschäftsstelle eines Bundesgerichts zugewiesen sind, sind gerichtsbekannt vergleichbar mit den Tätigkeiten die den Beschäftigten in den Geschäftsstellen der Landesjustiz übertragen werden. Jedenfalls werden auch hier Sachstandsanfragen und Auskunftsersuchen bearbeitet, gerichtliche Schreiben beglaubigt, Bescheinigungen und Rechtskraftzeugnissen erteilt, neu eingegangenen Verfahren entsprechend dem Geschäftsverteilungsplan verteilt und zuständige Richter festgestellt.
62Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf die höhere Eingruppierung steht und fällt (bzw. stand und fiel) mit der Frage, ob von einem einheitlichen großen Arbeitsvorgang ausgegangen werden kann, zu dem auch die besagten schwierigen Tätigkeiten gehören. Wird ein solcher, einheitlicher Arbeitsvorgang angenommen, so qualifizieren die Einzeltätigkeiten, die die Voraussetzungen der Entgeltgruppe 9/9a erfüllen, den ganzen Arbeitsvorgang, der im Sinne der Eingruppierungsvorschriften „zeitlich mindestens zur Hälfte“ anfällt und damit die Eingruppierung insgesamt bestimmt. Würden dem gegenüber solche, qualifizierenden Tätigkeiten einem zusätzlichen kleineren Arbeitsvorgang zugewiesen, so bliebe es bei der niedrigeren Eingruppierung.
63Nun hat wie gezeigt der für Fragen der Eingruppierung allein zuständige vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts mit seiner Entscheidung vom 28.02.2018 genau diese Frage entschieden und die in einer gerichtlichen Geschäftsstelle anfallenden Tätigkeiten ausdrücklich und für seine Entscheidung tragend einem großen Arbeitsvorgang zugewiesen. Die Entscheidungsgründe des BAG-Urteils fokussieren genau diese Frage. Aus diesen Entscheidungsgründen ist ersichtlich, dass der Senat ganz bewusst von der bisher üblichen Praxis der Eingruppierung, insbesondere von der bisher üblichen Definition des Arbeitsvorgangs in der gerichtlichen Serviceeinheit abgewichen ist und abweichen wollte. Damit war die Frage, ob die Bearbeitung von Sachstandsanfragen, die Bearbeitung von Auskunftsersuchen, die Beglaubigung von gerichtlichen Schreiben sowie die Erteilung von Bescheinigungen und Rechtskraftzeugnissen kleineren Arbeitsvorgängen zugewiesen werden können, beantwortet: Nein, sie können es nicht.
64Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts mag diskutiert worden sein, wie fast jede Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts. Es mag sein, dass in den Tatsacheninstanzen nicht alle Gerichte sofort die neue Rechtsprechung übernommen haben; das ist systemimmanent. Die Entscheidung mag für unrichtig gehalten worden sein; auch das passiert häufiger, insbesondere bei betroffenen Organisationseinheiten der im Rechtsstreit unterlegenen Parteien, wie hier der Tarifgemeinschaft deutscher Länder. Die Arbeitsrechtswissenschaft mag sich mit ihr auseinandergesetzt haben; das ist ihre Aufgabe. Die Gerichtsverwaltungen vor Ort mögen alarmiert gewesen sein mit Blick auf die drohenden Schwierigkeiten bei der praktischen Umsetzung der Entscheidung und mit Blick auf die Befürchtung, dass mit dieser Entscheidung die Entgeltstruktur der Gerichtsverwaltungen aus den Fugen zu geraten drohe.
65Das alles ändert nichts an der Tatsache, dass mit der Entscheidung des vierten Senats vom 28.02.2018 die streitentscheidende Frage höchstrichterlich geklärt war. An dem Zustand der höchstrichterlichen Klärung ändert eine unzulässige Verfassungsbeschwerde nichts. Ein schuldausschließender Rechtsirrtum ist ausgeschlossen.
66b. Dem Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Verzugszinsen steht auch nicht die vom beklagten Land erhobene Einrede der Verjährung entgegen. Denn das beklage Land hat mit seinen Schreiben vom 09.07.2021 und 05.09.2022 ausdrücklich auf die Einrede der Verjährung verzichtet. Mit seinem erstmals in der Berufungsinstanz erfolgten Hinweis, mit dem Wortlaut „alle eventuellen Ansprüche für das Jahr …“ seien nach seiner Auffassung nur Hauptansprüche gemeint, auf keinen Fall aber Ansprüche auf Verzugszinsen, hat es die erkennende Kammer nicht überzeugt.
67Es bedarf keines gesonderten Verzichts auf die Verjährungseinrede hinsichtlich der Zinsen, wenn schon hinsichtlich des Hauptanspruchs auf die Einrede verzichtet worden ist (BeckOGK/Bach, 1.12.2024, BGB § 217 Rn. 23.2, beck-online). Denn für den Verzicht gilt das Gleiche wie für die Geltendmachung: Hauptanspruch und Zinsanspruch gehen in der Regel Hand in Hand. Das gilt für die Verjährung genauso wie für den Verfall. Ansprüche auf Verzugszinsen, deren Grundlage die Verpflichtung zur Zahlung des vereinbarten Entgelts aus dem Arbeitsverhältnis ist, werden bekanntlich von der Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TVöD/Bund erfasst (BAG v. 17.11.2021 - 4 AZR 77/21 -). Ansprüche „aus dem Arbeitsverhältnis“ sind solche, die die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehungen gegeneinander haben, ohne dass es auf die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage ankommt. Erforderlich ist lediglich, dass das Arbeitsverhältnis die Grundlage für den Anspruch bildet (BAG 24. Juni 2021 - 5 AZR 385/20 -). Durch die Geltendmachung eines Entgeltanspruchs wird die tarifliche Ausschlussfrist auch für Ansprüche auf Zahlung von Verzugszinsen gewahrt. Bei diesen handelt es sich um Nebenforderungen, die von der Hauptforderung abhängig sind. Es widerspricht dem Zweck der Ausschlussfrist für die Verzugszinsen eine gesonderte Geltendmachung zu verlangen, zumal die Höhe von Verzugszinsen gesetzlich in § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB festgelegt und somit anhand der Hauptforderung hinreichend berechenbar ist (BAG v. 24.06.2021 - 5 AZR 385/20 -). Was für die Geltendmachung gilt muss spiegelbildlich auch für den Verzicht gelten. Würde es anders gesehen, wären absurde Ergebnisse zu akzeptieren. Im vorliegenden Fall zum Beispiel wäre die Klägerin gehalten gewesen, die Zahlung der Verzugszinsen einzuklagen und damit inzident genau diejenigen Ansprüche als Hauptanspruch geltend zu machen, auf deren rechtzeitige Geltendmachung das beklagte Land verzichtet hat. Das beklagte Land selbst müsste sich, um die Klage auf Zahlung der Nebenforderung zu bekämpfen, gegen die Hauptforderung wehren, was sie mit dem Verjährungsverzicht ja gerade hat verhindern wollen.
68Ansprüche aus den Jahren 2018 und 2019 konnten mithin wegen des zweimal erklärten Verjährungsverzichts nicht verjähren. Auch die Ansprüche aus dem Jahre 2020, hinsichtlich derer die Verjährungsfrist am 31.12.2023 abgelaufen wäre, sind nicht verjährt, denn das beklagte Land hat mit Schreiben vom 16.10.2023 die Erfüllung des Anspruchs angekündigt und die Klägerin davon abgehalten, sich auf die Zahlung zu verlassen. In dem bereits im Tatbestand zitierten Schreiben heißt es auszugsweise: „Der Zahlungsanspruch besteht … seit dem 01.02.2018. Das Landesamt für Be N werde ich umgehend über die korrigierende Eingruppierung informieren. Die genaue Berechnung des Anspruchs obliegt dem Landesamt für Be, die Umsetzung kann jedoch bis Jahresende dauern. Ich bitte daher von Sachstandsmitteilungen abzusehen.“ Die Verjährungsregelungen in § 194 ff BGB sind besondere Konkretisierungen des Grundsatzes von Treu und Glauben zum Zwecke des Schuldnerschutzes und des Rechtsfriedens (Ellenberger in: Grüneberg, BGB Überbl. V § 194 Rn. 7 ff). Mit einer Formulierung wie der vorzitierten die Beschäftigten von einer Geltendmachung ihrer Ansprüche bis zum Jahresende abzuhalten, um dann nach der Jahreswende die Einrede der Verjährung zu erheben, verstößt gegen diesen Grundsatz von Treu und Glauben. Die erkennende Kammer ist aus Evidenzgründen der Auffassung, dies nicht weiter vertiefen zu müssen.
693. Die Klägerin hat hier für einen bestimmten Zeitraum Verzugszinsen als Hauptforderung geltend gemacht. Diese Hauptforderung ist ihrerseits gemäß §§ 286, 288 BGB zu verzinsen.
70III. Nach allem war die Entscheidung des Arbeitsgerichts abzuändern und der Klage stattzugeben. Als unterliegende Partei hat das beklagte Land gemäß § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Wegen der grundlegenden Bedeutung war die Revision zuzulassen.