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Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten ablehnenden Verweisungsbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 14.06.2024 – 1 Ca 2798/23 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
G r ü n d e
2I.
3Die Parteien streiten in der Hauptsache über Versorgungsansprüche der Klägerin.
4Die letztlich aus dem Medizinisch-Psychologischen Institut des T hervorgegangene Beklagte ist ein amtlich anerkannter Träger von Begutachtungsstellen für Fahreignung. Zudem erbringt sie betriebspsychologische Dienstleistungen.
5Die am ..1957 geborene Klägerin war nach einer vorangegangenen freiberuflichen Tätigkeit an gleicher Stelle seit dem 01.10.1991 als angestellte Diplom-Psychologin für die Rechtsvorgänger der Beklagten tätig. Mit der Einstellung wurde ihr eine Versorgungszusage nach der Betriebsvereinbarung über Versorgungsleistungen des T vom 29.11.2924 erteilt.
6Im Jahr 2007 wurde der Bereich, in dem die Klägerin tätig war, ausgegliedert und in die T GmbH übertragen. Die Klägerin wurde zur Geschäftsführerin dieser Gesellschaft bestellt. In dem mit ihr am 14./15.08.2007 abgeschlossenen und zunächst befristeten Dienstvertrag heißt es, dass mit seiner Unterzeichnung alle vertraglichen Beziehungen zu Gesellschaften der T Group enden und nur noch der Inhalt dieses Dienstvertrages gelte. Die von der Klägerin bisher erbrachten Dienstzeiten würden in vollem Umfang anerkannt und fortgeführt. Unverändert werde auch die bestehende Altersversorgung fortgeführt. Gleichlautende Bestimmungen befinden sich auch im Dienstvertrag vom 13.04.2010, aufgrund dessen die Klägerin weiter als Geschäftsführerin tätig war.
7Nach einem Gesellschafterwechsel beschloss die Gesellschafterversammlung der T GmbH am 21.04.2010 eine Änderung des Gesellschaftsvertrages und mit ihr die Änderung der Firma zu derjenigen der Beklagten. Mit der Klägerin wurde am 26.04.2011 ein neuer Dienstvertrag geschlossen, der ihre Geschäftsführertätigkeit für die Beklagte ab dem 01.04.2011 regelte. Gemäß seinem § 9 war der Dienstvertrag unbefristet und beiderseits mit einer Frist von neun Monaten zum Monatsende, erstmalig zum 31.06.2016 zulässig und möglich.
8Am 13.11.2011 fasste die Gesellschafterversammlung der Beklagten einen Beschluss, wonach die Klägerin ab dem 01.12.2011 eine mit Vollendung des 65. Lebensjahres fällige zusätzliche betriebliche Altersversorgung im Durchführungsweg einer Direktzusage“ erhält und zu diesem Zweck eine Rückdeckungsversicherung abgeschlossen wird.
9Am 18.03.2013 wurde die Klägerin im Handelsregister als Geschäftsführerin gelöscht. Am 22.03.2013 erfolgte ihre Eintragung als Einzelprokuristin. Das Erlöschen der Prokura wurde am 12.11.2013 ins Handelsregister eingetragen.
10In dem am 25.11.2022 bei dem Arbeitsgericht Berlin anhängig und später an das Arbeitsgericht Köln verwiesenen Rechtsstreit begehrt die Klägerin von der Beklagten die Zahlung einer Betriebsrente sowie Auskunft darüber, welche Leistungen zu ihren Gunsten aus der Rückdeckungsversicherung bestehen.
11Die Klägerin hält den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für eröffnet. Als Fremdgeschäftsführerin sei sie als Arbeitnehmerin anzusehen gewesen. Sie behauptet, das Dienstverhältnis im März 2013 fristgemäß gekündigt zu haben. Spätestens nach der Löschung als Geschäftsführerin im Handelsregister sei sie bis zu ihrem Ausscheiden am 31.10.2013 als Arbeitnehmerin für die Beklagte, jedenfalls aber als arbeitnehmerähnliche Person tätig gewesen.
12Die Beklagte rügt die Rechtswegzuständigkeit, da die Klägerin nach ihrer Ansicht Ansprüche aus ihrem Geschäftsführerdienstvertrag geltend mache. Sie behauptet, die Klägerin sei keine Fremdgeschäftsführerin gewesen, weil sie über ein Treuhandverhältnis mit einem Drittel an ihrer Gesellschafterin beteiligt gewesen sei. Ihr Geschäftsführeramt habe die Klägerin im März 2013 niedergelegt, weil sie angesichts der seinerzeitigen Insolvenzgefahr ihrer Verantwortung als Geschäftsführerin nicht mehr habe nachkommen wollen. Bis zum 31.10.2013 sei sie dann zwar nicht mehr als Geschäftsführerin, jedoch noch auf der Basis aufgrund ihres Geschäftsführerdienstvertrags tätig gewesen.
13Das Arbeitsgericht hat mit einem Beschluss vom 14.06.2024 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Köln verwiesen.
14Gegen diesen ihr am 27.06.2024 zugestellten Beschluss richtet sich die am 02.07.2024 bei dem Arbeitsgericht eingelegte sofortige Beschwerde der Klägerin, der das Arbeitsgericht mit einem Beschluss vom 19.08.2024 nicht abgeholfen hat.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses, die gewechselten Schriftsätze und auf die eingereichten Unterlagen Bezug genommen.
16II.
17Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Rechtswegzuständigkeit für ihre Klage verneint und den Rechtsstreit an das Landgericht Köln verwiesen. Denn eine Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen ist nach Maßgabe der § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG, § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a ArbGG, § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht gegeben. Die streitgegenständlichen Ansprüche im Zusammenhang mit der betrieblichen Altersversorgung der Klägerin stammen aus ihrem Rechtsverhältnis zu der Beklagten als Geschäftsführerin. Dies gilt unabhängig davon, ob die Klägerin vorher oder nachher als Arbeitnehmerin oder arbeitnehmerähnliche Person für die Beklagte oder deren Rechtsvorgänge tätig war.
181.) Die Gerichte für Arbeitssachen sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis. Wer Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes ist, bestimmt § 5 ArbGG. Auszugehen ist dabei von dem allgemeinen nationalen und nicht von dem unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff. Denn die Frage des Zugangs zu den Gerichten für Arbeitssachen und der Abgrenzung der Zuständigkeitsbereiche der nationalen Gerichte fällt nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG sind demgemäß Arbeitnehmer Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Als Arbeitnehmer gelten nach § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG auch Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind. Hingegen sind Personen, die wie GmbH-Geschäftsführer zur Vertretung einer juristischen Person berufen sind, nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht als Arbeitnehmer anzusehen.
192.) Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist im vorliegenden Fall nicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG oder § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a ArbGG eröffnet. Danach sind die Arbeitsgerichte zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis sowie für Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, wobei eine genaue Abgrenzung zwischen den beiden Zuständigkeitstatbeständen nicht erforderlich ist (GMP/Schlewing/Dickerhof-Borello, 10. Aufl. 2022, § 2 ArbGG, Rn. 85). Die Klägerin ist in Bezug auf die streitgegenständlichen Ansprüche jedoch nicht als Arbeitnehmerin anzusehen. Zwar hat die Klägerin ihr Amt als Geschäftsführerin im März 2013 bereits niedergelegt. Auch wurde sie noch im selben Monat als Geschäftsführerin im Handelsregister gelöscht, so dass die negative Fiktionswirkung des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG ab diesem Zeitpunkt nicht mehr greift (BAG, Urteil vom 25. Juli 2023 – 9 AZR 43/22 –, Rn. 19 - 23, juris). Jedoch rühren die streitgegenständlichen Ansprüche aus ihrer Geschäftsführertätigkeit und damit aus einer Zeit, in der sie gemäß dem vom Unionsrecht nicht determinierten, aber für die Rechtswegbestimmung maßgeblichen, Prozessrecht keine Arbeitnehmerin war.
20a) Dies trifft zunächst auf die begehrte Auskunft bezüglich der Rückdeckungsversicherung zu. Denn diese Versorgungszusage wurde ihr als Geschäftsführerin gemacht.
21b) In Bezug auf die Zahlungsanträge gilt: Für die Klage der ehemaligen Geschäftsführerin einer GmbH auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sind die ordentlichen Gerichte auch dann zuständig, wenn die Vereinbarung über die Gewährung des Ruhegeldes zu einer Zeit getroffen wurde, in der die ehemalige Geschäftsführerin Arbeitnehmerin war. Durch die Übernahme der in der Zeit als Arbeitnehmerin erworbenen Anwartschaften in das Anstellungsverhältnis als Geschäftsführerin sind aus den Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis Ansprüche aus dem Geschäftsführer-Dienstverhältnis geworden (vgl. Kliemt in: Schwab/Weth, ArbGG, 6. Aufl. 2022, § 5 ArbGG, Rn. 291). Im vorliegenden Fall war in dem mit der Klägerin am 14./15.08.2007 abgeschlossenen Anstellungsvertrag sogar ausdrücklich vereinbart worden, dass nur noch der Inhalt dieses Dienstvertrages gelten solle und dass die bestehende Altersversorgung fortgeführt werde. Damit war die Pensionsverpflichtung aus der Zeit des Arbeitsverhältnisses in das neu begründete Anstellungsverhältnis übernommen worden. Als Geschäftsführerin sollte die Klägerin von Beginn an so gestellt sein wie zuletzt als Arbeitnehmerin. Auf diese Weise ist aus ihrem Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis ein solcher aus dem Anstellungsvertrag als Geschäftsführerin geworden (BAG, Beschluss vom 20. Mai 1998 – 5 AZB 3/98 –, Rn. 10, juris).
223.) Durch die Niederlegung des Geschäftsführeramtes und die Prokuraerteilung im März 2013 hat sich daran nichts geändert.
23a) Denn zum einen hat eine Amtsniederlegung nicht zwangsläufig zur Folge, dass aus einer Geschäftsführerin eine Arbeitnehmerin wird. Denn der rechtliche Charakter des Anstellungsverhältnisses eines Organvertreters ändert sich nicht allein durch eine Abberufung oder Niederlegung des Geschäftsführeramtes. Das Anstellungsverhältnis wird durch den Abberufungsakt nicht zum Arbeitsverhältnis und der Organvertreter nicht zur arbeitnehmerähnlichen Person (vgl. BAG, Beschluss vom 8. Februar 2022 – 9 AZB 40/21 –, Rn. 18, juris; BAG, Beschluss vom 21. Januar 2019 – 9 AZB 23/18 –, BAGE 165, 61-73, Rn. 17).
24b) Zum anderen ist für die Rechtswegbestimmung nicht die etwaige Arbeitnehmereigenschaft bei Beendigung der Vertragsbeziehung entscheidend, sondern die Frage, aus welchem Rechtsverhältnis die streitbefangenen Rechtsansprüche hergeleitet werden. Auch wenn der Klägerin nachher noch als Arbeitnehmerin oder als arbeitnehmerähnliche Person tätig gewesen sein sollte, was sich im Übrigen nicht schon aus dem Umstand ergibt, dass ihr Prokura erteilt wurde (vgl. Ebenroth/Boujong/Weber, 5. Aufl. 2024, § 48 HGB, Rn. 31), kann dies am Rechtsgrund der Verpflichtung nichts ändern. Für Ansprüche aus einer Versorgungszusage gegenüber einem Geschäftsführer bleiben aufgrund des prozessualen Arbeitnehmerbegriffs die ordentlichen Gerichte zuständig, selbst wenn die Betriebsrente überwiegend in einem Arbeitsverhältnis erdient wurde (LAG Köln, Beschluss vom 13. März 2006 – 6 Ta 63/06 –, Rn. 9 - 10, juris).
254.) Es handelt sich nach alledem bei dem vorliegenden Fall um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit, für die gemäß § 13 GVG der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben ist. Angesichts des Streitwerts von über 5.000,- EUR war der Rechtsstreit daher gemäß § 48 Abs. 1 ArbGG iVm. § 17a Abs. 2, 3 GVG an das nach §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG, 12 ZPO sachlich und örtlich zuständige Landgericht Köln zu verweisen.
26III.
27Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
28IV.
29Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.