Seite drucken
Entscheidung als PDF runterladen
Auch in Eilfällen keine Entscheidungskompetenz der Einigungsstelle vor formeller Rechtskraft des gerichtlichen Einsetzungsbeschlusses
Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 03.05.2024 – 13 BV 70/24 – unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Zum Vorsitzenden der Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Festlegung der Dienstpläne“
- für die Kalenderwoche KW 21 des Jahres 2024 für die Filialen der Antragstellerin 484 (B), 485 (N), 562 (H B), 842 (H E), 1034 (H P), 1069 (Br Wa), 1336 (Ha), 1415 (G),1638 (R), 2124 (Br We), 744 (Ki)
- sowie für die Kalenderwoche KW 22 des Jahres 2024 für die Filialen der Antragstellerin 484 (B), 485 (N), 562 (H B), 842 (H E), 1034 (H P), 1069 (Br Wa), 1336 (Ha), 1415 (G),1638 (R), 2124 (Br We), 744 (Ki)
wird Herr Richter am Arbeitsgericht a.d.st.V.e.D. Dr. B H, Arbeitsgericht A, bestellt.
Die Zahl der Beisitzer wird auf jeweils zwei pro Seite festgesetzt.
Im Übrigen werden die Anträge der Arbeitgeberin zurückgewiesen.
(*)
2G r ü n d e
3I.
4Die Beteiligten streiten über die Einsetzung einer Einigungsstelle.
5Die Arbeitgeberin ist ein Sportmode-Einzelhandelsunternehmen mit Sitz in K und ca. 85 Filialen in Deutschland. Am 13.04.2024 übersandte sie dem in H residierenden Regionalbetriebsrat Nord die Personaleinsatzplanung für ihre norddeutschen Filialen hinsichtlich der Kalenderwochen 19 bis 22 mit der Bitte um Zustimmung. Nach Verweigerung der Zustimmung am 23.04.2024 hat die Arbeitgeberin am 24.04.2024 bei dem Arbeitsgericht Köln das vorliegende Verfahren auf Bestellung eines Einigungsstellenvorsitzenden und Festlegung der Beisitzerzahl anhängig gemacht.
6Das Arbeitsgericht hat den Anhörungstermin zunächst auf den 07.05.2024, 14:30 Uhr, anberaumt und den Termin sodann auf Antrag der Arbeitgeberin auf den 03.05.2024, 14:30 Uhr, vorverlegt.
7Mit Schriftsatz vom 02.05.2024 rügte der in Berlin ansässige Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Köln. Mit einem weiteren Schriftsatz vom 02.05.2024 beantragte er die Verlegung des vorverlegten Anhörungstermins unter Hinweis auf die wegen des Maifeiertags nicht gewahrte Einhaltung der 48-stündigen Einlassungs- und Ladungsfrist. Dabei teilte er mit, dass der Betriebsrat die Umladung erst am 30.04.2024 gegen 18.00 Uhr erhalten habe.
8Im Anhörungstermin am 03.05.2024 hat der für den Betriebsrat allein erschienene Betriebsratsvorsitzende die Rüge der nicht gewahrten Einlassungsfrist aufrechterhalten. Das Arbeitsgericht hat sodann den Anhörungstermin in Anwesenheit der Erschienenen durch einen verkündeten Beschluss auf 18.00 Uhr am selben Tag verlegt.
9Zum Anhörungstermin um 18:00 Uhr ist für den Betriebsrat niemand erschienen. Mit einem am Ende des Sitzungstages verkündeten Beschluss hat sich das Arbeitsgericht für örtlich zuständig erklärt. Mit einem weiteren am Ende des Sitzungstags verkündeten Beschluss hat das Arbeitsgericht gemäß dem Antrag der Arbeitgeberin Rechtsanwalt S P zum Vorsitzenden der Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Festlegung der Dienstpläne“
10- für die Kalenderwoche KW 19 des Jahres 2024 für die Filialen der Antragstellerin 484 (B), 485 (N), 562 (H B), 842 (H E), 1034 (H P), 1069 (Br Wa), 1336 (Ha), 1415 (G),1638 (R), 2124 (Br We), 744 (Ki) sowie
11- für die Kalenderwoche KW 20 des Jahres 2024 für die Filialen der Antragstellerin 484 (B), 485 (N), 562 (H B), 842 (H E), 1034 (H P), 1069 (Br Wa), 1336 (Ha), 1415 (G),1638 (R), 2124 (Br We), 744 (Ki) sowie
12- für die Kalenderwoche KW 21 des Jahres 2024 für die Filialen der Antragstellerin 484 (B), 485 (N), 562 (H B), 842 (H E), 1034 (H P), 1069 (Br Wa), 1336 (Ha), 1415 (G),1638 (R), 2124 (Br We), 744 (Ki) sowie
13- für die Kalenderwoche KW 22 des Jahres 2024 für die Filialen der Antragstellerin 484 (B), 485 (N), 562 (H B), 842 (H E), 1034 (H P), 1069 (Br Wa), 1336 (Ha), 1415 (G),1638 (R), 2124 (Br We), 744 (Ki)
14bestellt und die Zahl der Beisitzer auf jeweils zwei pro Seite festgesetzt.
15Noch vor der am 07.05.2024 erfolgten Zustellung des Beschlusses an den Betriebsrat lud Rechtsanwalt P die Beteiligten und ihre Verfahrensbevollmächtigten mit einem am 03.05.2024, 20:46 Uhr, versandten E-Mail-Schreiben zur Sitzung der Einigungsstelle am 04.05.2024 um 13:00 Uhr in seine Kanzleiräumlichkeiten in O ein.
16Mit E-Mail-Schreiben vom 04.05.2044, 13.24 Uhr, teilte der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats dem Einigungsstellenvorsitzenden und den Vertretern der Arbeitgeberseite mit, dass von Seiten des Betriebsrats niemand an der Einigungsstellensitzung teilnehmen könne. Zudem wies er darauf hin, dass er im Auftrag des Betriebsrats sogleich Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts einlegen werde und dass er ihn, Herrn P, unter keinen Umständen als Einigungsstellenvorsitzenden akzeptiere.
17Am 04.05.2024 tagte die Einigungsstelle bis 19:55 Uhr, ohne dass die Betriebsratsseite vertreten war. Das Einigungsstellenverfahren endete durch Sprüche, mit denen die Dienstpläne genehmigt wurden.
18Mit seiner am 04.05.2024, 22:19 Uhr, bei dem Landesarbeitsgericht eingelegten und zugleich begründeten Beschwerde vertritt der Betriebsrat die Auffassung, das Verfahren sei an das Arbeitsgericht wegen Verfahrensmängeln zurückzuverweisen. Zudem macht der Betriebsrat geltend:
19Die Durchführung der Einigungsstelle am 04.05.2024 und die dort gefassten Sprüche seien offensichtlich rechtswidrig und nichtig, weil die Arbeitgeberin die Einigungsstelle nicht aufgrund des Beschlusses des Arbeitsgerichts Köln vom 03.05.2024 habe durchführen dürfen. Denn seine Beschwerde habe aufschiebende Wirkung und verhindere ihre Durchführung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens.
20Mit Rechtsanwalt P als Einigungsstellenvorsitzenden hätten die Beteiligten wiederholt schlechte Erfahrungen gemacht, da die Einigungsstellen von ihm unnötig in die Länge gezogen worden seien und es wiederholt zu einer Eskalation zwischen den Beteiligten gekommen sei. Dies habe vor allem daran gelegen, dass Rechtsanwalt P seine Rechtsansichten ständig revidiert habe und wiederholt Verfahrensfehler erkennbar geworden seien. So habe er in zwei Einigungsstellenterminen den Regelungsgegenstand selbständig und trotz seines, des Betriebsrats, ausdrücklichen Widerspruchs erweitert.
21Schließlich habe er mit seiner Ladung von Freitagabend, 03.05.2024, 20:46 Uhr, zu einer Sitzung am Samstagmittag, 04.05.2024, 13.00 Uhr, in O deutlich gemacht, dass er ihm, dem Betriebsrat, keine Möglichkeit habe geben wollen, an der Einigungsstelle teilzunehmen.
22Der Betriebsrat beantragt,
231. den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 03.05.2024,Az. 13 BV 70/24, aufzuheben und die Angelegenheit an das Arbeitsgericht Köln zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen;
2. hilfsweise den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 03.05.2024, Az. 13 BV 70/24, aufzuheben und den Antrag der Arbeitgeberin abzuweisen.
Die Arbeitgeberin beantragt,
28die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 03.05.2024, 13 BV 70/24, zurückzuweisen.
29Sie meint, es lägen vorliegend keine Verfahrensfehler der ersten Instanz vor. Darüber hinaus sei eine Zurückweisung der Sache an das Arbeitsgericht wegen eines Verfahrensfehlers aber ohnehin nicht zulässig.
30Sie ist der Auffassung, dass ein vom Arbeitsgericht bestellter Einigungsstellenvorsitzender das Einigungsstellenverfahren vor Rechtskraft des Einsetzungsbeschlusses einleiten dürfe, um zu versuchen, die Meinungsverschiedenheiten der Betriebsparteien möglichst umgehend zu beenden. Auch wenn man von einer aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ausgehen würde, träte der Suspensiveffekt erst ab dem Zeitpunkt ein, sobald die Beschwerde vom Beschwerdeführer bei Gericht anhängig gemacht worden sei. Im vorliegenden Fall sei das Einigungsstellenverfahren zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung aber bereits abgeschlossen gewesen.
31Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses, die im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
32II.
33Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats hat in der Sache zum Teil Erfolg und ist im Übrigen unbegründet.
341.) Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist gemäß § 100 Abs. 2 Satz 1 ArbGG statthaft und gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 fristgerecht eingelegt und begründet worden.
35a) Der Zulässigkeit des Rechtsmittels steht nicht entgegen, dass der angegriffene Beschluss des Arbeitsgerichts bei Einlegung und Begründung der Beschwerde noch nicht zugestellt war und dass die Rechtsmittelfrist noch gar nicht begonnen hatte. Auch vor dem gesetzlich festgelegten Fristbeginn kann ein Rechtsmittel eingelegt und begründet werden. Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels ist, dass die Entscheidung bereits in der Welt ist (BAG, Beschluss vom 28. Februar 2008 – 3 AZB 56/07 –, Rn. 10, juris). Das ist hier der Fall. Denn der gemäß §§ 100 Abs. 1 Satz 3, 84 Satz 3, 60 ArbGG am 03.05.2024 verkündete arbeitsgerichtliche Beschluss wurde durch diese förmliche Verlautbarung mit allen prozessualen und materiell-rechtlichen Wirkungen existent (vgl. (BAG, Urteil vom 23. März 2021 – 3 AZR 224/20 –, Rn. 20, juris).
36b) Der Beschwerde fehlt auch nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil die Einigungsstelle bereits eine Entscheidung in der Sache getroffen hat. Denn das vorliegende Verfahren hat sich dadurch nicht erledigt. Das Rechtsschutzinteresse, das in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist, fehlt zwar, wenn die begehrte gerichtliche Entscheidung für die Beteiligten keine rechtliche Wirkung mehr entfalten kann (BAG, Beschluss vom 24. Mai 2023 – 7 ABR 21/21 –, Rn. 16, juris). Das ist hier aber nicht der Fall. Denn die zwischenzeitlich ergangenen Sprüche der Einigungsstelle sind unwirksam und binden die Beteiligten nicht. Zum Zeitpunkt der Beratung und Beschlussfassung in der Einigungsstelle war diese mangels Rechtskraft des arbeitsgerichtlichen Einsetzungsbeschlusses nicht wirksam errichtet, so dass ihre Sprüche die fehlende Einigung zwischen der Arbeitgeberin und dem Betriebsrat nicht ersetzen konnten.
37aa) Die Bildung einer Einigungsstelle richtet sich nach § 76 Abs. 2 Satz 1 bis Satz 3 BetrVG, § 100 Abs. 1 Satz 1 ArbGG. Nach § 76 Abs. 2 Satz 1 BetrVG haben sich die Betriebsparteien über die Person des Einigungsstellenvorsitzenden und die Zahl der Beisitzer zu verständigen. Im Fall einer Nichteinigung bestimmt das Arbeitsgericht den Einigungsstellenvorsitzenden und legt die Zahl der Beisitzer fest. Ein auf die Bestellung des Einigungsstellenvorsitzenden und die Festlegung der Beisitzerzahl gerichteter Antrag dient der Durchsetzung des Rechts aus § 76 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 BetrVG. Der Beschluss des Arbeitsgerichts ist – ähnlich der Notbestellung eines Vereinsvorstands nach § 29 BGB oder Ersatzbestellung des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft nach § 85 AktG – ein rechtsgestaltender Akt.
38bb) Eine solche Gestaltungsentscheidung kann ihrem Wesen nach nur ex nunc wirken (vgl. BAG, Urteil vom 7. März 1996 – 2 AZR 432/95 –, Rn. 16, juris). Erst mit Rechtskraft der Entscheidung ändert sich die Rechtslage (Schellhammer, Zivilprozess, 16. Aufl. 2020, 11. Teil, Rn. 899). Bis zur formellen Rechtskraft des Beschlusses ist die Einigungsstelle daher nicht wirksam errichtet. Auf die Frage der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde kommt es insoweit nicht an. Denn der Suspensiveffekt bewirkt nur die Hemmung des Eintritts der formellen Rechtskraft (BGH, Urteil vom 12. Mai 1992 – VI ZR 118/91 –, Rn. 10, juris; Zöller/Heßler, 35. Auflage 2024, Vorbemerkungen zu §§ 511-541 ZPO, Rn. 4), die im vorliegenden Fall vor Ablauf der zweiwöchigen Beschwerdefrist des § 100 Abs. 2 Satz 2 ArbGG ohnehin noch nicht eingetreten war. Entgegen der von der Arbeitgeberin und in der Literatur vertretenen Auffassung (Bengelsdorf, BB 1991, 613, 619) bestehen daher durchaus rechtliche Einwände, wenn ein Einigungsstellenvorsitzender das Einigungsstellenverfahren vor Rechtskraft seiner Bestellung durchführt.
39cc) Dies gilt auch in eiligen Angelegenheiten. Der Eilbedürftigkeit trägt § 100 ArbGG durch die stark abgekürzten Fristen bereits Rechnung. Im Übrigen ist es den Betriebspartnern zuzumuten, für Eilfälle Vorsorge zu treffen. Das kann etwa dadurch geschehen, dass sie durch eine Betriebsvereinbarung eine ständige Einigungsstelle errichten oder festlegen, wie zu verfahren ist, wenn der Betriebsrat nicht erreichbar ist oder aus sonstigen Gründen kurzfristig keinen wirksamen Beschluss fassen kann. Im Hinblick auf die gesetzlich gebotene vertrauensvolle Zusammenarbeit von Arbeitgeber und Betriebsrat zum Wohle der Arbeitnehmer und des Betriebes darf der Betriebsrat sich einer Mitwirkung an einer derartigen vorsorglichen Regelung, wenn sie sich zur Sicherung eines möglichst reibungslosen Betriebsablaufs als notwendig erweist, nicht versagen (BAG, Beschluss vom 2. März 1982 – 1 ABR 74/79 –, BAGE 38, 96-106, Rn. 28).
402.) Die Beschwerde ist teilweise begründet.
41a) Sie kann jedoch nicht gemäß dem Hauptantrag des Betriebsrats zur Aufhebung des arbeitsgerichtlichen Beschlusses und Zurückverweisung an das Arbeitsgericht führen. Denn gemäß §§ 100 Abs. 2 Satz 3, 91 Abs. 1 Satz 2 ArbGG ist eine Zurückverweisung an das Arbeitsgericht nicht zulässig. Eine Ausnahme von dieser Bestimmung ist nur zu machen, wenn der Beschluss des Arbeitsgerichts nicht verkündet wurde (GMP/Schlewing/Künzl, 10. Aufl. 2022, § 100 ArbGG, Rn. 41a). Ein gleichwohl zugestellter Beschluss wäre lediglich ein Scheinbeschluss, der das Verfahren in der ersten Instanz nicht beenden könnte. In einem solchen Fall müsste der Beschluss vom Landesarbeitsgericht aufgehoben und das Verfahren an das Arbeitsgericht zurückverwiesen werden (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Juni 2020 – 4 TaBV 739/20 –, Rn. 15, juris; GMP/Schlewing/Spinner, 10. Aufl. 2022, § 91 ArbGG, Rn. 3; für das Urteilsverfahren BAG, Urteil vom 23. März 2021 – 3 AZR 224/20 –, Rn. 30, juris; BAG, Urteil vom 14. Oktober 2020 – 5 AZR 712/19 –, BAGE 172, 372-376, Rn. 16). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor, da der Beschluss des Arbeitsgerichts ausweislich des Sitzungsprotokolls am 03.05.2024 am Schluss des Anhörungstermins verkündet wurde.
42b) Unbegründet ist die Beschwerde auch, soweit sie sich dem Wortlaut des Hilfsantrags nach gegen die Errichtung der Einigungsstelle selbst richtet.
43aa) Denn gemäß §§ 76 Abs. 2 Satz 2, 87 Abs. 2 BetrVG ist die Einigungsstelle im vorliegenden Fall einzusetzen, weil sich die Beteiligten über die Dienstpläne und mithin in einer nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit sowie über die Person des Vorsitzenden und die Zahl der Beisitzer nicht geeinigt haben.
44bb) Allerdings kommt eine Einsetzung der Einigungsstelle für die KW 19 und 20 nicht mehr in Betracht. Für diese Zeiträume hat sich die Angelegenheit durch Zeitablauf erledigt.
45c) Begründet ist die Beschwerde, soweit sich der Hilfsantrag des Betriebsrats gegen den vom Arbeitsgericht bestellten Einigungsstellenvorsitzenden richtet. Rechtsanwalt P bietet im vorliegenden Fall nicht mehr die Gewähr für eine neutrale Verhandlungsführung und Entscheidungsfindung.
46aa) Denn dies setzt ein entsprechendes Vertrauen beider Betriebspartner voraus. Werden von einem der Beteiligten nachvollziehbare, stichhaltige Gründe für das Fehlen eines solchen Vertrauens vorgetragen, darf der von der anderen Seite vorgeschlagene Kandidat nicht bestellt werden (LAG Nürnberg, Beschluss vom 02. Juli 2004 - 7 TaBV 19/04 -, Rn. 12, juris). Beachtlich sind in diesem Zusammenhang solche Tatsachen und konkret begründete Befürchtungen gegen die Eignung des Vorsitzenden, die sich mit dem Begriff verifizierbare Bedenken zusammenfassen lassen (LAG Hamburg, Beschluss vom 08. Mai 1995 - 7 TaBV 2/95 -, LAGE Nr. 29 zu § 98 ArbGG 1979; Francken, NJW 2007, 1792, 1795; Tschöpe, NZA 2004, 945, 947). Subjektiven Bedenken kann nur Rechnung getragen werden, wenn sie hinreichend auf objektive Umstände hindeuten und nicht nur vorgeschoben erscheinen (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 7. Mai 2021 – 8 TaBV 597/21 –, Rn. 56, juris; LAG Köln, Beschluss vom 4. Juni 2018 – 9 TaBV 25/18 –, Rn. 17, juris; LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Juni 2015- 21 TaBV 745/15 -, Rn. 33; LAG Köln, Beschluss vom 09. April 2018 - 9 TaBV 10/18 -, Rn. 17, juris; LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 22. Juni 1989 - 6 TaBV 23/89 -, Ls. 3, juris).
47bb) Der Betriebsrat hat in diesem Sinne beachtliche Einwände gegen den vom Arbeitsgericht bestellten Vorsitzenden dargelegt. Ob diese, was vorausgegangene Einigungsstellenverfahren betrifft, zutreffen, bedarf keiner weiteren Aufklärung. Bereits die aus Sicht des Beschwerdegerichts überhastete Anberaumung der Einigungsstellensitzung auf einen Termin am Wochenende sowie die Durchführung des Einigungsstellenverfahrens trotz der von dem Verfahrensbevollmächtigten angekündigten Einlegung der Beschwerde, lassen nicht erwarten, dass das Einigungsstellenverfahren mit Rechtsanwalt P vertrauensvoll durchgeführt werden könnte.
48d) Nach Anhörung der Beteiligten und mangels Alternativvorschlägen der Beteiligten ist Herr Dr. H zum Vorsitzenden der Einigungsstelle zu bestellen. Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin ist das Landesarbeitsgericht als Beschwerdegericht nicht darauf beschränkt, die Entscheidung des Arbeitsgerichts auf Ermessensfehler zu überprüfen; es kann an sich eine eigene neue Ermessensentscheidung treffen. Bei ausreichenden Einwänden gegen die aus Sicht des Landesarbeitsgerichts geeignete Person des erstinstanzlich bestellten Vorsitzenden darf das Beschwerdegericht einen anderen Vorsitzenden bestellen (GMP/Schlewing/Künzl, 10. Aufl. 2022, § 100 ArbGG, Rn. 41). Als langjähriger Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit und erfahrener Einigungsstellenvorsitzender verfügt Herr Dr. H über die erforderliche Sachkunde. Zudem bietet er Gewähr für eine neutrale Verhandlungsführung.
49e) Die Zahl der Beisitzer hat das Arbeitsgericht angesichts der mittleren Komplexität der zu regelnden Angelegenheit zutreffend auf zwei für jede Seite festgesetzt. Dies ermöglicht beiden Seiten, neben einem betriebsangehörigen ggf. auch einen externen Beisitzer in die Einigungsstelle zu entsenden.
50III.
51Gegen diesen Beschluss findet gemäß § 100 Abs. 2 Satz 4 ArbGG ein Rechtsmittel nicht statt.
52(*) Am 17.05.2024 erging folgender Berichtigungsbeschluss:
53In pp. wird der soeben den Beteiligten zugestellte Beschluss vom 16.05.2024 wegen einer offensichtlichen Unrichtigkeit dahingehend geändert, dass das Datum auf Seite 4, letzter Absatz, 1. Zeile „04.05.2024“ (nicht 04.05.2044) lautet.