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Zum Begriff des Konkurrenzunternehmens
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 27.09.2023, Az. 4 Ca 441/23, wird zurückgewiesen.
2. Der von der Beklagten gestellte Auflösungsantrag wird zurückgewiesen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
2Die Parteien streiten zweitinstanzlich noch über die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung vom 22.03.2023, über einen widerklagend geltend gemachten Auskunftsanspruch sowie über einen Auflösungsantrag der Beklagten.
3Der am 1980 geborene, verheiratete Kläger ist seit dem 01.05.2010 bei der Beklagten zuletzt (seit 2014) als Produktionsleiter beschäftigt. Die durchschnittliche Vergütung des Klägers beträgt monatlich etwa 9.473,00 €. Bei der Beklagten sind regelmäßig rund 220 Mitarbeiter ausschließlich der zur Ausbildung Beschäftigten tätig.
4Die Beklagte gehört zum amerikanischen A-Konzern. Sie entwickelt hochwertige Kabelsysteme für die Bereiche der Medizin-, Industrie- und Wehrtechnik. Auf ihrer Homepage benennt sie als Produktgruppen Stecker-/ und Kabelsysteme für jede Anwendung, das „R-Stecker-System RS“, Finewire-Drähte, Hybridkabel/Lichtwelle,Silikonkabel-Systeme sowie PCB-Lösungen mit integrierten Leiterplatten im Stecker. Im Handelsregister wird als Gegenstand des Unternehmens die Herstellung von medizinischen Kabeln und Zubehör genannt (Bl. 101 d. Akte 1. Instanz).
5Der Kläger wurde während eines vorhergehenden Rechtsstreits über eine mittlerweile rechtskräftig für unwirksam erklärte Kündigung vom 29.03.2022 im Rahmen einer Prozessbeschäftigung seit dem 17.02.2023 zur Vermeidung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen weiterbeschäftigt. Im Rahmen eines Personalgesprächs am 17.02.2023 forderte die Beklagte den Kläger auf, genaue Angaben zu seinen Stammdaten und insbesondere zu etwaigen Tätigkeiten zu machen. Sie setzte ihm zunächst eine Erklärungsfrist bis zum 22.02.2023 bzw. bis zum 24.02.2023. Der Kläger verwies darauf, dass sich seit seinem letzten Tätigwerden für die Beklagte nichts verändert habe. Weitergehende Angaben machte er nicht.
6Die Ehefrau des Klägers ist Inhaberin der AX C GmbH (im Folgenden Ax). Laut Handelsregister ist Gegenstand des Unternehmens die Konfektionierung von Kabeln-, Steckverbindungen, der Handel mit diesen Produkten, ferner der Im- und Export und Handel mit Waren aller Art (Bl. 98 d. Akte 1. Instanz). Gemäß dem Leistungsüberblick auf der Homepage des Unternehmens bietet die Ax Montagearbeiten, die Kabelkonfektion, die Demontage von Baugruppen und Konfektionen, die Reparatur und die Nachbearbeitung von Produkten an. Dabei richtet sie ihre Prozesse standardmäßig gemäß den aktuellen IPC/WHMA-A620 aus.
7Am 06.03.2023 schickte der Kläger eine E-Mail mit dem Betreff „ax" an den geschäftlichen E-Mail-Account eines zwischenzeitlich ausgeschiedenen Mitarbeiters der Beklagten, Herrn K W. Diese E-Mail enthielt zwei Businesspläne, die die Ax zum Gegenstand hatten: Einen Plan der C Unternehmensberatung vom 31.01.2022 und einen Businessplan (offensichtlich der Ehefrau des Klägers) zur Unternehmensnachfolge AX-C für den Planungszeitraum April 2022 bis Dezember 2025 (Bl. 108 ff und 121 ff d.Akte 1. Instanz). In beiden Businessplänen ist der Kläger in der Rubrik „Team und Partner" beziehungsweise „Gründer*innen und Team" genannt. In dem ersten Bericht heißt es auf Seite 6: „Frau Kri wird durch ihren Ehemann unterstützt". Auf Seite 13 findet sich im zweiten Bericht die Formulierung „fachkundiges Inhaberehepaar". Nach dem 2. Plan sollen 4 Aushilfen in dem Betrieb tätig werden.
8Am 13.03.2023 fand ein Anhörungsgespräch zu dieser Thematik statt, in dem der Kläger befragt wurde, ob er einer Nebentätigkeit bei der Ax nachgehe. Dies verneinte der Kläger und verwies darauf, er habe weiterhin lediglich das der Beklagten schon bekannte Nebengewerbe C C (Fahrradhandel). Hinsichtlich seiner Tätigkeit habe sich nichts verändert und er sei nicht bei der Ax aktiv.
9Mit Schreiben vom 14.03.2023 hörte die Beklagte den Betriebsrat zur beabsichtigten fristlosen, hilfsweise ordentlichen Tat- und Verdachtskündigung an (Bl. 127ff d.A. 1. Instanz). Der Betriebsrat nahm mit Schreiben vom 15.03.2023 am 16.03.2023 dergestalt Stellung, dass er der beabsichtigten Kündigung nicht zustimmte. Mit Schreiben vom 22.03.2023 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31.07.2023 (Bl. 29 d.A. 1. Instanz).
10Am 23.10.2023 wurde dem Kläger im Rahmen einer Prozessbeschäftigung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung der Arbeitsplatz im Büro Werk 2 zugewiesen mit der Aufforderung, dort auf Weisungen zu warten und nicht in die Produktion einzugreifen (Bl. 160 d.A.). Gleichzeitig wurde ihm der Arbeitsauftrag erteilt, die Planung für eine Automatisierung im Fertigungsprozess zu übernehmen und bis zum 03.11.2023 mindestens drei Konzepte als Power-Point-Präsentation vorzulegen (Bl. 120 f d.A.). Der Kläger erklärte, ohne Rücksprache mit dem Geschäftsführer und ohne Einbeziehung der Prozessbeteiligten und Lieferanten die Aufgabe nicht erfüllen zu können. Am 24.11.2023 überreichte der Kläger einen USB-Stick mit den nach seinen Worten ersten Arbeiten. Die Beklagte setzte dem Kläger mehrfach Nachfristen und mahnte ihn wegen Nichterfüllung der Aufgabe am 26.01.2024 und 15.05.2024 ab (Bl. 366 ff d.A.). Im Mai 2024 stellte der Kläger Dokumente mit Ergebnissen in einen öffentlichen Austauschordner der Beklagten ein.
11Mit Anweisung vom 22.01.2024 legte die Beklagte dem Kläger die Pflicht auf, ein digitales detailliertes Stundentagebuch seit dem 01.12.2023 zu führen und dieses jeden Freitag abzugeben (Bl. 399 d.A.). Wegen Nichterfüllung sowie verspäteter Erfüllung wurde der Kläger am 31.01.2024 sowie 07.06.2024 abgemahnt (B. 400 ff d.A.).
12Am 13.03.2024 erteilte die Beklagte die Arbeitsanweisung, unverzüglich mit der Produktionsplanung für die Linienfertigung „S LP“ zu beginnen (Bl. 127 d.A.). Hierzu entwickelte sich eine E-Mail-Korrespondenz zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten (Bl. 372 ff d.A.). Am 13.05.2024 übergab der Kläger ein Konzept. Am 24.04.2024, 15.05.2024 sowie 06.06.2024 mahnte die Beklagte den Kläger wegen Nichterfüllung der Aufgabe ab und setzte eine Nachfrist zur Übergabe der Ausarbeitung bis zum 12.06.2024 (Bl. 381 ff d.A.).
13Ab dem 29.04.2024 sollte der Kläger die Produktionsleitung für das Werk 3 übernehmen und wöchentliche Berichte sowie zeitnahe Rückmeldungen zu Produktionsaufträgen geben (Bl. 387 f d.A.). Wegen Nichterfüllung des Reportings und der Rückmeldung von Produktionsaufträgen mahnte die Beklagte den Kläger am 06.06.2024 ab und setzte eine Nachfrist bis zum 10.06.2024 (Bl. 391 ff d.A.). Am 14.06.2024 sandte der Kläger eine E-Mail mit Angaben zum Status im Werk 3 an den Geschäftsführer.
14Wegen fehlender Übergabe an seine Vertreter für seine Urlaube vom 16. bis 24.05.2024 sowie 31.05. bis 02.06.2024 mahnte die Beklagte den Kläger am 27.05.2024 sowie am 06.06.2024 ab (Bl. 441f und 444f d.A.).
15Am 07.06.2024 führten die Parteien ein Personalgespräch, in dem dem Kläger die Abmahnungen vom 06. und 07.06.2024 übergeben wurden.
16Am 21.06.2024 kündigte die Beklagte erneut das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Gegen diese Kündigung ist beim Arbeitsgericht Siegburg ein weiteres Kündigungsschutzverfahren anhängig.
17Mit seiner am 05.04.2023 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Feststellung der sozialen Unwirksamkeit der Kündigung vom 22.03.2023, seine Weiterbeschäftigung sowie ein Zwischenzeugnis begehrt und behauptet, zu keiner Zeit eine nicht genehmigte oder nicht angezeigte Nebentätigkeit betrieben zu haben. Bereits vor Jahren sei ihm die Nebentätigkeit mit einem Fahrradhandel genehmigt worden. Diese übe er derzeit jedoch nicht aus. Im Übrigen habe er nie nebenberuflich auf eigene Rechnung für andere Unternehmen Beratertätigkeiten ausgeübt. Soweit die Beklagte ein Gespräch mit Herrn Wa Ende Januar 2022 über Schulungen von Mitarbeitern schildere, habe er damals gesagt, dass er die Wichtigkeit von Schulungen auch gegenüber Kunden der Beklagten betone, die er im Auftrag der Beklagten beraten habe.
18Bei dem Unternehmen seiner Frau handele es sich um kein Konkurrenzunternehmen der Beklagten. Die Beklagte stelle Medizinprodukte her und sei mehrfach zertifiziert. Die Ax sei nicht in der Lage, qualifizierte Zeichnungen bzw. Konstruktionen anzufertigen.
19Er sei zudem nicht in dem Betrieb seiner Ehefrau tätig. Natürlich beantworte er seiner Frau Fragen, die sie ihm stelle und unterstütze sie durch gelegentliche Gefälligkeitsdienste.
20Er selbst habe die mit der E-Mail versendeten Businessplänen nicht erstellt und weder sei es seine Absicht gewesen, in diesen aufzutauchen, noch sei ihm das konkret bewusst gewesen. Allein die Erwähnung seines Namens in einem Businessplan führe jedoch nicht dazu, dass er tatsächlich bei der Ax tätig sei. Diese Businesspläne habe er dem Kollegen W auf dessen Wunsch geschickt, weil er gefragt worden sei, wie man solche Businesspläne erstelle.
21Der Kläger hat beantragt,
221. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 22.03.2023 aufgelöst worden ist;
2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den Beendigungszeitpunkt hinaus fortbesteht;
3. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie auf Führung und Leistung erstreckt;
4. hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, ihn für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu 1.) zu den arbeitsvertraglich geregelten Arbeitsbedingungen als Produktionsleiter zu einem monatlichen Gehalt von durchschnittlich 9.473, 23 € bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen.
29Die Beklagte hat beantragt,
30die Klage abzuweisen.
31Widerklagend hat sie beantragt,
321. den Kläger zu verurteilen, ihr Auskunft darüber zu erteilen über sämtliche Nebentätigkeiten, die er entgeltlich oder unentgeltlich, selbstständig oder im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, im Zeitraum vom 01.01.2019 bis 31.08.2023, hilfsweise vom 01.01.2022 bis 31.08.2023, höchst hilfsweise vom 30.03.2022 bis 31.08.2023 für einen Dritten ausgeübt hat unter Angabe des Zeitraums, des zeitlichen Umfangs, des konkreten Auftraggebers beziehungsweise Arbeitgebers und Benennung der erbrachten Tätigkeiten;
332. den Kläger zu verurteilen, ihr Auskunft über das von ihm im Zeitraum vom 01.01.2019 bis 31.08.2023, hilfsweise vom 01.01.2022 bis 31.08.2023, höchst hilfsweise vom 30.03.2022 bis 31.08.2023 erzielte Einkommen - auch den Erhalt öffentlich-rechtlicher Leistungen - zu erteilen durch Vorlage von Entgeltabrechnungen aus abhängiger Beschäftigung, Bewilligungsbescheiden der Agentur für Arbeit und für den Fall selbständiger Tätigkeit Vorläge der maßgebenden Einkommensteuerbescheide sowie von ihm für die Zeit im Zeitraum vom 01.01.2019 bis 31.08.2023, hilfsweise vom 01.01.2022 bis 31.08.2023, höchst hilfsweise vom 30.03.2022 bis 31.08.2023 gestellte Rechnungen;
343. den Kläger zu verurteilen, die Vollständigkeit und Richtigkeit der von ihm zu erteilenden Auskünfte hinsichtlich des Antrags zu 1.) und hinsichtlich des Antrags zu 2.) an Eides statt zu versichern.
35Der Kläger hat beantragt,
36die Widerklage abzuweisen.
37Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die ausgesprochene Kündigung wegen des Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot sowie gegen das arbeitsvertragliche Nebentätigkeitsverbot wirksam sei. Sie hat behauptet, der Kläger habe in Gesprächen im Rahmen zweier Treffen am 15.01.2023 und 24.01.2023 gegenüber dem Geschäftsführer Ra erklärt, dass er unter anderem in dem Unternehmen seiner Ehefrau tätig sei. Hierbei handele sich um ein Konkurrenzunternehmen von ihr. Die Ax bediene genau wie sie unter anderem die Geschäftsbereiche/Geschäftsfelder „Verarbeitung von Kabeln" sowie „Konfektion von Kabeln und Steckverbindungen". Auch würden in der Firma Maschinen eingesetzt, die vergleichbar mit ihren seien. Zudem habe der Kläger gegenüber dem Geschäftsführer in den Gesprächen erklärt, dass er andere Unternehmen dabei berate, wie sie gewisse Produktionsprozesse optimieren könnten.
38In einem Gespräch Ende Januar 2022 habe der Kläger im Rahmen einer Unterhaltung mit Herrn Wa über die Notwendigkeit von Schulungen erklärt, die Wichtigkeit solcher Schulungen würde er stets in seiner Beratertätigkeit in der Vergangenheit bei anderen Firmen betonen.
39Aufgrund dieser Erklärungen sei der Kläger aufgefordert worden, genauere Angaben zu seinen Stammdaten und etwaigen Nebentätigkeiten zu machen. Dies habe er verweigert.
40Der Kläger habe jedenfalls entsprechend den arbeitsvertraglichen Regelungen einer Genehmigung für die Nebentätigkeit bei der Ax bedurft, die von ihr nie erteilt worden wäre, da diese Tätigkeit ihre Interessen erheblich beeinträchtige.
41Die Beklagte ist weiter der Auffassung gewesen, dass auch die Widerklage begründet sei. Der Antrag zu 1.) diene dazu, das Ob und den Umfang einer konkurrierenden, wettbewerbswidrigen Tätigkeit festzustellen. Der Antrag zu 2.) diene der Klärung, ob und wenn ja, welche finanziellen Gegenleistungen der Kläger für diese Tätigkeit von Dritten erhalten habe.
42Mit Urteil vom 27.09.2023 hat das Arbeitsgericht Siegburg der Klage (bis auf den allgemeinen Fortbestehensantrag) stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Dies hat es im Wesentlichen mit einer Unwirksamkeit der sowohl fristlosen als auch ordentlichen Kündigung mangels Darlegung eines Wettbewerbsverstoßes oder eines Verstoßes gegen das Nebentätigkeitsverbot begründet. Für die Widerklage sei zwar aufgrund des behaupteten Wettbewerbsverstoßes das Rechtsschutzbedürfnis gegeben, da der Kläger jedoch Auskunft erteilt habe, sei der Anspruch erfüllt.
43Gegen das der Beklagten am 30.10.2023 zugestellte Urteil richtet sich deren am 30.11.2023 eingegangene Berufung, die sie am 31.01.2024 innerhalb der bis zum 02.02.2024 verlängerten Begründungsfrist unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags im Wesentlichen wie folgt begründet:
44Das erstinstanzlich titulierte Zwischenzeugnis sei zwischenzeitlich erteilt worden.
45Bereits der Umstand, dass die Ax laut ihrer Angabe auf der Homepage ihre Prozesse standardmäßig gemäß den aktuellen IPC/WHMA-A620 ausrichte, spreche für eine Tätigkeit des Klägers in diesem Unternehmen, da nur er entsprechend zertifiziert sei. Die Ehefrau des Klägers könne als ausgebildete Steuerfachangestellte und Bilanzbuchhalterin die Ax nicht alleine betreiben.
46Weil der Kläger seine Tätigkeit bei der Ax und die Beratung anderer Unternehmen dahingehend, wie sie gewisse Produktionsprozesse optimieren können, in den beiden Gesprächen am 15.01. und 24.01.2023 gegenüber dem Geschäftsführer angegeben habe, sei er um genauere Angaben zu seinen Stammdaten und insbesondere zu einer etwaigen Nebentätigkeit befragt worden. Hierzu habe der Kläger die Auskunft verweigert.
47Die Beklagte ist der Auffassung, dass ihr wegen des hinreichenden Verdachts der Verletzung des Wettbewerbsverbots die widerklagend geltend gemachten Auskunftsansprüche zustehen.
48Das gesamte Verhalten des Klägers zeige zudem, dass dieser nicht mehr bereit sei, mit der Beklagten konstruktiv und verantwortungsvoll zusammenzuarbeiten, so dass das Arbeitsverhältnis jedenfalls aufzulösen sei.
49So habe der Kläger seine Arbeit beharrlich verweigert. Er habe den ihm erteilten Arbeitsauftrag vom 23.10.2023 „Planung für eine Automatisierung im Fertigungsprozess“ trotz mehrerer Abmahnungen nicht erfüllt. Die von ihm im November 2023, Januar 2024 sowie Mai 2024 gelieferten Ergebnisse seien verspätet gewesen und hätten den Anforderungen nicht genügt. Gleiches gelte für den am 13.03.2023 erteilten Auftrag „Produktionsplanung für die Linienfertigung „S LP“. Auch hier habe der Kläger trotz Abmahnungen verspätet nur ein rudimentäres Konzept abgegeben.
50Schließlich habe der Kläger seine ihm ab dem 29.04.2023 übertragene Aufgabe, die Produktionsleitung für das Werk 3 zu übernehmen und wöchentliche Berichte sowie zeitnahe Rückmeldungen zu Produktionsaufträgen zu geben, nicht erfüllt. Infolge von in der Verantwortung des Klägers nicht ordnungsgemäß geplanten und verbuchten Materialien sei der Beklagten ein wirtschaftlicher Schaden entstanden. In der Verantwortungszeit des Klägers habe es in der KW 20 zudem einen Bearbeitungsfehler an einem Produkt durch einen Mitarbeiter gegeben, wodurch die Ausbringungsmenge in dieser Woche deutlich nach unten gegangen sei. Dies sei von dem Kläger weder an die Geschäftsführung gemeldet noch seien von ihm Korrekturmaßnahmen eingeleitet worden, um zukünftige Fehler zu vermeiden.
51Insgesamt sei der Kläger seiner Pflicht zu Reportings in Form von Wochenberichten und zur Rückmeldung von Produktionsaufträgen trotz mehrerer Abmahnungen nicht nachgekommen. Die verspäteten Angaben in der E-Mail vom 14.06.2024 seien äußerst rudimentär gewesen und entsprächen nicht den Vorgaben des Schreibens vom 25.04.2024.
52Die sich aus dieser Anweisung ergebende Aufgabe, sich um die „tägliche Aktualisierung der lnfobildschirme in Bezug auf Ausbringungsmengen & Planung“ zu kümmern, habe der Kläger ebenfalls nicht erfüllt. Mitte Mai sei bei ihm nachgefragt worden, warum die Bildschirme nicht in Funktion seien. Hierauf habe der Kläger erst am 05.06.2024 mitgeteilt, dass sich die Geräte aufgrund eines IT-Problems selbst ausschalteten, und erst danach die IT-Abteilung eingeschaltet, die das Problem schnell behoben habe.
53Seiner ihm mit Anweisung vom 22.01.2024 auferlegten Pflicht, detaillierte Stundenprotokolle zu führen und diese jeden Freitag abzugeben, sei der Kläger entweder gar nicht oder zu spät und unzureichend nachgekommen.
54Des Weiteren habe der Kläger seine Verschwiegenheitspflicht verletzt. Er habe trotz der Anweisung, die Sache vertraulich zu behandeln, seine Präsentation zu der Automatisierung im Fertigungsprozess im Januar 2024 dem Mitarbeiter G gezeigt und sich mit ihm hierzu ausgetauscht.
55Auch hinsichtlich des Auftrags zur Linienfertigung „S LP“ sei der Kläger um Vertraulichkeit gebeten worden. Dennoch habe er den Betriebsrat ab dem 10.04.2024 in seiner Email-Korrespondenz mit dem Geschäftsführer ins „cc“ gesetzt und zwei Mitarbeiterinnen während ihrer Arbeitszeit Fragen gestellt.
56Der Kläger habe die interne Kommunikation aufgrund fehlender bzw. verspäteter Rückmeldungen auf Anfragen des Geschäftsführers, aufgrund von Nichteinhalten von Fristen und aufgrund der fehlenden Urlaubsübergaben für seine beiden Urlaube vom 16.05. bis 24.05. sowie vom 31.05. bis 02.06.2024 gestört. Seine Antwort „Immer ehrlich, legal und vertrauensvoll“ auf die Frage des Geschäftsführers, warum er den Betriebsrat ins „cc“ setze, sei provokant.
57Die Vertrauensgrundlage sei auch durch den wahrheitswidrigen Vortrag des Klägers im Zwangsvollstreckungsverfahren zerstört. So habe er unter anderem im Rahmen der sofortigen Beschwerde behauptet, er habe seine Arbeitsaufgabe vom 23.10.2023 am 03.11.2023 erledigt und sei ab dem 06.11.2023 in keiner Weise mehr beschäftigt worden. Tatsächlich habe der Kläger selbst vorgetragen, die ersten Ergebnisse am 24.11.2023 übergeben zu haben. In seinem Schriftsatz vom 28.03.2024 habe der Kläger behauptet, ihm werde der Zugang zur Produktion und den nötigen Arbeitsmitteln versagt und er habe den Auftrag vom 13.03.2024 soweit möglich erfüllt. Tatsächlich habe der Kläger die Produktion mehrfach aufgesucht und habe erst am 13.05.2024 ein rudimentäres Konzept überreicht.
58Auch das Prozessverhalten des Klägers im Rahmen des neuen Kündigungsschutzverfahrens vor dem Arbeitsgericht Siegburg habe die Vertrauensgrundlage zerstört. Der Klägervertreter habe während des Gütetermins erklärt, die Beklagte habe vorsätzlich keine Arbeitsbescheinigung bei der Arbeitsagentur eingereicht, um dem Kläger zu schaden. Dieser Vorwurf sei aus der Luft gegriffen, wie die E-Mail-Korrespondenz zwischen Kläger und Beklagten vom 03.07. bis 17.09.2024 zeige.
59Zudem habe der Klägervertreter ausgeführt, der Geschäftsführer habe Mitarbeiter dazu getrieben bzw. angestiftet, falsche Aussagen gegen den Kläger zu treffen. Konkret habe Herr Ra „Kopfgeldprämien“ dafür ausgelobt, wenn jemand irgendetwas Belastendes gegen den Beklagten oder Herrn Kl beschafft. Herrn Dr. Wa sei gekündigt worden, weil der die Vorgehensweise der Beklagten abgelehnt habe. Hierzu habe er eine entsprechende eidesstattliche Versicherung von Herrn Dr. Wa, ihrem früheren Personalleiter vorgelegt (Bl. 517 d.A.). Der Kläger habe sich damit die Darstellung von Herrn Dr. Wa zu eigen gemacht und der Beklagen Lügen und frei erfundene Sachverhalte, mithin Straftaten vorgeworfen. Die Darstellungen von Herrn Dr. Wa seien unzutreffend.
60Bereits in den Jahren 2019 bis 2022 habe der Kläger in regelmäßigen Abständen Mitarbeiter und andere Abteilungsleiter grundlos angeschrien und aus Wut ein Mobiltelefon geworfen.
61Mit Schreiben vom 29.04.2024 hat die Beklagte die Berufung hinsichtlich der Ziffer 3 des angegriffenen Urteils, dem Weiterbeschäftigungsantrag, zurückgenommen.
62Die Beklagte beantragt nunmehr,
631. das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 27.09.2023, Az. 4 Ca 441/23 teilweise abzuändern und die auf Feststellung gerichtete Klage, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 22.03.2023 nicht aufgelöst worden ist, sowie die auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses gerichtete Klage abzuweisen;
642. das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 27.09.2023, Az. 4 Ca 441/23 dahingehend abzuändern, dass der Widerklage mit den Anträgen zu 1. – 3. - vollumfänglich stattgegeben wird;
65hilfsweise,
66das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zum Ablauf des 31.07.2023 aufzulösen.
67Der Kläger beantragt,
68die Berufung sowie den Auflösungsantrag zurückzuweisen.
69Er behauptet, seine Ehefrau sei nicht auf seine Unterstützung für ihr Unternehmen angewiesen. Sie sei vereinbarungsgemäß durch den Firmenvorgänger eingearbeitet worden und habe zwei Mitarbeiter übernommen, die sie angelernt hätten.
70Er behauptet, soweit er in den Gesprächen mit dem Geschäftsführer am 15. und 24.01.2024 geäußert habe, dass er Unternehmen zur Optimierung von Produktionsprozessen berate, habe sich das auf Kundenunternehmen der Beklagten bezogen. Er habe nie nebenberuflich eine Beratertätigkeit für andere Unternehmen ausgeführt.
71Der Kläger hält den Auflösungsantrag für rechtsmissbräuchlich, da die Beklagte die von ihr angeführten Auflösungsgründe selbst herbeigeführt oder provoziert habe.
72Hinsichtlich des Arbeitsauftrags vom 23.10.2023 habe er Klärungsbedarf gehabt und mit E-Mail vom 28.11. sowie 08.12.2023 um eine Besprechung gebeten. Auch hinsichtlich der Aufgabe vom 13.03.2024 hätten ihm notwendige Informationen zu weiteren Projektbeteiligten sowie Daten und Unterlagen gefehlt. Die Produktionsleitung des Werks 3 sei ohne Zugriff auf die Programme „Sage“ und „Phönix“ sowie die Warenwirtschaft erschwert gewesen. Die Pflicht zur Übermittlung eines wöchentlichen Berichts sei eine reine Schikane der Beklagten, die er vor Ausspruch der Kündigung nicht haben erfüllen müssen. Er sei in den neuen Produktionsbereich nicht eingearbeitet worden. Es habe während seiner Abwesenheit zahlreiche Umstrukturierungen und Veränderungen in den Arbeitsabläufen gegeben. Trotz Bitten sei er nicht in die Datengrundlage eingewiesen worden.
73Soweit ihm der Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht vorgeworfen werde, habe er die beiden Mitarbeiterinnen lediglich gebeten, ihm ihre Arbeitsanweisungen zu zeigen.
74Die Erstellung der Stundenprotokolle sei ebenfalls als eine Schikane der Beklagten zu werten, die von niemanden als ihm und dem ebenfalls gekündigten Kollegen Kl verlangt werde. Dennoch sei er dieser Pflicht nachgekommen.
75Er habe vor seinen Urlauben eine Übergabe an seine Teamleiter entweder telefonisch oder per WhatsApp vorgenommen und habe mit diesen auch während seines Urlaubs in Kontakt gestanden.
76Soweit die Beklagte sein prozessuales Verhalten als Auflösungsgrund anführe, sei dieses durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen gedeckt.
77Am 06.11.2023 hat der Kläger einen Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgelds wegen Nichterfüllung des erstinstanzlich titulierten Weiterbeschäftigungsanspruchs beantragt. Nach einer Zurückweisung des Antrags mit Beschluss vom 02.01.2024 und einer hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde hat das Landesarbeitsgericht am 11.03.2024 ein Zwangsgeld festgesetzt und dies damit begründet, dass die Beklagte die Beschäftigungspflicht bisher nicht erfüllt habe, da sie dem Kläger keinen Email-
78Account eingerichtet und keinen Zugriff auf ihren Server gewährt habe (Bl. 106 ff d.A.).
79Mit Beschluss vom 18.04.2024 hat das Landesarbeitsgericht die von der Beklagten beantragte Einstellung der Zwangsvollstreckung zurückgewiesen, da die Beklagte dem Beschäftigungsanspruch des Klägers als Produktionsleiter nicht mit der Zuweisung singulärer Aufgaben nachkomme (Bl. 254 ff d.A.).
80Im Kammertermin vom 06.11.2024 haben die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich des Zwischenzeugnisses übereinstimmend für erledigt erklärt.
81Auf Befragen hat der Geschäftsführer der Beklagten hinsichtlich der hergestellten Produkte Folgendes erläutert: seine Firma stelle eine große Bandbreite an Kabeln und Steckern her; es gebe Produkte mit hoher, aber auch solche mit geringer Komplexität. Diese Produkte mit geringerer Komplexität, wie sie auch die AX C GmbH herstelle, generierten einen Umsatz in Höhe von ca. 750.000,00 € bis 1,5 Mio. € Umsatz im Jahr bei einem Gesamtumsatz der Firma von ca. 37 Mio. €.
82Der Kläger hat hierzu erklärt, dass seiner Auffassung nach die Beklagte sehr spezifizierte Produkte herstellt, die im Übrigen auch häufig zertifiziert sein müssten, und dass sie sich die einfachen Komponenten liefern lasse. In diesem Zusammenhang sei er von dem Geschäftsführer einmal angesprochen worden, ob die Firma seiner Frau die Beklagte beliefern könne.
83Hierzu hat der Geschäftsführer ergänzt, es sei im Rahmen des Gesprächs nicht nur um den Ersatz eines Lieferanten gegangen, sondern auch um die Auslagerung von Produktionsprozessen, da sie damals Kapazitätsprobleme gehabt hätten.
84Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
85E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
86I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
87II. Die Berufung ist nicht begründet.
88Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage gegen die fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung vom 22.03.2023 zurecht stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Der zweitinstanzlich erstmals geltend gemachte Auflösungsantrag der Beklagten war ebenfalls zurückzuweisen.
891. Die Kündigung vom 22.03.2023 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien weder außerordentlich fristlos noch ordentlich fristgerecht aufgelöst. Die Beklagte hat keinen Grund dargelegt, der die Kündigung gem. § 626 BGB oder § 1 KSchG rechtfertigt.
90a) Die Kündigung vom 19.02.2021 ist nicht gem. § 626 BGB gerechtfertigt. Ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB liegt nicht vor. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist der Beklagten nicht unzumutbar.
91aa) Die Kündigung gilt zunächst nicht gemäß §§ 7, 4 Satz 1, 13 Abs. 1 KSchG als wirksam. Der Kläger hat seine Klage am 05.04.2023 rechtzeitig innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung, frühestens am 22.03.2023, eingereicht.
92bb) Nach § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände "an sich" und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile – ebenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – zumutbar ist oder nicht (BAG, Urteil vom 13.12.2018 – 2 AZR 370/18 -, Rn. 15, m.w.N., juris; Urteil vom 17.03.2016 – 2 AZR 110/15 –Rn. 17, juris).
93Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Dabei lassen sich die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumindest bis zum Ende der Frist für eine ordentliche Kündigung zumutbar war oder nicht, nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Sie scheidet aus, wenn es ein „schonenderes“ Gestaltungsmittel - etwa Abmahnung, Versetzung, ordentliche Kündigung - gibt, das ebenfalls geeignet ist, den mit einer außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - nicht die Sanktion des pflichtwidrigen Verhaltens, sondern die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisses - zu erreichen (BAG, Urteil vom 23.08.2018 - 2 AZR 235/18 - Rn. 40, juris; Urteil vom 29.06.2017 - 2 AZR 302/16 - Rn. 27, juris). Der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers ist im Rahmen der Interessenabwägung insbesondere hinsichtlich einer möglichen Wiederholungsgefahr von Bedeutung. Je höher er ist, desto größer ist diese (BAG, Urteil vom 16.08.1991 - 2 AZR 604/90 -, Rn. 45, juris).
94Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Ordentliche und außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzen deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Einer solchen bedarf es nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (BAG, Urteil vom 13.12.2018 – 2 AZR 370/18 -, Rn. 29 f, juris; Urteil vom 29.06.2017 - 2 AZR 302/16 - Rn. 28, juris; Urteil vom 20.11.2014 - 2 AZR 651/13 - Rn. 22, juris).
95Die Verletzung eines für die Dauer des Arbeitsverhältnisses bestehenden Wettbewerbsverbotes kann an sich einen wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB darstellen, wobei es bei einer Pflichtverletzung in diesem Bereich regelmäßig keiner Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung bedarf (BAG, Urt. v. 23.10.2014 – 2 AZR 644/13, Rn. 27 f, juris; Urteil vom 06.08.1987 - 2 AZR 226/87 – Rn. 18, juris; Urteil vom 16.08.1990 - 2 AZR 113/90 – Rn. 54 ff, juris).
96Während des rechtlichen Bestandes eines Arbeitsverhältnisses ist dem Arbeitnehmer jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt, auch wenn der Einzelarbeitsvertrag keine ausdrücklichen Regelungen enthält. Für Handlungsgehilfen ist dies in § 60 HGB ausdrücklich geregelt. Diese Vorschrift konkretisiert einen allgemeinen Rechtsgedanken. Der Arbeitgeber soll vor Wettbewerbshandlungen seines Arbeitnehmers geschützt sein. Deshalb schließt der Arbeitsvertrag für die Dauer seines Bestehens über den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich des § 60 HGB hinaus ein Wettbewerbsverbot ein (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts; vgl. BAG Urteil vom 17.10.1969 - 3 AZR 442/68 - AP Nr. 7 zu § 611 BGB Treuepflicht, zu III 3 a der Gründe; Urteil vom 6. August 1987, Rn. 18, juris; Urteil vom 16.08.1990, Rn. 54 ff, juris).
97Voraussetzung für eine unerlaubte Wettbewerbshandlung ist das Vorliegen einer Konkurrenzsituation. Denn das Verbot des Geschäftemachens ist auf den Handelszweig des Arbeitgebers beschränkt. Ein Wettbewerbsgeschäft im gleichen Handelszweig ist gegeben, wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer an einen übereinstimmenden Kundenkreis wenden und der erfolgreiche Geschäftsabschluss des einen potenziell zulasten des anderen geht. Dass beide Konkurrenten ein nahezu identisches Produkt anbieten, ist dafür nicht erforderlich. Für die Annahme einer Wettbewerbssituation genügt, dass der konkrete Bedarf des Kunden durch jeden der beiden Konkurrenten befriedigt und damit das vom Wettbewerber angebotene Produkt verdrängt oder ersetzt werden kann. Ist dies der Fall, bewegt sich der Arbeitnehmer im geschützten Handelszweig des Arbeitgebers, selbst wenn sich die Geschäftsbereiche der Unternehmen nur in einem vergleichsweise geringen, aber nicht völlig unbedeutenden Umfang überschneiden (Ittmann in BeckOK, Großkommentar, § 60 HGB, Stand: 01.09.2024, Rn. 46 ff). Hierfür genügt eine Schnittmenge von 10 % (BAG, Urteil vom 16.12.1968 – 3 AZR 434/67, Rn. 15 ff, juris; LAG Hamm (Westfalen), Urteil vom 07.10.2019 – 18 SaGa 49/19 –, Rn. 28, juris; LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.01.2008 – 10 Sa 60/07 –, Rn. 63, juris; Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, 8. Aufl. 2019, Rdnr. 241 f.).
98cc) Unterstellt man die Behauptung der Beklagten als richtig, wonach der Kläger bei der Ax tätig war, hätte er dennoch damit nicht gegen das arbeitsvertragliche Wettbewerbsverbot verstoßen. Denn eine Konkurrenzsituation zwischen der Beklagten und dem Unternehmen der Ehefrau des Klägers Ax liegt nicht vor.
99Die Parteien haben im Kammertermin vom 06.11.2024 erläutert, dass die Beklagte sehr spezifizierte Produkte mit hoher Komplexität im Bereich der Kabel und Stecker herstellt. Diese Aussagen decken sich mit dem Inhalt des Internetauftritts der Beklagten, in dem sie ihre Produkte vorstellt. In diesem hochkomplexen Segment können die Produkte der Ax nicht diejenigen der Beklagten nicht verdrängen oder ersetzten. Soweit auch Produkte mit geringer Komplexität hergestellt werde, die gegebenenfalls mit denen der Ax vergleichbar sind, macht der Umsatz, den die Beklagte damit erzielt, zwischen 2% und 4% ihres Gesamtumsatzes aus. Dies liegt weit unter der Grenze von 10%, ab der Rechtsprechung und Literatur eine nicht unerhebliche Überschneidung der Geschäftsbereiche annehmen. Zudem kauft die Beklagte offensichtlich weniger komplexe Kabelprodukte teilweise von externen Herstellern wie der Ax ein bzw. lässt sie von ihnen für sich produzieren. Auch hieraus ergibt sich, dass die Beklagte zu solchen Herstellern in keinem Wettbewerb steht, sondern sich die Geschäftsbereiche der Beklagten und der Ax eher ergänzen, so dass eine Konkurrenzsituation zwischen beiden nicht angenommen werden kann.
100Die fristlose Kündigung kann auch nicht auf einen Verstoß des Klägers gegen den im Arbeitsvertrag vereinbarten Genehmigungsvorbehalt für Nebentätigkeiten gestützt werden.
101Es ist zulässig, durch eine entsprechende Vertragsklausel in einem Formulararbeitsvertrag die Ausübung einer Nebentätigkeit von der Genehmigung des Hauptarbeitgebers abhängig zu machen. Der Hauptarbeitgeber ist dann zur Erteilung der Zustimmung verpflichtet, wenn die Aufnahme der Nebentätigkeit betriebliche Interessen nicht beeinträchtigt (BAG, Urteil vom 11.12.2001 - 9 AZR 464/00, RN. 28, juris). Holt der Arbeitnehmer eine danach erforderliche Genehmigung nicht ein oder verletzt er durch die Nebentätigkeit auf andere Weise seine Pflichten aus dem Hauptarbeitsverhältnis, kann - gegebenenfalls nach vorhergehender Abmahnung - eine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt sein (LAG Düsseldorf, Urteil vom 18.12.2012 – 8 Sa 1296/12 –, Rn. 30, juris).
102Eine Nebentätigkeit des Klägers unterstellt würde die ausgesprochene Kündigung dennoch an dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit scheitern. Denn der Beklagten hätte als milderes Mittel zunächst die Möglichkeit einer Abmahnung zur Verfügung gestanden.
103Eine Abmahnung ist auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ausnahmsweise entbehrlich, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft - trotz Abmahnung - nicht erwartet werden kann oder es sich um eine solch schwere Pflichtverletzung handelt, deren Rechtswidrigkeit dem Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar ist und bei der eine Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen werden kann (BAG, Urteil vom 12.01.2006, 2 AZR 21/05, Rn. 55, juris).
104Da es sich, wie oben festgestellt, bei der Ax nicht um ein Konkurrenzunternehmen der Beklagten handelt, würde es sich bei einer Nebentätigkeit des Klägers dort nicht um eine solch schwere Pflichtverletzung handeln, die eine Abmahnung entbehrlich machen würde. Offenbar waren der Beklagten ausweislich der Erklärungen der Parteien im Kammertermin vom 06.11.2024 die Existenz und die Produktpalette der Ax bekannt. Der Geschäftsführer sprach sogar den Kläger persönlich und nicht dessen Ehefrau als Firmeninhaberin auf die Möglichkeit einer Lieferantenbeziehung zwischen beiden Unternehmen an. Ein solches Verhalten erweckt zumindest den Anschein, dass die Beklagte von einer Einflussnahmemöglichkeit des Klägers bei der Ax ausging, ohne dies zu beanstanden, sondern sich dies im Gegenteil nutzbar zu machen. Unter diesen Umständen musste der Kläger –unterstellt, er war bei der Ax tätig - nicht davon ausgehen, dass die Beklagte dies offensichtlich nicht hinnehmen wird.
105Im Wege der Nebentätigkeit für andere Unternehmen durchgeführte Beratungen, die gegen die vertragliche Vereinbarung der Parteien verstoßen, hat die Beklagte nicht schlüssig vorgetragen. Soweit sie darauf abhebt, der Kläger habe in einem Gespräch Ende Januar 2022 gegenüber Herrn Wa von Beratungen anderer Unternehmen, in denen er stets die Wichtigkeit von Schulungen betone, erzählt, hat der Kläger hierzu ausgeführt, bei diesen Unternehmen habe es sich um Kundenunternehmen der Beklagten gehandelt. Die Beklagte hat zwar bestritten, entsprechende Weisungen erteilt zu haben. Wie sich aus den Aussagen der Parteien im Kammertermin vom 06.11.2024 ergibt, ließ sich die Beklagte Produkte von anderen Kabelherstellern zuliefern. Sollte der Kläger für die Beklagte gegenüber solchen Firmen die Wichtigkeit von Schulungen betont haben, hätte dieses Engagement im Interesse der Beklagten gelegen und wäre als Teil seiner Arbeitsleistung für die Beklagte anzusehen.
106Auch die gegenüber dem Geschäftsführer in den Gesprächen vom 15. und 24.01.2024 erwähnte Beratung von Unternehmen bezogen sich nach der Behauptung des Klägers auf Kundenunternehmen. Welchen Inhalt diese Beratungen hatten, hat die für einen Kündigungsgrund darlegungs- und beweisverpflichtete Beklagte nicht vorgetragen. Nicht jede Beratung ist als Nebentätigkeit anzusehen. Ging es beispielsweise um die Frage, wie den Ansprüchen der Beklagten genügende Produkte hergestellt und geliefert werden können, hätte dies wiederum in ihrem Interesse gelegen und wäre als Teil der Arbeitsleistung für sie anzusehen.
107b) Die Kündigung der Beklagten vom 19.02.2021 ist sozial nicht gerechtfertigt, sie ist nicht durch Gründe im Verhalten des Klägers i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt.
108aa) Das Kündigungsschutzgesetz findet gemäß § 1 Abs. 1 und § 23 Abs. 1 S. 2 und 3 KSchG auf das vorliegende Arbeitsverhältnis Anwendung.
109bb) Die Kündigung gilt zunächst nicht gemäß §§ 7, 4 Satz 1, 13 Abs. 1 KSchG als wirksam. Der Kläger hat seine Klage am 05.04.2023 rechtzeitig innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung, frühestens am 22.03.2023, eingereicht.
110cc) Der Beklagten steht ein Kündigungsgrund, der die Kündigung sozial rechtfertigen könnte, nicht zur Seite.
111(1) Eine Kündigung ist i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers bedingt und damit nicht sozial ungerechtfertigt, wenn dieser seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat, eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht und dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers über die Kündigungsfrist hinaus in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile nicht zumutbar ist. Auch eine erhebliche Verletzung der den Arbeitnehmer gemäß § 241 Abs. 2 BGB treffenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Arbeitgebers kann - je nach den Umständen des Einzelfalls - eine Kündigung rechtfertigen (BAG, Urteil vom 30.07.2020 – 2 AZR 43/20 – Rn. 44, juris).
112Für eine verhaltensbedingte Kündigung gilt das sog. Prognoseprinzip. Der Zweck der Kündigung ist nicht Sanktion für eine Vertragspflichtverletzung, sondern eine Vermeidung von weiteren Vertragspflichtverletzungen. Die eingetretene Pflichtverletzung muss sich auch für die Zukunft noch belastend auswirken (BAG 21.11.1996 - 2 AZR 357/95 – Rn. 31, juris; ErfK/Oetker, 24. Aufl., § 1 KSchG Rn. 196) . Eine negative Prognose liegt vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde den Arbeitsvertrag auch nach Androhung einer Kündigung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen (ErfK/Oetker, 24. Aufl., § 1 KSchG Rn. 197). Deshalb setzt eine Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung regelmäßig eine Abmahnung voraus. Sie dient der Objektivierung der negativen Prognose (Staudinger/ Temming (2022) § 626 BGB Rn. 109) . Liegt eine ordnungsgemäße Abmahnung vor und verletzt der Arbeitnehmer erneut seine arbeitsvertraglichen Pflichten, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch zukünftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen (ErfK/Oetker, 24. Aufl., § 1 KSchG Rn. 199; Staudinger/Preis § 626 BGB Rn. 106) . Die Abmahnung ist insoweit notwendiger Bestandteil des Prognoseprinzips. Sie ist zugleich aber auch Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips (Staudinger/Temming (2022) § 626 BGB Rn. 109; Schlachter NZA 2005, 433, 435). Nach § 1 Abs. 2 KSchG muss die Kündigung durch das Verhalten des Arbeitnehmers bedingt sein. Eine Kündigung ist hiernach nicht gerechtfertigt, wenn es andere geeignete mildere Mittel gibt, um eine Vertragsstörung zukünftig zu beseitigen. Dieser Aspekt hat durch die Regelung des § 314 Abs. 2 BGB eine gesetzgeberische Bestätigung erfahren (Staudinger/ Temming (2022) § 626 BGB Rn. 105; Preis in Stahlhacke/Preis/Vossen Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis 11. Aufl. Rn. 1201; Gotthardt Arbeitsrecht nach der Schuldrechtsreform Rn. 204 ff.; Kleinebrink FA 2002, 226 ff.; Schlachter NZA 2005, 433, 437). Nach dieser Norm ist bei einer Vertragspflichtverletzung eine Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach einer erfolglosen Abmahnung zulässig (vgl. BAG, Urteil vom 12.01.2006 – 2 AZR 21/05 –, Rn. 54, juris).
113(2) Wie bereits zur der fristlosen Kündigung vom 22.03.2023 ausgeführt, ist dem Kläger bei unterstellter Tätigkeit für die Ax keine Pflichtverletzung in Form des Verstoßes gegen das arbeitsvertragliche Wettbewerbsverbot vorzuwerfen.
114Soweit in der zugunsten der Beklagten unterstellten Nebentätigkeit des Klägers ein Verstoß gegen den arbeitsvertraglich vereinbarten Genehmigungsvorbehalt zu sehen wäre, erweist sich eine ordentliche Kündigung als unverhältnismäßig, weil der Kläger nicht zuvor von der Beklagten abgemahnt wurde. Eine solche war auch nicht, wie unter II.1.a) cc) ausgeführt, entbehrlich.
1152. Das Arbeitsgericht hat die widerklagend geltend gemachten Auskunftsansprüche sowie den im Wege der Stufenklage geltend gemachten Anspruch auf Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit der zu erteilenden Auskünfte an Eides Statt zurecht abgewiesen.
116a) Die Voraussetzungen für den Auskunftsanspruch zu 1) liegen nicht vor.
117Ein Arbeitnehmer ist gesetzlich zur Unterlassung von Wettbewerb während des bestehenden Arbeitsverhältnisses verpflichtet. Dieses für kaufmännische Handlungsgehilfen im Handelsgesetzbuch geregelte Wettbewerbsverbot gilt für alle Arbeitnehmer (BAG, 26.09.2007, 10 AZR 511/06, Rn. 17ff, juris). Aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung gemäß § 60 HGB zur Unterlassung von Wettbewerb besteht eine in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannte, letztlich rechtsgeschäftlich begründete Auskunftsverpflichtung gemäß § 242 BGB in all den Fällen, in denen ein erheblicher Anlass zur Annahme unerlaubter Konkurrenz besteht. § 61 Abs. 1 HGB, der den Schadensersatzanspruch bzw. das wahlweise bestehende Eintrittsrecht des Arbeitgebers im Falle eines Wettbewerbsverstoßes regelt, begründet zwar nicht unmittelbar einen gesetzlichen Auskunftsanspruch. Jedoch hat der Arbeitnehmer gemäß § 241 Abs. 2 BGB nach dem Inhalt seines Schuldverhältnisses auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils Rücksicht zu nehmen, und gemäß § 242 BGB seine Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Daraus folgt im Fall des Wettbewerbsverstoßes die Verpflichtung, die erfolgte Verletzung der Rücksichtnahmepflicht zu beseitigen. Dies hat der Arbeitnehmer nach Treu und Glauben auch durch Auskunft über sein wettbewerbswidriges Verhalten zu erfüllen (LAG Hamm, Urteil vom 03.03.2009 – 14 Sa 1689/08 –, Rn. 32, juris; BAG, Urteil vom 12.05.1972, 3 AZR 401/01, Rn. 24, juris).
118Vorliegend scheidet ein wettbewerbswidriges Verhalten des Klägers mangels einer Konkurrenzsituation zwischen der Beklagten und der Ax aus. Damit besteht auch nicht die Möglichkeit, dass die Beklagte Rechte gem. § 61 Abs. 1 HGB gegenüber dem Kläger geltend machen könnte. Folglich ist ein Auskunftsanspruch zur Vorbereitung dieser Ansprüche ebenso abzulehnen wie eine nachfolgende eidesstattliche Versicherung nach Erteilung einer Auskunft.
119Da der Auskunftsanspruch sich aufgrund von Überlegungen als unbegründet erweist, die auch den weiteren, im Rahmen der Stufenklage geltend gemachten Ansprüchen die Grundlage entziehen, kann das Rechtsmittelgericht die Klage in vollem Umfang abweisen (vgl. BAG, Urteil vom 26. 08.2020 – 7 AZR 345/18 –, Rn. 26, juris; Urteil vom 28.09.2005 - 5 AZR 408/04- Rn. 27, juris; BGH, Urteil vom 08.05.1985 – IVa ZR 138/83 –, Rn. 27, juris).
120b) Auch für den Auskunftsanspruch zu 2) besteht keine Anspruchsgrundlage.
121In Rechtsprechung und Schrifttum ist zwar anerkannt, dass nach Treu und Glauben Auskunftsansprüche bestehen können, wenn die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über den bestehenden Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann, ohne dass durch die Gewährung materiell-rechtlicher Auskunftsansprüche die Darlegungs- und Beweissituation im Prozess unzulässig verändert werden darf (Urteil vom 27.07.2021 - 9 AZR 376/20, Rn. 28, juris; BAG, Urteil vom 27.05.2020 - 5 AZR 387/19, Rn. 17, juris).
122Ein solcher Auskunftsanspruch wird angenommen, wenn ein Arbeitnehmer vertragliche Entgeltansprüche nach unwirksamer Kündigung aus § 615 Satz BGB geltend macht und die Arbeitgeberin mögliche Einwendungen nach § 11 Nr. 2 KSchG, für die sie darlegungs- und beweispflichtig ist, erheben möchte (BAG, Urteil vom 27.05.2020 - 5 AZR 387/19, Rn. 38f, juris).
123Vorliegend hat der Kläger bisher keine Annahmeverzugslohnansprüche gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Mithin fehlt die Grundlage für einen Auskunftsanspruch sowie ebenfalls für den in 2. Stufe erhobenen Anspruch auf eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit des Anspruchs.
1243. Der hilfsweise gestellte Auflösungsantrag der Beklagten war abzuweisen.
125a) Das Kündigungsschutzgesetz lässt die Auflösung des Arbeitsverhältnisses trotz Sozialwidrigkeit der Kündigung nur ausnahmsweise zu. Es ist nach seiner Konzeption ein Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz. Deshalb sind an die Auflösungsgründe strenge Anforderungen zu stellen (BAG, Urteil vom 24.03.2011 – 2 AZR 674/09 –, Rn. 20, juris; Urteil vom 23.02.2010 - 2 AZR 554/08 - Rn. 22, juris). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist derjenige der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (BAG, Urteil vom 08.10.2009 - 2 AZR 682/08 - Rn. 14 mwN, juris). Von diesem Standpunkt aus ist zu fragen, ob in der Zukunft eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zu erwarten ist (BAG, Urteil vom 10.07.2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 43, juris).
126Auflösungsgründe iSv. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG können solche Umstände sein, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Die Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Vertragspartnern nicht erwarten lassen, müssen nicht im Verhalten, insbesondere nicht im schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Entscheidend ist, ob die objektive Lage die Besorgnis rechtfertigt, dass die weitere gedeihliche Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer gefährdet ist (BAG, Urteil vom 24.03.2011 – 2 AZR 674/09 –, Rn. 21, juris; Urteil vom 08.10.2009 -2 AZR 682/08 - Rn. 15, juris; Urteil vom 07.03.2002 - 2 AZR 158/01 – Rn. 35, juris). In diesem Sinne als Auflösungsgrund geeignet sind etwa Beleidigungen, sonstige ehrverletzende Äußerungen oder persönliche Angriffe des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, Vorgesetzte oder Kollegen (BAG, Urteil vom 09.09.2010 - 2 AZR 482/09 - Rn.11 mwN, juris).
127Zu berücksichtigen ist aber auch, dass gerade Erklärungen in laufenden Gerichtsverfahren - etwa dem Kündigungsschutzprozess selbst - durch ein berechtigtes Interesse des Arbeitnehmers gedeckt sein können (BAG, Urteil vom 24.03.2011 – 2 AZR 674/09 –, Rn. 22, juris; Urteil vom 09.09.2010 - 2 AZR 482/09 - Rn. 12 mwN, juris). Darüber hinaus ist mit Blick auf eine prozessuale Auseinandersetzung zu berücksichtigen, dass Parteien zur Verteidigung von Rechten schon im Hinblick auf das rechtliche Gehör (Art. 103 GG) alles vortragen dürfen, was als rechts-, einwendungs- oder einredebegründender Umstand prozesserheblich sein kann (BVerfG, Kammerbeschluss vom 11.04.1991 - 2 BvR 963/90 – RN. 26ff, juris). Anerkannt ist, dass ein Verfahrensbeteiligter auch starke, eindringliche Ausdrücke und sinnfällige Schlagworte benutzen darf, um seine Rechtsposition zu unterstreichen, selbst wenn er seinen Standpunkt vorsichtiger hätte formulieren können. Das gilt allerdings nur in den Grenzen der Wahrheitspflicht. Auch dürfen die Parteien nicht leichtfertig Tatsachenbehauptungen aufstellen, deren Unhaltbarkeit ohne Weiteres auf der Hand liegt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 11.04.1991 - 2 BvR 963/90 –, Rn. 29, juris; BAG 23.02.2010 - 2 AZR 554/08 - Rn. 32, juris). Bewusst wahrheitswidriger Prozessvortrag eines Arbeitnehmers in einem Kündigungsrechtsstreit, den dieser hält, weil er befürchtet, mit wahrheitsgemäßen Angaben den Prozess zu verlieren, sind gleichermaßen geeignet, eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Einordnung an; ein Arbeitnehmer, der bewusst falsch vorträgt, um sich einen Vorteil im Rechtsstreit mit seinem Arbeitgeber zu verschaffen, verletzt - ungeachtet der strafrechtlichen Relevanz seines Handelns - in erheblicher Weise seine nach § 241 Abs. 2 BGB auch im gekündigten Arbeitsverhältnis bestehende Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers (BAG, Urteil vom 24.05.2018 – 2 AZR 73/18 –, Rn. 25, juris).
128b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegen keine Auflösungsgründe iSv. § 9 KSchG vor.
129aa) Die von der Beklagten als Auflösungsgrund angeführte beharrliche Arbeitsverweigerung im Zusammenhang mit den dem Kläger seit dem 23.10.2023 übertragenen Aufgaben ist nicht schlüssig dargelegt.
130Hierbei ist zum einen zu berücksichtigen, dass die Beklagte ausweislich der Beschlüsse des LAG vom 11.03.2024 und vom 18.04.2024 bis dahin nicht ihrer Pflicht zur Zurverfügungstellung eines ordnungsgemäßen Arbeitsplatzes und der vertragsgemäßen Beschäftigung nachgekommen war. Dies geschah frühestens mit der Übertragung der Produktionsleitung für das Werk 3 am 29.04.2024.
131Solange die Beklagte als Arbeitgeberin nicht selbst ihrer Pflicht nachgekommen ist, einen vertragsgemäßen Arbeitsplatz anzubieten, kann eine vermeintliche beharrliche Arbeitsverweigerung des Klägers nicht zu einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses führen. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass die Nichterbringung seiner Leistung an den von der Arbeitgeberin zu verantwortenden, nicht vertragsgemäßen Bedingungen liegt.
132Aber auch für die Zeit ab Übernahme der Produktionsleitung im Werk 3 ist eine beharrliche Arbeitsverweigerung nicht feststellbar. Der Kläger hat unstreitig sowohl im Hinblick auf den am 23.10.2023 als auch am 13.03.2024 erteilten Arbeitsauftrag der Beklagten Ergebnisse geliefert. Er hat am 24.11.2023 einen USB-Stick mit ersten Arbeiten abgegeben und im Mai Dokumente in einen Austauschordner eingestellt. Am 13.05.2024 übergab der Kläger zudem ein Konzept bezüglich des Auftrags vom 13.03.2024.
133Nach dem Vortrag der Beklagten waren alle diese abgelieferten Arbeiten „rudimentär“ bzw. entsprachen nicht den Anforderungen. Zum einen ist es dem Gericht nicht möglich, anhand dieser wertenden Umschreibungen nachzuvollziehen, in welchem Umfang der Kläger seine Arbeitsleistung nicht erbracht hat. Angesichts der zahlreichen Rückfragen und Bitten des Klägers um Gespräche und mehr Informationen, die die Beklagte jedoch für nicht erforderlich hielt, liegt keine beharrliche Arbeitsverweigerung, sondern allenfalls eine Schlechtleistung des Klägers vor. Hierbei muss auch berücksichtigt werden, dass dem Kläger ab dem 29.04.2024 (dem Zeitpunkt, ab dem er erstmals seit Beginn der Prozessbeschäftigung wieder vertragsgemäß beschäftigt wurde), die Produktionsleitung im Werk 3 übertragen worden war. Es erscheint nicht fernliegend, dass ihm diese sehr viel umfassendere Verantwortung nicht mehr allzu viel Zeit für die Nachbearbeitung der ihm im Oktober und März übertragenen Projektaufgaben gelassen hat.
134Auch hinsichtlich der Produktionsleitung des Werkes 3 ergibt sich aus dem unstreitigen Sachverhalt und den Angaben der Beklagten keine Arbeitsverweigerung des Klägers. Es mag sein, dass er Einzelaufgaben wie das Reporting und die Rückmeldung nicht rechtzeitig erfüllte. Spätestens am 14.06.2024 übermittelte der Kläger jedoch eine E-Mail mit Angaben zu dem Werk. Diesbezüglich moniert die Beklagte, dass es sich hierbei nicht um ein ordnungsgemäßes Reporting handelte. Selbst wenn diese diese Wertung nachvollziehbar wäre und sich die diesbezügliche Arbeitsweisung im Rahmen des billigen Ermessens der Beklagten hielte, ließe sich aus diesem Sachverhalt allenfalls eine Schlechtleistung des Klägers, nicht jedoch eine beharrliche Arbeitsverweigerung entnehmen. Dasselbe gilt hinsichtlich der weiteren gerügten Verhaltensweisen des Klägers wie die verspätete Abgabe der Stundenprotokolle (auch hier stellt sich die Frage nach der Billigkeit der Weisung) und der fehlenden Urlaubsübergabe, die im Übrigen beide bereits abgemahnt wurden, und der verspäteten Instandsetzung des Bildschirms.
135Angesichts der eigenen Versäumnisse der Beklagten, einer allenfalls vorliegenden Schlechtleistung des Klägers und des nur kurzen Zeitraums einer vertragsgemäßen Beschäftigung von unter zwei Monaten bis zum Ausspruch einer erneuten Kündigung am 21.06.2024 sind die an Auflösungsgründe zu stellenden strengen Anforderungen nicht erfüllt.
136bb) Dies gilt auch für den Vorwurf der Verletzung der Verschwiegenheitspflicht. Dass sich der Kläger mit einem Kollegen im Januar 2024 über seinen Arbeitsauftrag ausgetauscht hat, hat die Beklagte den Kläger zum einen bereits abgemahnt, zum anderen erfüllt dieser Sachverhalt sicherlich nicht die erhöhten Anforderungen für einen erfolgreichen Auflösungsantrag.
137Gleiches gilt für den Umstand, dass der Kläger in einen Emailaustausch ab dem 10. April 2024 den Betriebsrat ins „cc“ gesetzt hat. Denn der Kläger verteidigte sich hierin gegen den Vorwurf der Beklagten, seinen Arbeitsauftrag bezüglich der Linienfertigung S nicht zu erledigen. Wenn er in dem Konflikt mit seinem Arbeitgeber, der zu diesem Zeitpunkt aufgrund zahlreicher Abmahnungen und der Weigerung der Beklagten, ihn vertragsgemäß zu beschäftigen, bereits eskaliert war, den Betriebsrat mit einbezog, verletzte er nicht seine Verschwiegenheitspflicht, zumal der Betriebsrat selbst einer Verschwiegenheitspflicht unterliegt (§ 79 BetrVG). Vielmehr handelte er in Wahrnehmung seiner berechtigten Interessen.
138Angesichts der von der Beklagten vorgelegten Gedächtnisprotokolle der zwei Mitarbeiter ist der Vorwurf der Beklagten, dass der Kläger ihnen gegenüber am 12.04.2024 bei dem Besuch der Produktion seine Verschwiegenheitspflicht bezüglich des Auftrags zur Linienfertigung S verletzt haben soll, nicht nachvollziehbar. Offenbar hat der Kläger angegeben, er müsse sich ein paar Prozesse anschauen und hat sich von beiden Mitarbeitern eine Arbeitsanweisung zu der Linienfertigung S zeigen lassen. Eine Weitergabe des Inhalts seines Arbeitsauftrags vom 13.03.2024 ist offensichtlich nicht erfolgt.
139cc) Ein Auflösungsgrund ist auch nicht in vermeintlich wahrheitswidrigem Vortrag des Klägers im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens und des neuen Kündigungsschutzverfahrens vor dem Arbeitsgericht Siegburg zu sehen.
140Soweit der Klägervertreter mit Schriftsatz vom 28.03.2024 im Hinblick auf den Antrag der Beklagten zur Einstellung der Zwangsvollstreckung geschrieben hat, der Kläger habe den Auftrag vom 13.03.2024 - soweit möglich - erfüllt, war dies aus Sicht des Klägers kein bewusst wahrheitswidriger Sachvortrag. Denn er war, wie noch die E-Mail vom 10.04.2024 zeigt, der Auffassung, dass ihm zur Durchführung des Auftrags notwendige Informationen und die Durchführung einer Besprechung mit den Projektbeteiligten fehlt. Insofern kann die Aussage aus dem Schriftsatz dahingehend verstanden werden, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt (mangels Mitarbeit der Beklagten) an dem Auftrag nicht weiterarbeiten kann und mit seinen Fragen aus der Email vom 14.03.2024 zunächst alles aus seiner Sicht Machbare getan hat. Hierbei spielt keine Rolle, dass die Beantwortung der Fragen aus Sicht der Beklagten für die Erfüllung der Aufgabe nicht notwendig war. Der gerügte fehlende „Zugang zu den Produktionen“ mag zum Zeitpunkt des klägerischen Schriftsatzes am 28.03.2024 hergestellt gewesen sein. Dies war gemäß der eidesstattlichen Versicherung des Geschäftsführers vom 04.04.2024 (Bl. 193ff d.A.) durch Freischaltung des Zugangschips für alle Werke allerdings auch erst seit Mitte Februar 2024 der Fall. Allerdings hat die Beklagte eine ausdrückliche Aufhebung der gegenüber dem Kläger ergangenen Aufforderung aus dem Schreiben vom 23.10.2023, an seinem Arbeitsplatz im Büro Werk 2 auf Weisungen zu warten und nicht in die Produktion einzugreifen, nicht vorgetragen. Vor diesem Hintergrund kann sich die Rüge des fehlenden Produktionszugangs auch auf die nach Auffassung des Klägers gegebenenfalls ungeklärte Frage beziehen, ob er nunmehr seinen Arbeitsplatz verlassen darf, um die Produktion in allen Werken zu betreten. Die Qualität eines eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigenden bewussten wahrheitswidrigen Vortrags liegt jedenfalls nicht vor.
141Gleiches gilt für den Vorwurf des Klägervertreters im Gütetermin des nachfolgenden Kündigungsschutzverfahrens, die Beklagte habe vorsätzlich keine Arbeitsbescheinigung bei der Bundesagentur für Arbeit eingereicht, um dem Kläger zu schaden. Tatsache ist, dass die Beklagte die Arbeitsbescheinigung zunächst nicht eingereicht hat, obwohl der Kläger sie dringend brauchte. Dass er hieraus auf den subjektiven Tatbestand, nämlich einen entsprechenden Vorsatz schloss, kann angesichts des Umstands, dass ein Verfahrensbeteiligter auch starke, eindringliche Ausdrücke und sinnfällige Schlagworte benutzen darf, um seine Rechtsposition zu unterstreichen, selbst wenn er seinen Standpunkt vorsichtiger hätte formulieren können, keinen Auflösungsantrag begründen.
142Schließlich ist der in dem nachfolgenden Kündigungsschutzverfahren von dem Klägervertreter erhobene Vorwurf, der Geschäftsführer habe Mitarbeiter angestiftet, falsche Aussagen gegen den Kläger zu treffen, er greife auch in anderen Fällen zu derartigen Methoden und Herrn Dr. Wa sei gekündigt worden, weil er diese Vorgehensweise ablehnte, nicht als Auflösungsgrund geeignet. Damit hat der Kläger nicht leichtfertig Tatsachenbehauptungen aufgestellt, deren Unhaltbarkeit ohne Weiteres auf der Hand liegt. Im Gegenteil bestätigt die eidesstattliche Versicherung von Herrn Dr. Wa vom 16.09.2024, dass der Geschäftsführer im Oktober 2023 Prämien ausgelobt hat im unteren und mittleren fünfstelligen Eurobereich für jeden, der etwas gegen den Kläger und Herrn Kl (dem ebenfalls gekündigt wurde) aussagen würde oder bereit wäre, zu den beiden Personen belastendes Material bereit zu stellen. Ein solcher finanzieller Anreiz kann dazu führen, falsche bzw. erfundene Vorwürfen zu erheben, ein Umstand, auf den Herr Dr. Wa den Geschäftsführer ausweislich seiner eidesstattlichen Versicherung hingewiesen hatte. Wenn der Kläger diesem an Eides statt versicherten Vortrag Glauben schenkt und ihn sich zu eigen macht, ist dies nicht leichtfertig.
143Da ein Kündigungsmotiv eine innere Tatsache ist, ist die Behauptung des Klägers, Herr Dr. Wa sei wegen seiner Ablehnung dieser Vorgehensweise gekündigt worden, erkennbar eine Schlussfolgerung, die ebenfalls keinen Auflösungsantrag der Beklagten begründen kann.
144dd) Alle übrigen ausufernd von der Beklagten vorgetragenen Auflösungsgründe wie z.B. das fälschlicherweise behauptete Gespräch der Konzernmutter mit dem Betriebsrat oder die Datumsangaben des Klägervertreters hinsichtlich seines letzten Vergleichsvorschlags erfüllen gleichfalls nicht die strengen Anforderungen, die an ein Auflösungsbegehren gem. § 9 KSchG zu stellen sind. Die klägerischen Angaben sind erkennbar für den Ausgang des Rechtsstreits völlig irrelevant und so belanglos, dass sie nicht zur Begründung eines Auflösungsantrags herhalten können.
145ee) Auch der von der Beklagten erhobene Vorwurf, der Kläger habe in den Jahren 2019 bis 2022 Mitarbeiter grundlos angeschrien, ist zu unsubstantiiert, als dass hierauf ein Auflösungsantrag gestützt werden könnte.
146III. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Hinsichtlich des von den Parteien wegen zwischenzeitlicher Erfüllung für erledigt erklärten Anspruchs auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses verbleibt es gem. § 91 a ZPO bei der Kostentragung durch die Beklagte, da die diesbezügliche Klage bis zum erledigenden Ereignis zulässig und begründet war.
147Gründe für eine Revisionszulassung sind nicht gegeben, da die Entscheidung auf den Umständen des vorliegenden Einzelfalls beruht.