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1. Die Tatsache der bloßen Gleichzeitigkeit von einer nachteiligen Behandlung einerseits und die Tatsache andererseits, dass der betroffene Mensch Träger eines nach § 1 AGG verpönten Merkmals ist, reicht nicht aus, um ein Indiz im Sinne des § 22 AGG anzunehmen.
2. Die Tatsache, dass bei einer nachteiligen Behandlung die entscheidungstragenden Menschen das gleiche nach § 1 AGG verpönte Merkmal wie die nachteilig behandelte Person tragen, allerdings mit umgekehrten Vorzeichen, stellt allein ebenfalls kein Indiz im Sinne des § 22 AGG dar.
3. Werden von einer nachteilig behandelten Person mehrere Tatsachen vorgetragen, die jede für sich als Indiz im Sinne des § 22 AGG ungeeignet sind, so kann aus der bloßen Anhäufung von ungeeigneten Tatsachen keine als Indiz geeignete Tatsache werden.
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 29.03.2023 - 3 Ca 1482/22 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
(*)
2T a t b e s t a n d
3Mit seiner Klage begehrt der Kläger von der Beklagten die Zahlung einer Entschädigung sowie materiellen und immateriellen Schadensersatz. Zur Begründung macht er geltend, er sei Opfer von Diskriminierungen, von ungerechtfertigten Maßnahmen seiner Arbeitgeberin und von Mobbing.
4Der Kläger ist am 1989 geboren. Er ist ledig. Seit dem 03.04.2018 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für S am Standort R beschäftigt. Zwischen den Parteien war Teilzeit (50 %) vereinbart sowie eine Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf des 31.03.2023. Zuletzt zahlte die Beklagte dem Kläger ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von rund 2.470,00 EUR. Eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses über den Ablauf der Befristung am 31.03.2023 hinaus ist dem Kläger von der Beklagten nicht angeboten worden.
5Mit dem inzwischen rechtskräftigen Urteil vom 17.04.2024 - 5 Sa 294/23 - hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln die Entscheidung des Arbeitsgerichts Siegburg vom 03.05.2023 - 3 Ca 47/23 - bestätigt, der zufolge das Arbeitsverhältnis zwar nicht aufgrund einer Kündigung der Beklagten, wohl aber aufgrund der besagten Befristung sein Ende gefunden habe. Dies geschah unter anderem mit der Begründung, der Vortrag des Klägers, er sei im laufenden Arbeitsverhältnis diskriminiert worden, sei nicht geeignet die Wirksamkeit der Befristungsabrede in Frage zu stellen.
6Parallel zum Arbeitsverhältnis mit der Beklagten arbeitete der Kläger an seiner Promotion, die die Beklagte in Kooperation mit der Universität S, an der der Kläger als Doktorand zugelassen ist, förderte. Thema der Promotion des Klägers ist die „Herstellung […]“, womit eine Arbeit mit Sprengstoff verbunden ist. Dem zugrunde liegt eine bis zum 15.04.2022 befristete Betreuungsvereinbarung vom 15.04.2019, ausweislich derer der bei der Beklagten beschäftigte Prof. Dr. K, zugleich im Rahmen des Arbeitsverhältnisses fachlicher Vorgesetzter des Klägers, Erstbetreuer war. Mit Prof. Dr. E von der Universität S vereinbarte der Kläger, dass dieser Zweitbetreuer sein solle. Im Jahre 2020 erstellten sowohl der Erstbetreuer als auch der Zweitbetreuer für den weiteren Verlauf der Promotion positive Prognosen. Nach Ablauf der Befristung bis zum 15.04.2022 ist die Betreuungsvereinbarung nicht verlängert worden.
7Seit dem 15.04.2019 ist der Kläger zugleich bei der Beklagten Stipendiat des Fachbereichs angewandte Naturwissenschaften. Auf der Grundlage dieses Stipendiums erhielt der Kläger ca. 14.000,00 EUR jährlich. Zusammen mit dem Entgelt aus dem Arbeitsverhältnis berechnet sich so ein Jahresbruttobezug in Höhe von 43.000,00 EUR. Das Stipendium wird jährlich nach Erfüllung von Auflagen gemäß den Richtlinien zur Gewährung von Promotionsstipendien mit Fassung vom 27.09.2016 verlängert. Die Beklagte hat dem Kläger eine Verlängerung des Stipendiums nicht angeboten.
8Den Forderungen des Klägers liegen Vorgänge zugrunde, die Mitte des Jahres 2020 begannen und bis in das Jahr 2023 hineinreichten. Diese Vorgänge handeln von atmosphärischen Störungen in der Gruppe der wissenschaftlichen Mitarbeitenden aus Beziehungen, die über das bloß dienstliche Verhältnis hinausgingen, von einem Fachvorgesetzten und Doktorvater, der sich mit dem persönlichen Konflikt in seinem Lehrstuhlbereich, welcher sich inzwischen dienstlich auswirkte, an die Hierarchie der Hochschule wendete, von den von mehreren Stellen und Personen erfolgten Ermittlungen und Sanktionen bis hin zu Abmahnung, Kündigung, Abbruch der Promotionsbetreuung einerseits und bis hin zu mehr als zwei Dutzend vom Kläger angestrengten gerichtlichen Verfahren andererseits.
9Seine Wurzel hat der Konflikt in einer Vorgeschichte, die das dienstliche und das private Verhältnis der wissenschaftlichen Mitarbeitenden am Lehrstuhl untereinander betrifft, und die der Kläger selbst in dienstlichen Stellungnahmen beschreibt (vgl. z.B. „Beschwerde J“, vom 04.03.2021 Anlage K23, Bl. 512 d.A.; „Beschwerde gegen Mitarbeiterin B“, Bl. 2352). Im Vordergrund steht dabei insbesondere die Beziehung zwischen dem Kläger und der Zeugin B […] . Zwischen beiden entwickelte sich seit dem Jahre 2019 ein freundschaftliches Verhältnis, dessen Intensität vom Kläger anders als von der Zeugin empfunden wurde, nämlich inniger. […]
10Ab Juni des Jahres 2020 kam es nach der Darstellung des Klägers zu ersten Eintrübungen des bisher von ihm als angenehm empfundenen Verhältnisses. So gab es Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Kläger und den Zeuginnen B und V über die Urlaubsplanung und die Teilnahme an Veranstaltungen, bei denen pandemiebedingt die Teilnehmerzahl beschränkt war und bei denen sich der Kläger ausgeschlossen fühlte. Das persönliche Verhältnis der Mitarbeitenden untereinander und insbesondere zwischen dem Kläger und der Zeugin B blieb aber weiterhin freundschaftlich. […] Ende des Jahres 2020 kam es vermehrt zu Missstimmungen […] Übereinstimmend berichten beide, dass die Zeugin B ihren Kontakt zum Kläger in dieser Zeit einschränkte. Unterschiedliche Auffassungen bestehen darüber, ob diese Einschränkung eine Reaktion auf unangepasstes Verhalten des Klägers war oder umgekehrt. Der Kläger empfand die Situation als ein „on/off-Verhältnis“, das ihm „immer weniger gutgetan“ habe. Er erklärte sodann am 11.12.2020 der Zeugin B gegenüber unter anderem, dass er sich von ihr distanzieren müsse. Das Gespräch endete im Streit. In der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer legte der Kläger Wert auf die Mitteilung seiner Sicht der Dinge, dass es nämlich er gewesen sei, der „die Beziehung beendet“ habe und nicht die Zeugin B mit ihrem zunehmend abweisenden Verhalten. Nach diesem Datum mieden sich der Kläger und die Zeugin B wechselseitig. Der Kläger hatte dabei das Gefühl, auch von anderen Kolleginnen und Kollegen seiner Arbeitsgruppe ausgegrenzt und isoliert zu werden. Hierdurch entwickelten sich Konflikte zwischen dem Kläger, der Zeugin B und weiteren Kollegen und Kolleginnen, insbesondere der Zeugin V. Die Zeugin V ist eine gute Freundin der Zeugin B und promoviert ebenfalls bei der Beklagten.
11Bereits Mitte Dezember des Jahres 2020 suchte der Kläger nach seiner Darstellung das Gespräch mit dem gemeinsamen Doktorvater, dem Zeugen Prof. K, um ihn um Vermittlung zu bitten. Nach der Darstellung des Klägers hat sich der Zeuge Prof. K aber abwehrend verhalten und die Auffassung vertreten, es handele sich um eine private Angelegenheit zwischen dem Kläger und der Zeugin B, die keine dienstlichen Veranlassungen rechtfertige.
12Am 01.02.2021 führte der Kläger ein fünfeinhalbstündiges Gespräch mit der Zeugin B in einem Konferenzraum der Beklagten über die seinerzeitige Situation und den weiteren Umgang damit. Vor diesem Gespräch legten beide auf Anregung des Klägers die Mobiltelefone in einen Schrank. Nach diesem Gespräch lehnte Frau B es ab, erneut mit dem Kläger alleine zu sprechen, denn das Gespräch sei ihr „definitiv zu weit“ gegangen. Ob der Kläger das Gespräch mit seinem Mobiltelefon aufgezeichnet hat und Teile dieser Aufnahme der Zeugin V vorgespielt hat, ist zwischen den Parteien streitig.
13Nach diesem langen persönlichen Gespräch bat der Kläger mehrfach den gemeinsamen Doktorvater, den Zeugen Prof. K, um Vermittlung in einem Sechs-Augen-Gespräch, der jedoch eine solche Vermittlung in dem aus seiner Sicht privaten Konflikt erneut ablehnte.
14Am Freitag, dem 05.02.2021 saß der Kläger in seinem Auto auf dem Parkplatz der Hochschule. Ob er dort nur deshalb saß, um „in seinem Rückzugsort“ […] zu telefonieren oder ob er dort zumindest auch auf seine Kolleginnen und Kollegen gewartet hat, um diese zur Rede zu stellen, ist zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls stieg er aus dem Auto aus, als die Zeugin V zusammen mit dem Zeugen Ü auf dem Parkplatz erschien. Unstreitig ist weiter, dass er sich nach einem kurzen Wortwechsel allein mit der Zeugin V entfernt hat und den Zeugen Ü zurückließ, um dann noch einmal kurz zum Auto zurück zu kommen und wieder zur Zeugin V zu laufen. Diese Geschehnisse auf dem Parkplatz waren Gegenstand einer Beweisaufnahme vor dem Landgericht Bonn unter dem Geschäftszeichen 10 O 363/21 (Anlage K 750, Bl. 1398 d.A.). Warum der Kläger bzw. sein damaliger Prozessbevollmächtigter für eine Klage auf Unterlassung der Behauptung, der Kläger habe das am Arbeitsplatz stattgefundene fünfeinhalbstündige Gespräch vom 01.02.2021 zwischen ihm und der Zeugin B heimlich aufgenommen, entgegen § 2 Abs. 1 Nr. 9 ArbGG den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gewählt hatte und warum das Landgericht den Rechtsstreit nicht in den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten verwiesen hat, ergibt sich weder aus dem Urteil noch aus dem Protokoll der Beweisaufnahme. Jedenfalls haben dort die Zeugin V und der Zeuge Ü bekundet, der Kläger habe der Zeugin V Teile einer heimlich gefertigten Tonaufnahme vorgespielt und dem Zeugen Ü das Vorspielen angeboten. Die Zeugin V hat bekundet, dem Kläger sei es insbesondere um den Beweis gegangen, dass die Zeugin B in dem aufgenommenen Gespräch schlecht über die Zeugin V gesprochen habe und dass die Zeugin B im Laufe des aufgezeichneten Gesprächs mit der Auffassung des Klägers übereingestimmt habe, man könne das Vertrauensverhältnis wiederherstellen, indem man sich gemeinsam nackt ausziehe. Das Landgericht hat die Unterlassungsklage des Klägers mit der Begründung abgewiesen, es sei auf der Grundlage der Beweisaufnahme überzeugt, dass der Kläger von dem Gespräch am 01.02.2021 heimlich eine Tonaufnahme gefertigt habe. Streitig blieb bis zuletzt, ob der Kläger auf diesem Parkplatz sinngemäß die Drohung ausgestoßen hat, er werde die Doktorarbeiten seiner Kolleginnen und Kollegen sabotieren, wenn er mit seiner Arbeit untergehe.
15Abgesehen von der abwehrenden Haltung des Zeugen Prof. K, der wiederholt auf den privaten Charakter der Auseinandersetzung verwiesen und wegen dieses privaten Charakters Moderationsbemühungen seinerseits abgelehnt hatte, waren bis zu diesem Punkt der Vorgeschichte Funktionspersonen und Funktionsstellen der Beklagten nicht mit dem persönlichen Konflikt unter den wissenschaftlichen Mitarbeitenden, insbesondere nicht mit der persönlichen Beziehung zwischen dem Kläger und der Zeugin B, befasst.
16Noch am gleichen Tag, dem 05.02.2021, erschienen die Zeuginnen B und V bei dem gemeinsamen Doktorvater und fachlichen Vorgesetzten, dem Zeugen Prof. K. Nach dem Gespräch informierte er die zuständige damalige Dekanin des betroffenen Fachbereichs, Frau Prof. Dr. W, sowie den Präsidenten der Beklagten, Herrn Prof. I, zunächst telefonisch über Unruhe in seinem Fachbereich. Dem Kläger teilte er mit, das die Angelegenheit nun doch den „dienstlichen Weg“ gehen werde, nach dem, was „er gehört hätte“. Am gleichen Tag erstatteten die Zeuginnen B und V Strafanzeige gegen den Kläger, in der sie angaben, Angst vor dem Kläger zu haben. Dieser habe psychische Probleme. Sie wüssten nicht, wozu er fähig sei. Sie fühlten sich unwohl, wenn sie zum Auto gingen oder alleine zuhause seien, und hätten Angst, dass er den nächsten Schritt gehe und ihnen auflauere. Im Rahmen der Strafanzeige teilte die Zeugin V der Polizei mit, der Kläger habe ihr mit seinem Mobiltelefon Tonaufnahmen von dem Gespräch zwischen ihm und der Zeugin B vom 01.02.2021 vorgespielt. Ebenfalls gezeigt habe er Aufnahmen eines Gesprächs zwischen ihm und ihr selbst, der Zeugin V, am 03.02.2021. Der Kläger habe ihr gesagt, er nehme seit Oktober 2020 Gespräche auf. Nach der Anzeige bei der Polizei erfolgte durch diese gegenüber dem Kläger eine Gefährderansprache.
17Am Sonntag, dem 07.02.2021, meldete der Zeuge Prof. K per E-Mail (Bl. 2335) der Hochschulleitung, dass er wegen ihm geschilderter deutlicher verbaler Attacken des Klägers gegen Frau B und gegenüber weiteren Mitarbeitern Handlungsbedarf sehe, um weitere, möglicherweise tätliche Übergriffe des Klägers zu vermeiden. Wörtlich heißt es in der Email, in der der Kläger den Beginn einer von der Beklagten orchestrierten Benachteiligung und Erniedrigung sieht, wie folgt:
18In Ergänzung zu unseren Telefonaten am vergangenen Freitag bezüglich des Verhaltens [des Klägers] gegenüber Frau B und weiteren wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen aus meiner Arbeitsgruppe möchte ich ein kurzes Update geben, da ich nicht das Gefühl habe, dass sich die Lage beruhigt hat und ich mittlerweile dringenden Handlungsbedarf sehe, um weitere ggfls. auch tätliche Übergriffe zu verhindern.
19Ich hatte berichtet, was mir mittlerweile seitens der Mitarbeiter berichtet wurde:
20[…].
[Den Kläger] habe ich aufgefordert (in einem persönlichen Gespräch am Donnerstag ohne Zeugen) dies zu unterlassen, damit sich die Lage wieder beruhigt. Dem ist er leider nicht nachgekommen, sondern hat am folgenden Tag wieder Behauptungen und Diffamierungen gegen Frau B gegenüber den weiteren Mitarbeitern geäußert.
[der Kläger] tätlich übergriffig werden könnte.
[Der Kläger] hat am Freitagabend auf dem Parkplatz Frau V abgefangen, die glücklicherweise in Begleitung eines Kollegen zum Auto gegangen ist. Hierbei kam es wohl zu Bedrohungen, in denen [der Kläger] angekündigt hat, dass die beiden mit untergehen werden, wenn er untergeht und dass er die Promotionsarbeiten sabotieren werde.
[den Kläger] erstattet, weitere Informationen habe ich hierüber nicht mehr.
Folgende Punkte habe ich darauf veranlasst:
27[dem Kläger] finden mit den betroffenen Mitarbeitern keine Gespräche gleich welcher Art statt.
[dem Kläger] privat die Situation weiter zu diskutieren. Auch dies wird nur noch im Beisein von Zeugen geschehen können.
[den Kläger] kann ich m.E. ohne belastbare Beweise nicht vornehmen lassen, heute am Sonntagnachmittag ist mir in den Laboren zumindest nichts aufgefallen.
Mittlerweile ist die Situation soweit eskaliert, dass ich mir als Leiter des I in R Sorgen um die Sicherheit der Mitarbeiter mache. Ich bitte daher um eine zeitnahe Festlegung von Maßnahmen, damit ich meiner Sorgfaltspflicht gegenüber den Mitarbeitern nachkommen kann (inklusive [des Klägers] ) und die es der gesamten Arbeitsgruppe ermöglicht, weiter an den Projekten und Promotionsarbeiten zu arbeiten. Insbesondere halte ich auch eine geeignete offizielle Information aller Mitglieder meiner Arbeitsgruppe für unerlässlich, damit der Flurfunk nicht noch sein Übriges tut.
32Tut mir leid für diese Situation und deren Schilderung am Sonntagabend, aber ich halte es für dringend geboten, diese Situation so schnell wie möglich in der HS abgestimmt wieder zu entschärfen.
33In einer internen E-Mail der Kanzlerin der Hochschule, Frau F, an die Personaldezernentin, Frau Wb, vom 08.02.2021, also dem darauffolgenden Tag, heißt es sodann:
34„Sobald verlässliche Angaben (z. B. schriftliche Zeugenaussagen, Kopie Strafanzeige) zum Verhalten [des Klägers] vorliegen … ist zu prüfen, ob eine (fristlose) Kündigung möglich/geboten ist. Bitte nehmen Sie auch schon einmal unmittelbar Kontakt mit Prof. K auf, um ihm unsere Unterstützung in dieser Angelegenheit zuzusagen.“
35Am 08.02.2021 forderte das Dezernat Personal und Recht der Beklagten schriftliche Stellungnahmen von den Zeuginnen V und B ein sowie von den Zeugen Prof. K, Ü und eines weiteren Kollegen des Klägers, Herrn M. Am 19.02.2021 führte die Beklagte ein Personalgespräch mit dem Kläger zu den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen. Das Gespräch fand als Videoformat statt. An der Seite des Klägers saß sein damaliger Prozessbevollmächtigter, Herr Rechtsanwalt Ka. Vereinbart wurde, dass die Beklagte die im Raume stehenden Vorwürfe verschriftlichen und dem Kläger die Möglichkeit einräumen werde, hierauf schriftlich Stellung zu nehmen. Ein entsprechendes Anhörungsschreiben versandte die Beklagte an den Kläger am 23.02.2021 (Anlage K22).
36Am 22.02.2021 hatte der Kläger begonnen, ein „Mobbingtagebuch“ zu führen. Am 12.03.2021 reichte er eine Beschwerde über die Zeugin B bei der Beklagten ein. Die Zeugin B nahm am 15.03.2021 hierzu Stellung.
37Nach Anhörung des Personalrats mahnte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 24.03.2021 wegen des Vorwurfs ab, er habe zur Störung des Betriebsfriedens in erheblicher Weise beigetragen, indem er Frau B am 01.02.2021 gedroht habe, ihr die Promotion „kaputt zu machen“, falls er aufgrund der von ihr erhobenen Vorwürfe seine eigene Promotion nicht zu Ende bringen könne. Überdies habe er am Abend des 05.02.2021 die Zeugin V und einen weiteren Kollegen nach der Arbeit auf einem Parkplatz abgepasst und Frau V gedroht, es würde sie ihre Promotion kosten, sollte sie sich weiter in die Angelegenheit zwischen ihm und Frau B einmischen. Zudem habe er ohne Einwilligung von Frau B das Gespräch vom 01.02.2021 mit ihr aufgezeichnet und drei Ausschnitte hieraus am 05.02.2021 Frau V vorgespielt. Die auf Entfernung dieser Abmahnung gerichtete Klage des Klägers hatte mit der Begründung Erfolg, die Abmahnung sei an einer Stelle nicht hinreichend konkret.
38Im April 2021 forderte der Kläger von den Zeuginnen B und V die Abgabe von Unterlassungserklärungen und erhob wenige Monate später entsprechende Klagen. Es folgten weitere Unterlassungsforderungen des Klägers mit anschließenden Klageverfahren, die von ihm entgegen § 2 Abs. 1 Nr. 9 ArbGG nicht vor dem Arbeitsgericht, sondern vor dem Landgericht erhoben worden sind. Daneben ging der Kläger auch in verschiedener Weise gegen die Beklagte, gegen deren Präsidenten, gegen die Kanzlerin, gegen die damalige für seinen Fachbereich zuständige Dekanin, gegen die Gleichstellungsbeauftragte und gegen die Personaldezernentin sowie gegen weitere Kollegen vor.
39Nach einer durch den Kläger beantragten Verlängerung der Frist zur Erfüllung der ihm obliegenden Bedingungen für eine einjährige Verlängerung des Stipendiums für die Zeit ab dem 01.08.2021 bis zum 30.09.2021 sprach Prof. K am 28.10.2021 als Erstbetreuer nur eine bedingte Empfehlung zur Fortsetzung des Stipendiums aus, während der Zweitbetreuer, Prof. Dr. E, unter dem 08.10.2021 eine Weiterförderung des Klägers durch ein Stipendium befürwortet hatte.
40Am 05.11.2021, also neun Monate nach den Vorkommnissen auf dem Parkplatz, ging der Kläger mit seinem Mobiltelefon in der Hand an einem Raum eines Dienstgebäudes der Beklagten vorbei, in dem sich die Zeugin B aufhielt. Diese kam daraufhin in Begleitung eines Kollegen auf ihn zu und beschuldigte ihn, heimlich ein Foto von ihr gemacht zu haben. Auch der anwesende Kollege ergriff das Wort. Die Zeugin B informierte die Polizei, die jedoch keine Straftat feststellen konnte. Der Kläger erstattete daraufhin gegen Frau B Strafanzeige wegen Schädigung seines Rufes und gegen den Kollegen wegen Beleidigung. Für die folgenden 36 Kalendertage legte der Kläger Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor.
41Mit Schreiben vom 12.11.2021 sowie mit dem dieses ersetzenden Schreiben vom 02.12.2021 (Bl. 2509 d. A.) kündigte Prof. K an, die Promotion des Klägers mit sofortiger Wirkung nicht weiter zu betreuen. Im letztgenannten Schreiben führte er zur Begründung an, das Vertrauensverhältnis sei unwiederbringlich zerstört, was ihm eine objektive Bewertung unmöglich mache.
42Mit Schreiben vom 18.11.2021 kündigte die Beklagte nach Anhörung des Personalrats das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos, hilfsweise fristgerecht, was sie im Wesentlichen mit der anhaltenden Störung des Betriebsfriedens begründete. Die Kündigung erwies sich gemäß § 168 SGB IX als unwirksam. Mit Bescheid vom 29.11.2021 wurde der Kläger nämlich auf seinen Antrag vom 16.06.2021 rückwirkend einem Schwerbehinderten gleichgestellt. Der Beklagten teilte er dies am 08.12.2021 mit. Dieses Datum der Kenntnisnahme hat Bedeutung für die vom Kläger geltend gemachte Diskriminierung, auf die noch einzugehen sein wird. Über die Art der Schwerbehinderung äußerte er sich nicht. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger bereits die folgenden Verfahren eingeleitet (die Liste erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit):
431. Klage gegen die Abmahnung vom 24.03.2021 - 5 Ca 1092/21;
2. Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung vom 18.11.2021 - 5 Ca 1933/21;
3. Klage gegen den Präsidenten der Beklagten auf Unterlassung, Widerruf und Entschädigung iHv 10.000,00 EUR - 3 Ca 1714/22;
4. Klage gegen die Kanzlerin der Beklagten auf Unterlassung, Widerruf und Entschädigung iHv 10.000,00 EUR wegen des Schreibens vom 16.11.2021 - 5 Ca 1551/22;
5. Klage gegen die Gleichstellungsbeauftragte auf Unterlassung, Widerruf und Entschädigung iHv 10.000,00 EUR wegen der Mitwirkung/Zustimmung zur Kündigung vom 18.11.2021 - 5 Ca 1713/22;
6. Klage gegen die Personaldezernentin auf Unterlassung, Widerruf und Entschädigung in Höhe von 10.000,00 EUR wegen des Anhörungsschreibens vom 23.02.2021 - 5 Ca 1691/22;
7. Eingabe beim Petitionsausschuss vom 30.11.2021 ;
8. Klage gegen die Zeugin B auf Unterlassung, Widerruf und Entschädigung in Höhe von 5.000,00 EUR - 10 O 363/21;
9. Klage gegen die Zeugin V auf Unterlassung, Widerruf und Entschädigung in Höhe von 5.000,00 EUR - 10 O 362/21;
10. Strafantrag gegen die Zeugin B vom 22.09.2021 wegen übler Nachrede - 435 Js 2588/21;
11. Strafantrag gegen die Zeugin B vom11.11.2021 wegen Verleumdung - 435 Js 3094/21.
Soweit zu diesen genannten Verfahren und zu den in der Folgezeit vom Kläger eingeleiteten Verfahren Entscheidungen ergangen sind, ergibt sich schon aus dem jeweiligen Tenor und der jeweiligen Kostenquote eine weitgehende Erfolglosigkeit des Klägers, auch wenn der Kläger dies subjektiv anders empfinden mag (was aus seinen Äußerungen in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer geschlossen werden kann).
56Die Beklagte nahm am 10.12.2021 die ausgesprochene Kündigung mit Blick auf die rückwirkende Gleichstellungsentscheidung der Bundesagentur zurück und forderte den Kläger auf, seine Arbeit zum 13.12.2021 wieder anzutreten. Hierfür wurde dem Kläger in der Zeit bis zum 18.08.2022 (für die Zeit ab dem 13.05.2022 bis zum Jahresende legte der Kläger Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor), also für die nächsten neun Monate, ein Büro in einem anderen Gebäudeteil zugewiesen. Hier erhielt er einen anderen Dienstrechner als zuvor und hatte bis zum 21.01.2022, also einen Monat lang, keinen Zugriff auf das Laufwerk W, auf dem die maßgeblichen Dateien der Promotionsvorhaben seiner Kolleginnen und Kollegen lagen.
57Am 23.12.2021 erhielt der Kläger eine auf den 20.12.2021 datierte Anhörung zur Verlängerung seines Promotionsstipendiums, in der man ihm die Absicht mitteilte, „mangels Fortschritten“ im Promotionsvorhaben sein Stipendium „nicht zu verlängern“.
58In einem am 28.01.2022 mit ihm geführten Personalgespräch machte die Beklagte mit Blick auf seine Behinderung und mit Blick auf die Tatsache, dass er die Art der Behinderung bis zuletzt nicht mitgeteilt hat, die weitere Nutzung des Labors durch den Kläger von der Vorlage eines ärztlichen Attestes abhängig, welches der Kläger sodann am 02.02.2022 einreichte.
59Ferner bot die Beklagte die Durchführung von zwei von ihr finanziert Mediationen an, während deren Dauer jedoch die laufenden Verfahren nicht fortgeführt werden sollten. Der Kläger zeigte seine grundsätzliche Bereitschaft zur Teilnahme hieran. Die Mediation zwischen dem Kläger und dem Zeugen Prof. K wurde jedoch nach dem dritten Termin abgebrochen, nachdem der Zeuge Prof. K einer Verlängerung der Promotionsbetreuungsvereinbarung mit dem Kläger nicht zustimmen wollte. Das weitere Mediationsverfahren zwischen dem Kläger und den Zeuginnen B und V kam nicht zustande, nachdem der Kläger eine von der Mediatorin vorgelegte Mediationsvereinbarung nicht ohne Änderungen unterzeichnen wollte, woraufhin diese erklärte, für die Mediation nicht zur Verfügung zu stehen. Bereits zuvor hatte es Differenzen über die Konstellation, in der die Mediation erfolgen sollte, sowie Bedenken des Klägers im Hinblick auf Unbefangenheit der von der Beklagten ausgesuchten Mediatorin nach einer (Vor-)Besprechung mit der Beklagten ohne seine Beteiligung gegeben. Auf den Vorschlag des Klägers, jemand anderes mit der Mediation zu beauftragen, ging die Beklagte nicht ein.
60Mitte des Jahres 2022 wurde eine Verlängerung des Stipendiums des Klägers für die Zeit ab dem 01.08.2022 abgelehnt. Die Schwerbehindertenvertretung wurde zu diesem Thema zuvor nicht beteiligt. Am 19.07.2022 hatte sich die Schwerbehindertenvertretung dem Kläger gegenüber per Email wie folgt geäußert:
61Sehr geehrter [Kläger] ,
62bitte nehmen Sie zunächst einmal folgendes zur Kenntnis:
63Ihre Behauptung, wir hätten in dem Gespräch vom 10.01.2022 von Krieg gesprochen, weisen wir mit Nachdruck zurück und fordern Sie auf, zukünftig diese Behauptung zu unterlassen.
64Wenn Sie sich im Krieg wähnen, weil Sie nicht das bekommen, was Sie wollen, dann ist das alleine Ihre Wortwahl und Ihr Empfinden und aus unserer Sicht ein Schlag ins Gesicht all derer, die gerade ohne eigenes Zutun einen Krieg erdulden müssen.
65Dass wir der Ansicht waren und sind, dass die Idee sich mit dem Doktorvater zu überwerfen, wenn man noch zu Ende promovieren will, nicht das Intelligenteste ist, was einem einfallen kann, dürfen Sie gerne weiter behaupten.
66Darüber hinaus sehen wird aktuell als örtliche SBV keine Möglichkeit mehr, in Ihrem Sinne auf irgendjemanden einzuwirken. Sie haben mittlerweile dermaßen viele Personen und übergeordnete Institutionen in das Verfahren reingeholt (den Landtag, Frau Mid, Frau Me, Prof. A, die LASH, diverse Mediatoren, mehrere Gerichte …) dass es uns gar nicht mehr möglich ist, den aktuellen Verfahrensstand zu ermitteln.
67Zumindest wird sich wahrscheinlich auch niemand mehr dazu hinreißen lassen, mit uns etwas zu verhandeln, dass dann eventuell von einem Gericht oder einer übergeordneten Institution wieder einkassiert wird.
68Aufgrund dieser von Ihnen verursachten Gemengelage macht es aus unserer Sicht aktuell keinen Sinn uns weiter mit Ihrem Fall zu beschäftigen.
69Mit freundlichen Grüßen
70In einem ein anderes Verfahren betreffenden Schriftsatz wurde dem Kläger am 12.12.2022 eine weitere Abmahnung ausgesprochen, die jedoch nach Einreichung einer hiergegen gerichteten Klage bereits mit Schreiben vom 23.12.2022 wieder zurückgenommen wurde.
71Mit Schreiben vom 20.06.2022 forderte der Kläger von der Beklagten erfolglos Schadensersatz wegen der von ihm empfundenen Benachteiligungen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Für die folgenden Zeiträume legte der Kläger Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor: 11.02.2021 bis 19.02.2021 (neun Kalendertage), 26.05.2021 bis 28.05.2021 (drei Kalendertage), 05.11.2021 bis 10.12.2021 (36 Kalendertage), 07.01.2022 bis 14.01.2022 (acht Kalendertage), 13.05.2022 bis 27.12.2022 (229 Kalendertage), 13.01.2023 (ein Kalendertag); 16.01.2023 bis 13.03.2023 (29 Kalendertage) und nach der Mitteilung des Klägers im Schriftsatz vom 17.05.2024 weitere gut 14 Monate durchgehend bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 29.05.2024. Nach Mitteilung des behandelnden Arztes vom 05.09.2023 (Anlage K 735, Bl. 1104 d.A.) war der Kläger durchgehend „seit Dezember 2022 bis auf weiteres“ arbeitsunfähig.
72Mit Schreiben vom 05.01.2023 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nach Beteiligung des Inklusionsamtes sowie weiterer Gremien unter Darstellung verschiedener Vorwürfe erneut fristlos. Das Kündigungsschreiben ging diesem am 06.01.2023 zu. Wie bereits dargestellt hat sich diese Kündigung auf die vom Kläger erhobene Kündigungsschutzklage inzwischen rechtskräftig als unwirksam erwiesen (LAG Köln Urteil vom 17.04.2024 - 5 Sa 294/23 -).
73Im ärztlichen Attest des Zeugen Dr. L vom 05.09.2023 (Anlage K 735, Bl. 1104 d.A.) heißt es:
74Aufgrund der starken psychischen Belastung erfolgt eine durchgehende Krankschreibung seit Dezember 2022 bis auf Weiteres.
75[…]
76Weiterhin sind die anhaltenden Konflikte mit seinem ehemaligen Arbeitgeber und Folgen dieser Konflikte als wesentlicher Auslöser der Gesundheitsschädigung zu sehen.
77In einem weiteren ärztlichen Attest des Zeugen Dr. L vom 02.04.2024 (Anlage K776, Bl. 1521) heißt es weiter wie folgt:
78[Der Kläger] befindet sich seit dem Jahr 2018 in meiner ambulanten Behandlung. Es kam zu keinen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bis 2021.
79Am 24.11.2020 berichtete mir [der Kläger] erstmalig von Konflikten mit einer Arbeitskollegin, mit der er ein sehr enges Verhältnis gehabt habe. Am 04.01.2021 berichtete er, dass sich das Verhältnis so weit verschlechtert habe, dass er die Freundschaft habe beenden müssen. Nun fürchte er, dass sie bei den Kollegen schlecht über ihn reden könnte und sich an ihm rächen werde. Am 02.02.2021 berichtete er, dass er mit ihr noch einmal ein längeres Gespräch geführt habe, dass er den Konflikt aber nicht habe klären können.
80Am 09.02.2021 berichtete [der Kläger] darüber, dass diese Kollegin ihn angezeigt habe. Psychisch war er so stark belastet, dass eine Krankschreibung notwendig wurde, zunächst für 10 Tage.
81In der Folge berichtete [der Kläger] , dass sich der Konflikt ausgeweitet habe. Vor allem war er belastet durch die arbeitsrechtlichen Maßnahmen der Hochschule gegen ihn, insbesondere mehrere Abmahnungen und Kündigungen, sowie eine Umsetzung und Arbeitsentzug.
82Die Belastung wurde für ihn aufgrund dieser Probleme schließlich so groß, dass ich am 26.05.2021 erneut eine Krankschreibung ausstellte, jedoch nur für 2 Tage.
83Der weitere Verlauf des Arbeitsplatzkonfliktes ist den Parteien gut bekannt. [Der Kläger] bemühte sich in den folgenden Monaten trotz einer hohen psychischen Belastung, weiter zur Arbeit zu gehen in der Hoffnung, seine Promotion doch noch fertig stellen zu können. Schließlich war ihm dies nicht mehr möglich. Es besteht seit dem 27.12.2022 bis heute eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit.
84Trotz der teilweisen Entlastung durch die Krankschreibung und den Abstand zu seiner Promotionsstelle leidet [der Kläger] bis heute unter folgenden Symptomen: […]
85Seine Leistungsfähigkeit ist in folgenden Bereichen eingeschränkt: […]
86Aufgrund dieser Einschränkungen ist [der Kläger] aktuell weiterhin nicht arbeitsfähig, auch nicht auf einer anderen Stelle.
87Beurteilung des Kausalzusammenhangs: Aufgrund der regelmäßigen Termine in meiner Praxis habe ich einen detaillierten Überblick über den Verlauf der Symptomatik.
88Es ist eindeutig und gesichert, dass die Verschlechterung des Gesundheitszustandes [des Klägers] und die nachfolgende Arbeitsunfähigkeit eine Folge des Arbeitsplatzkonfliktes und des Verhaltens seines Arbeitgebers ist. Somit besteht hier ein Gesundheitsschaden seit 2021 bis heute.
89Mit der seit dem 20.09.2022 beim Arbeitsgericht Siegburg anhängigen Klage hat der Kläger von der Beklagten die Zahlung eines Gesamtbetrages in Höhe von 553.000,00 EUR gefordert. Im Antrag zu 1 dieser Klage geht es um Entschädigung und Schmerzensgeld iHv 43.000,00 EUR, also in Höhe eines Jahresbruttoentgelts, mit der Begründung, er sei in mehrfacher Hinsicht diskriminiert und in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt worden. Mit dem Antrag zu 2 ist der Ersatz eines von ihm behaupteten finanziellen Schadens in Höhe von 510.000,00 EUR gefordert worden mit der Begründung, er sei durch die Beklagte in seiner beruflichen Entwicklung derart beeinträchtigt worden, dass in der Zeit bis zum Renteneinritt ein Schaden in dieser Höhe entstehen werde, dessen Zahlung jetzt schon fällig sei.
90Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger vorgetragen, er fühle sich wegen einer Vielzahl von Vorfällen in den Jahren 2020 bis 2023 von seinen Kolleginnen und Kollegen sowie insbesondere von seinen Vorgesetzten missachtet, stigmatisiert, ausgegrenzt und wegen seines Geschlechts und seiner Behinderung diskriminiert. Als eine Diskriminierung, die seine Forderung auf Zahlung von Entschädigung und Schmerzensgeld rechtfertige, betrachtet er insbesondere
91die von ihm empfundene Isolation bis hin zu Strafanzeigen durch Kolleginnen,
die Vorgänge vom 05.11.2021 (Mobiltelefon, wechselseitige Strafanzeigen),
die Tatsache, dass die Beklagte seinen Kolleginnen B und V mehr Glauben geschenkt habe als ihm und
gegen ihn in verschiedener Weise arbeitsrechtlich vorgegangen sei,
die Aufforderungen an ihn, Büros zu verlassen,
das zeitweise verhängte Laborverbot nach Bekanntwerden seiner Gleichstellung,
der angeordnete Bürowechsel einschließlich eines Austauschs des Schlosses zu der Tür seines alten Büros,
das Verhalten der Beklagten im Zusammenhang mit den Mediationsverfahren,
die Nichtverlängerung seines Stipendiums einschließlich der verzögerten Entscheidung hierüber,
die Nichtverlängerung der Betreuungsvereinbarung mit Prof. Dr. K sowie
dessen Ankündigung, die Betreuung niederzulegen, und schließlich
die Abmahnung vom 12.12.2022 und
die darauffolgende Kündigung.
Das Indiz für die Annahme, dass sein Geschlecht bei den nachteiligen Behandlungen im Motivbündel der Beklagten enthalten gewesen sei, sei (1.) die Tatsache, dass die Beklagte den Aussagen der beiden Frauen mehr Glauben geschenkt habe, als seiner Aussage, also der des Mannes, (2.) die Tatsache, dass die meisten Funktionsstellen bei der Beklagten von Frauen besetzt seien und (3.) dass die Stelle der Gleichstellungsbeauftragten bei der Beklagten nach dem Wortlaut der Ausschreibung nur für Frauen vorgesehen sei und nur frauenfördernde Maßnahmen als Aufgabe habe.
106Das Indiz für die Annahme, dass seine Behinderung bei den nachteiligen Behandlungen im Motivbündel der Beklagten enthalten gewesen sei, sei (1.) die gegen § 178 Abs. 2 SGB IX verstoßende Nichtbeteiligung der Schwerbehindertenvertretung bei (a.) der Nichtbescheidung des Antrags auf Verlängerung des Stipendiums, (b.) beim Laborverbot bis zur Vorlage eines Attestes, (c.) beim partiellen Hausverbot, (d.) beim Bürobetretungsverbot, und (e.) bei der Vorladung zu Personalgesprächen; (2.) das seines Erachtens vorliegende Fehlen eines Inklusionsbeauftragten iSd § 181 Satz 1 SGB IX, (3.) die nicht erfolgte Einschaltung der Bundesagentur nach § 164 Abs. 1 Satz 1 und 6 SGB IX (4.) die Nichteinhaltung der Behindertenquote nach § 154 Abs. 1 SGB IX und (5.) die nach seiner Wahrnehmung unterlassene Schulung nach § 12 AGG.
107Im Einzelnen gehe es um die folgenden Vorkommnisse, die er in seinem Mobbingtagebuch vermerkt habe:
108[…]
109Durch die Beendigung seines Verhältnisses zur Zeugin B habe er sich deren Zorn zugezogen. Frau B habe zunehmend die Zeugin V eingebunden und den Konflikt auf den Kollegenkreis übertragen. Es sei der Beschluss gefasst worden, ihn aus dem Institut zu entfernen. Die Zeugin V habe ihn vor den Kolleginnen und Kollegen M und Ma am 11.12.2020 als paranoid bezeichnet, woraufhin diese ihn nur noch unregelmäßig gegrüßt und gesprochen hätten. Am 29.01.2021 habe ihm die Zeugin Bu berichtet, der Zeuge Prof. K habe ihr mitgeteilt, dass man die Ausgrenzung des Klägers plane. Die Zeugin Bu teilte in jenem Zeitraum ein Büro mit dem Kläger. Die E-Mail des Zeugen Prof. K vom 07.02.2021 sei Auslöser des weiteren Vorgehens der Beklagten gegen ihn gewesen.
113Er meint, ein Indiz für eine Benachteiligung wegen seines Geschlechts also für eine Diskriminierung als Mann, ergebe sich schon aus der Tatsache, dass die Beklagte seinen Kolleginnen Glauben geschenkt habe und nicht ihm. Wie die E-Mail der Kanzlerin der Hochschule, der Zeugin F, vom 08.02.2021 zeige, habe sich die Beklagte bereits in der Zeit ab Februar 2021 entschieden, ihn gestützt auf unzutreffende Vorwürfe und falsche Behauptungen aus dem Arbeitsbereich zu entfernen. Nach Rücknahme der Kündigung und Wiederaufnahme der Arbeit hätten ihm einige Arbeitsmittel nicht zur Verfügung gestanden und konkrete Arbeitsanweisungen seien unterblieben. Insbesondere habe er im Vergleich zum bisher bestehenden Zustand und im Vergleich zu den übrigen Institutsmitgliedern einen alten und wesentlich langsameren Rechner zur Verfügung gestellt bekommen. Zu den seit dem 14.02.2022 stattfindenden wöchentlichen Besprechungen im Institut sei er nicht eingeladen worden. Die Mediationen seien von der Beklagten nicht ernsthaft verfolgt worden.
114Die Entschädigungs- und Schmerzensgeldansprüche seien von ihm im Juni 2022 geltend gemacht worden; das sei mit Blick auf die einzuhaltende Klagefrist rechtzeitig gewesen. Denn erst nach genauer Analyse des Sachverhalts habe er die Erkenntnis schöpfen können, dass er wegen seines Geschlechts und seiner Behinderung diskriminiert worden sei. Durch das Verhalten der Beklagten seien seine gesundheitlichen Probleme verstärkt worden.
115Die ihm zustehende Entschädigung bzw. das ihm zustehende Schmerzensgeld müsse einem Jahresgehalt unter Einbeziehung des Stipendiums entsprechen. Darüber hinaus, nämlich mit dem Antrag zu 2, sei auch ein finanzieller Schaden bezifferbar. Es sei ihm nämlich aufgrund des speziellen Themas und seiner psychischen Beeinträchtigung nicht möglich, seine Promotion fortzusetzen. Hierdurch werde ihm aufgrund der ohne Promotion zu erwartenden geringeren Vergütung monatlich ein finanzieller Verlust in Höhe von 1.250,00 EUR bis zum Renteneintritt nach 34 Berufsjahren entstehen (1.250,00 EUR x 34 Jahre x 12 Monate). So errechne sich der mit dem Antrag zu 2 geltend gemachte Betrag.
116Der Kläger hat beantragt,
1171. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 43.000 EUR als Ersatz für den immateriellen Schaden (Entschädigung und Schmerzensgeld) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.09.2022 zu zahlen;
1182. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen weiteren Betrag in Höhe von 510.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.09.2022 zu zahlen.
119Die Beklagte hat beantragt,
120die Klage abzuweisen.
121Nach ihrer Auffassung seien die Ansprüche zu spät geltend gemacht worden und die Klage zu spät erhoben. Eine Diskriminierung komme in einem offenen Konflikt im Rahmen dessen der Kläger ca. 30 Verfahren gegen Beteiligte anstrenge, nicht mehr in Betracht. Eine behinderungsbedingte Diskriminierung sei nach ihrer Meinung nur möglich, wenn von der Behinderung bzw. Gleichstellung Kenntnis herrsche. Von dieser Kenntnis könne aber erst ab der Mitteilung der Gleichstellung gesprochen werden, also ab dem 08.12.2021. Zu diesem Zeitpunkt sei der vorliegende Konflikt bereits in vollem Gange gewesen.
122Durch die Einleitung zahlreicher Verfahren habe der Kläger die anderen Beteiligten einschüchtern wollen. Viele hätten daraufhin das Gefühl der Bedrängtheit gehabt und aus Angst vor Anzeigen Probleme damit gehabt, sich frei zu äußern. Sie habe die von ihr vorgenommenen Maßnahmen nicht zur Benachteiligung des Klägers, sondern zur Beendigung der Konfrontation und zum Schutz anderer Mitarbeiter eingeleitet. Das Attest für die Labornutzung sei infolge der bekannt gewordenen Gleichstellung zum Zwecke einer Gefährdungsbeurteilung gefordert worden. Es sei vereinbart worden, während des Laufs der Mediationen das Verfahren zur Verlängerung des Stipendiums des Klägers ruhend zu stellen. Büro- bzw. partielle Hausverbote seien vom Zeugen K nicht ausgesprochen worden. Dieser habe nur zur Deeskalation den Kläger aufgefordert, einzelne Büros zu verlassen.
123Die Beklagte vertritt die Auffassung, der Kläger habe hinsichtlich des größten Teils der gerügten Benachteiligungen die Ausschlussfristen des AGG sowie des vereinbarten TV-L nicht eingehalten. Soweit der Kläger eine Persönlichkeitsverletzung durch Mobbing geltend mache, fehle nach ihrer Auffassung die Darstellung eines systematischen Gesamtverhaltens. Demgegenüber sei die Darlegung des Klägers nur als eine zusammenhanglose Aufzählung von einzelnen Vorkommnissen zu verstehen. Einen kausalen Gesundheitsschaden bestreite sie.
124Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Siegburg vom 29.03.2023 (Bl. 53 der Berufungsakte).
125Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 29.03.2023 insgesamt abgewiesen. Ein Entschädigungsanspruch und ein Schmerzensgeldanspruch kommen ebenso wenig in Betracht, wie ein Anspruch auf Schadensersatz. Zur Begründung eines Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 2 AGG fehle es an einer Benachteiligung im Sinne des Gesetzes, also an Verhaltensweisen der Beklagten oder ihrer Erfüllungsgehilfen, die mit einem in § 1 AGG genannten Grund in Zusammenhang stehen könnten. Dabei könne der streitige Tatsachenvortrag des Klägers als wahr unterstellt werden, denn aus diesen Darlegungen ergebe sich nicht einmal, dass die vom Kläger angenommenen Benachteiligungen wegen eines der in § 1 AGG genannten Merkmale, namentlich seines Geschlechts oder seiner Behinderung, erfolgt seien. Daran ändere auch die besondere Beweisregel in § 22 AGG nichts, denn der Kläger habe nicht einmal Indizien im Sinne dieser Regelung vorgetragen. Für eine Benachteiligung wegen des Geschlechts beschränke sich sein Vortrag auf die Darstellung, die Beklagte habe haltlose Anschuldigungen der Kolleginnen B und V ungeprüft übernommen und Männer sowie Angehörige des dritten Geschlechts könnten bei der Beklagten nicht als Gleichstellungsbeauftragte kandidieren. Diese Indizien reichten nicht aus, um eine geschlechtsbedingte Diskriminierung des Klägers anzunehmen. Gleiches gelte für die von der Arbeitgeberin ergriffenen Maßnahmen wie die Abmahnung und die Kündigung. Im Übrigen treffe die Arbeitgeberin sogar die Pflicht, ihre Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen vor Belästigungen durch Vorgesetzte, Mitarbeiter oder Dritte, auf die sie Einfluss habe, zu schützen und ihnen einen menschengerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Auch der vom Kläger behauptete Umstand, das Stipendium von Frau V sei ohne den ansonsten stets geforderten Vortrag verlängert worden, während er selbst einen solchen habe halten müssen, stelle keine Benachteiligung wegen des Geschlechts dar, da es an jeglichem Hinweis fehle, dass das Geschlecht im Motivbündel des Dissertationsbetreuers eine Rolle gespielt habe. Gleiches gelte für die vom Kläger behauptete Benachteiligung wegen seiner Gleichstellung mit einem Schwerbehinderten. Da der Kläger zu Beginn des Konfliktes bis hin zu erheblichen Eskalationen wie die Einleitung diverser gerichtlicher Verfahren, wechselseitiger Strafanzeigen und der fristlosen Kündigung noch nicht gleichgestellt gewesen sei, habe die Gleichstellung auch nicht im Motivbündel für eine benachteiligende Maßnahme vorkommen können. Die Zuweisung eines anderen Büros sei der naheliegende Versuch, Konfliktparteien räumlich zu trennen und Ruhe in das Geschehen hineinzubringen.
126Genauso wenig wie ein Anspruch auf eine Entschädigung oder auf ein Schmerzensgeld komme - so das Arbeitsgericht weiter - ein Anspruch auf Schadensersatz wegen „Mobbings“ in Betracht. Es fehle an einer Würdeverletzung sowohl als Voraussetzung für einen vertraglichen Schadensersatzanspruch gemäß § 280 BGB als auch als Voraussetzungen nach § 823 Abs. 1 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. Schutzgesetz, § 826 BGB. Auch dies gelte selbst dann, wenn der Vortrag des Klägers als unstreitig unterstellt werde. Jedenfalls fehle es an der notwendigen systematischen Verklammerung eines – unterstellten – schikanösen Verhaltens durch Kolleginnen und Kollegen sowie Vorgesetzte. Ein Zusammenwirken der von ihm genannten insgesamt 15 Personen zu seinem Nachteil sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Im Rahmen der vorzunehmenden Güter- und Interessenabwägung unter umfassender Würdigung aller Einzelfallumstände seien keine der Beklagten zurechenbaren Handlungen erkennbar, die zu einer Würdeverletzung beim Kläger hätten führen können. Soweit es um das Verhalten seiner Kolleginnen und Kollegen, insbesondere der Zeuginnen B und V gehe, sei zu berücksichtigen, dass er Einzelfälle mit zum Teil deutlichen zeitlichen Abstand anführe. So möge es sein, dass hier und dort sein Gruß nicht erwidert worden sei. Die Überschreitung der Grenze bloßer sozialadäquater Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit ergebe sich aber nicht aus seinen Darlegungen. Weder zeige sich hier eine eindeutige schikanöse Tendenz noch sei dies ehrverletzend. Soweit der Kläger vortrage, seine Kolleginnen und Kollegen hätten teilweise den Raum verlassen oder seien vom Tisch aufgestanden, wenn er hinzugekommen sei, so sei auch hier weder eine Systematik noch ein eindeutiges Zusammenwirken dargelegt. Der Kläger selbst sei im Rahmen des Konfliktes nicht inaktiv gewesen. So sei es sozial nachvollziehbar, wenn Menschen, gegen die der Kläger diverse Verfahren anhängig gemacht habe, im Laufe dieser Verfahren nicht den Kontakt zu ihm suchten. Der Beklagten sei nicht zuzurechnen, dass Frau B am 05.11.2021 die Polizei informiert habe. Dies könne und dürfe die Beklagte ebenso wenig verhindern, wie die Einleitung verschiedenster Verfahren durch den Kläger. Die Reaktion von Behörden nach Strafanzeigen (Gefährderansprache, Hausdurchsuchung, Ausrücken zur Beklagten etc.) lasse sich durch die Beklagte erst recht nicht steuern und sei ihr mithin ebenfalls nicht zurechenbar. Insgesamt ergebe sich aus den Darlegungen des Klägers nicht, dass der Konflikt von Seiten der Beklagten oder seinen Vorgesetzten gezielt gegen ihn geführt worden sei.
127Das Arbeitsgericht hat zur Begründung seiner klageabweisenden Entscheidung exemplarisch auf die nach seiner Ansicht für den Rechtsstreit bedeutendsten vom Kläger dargestellten Verhaltensweisen als Beispiele dafür hingewiesen, dass sich eine systematische Verletzung des Persönlichkeitsrechts nicht aus den Darlegungen des Klägers ergebe: Die vom Kläger angesprochenen Bürobetretungsverbote hätten die Büros der Konfliktgegner betroffen oder jedenfalls solche, in denen sie diese aufgehalten hätten. Damit habe es sich zumindest auch um Maßnahmen zur Vermeidung weiterer Konflikte gehandelt. Soweit die Beklagte dies vortrage, sei es ihr nicht widerlegbar. Auch könne offenbleiben, inwieweit das einzelne Verbot, soweit es denn existiert habe, rechtmäßig sei, da in dem nicht zu bestreitenden arbeitsrechtlichen Konflikt auch ein rechtswidriges Verbot nicht geeignet sei, beim Kläger eine Rechtsgutverletzung auszulösen. Die Nichtverlängerung des Stipendiums führe ebenfalls nicht zu einer Persönlichkeitsrechtsverletzung. Sie betreffe ein völlig anderes Rechtsverhältnis zwischen den Parteien, was bereits dadurch offenbar werde, dass der Kläger sich hiergegen auf dem Verwaltungsrechtsweg wehre. Unzureichende Arbeitsmittel nach Rücknahme der Kündigung ließen ebenfalls keine Rechtsgutsverletzung beim Kläger erkennen. Das Verhalten der Beklagten im Zusammenhang mit den beiden Mediationsverfahren vermöge schon deshalb keine Persönlichkeitsrechtsverletzung zu begründen, da sie oder die von ihr beschäftigten Mitarbeiter bereits nicht verpflichtet gewesen seien, eine solche anzubieten bzw. gar daran teilzunehmen und mithin nach deren Scheitern keinen weiteren Anlauf hätten unternehmen müssen. Der Vortrag des Klägers zum Ausschluss von Teamsitzungen sei ebenfalls nicht geeignet eine Persönlichkeitsrechtsverletzung zu begründen, denn ein solcher Ausschluss wäre eine naheliegende Maßnahme, das Zusammentreffen der Konfliktparteien zu vermeiden. Die erfolgte Abmahnung und die Kündigung seien als Tatsache zur Begründung einer Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht geeignet, selbst wenn sie unwirksam gewesen seien. Letztlich führe selbst die Zusammenschau aller vom Kläger aufgeführten, oft für sich genommen unbedeutend erscheinender Einzelereignisse zu keinem anderen Ergebnis.
128Hinzukomme - so das Arbeitsgericht weiter - dass der geltend gemachte Schaden, soweit es um die Gesundheit des Klägers gehe, nicht einlassungsfähig dargelegt worden sei. Der Kläger sei nach eigenen Angaben in seiner Gesundheit bereits vorgeschädigt gewesen. Nur eine durch die Beklagte verursachte Verschlimmerung oder eine hinzugekommene Gesundheitsbeeinträchtigung sei geeignet einen Schadensersatzanspruch zu begründen. Es sei aber gerade nicht ersichtlich, inwieweit die aufgeführten Gesundheitsbeeinträchtigungen dem Verhalten der Beklagten zuzurechnen seien. Soweit der Kläger unter dem Verhalten seiner Kolleginnen und Kollegen gelitten habe, möge bereits dies seiner Gesundheit zum Nachteil gereicht haben, sei aber der Beklagten nicht ohne weiteres zurechenbar.
129Die Klage sei auch hinsichtlich des mit dem Antrag zu 2.) geltend gemachten materiellen Schadens unbegründet. Dies gelte nach den zum Antrag zu 1 erfolgten Erwägungen schon dem Grunde nach, besonders aber der Höhe nach. Aus den Darlegungen des Klägers ergebe sich nämlich nicht, woraus der dauerhafte Gehaltsverlust i. H. v. 1.250,00 € monatlich habe resultieren sollen. Es fehle die tatsächliche Grundlage für eine Schätzung.
130Gegen dieses ihm am 21.04.2023 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg hat der Kläger am 12.05.2023 Berufung eingelegt und er hat diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 11.09.2023 begründet.
131Der Kläger wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag und rügt insbesondere, dass das Arbeitsgericht aus den umfangreich von ihm vorgetragenen Tatsachen, eine Diskriminierung durch die Beklagte nicht habe erkennen können. Auch eine kausale Verletzung seiner Persönlichkeit und seiner Gesundheit durch das Verhalten der Beklagten und ihrer Erfüllungsgehilfen habe das Arbeitsgericht zu Unrecht abgelehnt.
132Für eine Diskriminierung wegen seines Geschlechts spreche weiterhin, dass die Beklagte die aus seiner Sicht haltlosen Vorwürfe der Mitarbeiterinnen B und V ungeprüft übernommen habe, also Frauen geglaubt habe, ihm, dem Mann, aber nicht. Beide Zeuginnen hätten nunmehr in Beweisaufnahmen vor dem Landgericht bekundet, sie hätten nie von Angst gesprochen, er würde sie tätlich angreifen. Entweder die Beklagte in Person des Zeugen Prof. K habe die Vorwürfe erfunden oder der Zeuge sei auf die - unzutreffende - Sachverhaltsschilderung der Zeuginnen hereingefallen. Ein zweites Indiz für eine Benachteiligung wegen des Geschlechts sei die Tatsache, dass in der Organisationsstruktur der Beklagten fast alle Entscheidungsträger weiblich seien: Die Kanzlerin Frau F, die Personaldezernentin Frau We, deren Stellvertreterin Frau Sp, die Personalreferentin Frau St, die Dekanin Frau Prof. Dr. W, deren Stellvertreterin Frau Prof. Dr. Men, die Justiziarin Frau He, die Gleichstellungsbeauftragte Frau Hi, die stellvertretende Teamleitung Team Tarifbeschäftigte Frau Kl und schließlich die Geschäftsführerin des Graduiertenistituts Frau Dr. Co, die gleichzeitig Mitglied des Personalrats sei. Ein drittes Indiz für die Benachteiligung wegen des Geschlechts sei die Tatsache, dass bei der Beklagte der Posten der Gleichstellungsbeauftragten nur von einer Frau besetzbar sei und dass sich die Gleichstellungsbeauftragte als Wahrerin der Frauenrechte darstelle. Ein viertes Indiz sei die Tatsache, dass das Stipendium für Frau V ohne Fachvortrag verlängert worden sei, er aber einen Vortrag habe halten müssen. Ein fünftes Indiz sei die Tatsache, dass es bei der Beklagten keine gesetzeskonform arbeitende Beschwerdestelle iSd §§ 12, 13 AGG gebe. Jedenfalls sei die Beschwerde, die er eingereicht habe nicht gesetzeskonform bearbeitet worden.
133Auch für die von ihm geltend gemachte Benachteiligung wegen seiner Behinderung stünden diverse Indizien im Raum, die das Arbeitsgericht nicht beachtet habe. Es möge sein, dass die Beklagte erst am 08.12.2021 Kenntnis von der Gleichstellung erhalten habe. Nach diesem Zeitpunkt seien aber weiterhin erhebliche Persönlichkeitsverletzungen zu beklagen gewesen. Namentlich die folgenden Indizien habe das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt: Auskunftsverweigerung, Schlechterbehandlung gegenüber Kolleginnen und Kollegen ohne Diskriminierungsmerkmale, Verletzung von Vorschriften zum Schutz schwerbehinderter Menschen, Nichteinhaltung von § 178 Abs. 2 S. 1 SGB IX. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass die Schwerbehindertenvertretung bei den folgenden Vorgängen nicht beteiligt worden sei: Entscheidung über Verlängerung des Stipendiums, Laborverbot (bis zur Einreichung des Attests), partielle Hausverbote, Bürobetretungsverbote, bewusst kurzfristig terminierte Vorladungen zu Personalgesprächen seit Januar 2022, Abmahnung vom 12.12.2022, Umsetzung, Nichteinhaltung von § 181 S. 1 SGB IX, Verstöße gegen § 164 Abs. 1 S. 1, 6 SGB IX, Verstoß gegen § 154 Abs. 1 SGB IX, keine Gefährdungsbeurteilung für Labor und Büro. Hinsichtlich der Verstöße gegen § 164 SGB IX fehle ihm der Einblick in die internen Vorgänge der beklagten Partei. Er gehe aber davon aus, dass folgende Vorgaben von der beklagten Partei jedenfalls wiederholt nicht eingehalten worden seien: Prüfung des Arbeitsplatzes auf Geeignetheit für schwerbehinderte Menschen, § 164 Abs. 1 S. 1 SGB IX; frühzeitige Kontaktaufnahme mit der Agentur für Arbeit, § 164 Abs. 1 S. 2 SGB IX; Unterrichtung von Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung über eingehende Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen, § 164 Abs. 1 S. 4 SGB IX; Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung und des Betriebsrates bei der Prüfung der Geeignetheit von Stellen für schwerbehinderte Menschen, § 164 Abs. 1 S. 6 SGB IX; Unverzügliche Unterrichtung der Beteiligten über die Entscheidung unter Darlegung der Gründe, § 164 Abs. 1 S. 9 SGB IX.
134Der Kläger beantragt,
135das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 29.03.2023 - 3 Ca 1482/22 - abzuändern und wie folgt zu erkennen:
1361. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 43.000,00 EUR als Ersatz für den immateriellen Schaden (Entschädigung und Schmerzensgeld) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.09.2022 zu zahlen.
1372. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen weiteren Betrag in Höhe von 510.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.09.2022 zu zahlen.
138Der Beklagte beantragt,
139die Berufung zurückzuweisen.
140Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.
141Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
142E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
143Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
144A. Die Berufung des Klägers ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
145B. Das Rechtsmittel bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu recht und mit zutreffender Begründung insgesamt abgewiesen. Es kann daher auf das Urteil des Arbeitsgerichts Bezug genommen werden. Die nachfolgenden Ausführungen geschehen nur zur Vertiefung und soweit sie durch die Berufungsbegründung des Klägers veranlasst sind.
146I. Zurecht hat das Arbeitsgericht die Klage mit dem Klageantrag zu 1 abgewiesen. Nach dem Maßstab der freien Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 AGG genauso wenig erfüllt, wie die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 280, 823, 826 BGB. Weder steht dem Kläger nach diesen Vorschriften ein Schadensersatzanspruch wegen Diskriminierung im Sinne einer verbotenen Benachteiligung zu (1.), noch ein Entschädigungsanspruch wegen Diskriminierung (2.), denn es fehlt an dem Kern eines solchen Anspruchs, nämlich an der besagten Diskriminierung durch die Beklagte. Auch ein Anspruch auf Schadensersatz oder auf Zahlung von Schmerzensgeld wegen einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts oder der Gesundheit kommt nicht in Betracht, denn es fehlt an einer für einen Schaden kausalen Pflichtverletzung der Beklagten (3).
1471. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung eines Schadensersatzanspruchs aus § 15 Abs. 1 AGG in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag, denn es fehlt an der für diese Anspruchsgrundlage notwendigen Voraussetzung einer Diskriminierung. Die von der Beklagten aufgeworfene Frage, ob der Kläger den Anspruch rechtzeitig geltend gemacht und ob er die Klage rechtzeitig erhoben hat, konnte daher offenbleiben. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG ist der Arbeitgeber bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot aus § 7 AGG verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Gemäß § 7 Abs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden. Zwei der in § 1 AGG genannten Gründe sind das Geschlecht und die Schwerbehinderung. Nach der besonderen Beweislastregel in § 22 AGG reicht es aus, dass die anspruchsstellende Person Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, um der Gegenseite, hier also der Arbeitgeberin, die Beweislast dafür zu übertragen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Danach genügt eine Person, die sich für diskriminiert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes erfolgt ist (Däubler/Beck/Thorsten Beck, 5. Aufl. 2022, AGG § 22 Rn. 1).
148Der Kläger hat zwar einige Maßnahmen der Beklagten und deren Erfüllungsgehilfen dargestellt, die sich für ihn als nachteilig erweisen. Als Beispiele sind hier hervorzuheben: Abmahnung, Kündigung, Aufforderung das Büro zu verlassen, zeitweise verhängtes Laborverbot, Bürowechsel, Nichtverlängerung des Stipendiums und Nichtverlängerung der Dissertations-Betreuungsvereinbarung bzw. die ausdrückliche Niederlegung der Betreuung durch den Zeugen Prof. K. Es sind aber keine Tatsachen erkennbar, aus denen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit geschlossen werden könnte, dass im Motivbündel der Handelnden ein verpöntes Merkmal, also ein nach §§ 1, 7 AGG verbotenes Differenzierungskriterium, hier insbesondere das Geschlecht oder die Behinderung, eine Rolle gespielt hätte. Die bloße Gleichzeitigkeit eines verpönten Merkmals mit einer nachteiligen Behandlung reichen als Indiztatsache im Sinne des § 22 AGG nicht aus (a.). Das gleiche gilt auch für die vom Kläger vorgetragenen Tatsachen, aus denen er meint, eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Diskriminierung ableiten zu können (b.).
149a. Die bloße Gleichzeitigkeit von nachteiliger Behandlung einerseits und der Tatsache andererseits, dass der Betroffene Träger eines verpönten Merkmals ist, reicht nicht aus, um ein Indiz im Sinne des § 22 AGG anzunehmen. Abgesehen von einigen konkreten weiteren Tatsachen, macht der Kläger vordergründig geltend: er sei Träger zweier verpönter Merkmale; er sei nachteilig behandelt worden; die Benachteiligung sei wegen der verpönten Merkmale erfolgt. Ohne die besagten weiteren Indizien, verbindet er damit allein die Trägerschaft des verpönten Merkmals einerseits mit der nachteiligen Behandlung andererseits. Aus dieser Verbindung - ohne weitere Indizien - ergibt sich nicht die Rechtsfolge des § 22 AGG (Beck in: Däubler/Beck, AGG § 22 Rn. 47). Die Regelungen über die Darlegung von Indiztatsachen in § 22 AGG sollen Behauptungen ins Blaue hinein verhindern (BAG v. 25.4.2013 - 8 AZR 287/08; MüKo-Thüsing, § 22 Rn. 11). Allein die Behauptung der Zugehörigkeit zu einer durch dieses Gesetz geschützten Gruppe, wie „ich bin ein Mann“, oder "Ich bin ein behinderter Mensch“, reicht nicht aus, um die Anspruchsvoraussetzungen darzulegen. Würde man eine solche Behauptung genügen lassen, könnte jeder, der zu der durch das Gesetz geschützten Personengruppe gehört, und mindestens ein Merkmal, das nicht in die Entscheidung einfließen darf, erfüllt, ohne jeden weiteren Anhaltspunkt versuchen, seine angeblichen Rechte durchzusetzen (BAG v. 25.04.2013 - 8 AZR 287/14). Für einen Mann bedeutet das: Jede arbeitgeberseitige Weisung, also jede Ausübung des Direktionsrechts aus § 106 GewO stellt eine Einschränkung der persönlichen Freiheit der arbeitnehmenden Person und damit eine nachteilige Behandlung dar, in diesem Fall eine nachteilige Behandlung eines Mannes. Hiernach könnte ein Mann hinsichtlich jeder Weisung der Arbeitgeberin eine Entschädigung verlangen (oder die Unwirksamkeit der Weisung geltend machen), die von der Arbeitgeberin nur dann nicht zu zahlen wäre, wenn sie nachweisen kann, dass das Geschlecht der arbeitnehmenden Person auch nicht nur als kleiner Teil ihres Motivbündels (BAG v. 18.09.2014 - 8 AZR 753/13) bei Erteilung der Weisung eine Rolle gespielt hat. Ein solcher Nachweis ist bei einer Vielzahl denkbarer Weisungen außerordentlich schwer oder unmöglich. Hinzu kommt, dass bestimmte Merkmale - wie z.B. Alter und Geschlecht - für jeden Menschen kennzeichnend sind - und zwar in allen Richtungen: alt, jung, männlich, weiblich, divers. Mit einem solchen Vortrag kann unter Umständen die Benachteiligung, d.h. die vergleichsweise schlechtere Behandlung, dargetan werden, wie das hier geschehen ist, nicht aber, dass die Benachteiligung gerade auf einem Diskriminierungstatbestand beruht (vgl. LAG Köln 28.6.2012 - 6 Sa 207/12 -; LAG Köln v. 04.07.2019 – 6 Sa 496/18 –; Düwell, jurisPR-ArbR 28/2006, Anm. 7). Der Anspruchssteller muss folglich weitere Anhaltspunkte durch den Vortrag von (Hilfs-)Tatsachen liefern, die auf eine Diskriminierung schließen lassen, also auf eine Benachteiligung, die auf einem verpönten Merkmal beruht. Dafür reicht allerdings eine Kaskade von Behauptungen ins Blaue hinein nicht aus. Wie sich zeigen wird, stellen die weiteren vom Kläger benannten Tatsachen eine solche unerhebliche Häufung von bloßen Kausalitätsvermutungen dar, die durch ihre Aufschichtung die geltend gemachte Diskriminierung nicht plausibleroder wahrscheinlicher werden lässt.
150b. Alle weiteren vom Kläger benannten Tatsachen eigenen sich nicht als Indizien im Sinne des § 22 AGG. Weder hat der Kläger Tatsachen vorgetragen, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts als überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen (1.), noch Tatsachen, aufgrund derer mit dem gleichen Maßstab eine Benachteiligung wegen der Behinderung angenommen werden könnte (2.).
151(1.) Tatsachen, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung als „überwiegend wahrscheinlich“ erscheinen lassen könnten, hat der Kläger zur Überzeugung der erkennenden Kammer nicht vorgetragen. Die von ihm dargelegten Umstände sind zur Erreichung eines solchen Ergebnisses nicht geeignet. Das gilt insbesondere für die fünf vom Kläger explizit genannten Tatsachen und Vermutungen: nur Frauen werde geglaubt, ihm, dem Mann, aber nicht (aa.); alle Entscheidungsträger bei der Beklagten seien Frauen (bb.); die Gleichstellungsbeauftragte kümmere sich nur um Frauen (cc.); eine Stipendiumsverlängerung ohne Fachvortrag sei nur für eine Frau möglich gewesen (dd.) und die AGG-Beschwerdestelle arbeite nicht ordnungsgemäß (ee.).
152aa. Die These, die Beklagte glaube nur den Aussagen von Frauen, denen des Mannes aber nicht, ist nicht mehr als eine Vermutung und findet keine Bestätigung im Hergang des streitgegenständlichen Konflikts. Wenn der Kläger die Email des Zeugen Prof. K als Ausgangspunkt für die weiteren Benachteiligungsmaßnahmen erkennt und in diesem Zusammenhang meint, der Zeuge Prof. K habe in der Email bereits dergestalt Stellung bezogen, dass für ihn der Kläger (also er selbst) als Täter feststehe und die beiden Zeuginnen als Opfer, dann hat er die Email nicht mit hinreichender Aufmerksamkeit gelesen: Es handelt sich hier um eine Nachricht eines Fachvorgesetzten, der von Vorgängen in seinem Bereich berichtet, die ihn bei realitätsnaher Selbsteinschätzung in seiner Fachlichkeit im Bereich Personalführung überfordern und der sich daher an die Hierarchie wendet. Dabei schreibt er von Dingen, die ihm berichtet wurden ohne Festlegungen vorzunehmen. Dass er dabei die indirekte Rede nicht durchhält, ist nichts Besonderes. Diese sprachliche Ungenauigkeit findet sich auch in Berichten, die von Germanisten geschrieben wurden und in Protokollen die ihren Ursprung im Diktat von Richterinnen und Richtern finden. Auszugsweise wird an die folgenden Formulierungen in der Email erinnert: „Ich hatte berichtet, was mir mittlerweile seitens der Mitarbeiter berichtet wurde … wohl auch falsche Behauptungen … die betroffenen Mitarbeiter habe ich gebeten, mir am Montag schriftlich Auskunft über die verbalen Äußerungen zu geben … beide Mitarbeiterinnen haben mir gegenüber am Freitag Ängste geäußert … auf dem Parkplatz … kam es wohl zu Bedrohungen, in denen [der Kläger] angekündigt hat, dass die beiden mit untergehen werden, wenn er untergeht und dass er die Promotionsarbeiten sabotieren werde … am gleichen Abend haben Frau B und Frau V noch Strafanzeige gegen [den Kläger] erstattet, weitere Informationen habe ich hierüber nicht mehr … dass ich mir als Leiter des I in R Sorgen um die Sicherheit der Mitarbeiter mache … damit ich meiner Sorgfaltspflicht gegenüber den Mitarbeitern nachkommen kann (inklusive [des Klägers]) …“. Der weitere Verlauf der Geschehnisse entspricht der üblichen und in diesem Fall (einer Beschwerde über übergriffiges, diskriminierendes oder gar sexualisiertes Verhalten) zwingenden Vorgehensweise der personalbearbeitenden Stelle: Es wird nicht abgewiegelt, es wird nichts „unter den Teppich gekehrt“, es wird nichts „zu den Akten genommen“ sondern es werden Stellungnahmen eingeholt, auf Plausibilität geprüft, ggfls. wie hier für plausibel befunden und die betroffene Person wird mit Blick auf diese als plausibel erachteten Stellungnahmen in einem Personalgespräch ihrerseits um Stellungnahme gebeten. Dass in diesem Zusammenhang das „Glauben“ und das „Nichtglauben“ etwas mit dem Geschlecht der erklärenden Person zu tun haben könnte, findet nirgends eine Stütze. Das wird noch deutlicher, wenn die gleiche Struktur übungshalber auf andere verpönte Merkmale übertragen wird: die nachteilig behandelte Person ist zum Beispiel die jüngste in der Vergleichsgruppe, sie ist die älteste, die einzige Agnostikerin, die einzige Hinduistin, die einzige Eurasierin. Wenn also z.B. der jüngsten oder der ältesten Person in der Gruppe „nicht geglaubt“ wird, liegt - ohne weitere Indizien - natürlich keine Tatsache vor, die eine Diskriminierung wegen des Alters vermuten lässt, obwohl die betroffene Person doch sagen kann, dass „alle anderen jünger“ oder „alle anderen älter“ seien. In Einstellungsgesprächen passiert es häufig, dass alle Mitglieder der Einstellungskommission älter sind als die sich bewerbende Berufseinsteigerin. Das bedeutet aber nicht, dass diese Berufseinsteigerin im Falle einer Absage geltend machen könnte, die Absage sei eine altersdiskriminierende Maßnahme und es sei nun wegen § 22 AGG an der Arbeitgeberin nachzuweisen, dass ihr Alter im Motivbündel zur Absage nicht vorgekommen sei.
153bb. Soweit der Kläger geltend macht, die Hierarchiestellen bei der Beklagten seien von Frauen besetzt, erfüllen seine Darlegungen aus ähnlichen Erwägungen ebenfalls nicht die Voraussetzungen des § 22 AGG. Denn sie sind schon widersprüchlich: Der Zeuge Prof. K, also der unmittelbare Fachvorgesetzte, ist ein Mann und der damalige Präsident der Beklagten, der Zeuge Prof. I, ist ebenfalls ein Mann. Außerdem gilt hier genauso das bereits erwähnte Verbot der Behauptung „ins Blaue hinein“: Die schlichte Gleichzeitigkeit der Trägerschaft des verpönten Merkmals mit der Tatsache, dass die Entscheidungstragenden das gleich Merkmal tragen nur mit umgekehrtem Vorzeichen reicht nicht als Indiz im Sinne des § 22 AGG. Dem Kläger scheint ein Leitsatz vorzuschweben, der in etwa wie folgt lauten müsste: „Die Tatsache, dass bei einer nachteiligen Behandlung die Entscheidungsträger*innen das gleiche verpönte Merkmal wie die benachteiligte Person, allerdings mit umgekehrten Vorzeichen, tragen, stellt ein Indiz iSd § 22 AGG dar.“ Ein solcher Leitsatz würde die folgenden Sachverhalte betreffen: die betroffene Person ist weiß, alle Entscheidungstragenden sind schwarz; die betroffene Person ist heterosexuell, alle Entscheidungstragenden sind homosexuell; die betroffene Person ist jung, alle Entscheidungstragenden sind alt; die betroffene Person ist alt, alle Entscheidungstragenden sind jung; die betroffene Person ist Mitglied der katholischen Kirche, alle Entscheidungstragenden sind evangelisch. Die besagte weiße Person, die heterosexuelle Person, die junge Person, die alte Person und die katholische Person könnten jeweils bei einer für sie nachteiligen Behandlung, z.B. bei einer Nichteinstellung nach einem Bewerbungsgespräch, über die durch § 22 AGG erleichterte Beweislast eine Entschädigung verlangen. Das gilt z.B. für die oben erwähnte Stellenbewerberin, die - wie häufig - jünger ist, als alle Mitglieder der Einstellungskommission. Die Frage, wie in solchen Fällen die Arbeitgeberin beweisen können sollte, dass das jeweils einschlägige verpönte Merkmal nicht im Motivbündel vorgekommen sei, ist kaum zu beantworten. Die Tatsache, dass viele Funktionsstellen bei der Beklagten von Frauen besetzt sind, ist also gleichfalls keine Tatsache, die im Sinne des § 22 AGG als Indiz geeignet wäre. Auch hier gilt, dass eine Kaskade von mehreren unbegründeten Vermutungen nicht zu einer höheren Plausibilität der unbegründeten Vermutung führen kann.
154cc. Auch die Ausführungen des Klägers zur Gleichstellungsbeauftragten, ihrer Stellenausschreibung und ihrer Selbstdarstellung führen nicht zur Annahme eines Indizes im Sinne des § 22 AGG. Dass die Gleichstellungsbeauftragte eine Frau ist, ergibt sich aus § 15 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur Gleichstellung von Frauen und Männern für das Land NRW und eignet sich daher nicht als Tatsache im Sinne des § 22 AGG. Soweit der Kläger hinsichtlich der Stellenausschreibung und der Eigendarstellung geltend macht, die Gleichstellungsbeauftragte befasse sich vor allem mit „Frauenthemen“, kann erst dann einen Einstig in Überlegungen zu Vermutungstatsachen im Sinne des § 22 AGG rechtfertigen, wenn die Statistik eine Frauenbenachteiligung in der Hierarchie nicht hergibt, dass es also keinen sachlichen Grund dafür gab, die Gleichstellungsbeauftragte ausdrücklich mit Frauenthemen zu befassen. Hierzu hat der Kläger aber nichts vorgetragen. Jedenfalls fehlt es an jedem Hinweis zu einer plausiblen Verbindung oder gar Kausalität zwischen der Aufgabe und Selbstdarstellung der Gleichstellungsbeauftragten einerseits und der vom Kläger geltend gemachten geschlechtsspezifischen Benachteiligung andererseits.
155dd. Für die Feststellung, dass vorliegend die Stipendiumsverlängerung ohne Fachvortrag nur für eine Frau (die Zeugin V) möglich gewesen sei, gilt das gleiche wie das zu aa gesagte entsprechend.
156ee. Was der Vortrag, die AGG-Beschwerdestelle arbeite nicht ordnungsgemäß, mit einer konkreten Benachteiligung von Männern zu tun haben soll, ergibt sich nicht aus den Darlegungen des Klägers.
157(2.) Der Kläger wurde nicht wegen seiner Behinderung diskriminiert. Auch hier fehlt es an Tatsachen, die im Sinne des § 22 AGG eine Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals als überwiegend wahrscheinlich erscheinen ließe (aa.). Wird aber eine oder mehrere solcher Tatsachen unterstellt, so wäre die durch § 22 AGG ausgelöste Vermutung jedenfalls widerlegt (bb.).
158aa. Es sind keine Indizien ersichtlich, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen ließen, dass eine Benachteiligung wegen der Behinderung des Klägers erfolgt wäre.
159Alle behaupteten Maßnahmen, die von der Beklagten und ihren Erfüllungsgehilfen in der Zeit vor dem 08.12.2021 ergriffen worden sind, eignen sich nicht als anspruchsbegründende Benachteiligungen wegen der Behinderung oder auch nur als Indizien für eine unerlaubte Benachteiligung (so zum Beispiel die Kündigung, die Abmahnung und das „Büroverbot“). Denn es ist zwischen den Parteien nicht streitig, dass die Beklagte erst am 08.12.2021 von der Behinderung des Klägers Kenntnis erlangt hat. Diese Kenntniserlangung der Beklagten lag allein in den Händen des hier einen Schadensersatz fordernden Klägers und der Zeitpunkt dieser Kenntniserlangung ist somit nicht auf einen Organisationsmangel bei der Beklagten zurückzuführen oder auch nur zurückführbar. Was die arbeitgebende Person, hier also konkret die Arbeitgeberin des Klägers, nicht weiß, kann nicht Gegenstand ihres Motivbündels sein. Bis zu diesem 08.12.2021 erfolgten 50 Eintragungen in den Auszug des in der Berufungsbegründung zitierten Mobbingtagebuchs des Klägers, in dem sich insgesamt gut 100 Eintragungen finden. Allenfalls können also Maßnahmen der Beklagten Berücksichtigung finden, die nach dem 08.12.2021 ergriffen worden sind.
160Soweit der Kläger als Indiz für eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung geltend macht, die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung sei nicht ordnungsgemäß nach § 178 Abs. 2 SGB IX erfolgt, ist darüber hinaus ein weiteres Datum zu berücksichtigen, nämlich der 19.07.2022. Mit dem Schreiben unter diesem Datum hat die Schwerbehindertenvertretung dem Kläger gegenüber „kapituliert“ und ihm mitgeteilt, dass sie aufgrund der von ihm erzeugten „Gemengelage“ sich nicht in der Lage sehe, seine Interessen als behinderter Mensch weiter zu vertreten. Hinsichtlich dieser Sachverhaltsfacette kommen also überhaupt nur Maßnahmen und Indizien aus der Zeit zwischen dem 08.12.2021 und dem 19.07.2022 in Betracht. In der Zeit vor dem 08.12.2021 und in der Zeit nach dem 19.07.2022 ist die Kausalität einer nicht ordnungsgemäßen Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung für eine behinderungsbedingt nachteilige Behandlung ausgeschlossen
161Soweit der Kläger geltend macht, das seines Erachtens vorliegende Fehlen eines Inklusionsbeauftragten iSd § 181 Satz 1 SGB IX (von der Beklagten substantiiert bestritten) indiziere eine Benachteiligung aufgrund der Behinderung, bleibt seine Darlegung zur Frage vage, welche nachteilige ihn betreffende Maßnahme er mit dem Fehlen eines Inklusionsbeauftragten verbunden sehen möchte. Gleichfalls undeutlich bleibt, in welchem Zusammenhang er sich in der Zeit ab dem 08.12.2021 eine Einschaltung der Bundesagentur für Arbeit nach § 164 Abs. 1 Satz 1 und 6 SGB IX gewünscht hätte. Die von ihm behauptete Nichteinhaltung der Behindertenquote nach § 154 Abs. 1 SGB IX und die nach seiner Wahrnehmung unterlassene Schulung nach § 12 AGG eignen sich aus den gleichen Gründen nicht als Tatsachen, aus denen sich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Benachteiligung ergeben könnte.
162bb. Wird entgegen der vorstehenden Ausführungen angenommen, dass eine oder mehrere Tatsachen im Sinne des § 22 AGG vorliegen und diese eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine verbotene Benachteiligung begründen, so wäre die dadurch entstandene Vermutung jedenfalls widerlegt. Es mag also sein, dass einzelne Verstöße gegen SGB-IX-Vorschriften zu beklagen sind. Eine weitere Aufklärung war daher nicht notwendig. Es mag weiter sein, dass darin ein Indiz für eine Benachteiligung im Sinne des § 22 AGG zu erblicken ist. Zugunsten des Klägers kann also angenommen werden, dass Vorschriften verletzt wurden, die behinderte Menschen fördern sollen. Das kann angenommen werden, weil dem gegenüber alles gegen die Annahme spricht, die Behinderung des Klägers habe in der Zeit ab dem 08.12.2021 im Motivbündel der Beklagten bei welcher Maßnahme auch immer eine Rolle gespielt. Von der Gleichstellung hat die Beklagte erst an jenem 08.12.2021 Kenntnis erlangt. Zu diesem Zeitpunkt war der Konflikt zwischen den Parteien bereits vollständig entflammt. Die Beklagte hat eine Abmahnung und eine Kündigung ausgesprochen, sie hat die Aufklärung des Sachverhaltes vorangetrieben - wenn auch in einer vom Kläger unerwünschten Weise; der Doktorvater hat sich entnervt und schockiert abgewandt; Stipendien sind nicht verlängert worden; Intranet- und Bibliothekszugänge wurden gesperrt. Der Kläger seinerseits hat mit weitgehend erfolglosen Anträgen an Gerichte, an die Staatsanwaltschaft, an behördeninterne Stellen und an Verwaltungsadressen die Beklagte, ihre Repräsentanten, ihre Erfüllungsgehilfen, Gremienmitglieder und seine Kolleginnen und Kollegen in Rechtstreite, sonstige kontradiktorische Verfahren und Ermittlungen hineingezogen. Es entbehrt jeglicher Plausibilität, dass eine Arbeitgeberin - und hier konkret die Beklagte - über Monate hinweg belastende Maßnahmen ergreift (Abmahnung, Kündigung etc), im gleichen Zeitraum multiplen Angriffen des Klägers ausgesetzt ist und dann mitten im eskalierten Konflikt ihr Motivbündel neu sortiert, weil jetzt ein (weiteres) verpöntes Merkmal hinzutritt. Der Kläger mag weiter (in geringem Umfang zurecht) annehmen, dass er von der Beklagten rechtswidrig behandelt wurde. Dass aber dieses Verhalten der Beklagten irgendetwas mit seiner Schwerbehinderung zu tun hatte, ist nach der festen Überzeugung der erkennenden Kammer auch und insbesondere aufgrund des Inbegriffs der mündlichen Verhandlung ausgeschlossen.
163Ob die vorstehenden Erwägungen bereits die Annahme eines Indizes im Sinne des § 22 AGG ausschließen, oder - wie hier von der erkennenden Kammer vertreten - jedenfalls die Widerlegung von möglicherweise vorliegenden Indizien begründen, kann wegen des gleichen Ergebnisses dahingestellt bleiben.
1642. Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag. Gemäß § 15 Abs. 2 AGG kann der oder die Beschäftigte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Auch der Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 AGG setzt eine Diskriminierung, also eine verbotene Benachteiligung gemäß §§ 7, 1 AGG voraus. Wie gezeigt ist der Kläger aber nicht diskriminiert worden. Damit scheidet auch ein Entschädigungsanspruch aus.
1653. Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen einer Verletzung seiner Gesundheit oder seines Persönlichkeitsrechts nach §§ 280, 823, 826 BGB, denn es fehlt an einer anspruchsbegründenden Pflichtverletzung. Insbesondere handelt es sich vorliegend nicht um einen Fall, der als „Mobbing“ bezeichnet wird. Gemäß § 280 BGB kann der Vertragspartner Schadensersatz verlangen, wenn der andere Teil eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt; gemäß § 823 Abs. 1 BGB ist derjenige zum Schadensersatz verpflichtet, der vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt; gemäß § 826 BGB ist derjenige zum Schadensersatz verpflichtet, der in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt. All diese Anspruchsgrundlagen setzten also zumindest eine Sorgfaltspflichtverletzung voraus, die kausal für einen Schaden ist, dessen Ersatz der Kläger begehrt. Weder eine solche Sorgfaltspflichtverletzung noch ein kausaler Schaden ergeben sich aus den Darlegungen des Klägers.
166Nach seinen Darlegungen ist der Klägers nicht das Opfer einer vorsätzlichen Erniedrigung oder auch nur fahrlässigen Verletzung durch die Beklagte (a.), er ist auch kein Opfer von Mobbing, das der Beklagten zurechenbar wäre (b.). Jedenfalls ist ein kausaler Schaden nicht ersichtlich (c.).
167Zu den Einzelheiten kann auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts auf den Seiten 16 bis 28 des streitgegenständlichen Urteils Bezug genommen werden. Diesen Ausführungen muss grundsätzlich nichts hinzugefügt werden, weil sich hierzu in der Berufsbegründung nichts substantiell Neues findet. Die folgenden Zeilen sollen nur fokussieren und vertiefen.
168a. Der Kläger ist kein Opfer einer vorsätzlichen Erniedrigung oder fahrlässigen Verletzung durch die Beklagte.
169(1.) Das zeigen insbesondere die inzwischen verhandelten und teilweise entschiedenen Verfahren, die auf Initiative des Klägers eingeleitet worden waren. Die nachfolgende Aufzählung ist ersichtlich nicht vollständig, sondern als exemplarisch zu verstehen. Insgesamt scheint der Kläger jeden noch so kleinen von ihm erstrittenen Auskunftstitel als großen Erfolg zu sehen. Schon in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer ist ihm aber nahegelegt worden, jeweils in die Kostenentscheidung der Gerichtsurteile zu schauen und an dieser Quote den Erfolg seiner Bemühungen zu messen. Er mag sich dabei vergegenwärtigen, dass die durchschnittliche Quote seines Unterliegens der Unterliegens-Quote gerichtsbekannter Intensivpetenten entspricht. Zur Erläuterung sollen im Folgenden nur besondere Verfahren hervorgehoben werden.
170Der Kläger hatte Erfolg mit seiner Klage auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte. Zur Begründung seiner klagestattgebenden Entscheidung hat das Arbeitsgericht Siegburg ausgeführt, es fehle an einer bestimmten Stelle des Abmahnungstextes an einer hinreichenden Konkretisierung. Mit keinem Wort wurde die Abmahnung als inhaltlich unzutreffend bewertet.
171Der Kläger hatte Erfolg mit seiner Klage gegen die zweite von der Beklagten ausgesprochene Kündigung. Das Arbeitsgericht Siegburg führte zur Begründung aus, es fehle an einem wichtigen Grund, der die weitere Beschäftigung des Klägers bis zum Ende der Befristung für die Beklagte als unzumutbar erscheinen lasse, denn diese Befristung sei in jedem Falle wirksam und beende das Arbeitsverhältnis gut zwei Monate später. Insbesondere sei der von der Beklagten behauptete (versuchte) Prozessbetrug aus den Darlegungen der Beklagten nicht erkennbar. Tatsächlich ist diese arbeitsrechtliche Maßnahme der Beklagten als nicht gerechtfertigt erkannt worden (inzwischen rechtskräftig); völlig abwegig im Sinne eines vorsätzlich schikanösen Verhaltens war das Bedürfnis der Beklagten, das Arbeitsverhältnis vorzeitig zu beenden aber nicht, da die Beklagte und viele weitere im Umkreis des streitigen Sachverhalts beteiligte Personen inzwischen mit gut zwei Dutzend Verfahren und Anträgen konfrontiert waren, die der Kläger initiiert hatte und die sich als weitgehend unzulässig und unbegründet herausgestellt haben.
172Der Kläger hatte einen Teilerfolg mit seiner Klage gegen die Beklagte vom 08.04.2023. Auf diese Klage ist die Beklagte zur Herausgabe eines elektronischen Dokuments verurteilt worden. Dass nach § 92 ZPO der Kläger dennoch die vollen Kosten des Rechtsstreits zu tragen hatte, manifestiert die untergeordnete Bedeutung dieses Teilerfolgs.
173Der Kläger hatte einen Teilerfolg mit seiner im falschen Rechtsweg erhobenen Klage vor dem Landgericht Bonn gegen seine Kollegin, die Zeugin V, die mit dem Urteil zur Unterlassung einer bestimmten Behauptung verurteilt wurde, deren Richtigkeit sie nicht beweisen konnte. Die Kostenentscheidung ist auch hier aussagekräftig: „Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.“
174Mit einer ebenfalls im falschen Rechtsweg unter dem Geschäftszeichen 10 O 363/21 erhobenen Klage gegen seine weitere Kollegin, die Zeugin B, hatte der Kläger einen Teilerfolg mit seinem Begehren, die Zeugin B möge die gemeinsame WhatsApp-Kommunikation nicht an Dritte herausgeben. Abgesehen von der Tatsache, dass der Kläger selbst diese WahtsApp-Kommunikation zur vorliegenden Akte gereicht hat, ist auch in dem dortigen Verfahren die Kostenentscheidung aussagekräftig: „Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 90 %.“
175Bei der Lektüre der beiden letztgenannten Urteile scheint dem Kläger entgangen zu sein, dass nach umfangreicher Beweisaufnahme das dortige Gericht hinsichtlich einer den Kläger erheblich belastenden Behauptung („Der Kläger hat eine Tonaufnahme des Gesprächs mit der Beklagten am 01.02.2021 gefertigt und drei Sequenzen hieraus Frau V vorgespielt.“) zu einer sehr deutlichen Wertung gelangt ist: „Das Gericht ist infolge der Beweisaufnahme … von der Wahrheit der Aussage überzeugt“ bzw. „Das Gericht ist jedoch infolge der Beweisaufnahme von der Wahrheit der Aussage, der Kläger habe von einem Gespräch am 03.02.2021 mit der Beklagten eine Tonaufnahme gefertigt und ihr diese am 05.02.2021 vorgespielt, überzeugt.“
176Der Kläger hat also in dutzenden von ihm angestrengten Verfahren mit einem Vielfachen an Anträgen immerhin, aber eben auch nur, einzelne rechtswidrige Maßnahmen der Beklagten identifizieren können, auch wenn auf dem Weg dorthin ihn selbst schwer belastende Tatsachen zu Tage getreten sind.
177(2.) Ohne Hinzutreten weiterer Tatsachen, ist die schlichte Rechtswidrigkeit von arbeitsrechtlichen Maßnahmen allerdings nicht geeignet, Schadensersatzansprücheoder gar Ansprüche auf Zahlung von Schmerzensgeld auszulösen. So ist ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht regelmäßig nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. BAG, Urteil vom 15.09.2016 - 8 AZR 351/15 -). Zu diesen „schutzwürdigen Belangen der anderen Seite“ gehört es, nicht völlig abwegige oder schikanöse arbeitsrechtliche Maßnahmen - insbesondere Gestaltungserklärungen - ergreifen oder abgeben zu können und die mit der möglichen Rechtswidrigkeit dieser Maßnahmen einhergehenden Risiken einzugehen (Annahmeverzug, Zwangsvollstreckung, Prozesskosten, störung des Betriebsfriedens etc.), ohne gleich unkalkulierbaren Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen ausgesetzt zu sein. Das gilt insbesondere, wenn diese arbeitsrechtlichen Maßnahmen in einem anspruchsvollen Informations- und Pflichtengefüge ergriffen werden, wie das hier der Fall ist: Die Beklagte, zunächst in Gestalt des Zeugen Prof. K und später in Gestalt all derjenigen, die der Kläger in der Folgezeit mit Verfahren, Anzeigen und Klagen überzogen hat, wurde mit dem plausibel vorgetragenen Verdacht konfrontiert, dass es zu Belästigungen von zwei Mitarbeiterinnen gekommen war. Bedrohungen wurden genannt, wie auch unerlaubte Tonaufzeichnungen. Daneben stand außerdem eine sexuelle Belästigung im Sinne von § 3 Abs. 4 AGG im Raum, da sexuelle Äußerungen in allen Stellungnahmen der wissenschaftlichen Mitarbeitenden und des Klägers selbst Erwähnung gefunden hatten. In einem solchen Fall ist die Beklagte nicht nur im Rahmen billigen Ermessens berechtigt sondern sie ist verpflichtet, den Sachverhalt aufzuklären, sich schützend vor ihre Mitarbeitenden zu stellen, Gestaltungserklärungen oder Organisationsmaßnahmen zu erwägen und diese ggfls. zu ergreifen. Die Erfüllung dieser Pflicht ist mit dem selbstverständlichen Risiko verbunden, dass sich einzelne Maßnahmen später als unwirksam erweisen. Die Erfüllung dieser Pflicht durch die Beklagte ist der Ausgangspunkt für die Ermittlung des Sachverhalts rund um das Geschehen auf dem Parkplatz Anfang Februar 2021, für die Einholung der Stellungnahmen, für die Prüfung der Plausibilität derselben, für die Anhörung des Klägers, für den Bürowechsel, für die Anweisung, Büros von Kolleginnen zu verlassen, für die Abmahnung, für die Kündigung. Nicht an diese Stelle, weil außerhalb der Einflusszone der Beklagten liegend, gehören die Strafanzeigen der Zeuginnen B und V. Ebenfalls nicht hierher gehört das zeitweise ausgesprochene Laborverbot, nachdem der Kläger die Tatsache seiner Behinderung nicht aber den Gegenstand dieser Behinderung mitgeteilt hatte; denn der Umgang mit Sprengstoff bedarf eines medizinischen Unbedenklichkeitsattests, wenn diese Unbedenklichkeit in Frage steht.
178Die Nichtverlängerung des Stipendiums und der Betreuungsvereinbarung sind das Ergebnis der maßgeblich vom Kläger betriebenen ungewöhnlich heftigen Eskalation der Geschehnisse und der fortschreitenden Fokussierung seiner intellektuellen Bemühungen auf die von ihm eingeleiteten und weiter betriebenen Verfahren, Anzeigen und Klagen. Auf Nachfrage im Kammertermin, welcher Tätigkeit er zurzeit nachgehe, hat er sinngemäß geäußert, dass ihm neben seinem Engagement für die besagten laufenden Verfahren keine Kapazitäten zur Verfügung stünden. Ob diese Maßnahmen rechtmäßig waren, mag im richtigen Rechtsweg vor dem Verwaltungsgericht geklärt werden. Einen Schadensersatz- oder Schmerzensgeldanspruch zu begründen, sind diese Maßnahmen nach dem oben genannten Maßstab jedenfalls nicht geeignet.
179b. Der Kläger ist nicht ein Opfer von Mobbing, das der Beklagten zurechenbar wäre. Zur Bedeutung des Wortes „Mobbing“ und zu dessen rechtlicher Einordnung unter verschiedene Tatbestände (§ 280 BGB, § 823 BG, § 826 BGB) wird Bezug genommen auf die Zusammenfassung des Prozessbevollmächtigten des Klägers in der Klageschrift und in der Berufungsbegründung.
180Hervorgehoben werden soll hier nur die Tatsache, dass es im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen gibt, die, auch wenn sie sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, nicht geeignet sind, derartige Tatbestände zu erfüllen (z.B. BAG v. 15.09.2016 - 8 AZR 351/15 -). Nach den für Veränderungsprozesse entwickelten arbeitspsychologischen Modellen der „Teamuhr“ mit ihrer „Kampfphase“ und der „Verlaufskurve des Integrationsprozesses“ mit ihrem „Tal der Tränen“ gehört es sogar zur Aufgabe der Arbeitgeberin, das Durschreiten der „Kampfphase“ und des „Tals der Tränen“ zu befördern. Nach diesen Theorien kann es nur dann zur Integration der Veränderung kommen, wenn die beiden besagten Phasen - Kampf und Tränen - durchschritten werden. Unabhängig von der Frage, ob diese Theorien als zutreffend erachtet werden können, kommt in ihnen die Tatsache zum Ausdruck, dass ein Konfliktverhalten im Team nicht immer ein zu unterbindendes Phänomen ist, sondern bis zu einer - nicht immer leicht definierbaren - Grenze sogar ein zu förderndes.
181Hervorgehoben werden soll des Weiteren, dass die Grenze zum nicht sozialadäquaten Verhalten dann überschritten ist, wenn Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird (z.B. LAG Köln v. 06.05.2022 – 10 Sa 560/21 –). Auf der Suche nach dieser Grenze sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Dazu gehört auch die Frage, ob und in welchem Umfang diejenige Person, die sich als Mobbingopfer sieht, die Verhaltensweisen ihrer professionellen Umgebung provoziert hat.
182Der Kläger ist ein Kollege, der einer Kollegin zur „Wiederherstellung des Vertrauensverhältnisses“ vorschlägt, man möge sich ausziehen; der Gespräche am Arbeitsplatz heimlich aufnimmt; der die Aufnahmen anderen Beschäftigten vorspielt oder zumindest Dritten gegenüber behauptet, er habe da Aufnahmen, die er vorspielen könne; der sich dann verletzt fühlt, wenn Kolleginnen und Kollegen nicht mehr mit ihm sprechen wollen und wenn diese vermuten, er mache wieder eine Aufnahme, wenn er mit dem Mobiltelefon in der Hand am Büro vorbei geht; der sich dann wundert, wenn die Kolleginnen und Kollegen nicht mit ihm in den Urlaub fahren wollen; der soweit die Fähigkeit zu kommunikativen Selbstverständlichkeiten verloren hat, dass er sich nicht in der Lage sieht, in solchen Situationen einen Schritt zurück zu gehen, um Verständnis und ggfls. um Entschuldigung zu bitten, um den Konflikt abzukühlen. Aus den 4.400 Seiten der Gerichtsakte und aus dem persönlichen in der Berufungsverhandlung von der erkennenden Kammer geschöpften Eindruck des Klägers zeichnet sich das Bild eines jungen Mannes ab, der zutiefst in seinem Stolz und in seiner Männlichkeit durch Umstände verletzt ist, die im Vorfeld geschehen sind und die wenig bis gar nichts mit dem Arbeitsverhältnis zu tun haben. Der Kläger sieht sich in dienstlichen Erklärungen und in schriftsätzlichen Ausführungen veranlasst [über Freizeitaktivitäten, hier nicht weiter ausgeführt,] zu berichten und das Ganze als Illustration einer „rasanten Entwicklung des … sehr schönen Verhältnisses“ zur Kollegin B. Als die Kollegin B Ende des Jahre 2020 anfing, hier nicht mehr mitzumachen, abzublocken, sich über ihn lustig zu machen […] , möglicherweise auch ihre Freundin V einzuweihen und an ihre Seite zu stellen, hat der Kläger eine Facette seiner damals aktuellen Lebensphase verloren, die ihn bis dahin gefreut hat, die ihn glücklich gemacht hat und die für ihn weit mehr war, als bloß ein Arbeitsplatz. Das zeigt auch die Tatsache, dass sich die Aussprache mit der Zeugin B im Februar 2021 nicht auf die professionell üblichen 45 Minuten beschränkte, sondern fünfeinhalb Stunden in Anspruch genommen hat. Es ist gerichtsbekannt - denn jeder Mensch, der mehr als 20 Lebensjahre hinter sich hat, weiß das - dass ein fünfeinhalbstündiges Beziehungsgespräch nicht ohne (wechselseitige) Verletzungen verläuft und dass es körperliche Erschöpfung bedeutet.
183Bis zu diesem Punkt hat der Konflikt nichts mit der Beklagten zu tun. Die Verbindung zum Arbeitsverhältnis zwischen den hier streitenden Parteien beginnt erst dann relevant zu werden, als die beiden Kolleginnen B und V zum gemeinsamen Doktorvater gehen, von übergriffigem Verhalten und von Tonaufnahmen berichten. Daraufhin wendet sich der Doktorvater hilfesuchend an die Universitätshierarchie, diese reagiert mit Ermittlungsmaßnahmen und es kommt zu einer Videokonferenz mit dem Kläger an dessen Seite sein damaliger Prozessbevollmächtigter saß (…). An dieser Stelle beginnt die Eskalation des Konflikts, die insbesondere davon geprägt ist, dass der Kläger (wie gezeigt größtenteils erfolglose) Anträge, Anzeigen, Klagen und Eingaben gegen scheinbar jede Person gerichtet hat, die mit ihm in professionellen Kontakt stand. Nach alledem ist es vor allem der Kläger, der mit seinem Verhalten die Eskalation zu verantworten hat, der seine Umgebung mit dieser Eskalation eingeschüchtert hat und der daher nicht seinerseits einen Zahlungsanspruch aus der Tatsache ableiten kann, dass sich seine professionelle Umgebung von ihm abgewendet hat.
184Die Tatsache, dass der Kläger noch in der Berufungsverhandlung bestritten hat, er habe Gespräche mit Kolleg*innen heimlich aufgezeichnet und das Abspielen der Aufzeichnung anderen Kolleg*innen angeboten, hindert die erkennende Kammer nicht, dennoch davon auszugehen, dass er es getan hat. Als der Kläger in der Berufungsverhandlung nach einem Hinweis auf die Beweisaufnahme vor dem Landgericht und die eindeutige Beweiswürdigung in den Urteilen betreffend den Kolleginnen B und V auf seinem Standpunkt beharrte, er habe keine Gespräche aufgezeichnet und es stehe eben weiterhin „Aussage gegen Aussage“, hat die Kammer ihm nicht geglaubt. Die Berufungskammer ist nach den Maßstäben des § 286 ZPO überzeugt, dass der Kläger hier gelogen hat. Die Berufungskammer musste hierfür nicht die vor dem Landgericht Bonn durchgeführte Beweisaufnahme wiederholen. Diese Beweisaufnahme vor dem Landgericht ist zwar nicht geeignet im vorliegenden arbeitsgerichtlichen Verfahren die Tonaufnahme als bewiesen zu erachten. Sie reicht aber in jedem Falle als Tatsache für die Prüfung der Plausibilität der Einlassungen des Klägers. Soweit es um den Inhalt der Aussage einer vernommenen Zeugin geht, ist das gerichtliche Protokoll eine „öffentlichen Urkunde mit einem anderen Inhalt“ nach § 418 Abs. 1 ZPO. Die Beweiskraft des Urkundenbeweises und des Protokolls aus den Parallelverfahren kann sich daher nur dahingehend erstrecken, dass die Zeugen so ausgesagt haben und ihre Aussage richtig protokolliert ist. Durch den Urkundenbeweis im Rahmen des vom Kläger selbst vorgelegten Protokolls kann aber nicht der Nachweis geführt werden, dass die Aussage auch inhaltlich der Wahrheit entspricht (LG München I v. 16.01.2019 – 14 S 11239/18 –). Die Wahrheit ist also nicht bewiesen. Die Wahrheit ergibt sich aber aus § 138 Abs. 3 ZPO. Nach dieser Vorschrift gelten Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, als zugestanden. Das ausdrückliche Bestreiten des Absatz 3 muss den Anforderungen des Absatz 1 entsprechen, es muss also nicht nur der Wahrheit entsprechen, sondern es muss „vollständig“ sein. Vollständigkeit in diesem Sinne bedeutet, dass der Kläger seine Geschichte zu Ende erzählen muss. Das hat er an dieser wichtigen Stelle in einer Gerichtsakte mit 4.400 Seiten und trotz ausdrücklicher Nachfrage im Kammertermin nicht getan. Den Hergang auf dem Parkplatz, den er beschreibt (Auto als „Rückzugsraum“, zufällig V und Ü gesehen, ausgestiegen, die Kollegen angesprochen „was denn eigentlich laufe“, nur mit V spazieren gegangen, Ü auf dem Parkplatz zurückgelassen, zum Auto gelaufen, weil alle Türen offengestanden hätten und dann weiter mit Frau V spazieren gegangen) ist unvollständig. Die folgenden Fragen stehen im Raum: Warum ist er nur mit Frau V alleine „spazieren gegangen“? Wieso wollte er überhaupt „spazieren gehen“ wo er sich doch gerade in seinen „Rückzugsraum“ zurückgezogen hatte? Warum blieb Herr Ü zurück? Warum hat der Kläger nicht sofort die Autotüren geschlossen? Was hatte er sonst für einen Anlass zurück zum Auto zu kommen? Demgegenüber sind die protokollierten Aussagen der Zeugen V und Ü plausibel (der Kläger habe auf sie im Auto gewartet, sei aufgeregt gewesen, habe schon zuvor vergeblich versucht gehabt, dem Zeugen Ü eine Aufnahme vorzuspielen, hat versucht der Zeugin V hinter der Hecke am Parkplatz eine Aufnahme von seinem Telefon vorzuspielen, die Aufnahme sei zu leise gewesen, daher sei der Kläger zurück zum Auto gelaufen um Kopfhörer zu holen …). Diese Bekundungen sind vor allem deshalb plausibel, weil unstreitig bei dem besagten fünfeinhalbstündigen Gespräch zwischen dem Kläger und der Zeugin B Mobiltelefone und die Möglichkeit einer Tonaufnahme eine Rolle gespielt haben, weswegen der Kläger angeregt hatte, die Mobiltelefone in den Spind zu legen. Die Bekundungen sind auch plausibel, weil sie in sich schlüssig sind. Sie bieten Antworten auf die Fragen, warum das Gespräch nur mit der Zeugin V geführt worden ist, warum sie „um die Ecke“ oder „hinter die Hecke“ gegangen sind, warum der Kläger zurück zum Auto gelaufen ist und warum der Zeuge Ü gewartet hat. Diese Subsumtion unter § 138 Abs. 3 und Absatz 1 ZPO setzt voraus, dass es die Beklagte sei, die die Beweislast für die Tatsache trage, dass der Kläger tatsächlich Tonaufnahmen gefertigt oder das Abspielen solcher Tonaufnahmen angeboten hat. Tatsächlich ist es aber hier der Kläger, der Schadensersatz, Entschädigung und Schmerzensgeld mit der Begründung fordert, er sei unberechtigt beschuldigt worden. Die daraus folgende Beweislast für die Voraussetzungen der für ihn günstigen Vorschrift mag nicht so weit gehen, dass er seine „Unschuld“ beweisen muss. Er muss aber wenigstens eine plausible Geschichte erzählen, wieso die Beobachtung von zwei Kollegen falsch gewesen sein soll.
185Zum Schluss kann die Frage offenbleiben, ob der Kläger an dieser Stelle gelogen hat, denn selbst wenn es die Zeugen V und Ü waren, die zugunsten der Kollegin B gelogen und sich der uneidlichen Falschaussage strafbar gemacht haben, wäre weiterhin ein Konflikt am Arbeitsplatz anzunehmen, den aufzuklären die Aufgabe der Beklagten gewesen wäre. Diese Aufgabe hat sie angenommen.
186c. Auch wenn zu Gunsten des Klägers unterstellt würde, dass die Voraussetzungen zumindest einer der besagten Anspruchsgrundlagen erfüllt wären, so fehlte es jedenfalls an einem adäquat kausal verursachten Schaden. Das hat schon das Arbeitsgericht richtig erkannt und begründet. Die Gesundheit des Klägers war bereits vorbelastet. Welchen Beitrag das Verhalten der Beklagten an einer Verschlimmerung des Gesundheitszustandes des Klägers ausmacht oder ausmachen soll, ist nicht ersichtlich und nicht vorgetragen. Wenn Herr Dr. in seinem Attest vom 02.04.2024 schreibt, es sei „eindeutig und gesichert dass die Arbeitsunfähigkeit eine Folge des Arbeitsplatzkonflikts und des Verhaltens seines Arbeitgebers ist“, dann ist zwar plausibel, dass drei Dutzend Verfahren auf die Verfahrensbeteiligten und besonders auf den Antragsteller und Kläger eine belastende Wirkung hat. Sollte die Formulierung „… und des Verhaltens seines Arbeitgebers“ eine Kausalität beschreiben oder gar ein Verschulden zuschreiben wollen, fehlt dafür jeder tatsächliche Anknüpfungspunkt und ist so pauschal und so sehr seinem Patienten zugewandt, dass es an Einlassungsfähigkeit fehlt.
187II. Zurecht und mit zutreffender Begründung, auf die Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage auch mit dem Antrag zu 2. abgewiesen. Es fehlt schon an einer Anspruchsgrundlage wie es sich aus den Ausführungen zum Antrag zu 1 ergibt. Der Antrag zu 2 ist aber vor allem deshalb unbegründet, weil er mit den vorgetragenen Tatsachen zur Höhe und zur Berechnung des begehrten Schadens unschlüssig ist und die besagten Tatsachen nicht einmal eine Schätzung erlauben würden. Das gilt selbst dann, wenn zwischen promovierten und nicht promovierten Beschäftigten tatsächlich eine monatlichen Entgeltdifferenz in Höhe von 1.250,00 € anzunehmen wäre. Denn aus den Darlegungen des Klägers ergibt sich nicht, dass er ohne Doktortitel durch das Leben gehen wird und dass dafür das Verhalten der Beklagten kausal sein wird. Wenn es beim Fehlen des Doktortitels bleiben sollte, könnte es eher an ihm selbst liegen. Denn wer mehr als 25 Verfahren führt, sich mit seinem Doktorvater überwirft, diesen auch wissenschaftlich angreift und nicht bereit ist, sich an seinen Zweitbetreuer zu halten oder sich einen neuen Doktorvater oder gar ein neues Dissertationsthema zu suchen, dem könnte bereits die notwendige Ausdauer für wissenschaftliches Arbeiten fehlen.
188Im Übrigen findet die vom Kläger vorgenommene Berechnung zur Schadenshöhe keine Grundlage in der Zivilrechtsordnung. Der Kläger spricht von einem monatlichen Differenzbetrag für die Zeit bis zum Renteneintritt, also bis in die 50er Jahre dieses Jahrhunderts - kumuliert zur sofortigen Zahlung, also vorfällig. Er beantragt sogar Zinsen aus diesem Betrag seit dem 23.09.2022, das wären mehr als 25.000,00 EUR pro Jahr, also mehr als 2.000,00 EUR pro Monat. Aus welcher Rechtsgrundlage ihm das alles bei einem angenommenen monatlichen Schaden in Höhe von 1.250,00 EUR zustehen soll, versteht die Berufungskammer nicht. Das konnte der Prozessbevollmächtigte des Klägers auf Nachfrage in der Berufungsverhandlung nicht ändern.
189C. Nach allem bleibt es somit bei der klageabweisenden erstinstanzlichen Entscheidung. Als unterliegende Partei hat der Kläger gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung zu tragen. Gründe für eine Revisionszulassung sind nicht gegeben, da die Entscheidung auf den Umständen des vorliegenden Einzelfalls beruht.
190(*) Am 03.09.2024 erging folgender Berichtigungsbeschluss:
1911. Das Urteil vom 29.05.2024 - 6 Sa 275/23 - wird wegen eines offenbaren Übertragungsfehlers gemäß § 319 ZPO wie folgt berichtigt:
192a. Auf Seite 12 werden die Worte „(für die Zeit ab dem 13.05.2022 bis zum Jahresende legte der Kläger Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor)“ gestrichen;
193b. auf Seite 15 werden die Worte „(229 Kalendertage)“ ersetzt durch die Worte „(10 Kalendertage)“
1942. Im Übrigen wird der Berichtigungsantrag des Klägers vom 07.08.2024 zurückgewiesen.
195G r ü n d e
196I. Der Kläger begehrt mit seiner Antragsschrift vom 07.08.2024 die Berichtigung des Urteils vom 29.05.2024, das ihm am 25.07.2024 zugestellt worden ist. Dabei möchte er die folgenden Änderungswünsche berücksichtigt wissen:
1971. Die Ausführungen im Urteil auf S. 3: „Die Beklagte hat dem Kläger eine Verlängerung des Stipendiums nicht angeboten.“
198werden ersetzt durch
199„Die Beklagte hat dem Kläger eine Verlängerung des Stipendiums trotz Erfüllung der Voraussetzungen nicht gewährt.“
2002. Die Ausführungen im Urteil auf S. 9: „Vereinbart wurde, dass die Beklagte die im Raume stehenden Vorwürfe verschriftlichen und dem Kläger die Möglichkeit einräumen werde, hierauf schriftlich Stellung zu nehmen.“
201werden ersetzt durch
202„Vereinbart wurde, dass die Beklagte die Stellungnahmen der Mitarbeiter dem Kläger zur Verfügung stellen werde und dem Kläger die Möglichkeit einräumen werde, hierauf schriftlich Stellung zu nehmen.“
2033. Die Ausführungen im Urteil auf S. 10: „Es folgten weitere Unterlassungsforderungen des Klägers mit anschließenden Klageverfahren, die von ihm entgegen § 2 Abs. 1 Nr. 9 ArbGG nicht vor dem Arbeitsgericht, sondern vor dem Landgericht erhoben wurden.“
204werden ersetzt durch
205„Es folgten weitere Unterlassungsforderungen des Klägers mit anschließenden Klageverfahren, die von dem dortigen Anwalt des Klägers entgegen § 2 Abs. 1 Nr. 9 ArbGG nicht vor dem Arbeitsgericht, sondern vor dem Landgericht erhoben wurden und von diesem entschieden wurde.“
2064. Die Ausführungen im Urteil auf S. 11:
207„Der Kläger erstattete daraufhin gegen Frau B Strafanzeige wegen Schädigung seines Rufes...“
208werden ersetzt durch
209„Der Kläger erstattete daraufhin gegen Frau B Strafanzeige wegen übler Nachrede...“
2105. Die Ausführungen im Urteil auf S. 11:
211„Die Kündigung erwies sich gemäß § 168 SGB IX als unwirksam.“
212werden ersetzt durch
213„Die Kündigung wurde von der Beklagten am 10.12.2021 zurückgenommen.“
2146. Die Ausführungen im Urteil auf S. 12:
215„Soweit zu diesen genannten Verfahren und zu den in der Folgezeit vom Kläger eingeleiteten Verfahren Entscheidungen ergangen sind, ergibt sich schon aus dem jeweiligen Tenor und der jeweiligen Kostenquote eine weitgehende Erfolglosigkeit des Klägers, auch wenn der Kläger dies subjektiv anders empfinden mag...“
216werden ersetzt durch
217„Soweit zu diesen genannten Verfahren und zu den in der Folgezeit vom Kläger eingeleiteten Verfahren Entscheidungen ergangen sind, waren diese teilweise erfolgreich.“
2187. Die Ausführungen im Urteil auf S. 12:
219„Hierfür wurde dem Kläger in der Zeit bis zum 18.08.2022 (für die Zeit ab dem 13.05.2022 bis zum Jahresende legte der Kläger Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor), also für die nächsten neun Monate, ein Büro in einem anderen Gebäudeteil zugewiesen.“
220werden ersetzt durch
221„Hierfür wurde dem Kläger in der Zeit bis zum 18.08.2022, also für die nächsten neun Monate, ein Büro in einem anderen Gebäudeteil zugewiesen.“
2228. Die Ausführungen im Urteil auf S. 14:
223„Für die folgenden Zeiträume legte der Kläger Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor: […] 13.05.2022 bis 27.12.2022 (229 Kalendertage)“
224werden ersetzt durch
225„Für die folgenden Zeiträume legte der Kläger Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor: […] 13.05.2022 bis 27.12.2022 (10 Kalendertage)“
226[ab hier ist nicht der Tatbestand des Urteils betroffen, sondern Formulierungen in den Entscheidungsgründen]
2279. Die Ausführungen im Urteil auf S. 34: „Der Zeuge Prof. K, also der unmittelbare Fachvorgesetzte, ist ein Mann und der damalige Präsident der Beklagten, der Zeuge Prof. I, ist ebenfalls ein Mann.“
228werden ersetzt durch
229„Der Zeuge Prof. K, also der unmittelbare Fachvorgesetzte, ist ein Mann und der Präsident der Beklagten, der Zeuge Prof. I, ist ebenfalls ein Mann.“
23010. Die Ausführungen im Urteil auf S. 34: „der Doktorvater hat sich entnervt und schockiert abgewandt“
231werden gestrichen.
23211. Die Ausführungen im Urteil auf S. 38: „Der Kläger seinerseits hat mit weitgehend erfolglosen Anträgen an Gerichte, an die Staatsanwaltschaft, an behördeninterne Stellen und an Verwaltungsadressen die Beklagte, ihre Repräsentanten, ihre Erfüllungsgehilfen, Gremienmitglieder und seine Kolleginnen und Kollegen in Rechtstreite, sonstige kontradiktorische Verfahren und Ermittlungen hineingezogen.“
233werden ersetzt durch
234„Der Kläger seinerseits hat mit teilweise erfolglosen Anträgen an Gerichte, an die Staatsanwaltschaft, an behördeninterne Stellen und an Verwaltungsadressen die Beklagte, ihre Repräsentanten, ihre Erfüllungsgehilfen, Gremienmitglieder und seine Kolleginnen und Kollegen in Rechtstreite, sonstige kontradiktorische Verfahren und Ermittlungen hineingezogen.“
23512. Die Ausführungen im Urteil auf S. 40: „Er mag sich dabei vergegenwärtigen, dass die durchschnittliche Quote seines Unterliegens der Unterliegens-Quote gerichtsbekannter Intensivpetenten entspricht.“
236werden gestrichen.
23713. Die Ausführungen auf S. 41: „Der Kläger hatte einen Teilerfolg mit seiner im falschen Rechtsweg erhobenen Klage vor dem Landgericht Bonn gegen seine Kollegin, die Zeugin V, die mit dem Urteil zur Unterlassung einer bestimmten Behauptung verurteilt wurde, deren Richtigkeit sie nicht beweisen konnte.“
238werden ersetzt durch
239„Der Kläger hatte einen Teilerfolg mit seiner Klage vor dem Landgericht Bonn gegen seine Kollegin, die Zeugin V, die mit dem Urteil zur Unterlassung einer bestimmten Behauptung verurteilt wurde, deren Richtigkeit sie nicht beweisen konnte.“
24014. Die Ausführungen auf S. 41:
241„Mit einer ebenfalls im falschen Rechtsweg unter dem Geschäftszeichen 10 O 363/21 erhobenen Klage gegen seine weitere Kollegin, die Zeugin B, hatte der Kläger einen Teilerfolg mit seinem Begehren, die Zeugin B möge die gemeinsame WhatsApp-Kommunikation nicht an Dritte herausgeben.“
242werden ersetzt durch
243„Mit einer unter dem Geschäftszeichen 10 O 363/21 erhobenen Klage gegen seine weitere Kollegin, die Zeugin B, hatte der Kläger einen Teilerfolg mit seinem Begehren, die Zeugin B möge die gemeinsame WhatsApp-Kommunikation nicht an Dritte herausgeben.“
24415. Die Ausführungen auf S. 42: „Die Beklagte, zunächst in Gestalt des Zeugen Prof. K und später in Gestalt all derjenigen, die der Kläger in der Folgezeit mit Verfahren, Anzeigen und Klagen überzogen hat, wurde mit dem plausibel vorgetragenen Verdacht konfrontiert, dass es zu Belästigungen von zwei Mitarbeiterinnen gekommen war.“
245werden ersetzt durch
246„Die Beklagte, zunächst in Gestalt des Zeugen Prof. K und später in Gestalt all derjenigen, die der Kläger in der Folgezeit mit Verfahren, Anzeigen und Klagen konfrontiert hat, wurde mit dem plausibel vorgetragenen Verdacht konfrontiert, dass es zu Belästigungen von zwei Mitarbeiterinnen gekommen war.“
24716. Die Ausführungen auf S. 42:
248„Ebenfalls nicht hierher gehört das zeitweise ausgesprochene Laborverbot, nachdem der Kläger die Tatsache seiner Behinderung nicht aber den Gegenstand dieser Behinderung mitgeteilt hatte; denn der Umgang mit Sprengstoff bedarf eines medizinischen Unbedenklichkeitsattests, wenn diese Unbedenklichkeit in Frage steht.“
249werden gestrichen.
25017. Die Ausführungen auf S. 43:
251„Die Nichtverlängerung des Stipendiums und der Betreuungsvereinbarung sind das Ergebnis der maßgeblich vom Kläger betriebenen ungewöhnlich heftigen Eskalation der Geschehnisse und der fortschreitenden Fokussierung seiner intellektuellen Bemühungen auf die von ihm eingeleiteten und weiter betriebenen Verfahren, Anzeigen und Klagen.“
252werden gestrichen.
25318. Die Ausführungen auf S. 43: „Nach den für Veränderungsprozesse entwickelten arbeitspsychologischen Modellen der „Teamuhr“ mit ihrer „Kampfphase“ und der „Verlaufskurve des Integrationsprozesses“ mit ihrem „Tal der Tränen“ gehört es sogar zur Aufgabe der Arbeitgeberin, das Durschreiten der „Kampfphase“ und des „Tals der Tränen“ zu befördern. Nach diesen Theorien kann es nur dann zur Integration der Veränderung kommen, wenn die beiden besagten Phasen - Kampf und Tränen - durchschritten werden. Unabhängig von der Frage, ob diese Theorien als zutreffend erachtet werden können, kommt in ihnen die Tatsache zum Ausdruck, dass ein Konfliktverhalten im Team nicht immer ein zu unterbindendes Phänomen ist, sondern bis zu einer - nicht immer leicht definierbaren - Grenze sogar ein zu förderndes.“
254werden gestrichen.
25519. Die Ausführungen auf S. 44: „Der Kläger ist ein Kollege, der einer Kollegin zur „Wiederherstellung des Vertrauensverhältnisses“ vorschlägt, man möge sich ausziehen; der Gespräche am Arbeitsplatz heimlich aufnimmt; der die Aufnahmen anderen Beschäftigten vorspielt oder zumindest Dritten gegenüber behauptet, er habe da Aufnahmen, die er vorspielen könne; der sich dann verletzt fühlt, wenn Kolleginnen und Kollegen nicht mehr mit ihm sprechen wollen und wenn diese vermuten, er mache wieder eine Aufnahme, wenn er mit dem Mobiltelefon in der Hand am Büro vorbei geht; der sich dann wundert, wenn die Kolleginnen und Kollegen nicht mit ihm in den Urlaub fahren wollen; der soweit die Fähigkeit zu kommunikativen Selbstverständlichkeiten verloren hat, dass er sich nicht in der Lage sieht, in solchen Situationen einen Schritt zurück zu gehen, um Verständnis und ggfls. um Entschuldigung zu bitten, um den Konflikt abzukühlen.“
256werden gestrichen.
25720. Die Ausführungen auf S. 44: „Aus den 4.400 Seiten der Gerichtsakte und aus dem persönlichen in der Berufungsverhandlung von der erkennenden Kammer geschöpften Eindruck des Klägers zeichnet sich das Bild eines jungen Mannes ab, der zutiefst in seinem Stolz und in seiner Männlichkeit durch Umstände verletzt ist, die im Vorfeld geschehen sind und die wenig bis gar nichts mit dem Arbeitsverhältnis zu tun haben.“
258werden gestrichen.
25921. Die Ausführungen auf S. 45:
260„Die Berufungskammer ist nach den Maßstäben des § 286 ZPO überzeugt, dass der Kläger hier gelogen hat.“
261werden gestrichen.
26222. Die Ausführungen auf S. 46: „Vollständigkeit in diesem Sinne bedeutet, dass der Kläger seine Geschichte zu Ende erzählen muss. Die folgenden Fragen stehen im Raum: Warum ist er nur mit Frau V alleine „spazieren gegangen“? Wieso wollte er überhaupt „spazieren gehen“ wo er sich doch gerade in seinen „Rückzugsraum“ zurückgezogen hatte? Warum blieb Herr Ü zurück? Warum hat der Kläger nicht sofort die Autotüren geschlossen? Was hatte er sonst für einen Anlass zurück zum Auto zu kommen? Demgegenüber sind die protokollierten Aussagen der Zeugen V und Ü plausibel (der Kläger habe auf sie im Auto gewartet, sei aufgeregt gewesen, habe schon zuvor vergeblich versucht gehabt, dem Zeugen Ü eine Aufnahme vorzuspielen, hat versucht der Zeugin V hinter der Hecke am Parkplatz eine Aufnahme von seinem Telefon vorzuspielen, die Aufnahme sei zu leise gewesen, daher sei der Kläger zurück zum Auto gelaufen um Kopfhörer zu holen ...).“
263werden gestrichen.
26423. Die Ausführungen auf S. 47:
265„Sollte die Formulierung „… und des Verhaltens seines Arbeitgebers“ eine Kausalität beschreiben oder gar ein Verschulden zuschreiben wollen, fehlt dafür jeder tatsächliche Anknüpfungspunkt und ist so pauschal und so sehr seinem Patienten zugewandt, dass es an Einlassungsfähigkeit fehlt.“
266werden ersetzt durch
267„Sollte die Formulierung „… und des Verhaltens seines Arbeitgebers“ eine Kausalität beschreiben oder gar ein Verschulden zuschreiben wollen, fehlt dafür jeder tatsächliche Anknüpfungspunkt und ist so pauschal, dass es an Einlassungsfähigkeit fehlt.“
26824. Die Ausführungen auf S. 48:
269„Denn wer mehr als 25 Verfahren führt, sich mit seinem Doktorvater überwirft, diesen auch wissenschaftlich angreift und nicht bereit ist, sich an seinen Zweitbetreuer zu halten oder sich einen neuen Doktorvater oder gar ein neues Dissertationsthema zu suchen, dem könnte bereits die notwendige Ausdauer für wissenschaftliches Arbeiten fehlen.“
270werden gestrichen.
271Zur Begründung der vorstehenden Anträge trägt der Kläger vor, dass nach seiner Auffassung Berichtigungsanträge nach § 320 ZPO nicht nur die Tatsachendarstellung im Tatbestand eines Urteils betreffen könnten, sondern auch das in den Entscheidungsgründen enthaltene tatsächliche Vorbringen. Auch in den Entscheidungsgründen niedergelegte Rechtsansichten könnten im Sinne des § 320 ZPO eine unzutreffende Tatsachenbehauptung darstellen, weil eine Meinungsäußerung in Bezug auf eine Rechtsansicht, wenn diese im Gewand einer Tatsachenbehauptung daherkommt, irreführend sein könne. Die beantragten Berichtigungen seien allesamt geboten um eine Bindung an die gerügte falsche Feststellung im Tatbestand des Urteils zu vermeiden. Zur Begründung im Einzelnen wird Bezug genommen auf die Ausführungen des Klägers in der Antragsschrift.
272Unter eingehender Stellungnahme zu den vom Kläger vorgebrachten Einwänden vertritt die Beklagte die Auffassung, der Antrag sei weitgehend unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Die Beklagte hat beantragt, den Antrag des Klägers auf Tatbestandsberichtigung zurückzuweisen.
273Im Übrigen wird Bezug genommen auf die Antragsschrift vom 07.08.2024 und auf die Erwiderung der Beklagten vom 22.08.2024.
274II. Bis auf die Korrektur zweier offenbarer Übertragungsfehler, die auf Anregung des Klägers gemäß § 319 ZPO zu berichtigen waren, ist sein Antrag auf Berichtigung des Urteils unbegründet.
2751. Soweit der Kläger mit den Anträgen zu 7 und 8 die falsche Anzahl der dort mitgeteilten Arbeitsunfähigkeitstage im Jahre 2022 rügt, ist sein Einwand berechtigt und wird von der erkennenden Kammer als Anregung einer Berichtigung gemäß § 319 ZPO behandelt. Bei der Anzahl der Tage, für die vom Kläger Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt worden sind, ist mit Blick auf die vom Kläger gleichfalls vorgelegten ärztlichen Atteste […] tatsächlich irrtümlich eine viel zu hohe Anzahl an bescheinigten Arbeitsunfähigkeitstagen für das Jahr 2022 niedergeschrieben worden. Die Fehler sind als offensichtliche Übertragungsfehler auf Anregung des Klägers von Amts wegen zu berichtigen. Dies geschieht in diesem Beschluss mit dem Tenor zu 1.
2762. Im Übrigen ist der Antrag des Klägers auf Berichtigung des Tatbestandes gemäß §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 320 ZPO zwar zulässig, aber nicht begründet.
277Der streitgegenständliche Tatbestand enthält nämlich keine Unrichtigkeiten, Auslassungen, Dunkelheiten oder Widersprüche im Sinne des § 320 ZPO.
278a. Für die Entscheidung über eine Berichtigung des Tatbestandes waren nur die Anträge zu 1 bis 6 erheblich. Denn sie betreffen die Seiten 1 bis 29 des Urteils. Auf Seite 29 endet der Tatbestand und auf Seite 30 beginnen die Entscheidungsgründe. Nach den Anträgen zu 9 bis 24 war das Urteil nicht der Berichtigung gemäß § 320 ZPO zugänglich.
279Ein Ausnahmefall, in dem Formulierungen in den Entscheidungsgründen der Tatbestandsberichtigung unterliegen, ist hier nicht gegeben. In welchem Umfang solche Formulierungen in den Entscheidungsgründen ausnahmsweise berücksichtigungsfähig sein können, richtet sich nach den Grundsätzen der Beweiskraft, wie sie dem Tatbestand gemäß § 314 ZPO zukommt. Der Tatbestandsbegriff in § 314 ZPO und derjenige in § 320 ZPO haben dergestalt den gleichen Inhalt, dass unter sie auch die tatbestandlichen Teile der Entscheidungsgründe fallen. Allerdings führt nicht jede Angabe in den Entscheidungsgründen, die Tatsachen betrifft, zur Anwendung des § 320 ZPO, sondern nur solche, denen die Beweiskraft gemäß § 314 ZPO zukommt. Ob das der Fall ist, hängt davon ob, ob das Gericht das mündliche oder schriftsätzliche Vorbringen hat beurkunden wollen - dann handelt es sich um ggfls. berichtigungsfähige Tatsachen. Keinesfalls kann von Tatsachen im Sinne des § 320 ZPO gesprochen werden, wenn das Gericht in den Entscheidungsgründen eine von der erkennenden Kammer vorgenommene Subsumtion darstellt, das tatsächliche Vorbringen der Parteien wertet oder ausdrücklich das Ergebnis freier Beweiswürdigung benennt.
280Wenn in § 320 Abs. 1 ZPO von „Auslassungen“ und „Dunkelheiten“ die Rede ist, die ggfls. eine Berichtigung des Tatbestandes rechtfertigen sollen, so sind beide Begriffe im Lichte des aus § 313 Abs. 2 ZPO folgenden Gebots der knappen Darstellung zu sehen. Insbesondere ist der Tatbestand nicht zu ergänzen und/oder zu konkretisieren, wenn die vom Antragsteller vermisste Ergänzung oder Konkretisierung offensichtlich nicht entscheidungsrelevant ist (vgl. hierzu Rensen in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Auflage, § 320 ZPO mwN.). Soweit der Kläger der Meinung ist, auch vom Gericht in den Entscheidungsgründen niedergeschriebene Rechtsauffassungen seien „Tatsachen“ im Sinne des § 320 ZPO, die ggfls. der nachträglichen Berichtigung zugänglich seien, fehlt seiner Meinung eine Rechtsgrundlage. Insbesondere helfen die von ihm zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs I ZR 93/17 und I ZR 85/19 nicht weiter. In beiden Entscheidungen geht es um den Tatbestand der Irreführung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 UWG der nichts mit dem Tatbestandsbegriff des § 320 ZPO und nichts mit den im vorliegend fraglichen Urteil zu behandelnden Tatbeständen zu tun hat.
281(1.) Dass Herr Prof. I auch heute noch Präsident der Beklagten ist, hat nichts mit der entscheidungsrelevanten Tatsache zu tun, dass er es damals war. Ein Ausnahmefall, in dem Formulierungen in den Entscheidungsgründen der Tatbestandsberichtigung unterliegen, ist also mit dem Antrag zu 9 nicht gegeben.
282(2.) Auf Bl. 2509 der Akte, im Urteil am Ende des Tatbestandes in Bezug genommen, ist das Anschreiben des Doktorvaters an die Verwaltung zu lesen. Dort heißt es: „… sehe ich mich gezwungen, die Betreuung der Promotionsarbeit mit sofortiger Wirkung niederzulegen, da das Vertrauensverhältnis unwiederbringlich zerstört ist. Eine objektive Bewertung seiner Arbeit ist mir somit nicht mehr möglich.“ Die kursorische Zusammenfassung der bereits am Ende des Jahres 2021 eingetretenen Eskalation auf Seite 38 des Urteils unter vielen anderen Bezugnahmen mit den Worten „der Doktorvater hat sich entnervt und schockiert abgewandt“ ist richtig. Zumindest handelt es sich um eine wertende Interpretation des Schreibens durch die erkennende Kammer, die einer Tatbestandsberichtigung entzogen ist. Ein Ausnahmefall, in dem Formulierungen in den Entscheidungsgründen der Tatbestandsberichtigung unterliegen, ist also mit dem Antrag zu 10 nicht gegeben.
283(3.) Die vom Kläger initiierten Anträge … waren tatsächlich „weitgehend erfolglos“. Der Kläger mag aus allen Entscheidungen die jeweils ihn treffende Kostenquote summieren und durch die Anzahl der Entscheidungen teilen. Dann wird er zum gleichen Ergebnis kommen. Im Übrigen ist der Unterschied zwischen „weitgehend erfolglos“ einerseits und „teilweise erfolglos“ andererseits nicht entscheidungserheblich. Ein Ausnahmefall, in dem Formulierungen in den Entscheidungsgründen der Tatbestandsberichtigung unterliegen, ist also mit dem Antrag zu 11 nicht gegeben.
284(4.) Die Unterliegensquote des Klägers entspricht der Unterliegensquote der gerichtsbekannten Intensivpetenten. Es gilt somit das zu (3.) Gesagte entsprechend. Ein Ausnahmefall, in dem Formulierungen in den Entscheidungsgründen der Tatbestandsberichtigung unterliegen, ist also mit dem Antrag zu 12 nicht gegeben.
285(5.) Die Klage gegen die Kollegin V ist im falschen Rechtsweg erhoben worden. Das ist eine Rechtsfrage. Dies geschah durch den Kläger. Ob er dies selbst getan hat oder durch seinen Anwalt ist gemäß § 85 Abs. 1 ZPO irrelevant. Auch dies ist eine Rechtsfrage. Ein Ausnahmefall, in dem Formulierungen in den Entscheidungsgründen der Tatbestandsberichtigung unterliegen, ist also mit dem Antrag zu 13 nicht gegeben.
286(6.) Für den Antrag zu 14 (falscher Rechtsweg bei der Klage gegen die Kollegin B) gilt das zu (5.) Gesagte entsprechend.
287(7.) Im Tatbestand ist die Email des Zeugen K im Wortlaut zitiert. Dort heißt es: „Es gibt sehr deutliche Attacken gegen Frau B und gegenüber weiteren Mitarbeitern wohl auch falsche Behauptungen und beleidigende Äußerungen […].“ Wie sich aus dem vom Klägerin diesbezüglich nicht angegriffenen Tatbestand ergibt, vertritt der Kläger selbst die Auffassung, dass diese Email eine zentrale Rolle für die von ihm angestrengten Klagen, Verfahren, Anzeigen etc. hatte. Wenn es in der Entscheidungsgründen nun heißt, „alle“ mit den besagten Verfahren in Verbindung stehenden Personen seien (zumindest) mit dem „plausibel vorgetragenen Verdacht [es sei zu Belästigungen gekommen] konfrontiert“ gewesen, so ist dies eine wertende Interpretation des Gerichts. Der Kläger hat im Übrigen bis zuletzt nicht vorgetragen, wer unter den Beteiligten nicht mit diesem besagten Verdacht konfrontiert gewesen sei.
288Der Kläger hat Recht, wenn er zu seinem Antrag zu 15 das folgende Ausführt: „Der Begriff „überziehen“ impliziert, dass die klägerische Partei häufig und exzessiv Gerichte nutzt, um Ansprüche geltend zu machen. Die Formulierung „überzogen“ deutet darauf hin, dass Anzahl oder Art der Verfahren als übertrieben oder unangemessen anzusehen sind.“ Unzutreffend ist dem gegenüber die Bemerkung des Klägers: „Damit handelt es sich um eine unzutreffende Tatsachenbehauptung“. Vielmehr geht es hier um eine von der erkennenden Kammer vorgenommenen Wertung. Ein Ausnahmefall, in dem Formulierungen in den Entscheidungsgründen der Tatbestandsberichtigung unterliegen, ist also mit dem Antrag zu 15 nicht gegeben.
289(8.) Dass der Umgang mit Sprengstoff eines medizinischen Unbedenklichkeitsattests bedarf, wenn Zweifel an diese Unbedenklichkeit im Raume stehen, wird vom Kläger nicht in Frage gestellt. Ob zu einem bestimmten Zeitpunkt im Labor mit Sprengstoff gearbeitet wird oder werden darf, ist für diese Frage irrelevant. Was in den Entscheidungsgründen „nicht hierher gehört“ ist eine Wertungsfrage des Gerichts. Ein Ausnahmefall, in dem Formulierungen in den Entscheidungsgründen der Tatbestandsberichtigung unterliegen, ist also mit dem Antrag zu 16 nicht gegeben.
290(9.) Zu der ab Seite 40 des Urteils in den Entscheidungsgründen aufgeworfenen Frage, ob der Kläger ein Opfer einer vorsätzlichen Erniedrigung oder fahrlässigen Verletzung durch die Beklagten sei, nimmt das Gericht im Rahmen der ihm aus § 286 ZPO zustehenden freien Beweiswürdigung unter anderem eine Wertung vor wie es zur Nichtverlängerung des Stipendiums und der Betreuungsvereinbarung gekommen ist. Ein Ausnahmefall, in dem Formulierungen in den Entscheidungsgründen der Tatbestandsberichtigung unterliegen, ist also mit dem Antrag zu 17 nicht gegeben.
291(10.) Das Gericht unterstellt die Theorien zur „Teamuhr“ und zur „Verlaufskurve des Integrationsprozesses“ nicht als zutreffend. Denn auf Seite 43 heißt es ausdrücklich „unabhängig von der Frage, ob diese Theorien als zutreffend erachtet werden können, …“. Die Ausführungen stehen unter dem Obersatz „… dass es im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen gibt …“. Ein Ausnahmefall, in dem Formulierungen in den Entscheidungsgründen der Tatbestandsberichtigung unterliegen, ist also mit dem Antrag zu 18 nicht gegeben.
292(11.) Ab Seite 44 des Urteils wird in den Entscheidungsgründen ausgeführt, „… ob und in welchem Umfang diejenige Person, die sich als Mobbingopfer sieht, die Verhaltensweise ihrer professionellen Umgebung provoziert hat.“ Bei dieser grundlegenden Frage geht es um den Kern der gerichtlichen Wertung. Das wird auf den folgenden Seiten ausgeführt. Der Kläger irrt, wenn er meint, es sei hier relevant, dass er „dies weder behauptet noch zugestanden“ habe. Relevant ist vielmehr, dass das Gericht nach ausführlicher Abwägung des Akteninhalts (4400 Seiten), dort insbesondere der beim Landgericht protokollierten Erklärungen der Zeuginnen und der Zeugen und auf der Grundlage des unmittelbaren Eindrucks des Klägers in der Verhandlung nach ausführlicher Abwägung im Rahmen der nach § 286 ZPO gebotenen freien Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der Kläger lügt, wenn er behauptet, die vom Landgericht protokollierten Darstellungen der Zeuginnen und Zeugen seien unrichtig. Die Zusammenfassung auf der Seite 44 des Urteils ergibt sich zu großen Teilen aus diesen beim Landgericht protokollierten Erklärungen. Warum die hier erkennende Kammer von einer Wiederholung der Beweisaufnahme abgesehen hat, wird auf den Seiten 46 ff der Entscheidungsgründe erläutert. Ein Ausnahmefall, in dem Formulierungen in den Entscheidungsgründen der Tatbestandsberichtigung unterliegen, ist also mit dem Antrag zu 19 nicht gegeben.
293(12.) Mit dem Antrag zu 20 begehrt der Kläger die Streichung des Kerns der gerichtlichen Wertung. Ein Ausnahmefall, in dem Formulierungen in den Entscheidungsgründen der Tatbestandsberichtigung unterliegen, ist also mit dem Antrag zu 20 nicht gegeben.
294(13.) Gleiches gilt für den Antrag zu 21. Auf die Ausführungen zu (11.) wird verwiesen.
295(14.) Gleiches gilt für den Antrag zu 22. Der Kläger rügt hier die Subsumtion des Gerichts unter § 138 ZPO. Vor allem diese ist einem Tatbestandsberichtigungsantrag gemäß § 320 ZPO entzogen.
296(15.) Zum Antrag zu 23 ist die Auffassung des Klägers richtig, dass mit den Entscheidungsgründen angenommen wird, der Arzt stehe „im Lager der klägerischen Partei“. Das entspricht den vier klassischen medizinethischen Prinzipien und ist darüber hinaus eine wertende Entscheidung des Gerichts. Ein Ausnahmefall, in dem Formulierungen in den Entscheidungsgründen der Tatbestandsberichtigung unterliegen, ist also mit dem Antrag zu 23 nicht gegeben.
297(16.) Der Kläger hat sich mit seinem Doktorvater überworfen; auf Bl. 2509 der Akte wurde bereits Bezug genommen. Dass der Kläger versucht hätte, mit dem Zweitbetreuer die Dissertation fortzuführen, hat der Kläger nicht vorgetragen, auch nicht, dass er sich einen neuen Doktorvater gesucht und auch nicht, dass er ein neues Dissertationsthema gefunden hätte. Der Schlusssatz „… dem könnte bereits die notwendige Ausdauer für wissenschaftliches Arbeiten fehlen“ ist eine wertende Betrachtung des Gerichts. Ein Ausnahmefall, in dem Formulierungen in den Entscheidungsgründen der Tatbestandsberichtigung unterliegen, ist also mit dem Antrag zu 24 nicht gegeben.
298b. Auf die Anträge zu 1 bis 6, die tatsächlich den Tatbestand des Urteils betreffen, war das Urteil gleichfalls nicht abzuändern.
299(1.) Die Beklagte hat dem Kläger eine Verlängerung des Stipendiums nicht angeboten. Mit dieser Aussage ist der Tatbestand richtig. Der Kläger begehrt mit seinem Antrag eine Ergänzung: „…trotz Erfüllen der Voraussetzungen …“. Mit Blick auf § 314 ZPO und § 313 Abs. 2 und 3 ZPO ist hier weder eine „Auslassung noch eine Dunkelheit im Sinne des § 320 ZPO zu erkennen.
300(2.) Die Vereinbarung, dass die Beklagte die im Raume stehenden Vorwürfe verschriftlichen und dem Kläger die Möglichkeit einräumen werde, hierauf schriftlich Stellung zu nehmen, ist unstreitig. Mit der Formulierung „dass die Beklagte die Stellungnahmen der Mitarbeiter dem Kläger zur Verfügung stellt und dem Kläger die Möglichkeit einräumen werde, hierauf schriftlich Stellung zu nehmen“ ist eine vom Kläger erbetene Ergänzung, die aber weder auf einer Auslassung noch auf einer Dunkelheit im Sinne des § 320 ZPO beruht.
301(3.) Der Kläger hat im falschen Rechtsweg die Klagen vor dem Landgericht erhoben. Ob dies durch seinen Anwalt geschehen ist, ist wegen § 85 ZPO nicht relevant.
302(4.) Der Kläger erstattete gegen Frau B Strafanzeige wegen Schädigung seines Rufes. Der Tatbestand ist an dieser Stelle nicht falsch. Bei der üblen Nachrede geht es um nichts anderes.
303(5.) Die Tatsache, dass sich die Kündigung gemäß § 168 SGB IX als unwirksam erwies, ist richtig. Deshalb hat die Beklagte die Kündigung zurückgenommen. Letzteres muss aber mit Blick auf § 314 ZPO und § 313 Abs. 2 und 3 ZPO nicht in den Tatbestand aufgenommen werden. Hier ist weder eine „Auslassung“ noch eine „Dunkelheit“ im Sinne des § 320 ZPO zu erkennen.
304(6.) Die Formulierung „… ergibt sich schon aus dem jeweiligen Tenor und der jeweiligen Kostenquote eine weitgehende Erfolglosigkeit des Klägers, auch wenn der Kläger dies subjektiv anders empfinden mag...“ ist richtig. Auf die obigen Ausführungen zu 2 a (3.) wird Bezug genommen. Eine Tatbestandsberichtigung kommt daher nicht in Betracht.
305Nach alldem war der Antrag auf Tatbestandsberichtigung zurückzuweisen. Eine Anfechtung des vorliegenden Beschlusses findet gemäß §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 320 Abs. 4 Satz 4 ZPO nicht statt.