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Nach dem neu eingefügten Gesetzestext in § 2 Abs. 1 Nr. 14 NachwG muss sich im Nachweis über die Vertragsbedingungen zwar der Hinweis auf die Klagefrist aus § 4 KSchG finden; bei einer Verletzung dieser Nachweispflicht bleibt aber die Wirksamkeitsfiktion nach § 7 KSchG anwendbar. Auch ein Schadensersatzanspruch scheidet aus, wenn im Altarbeitsverhältnis gegenüber der arbeitgebenden Partei nicht gemäß § 5 NachwG rechtzeitig der Nachweis gefordert worden war.
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 09.03.2023 - 14 Ca 5179/22 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung.
3Die Beklagte kündigte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 12.08.2022 zum 31.03.2023 (Bl. 10 d.A.). Das Kündigungsschreiben ging dem Kläger während seines bis zum 04.09.2022 währenden Urlaubs zu. Nach Rückkehr aus dem Urlaub fand der Kläger das Schreiben am 05.09.2022 in seinem Briefkasten vor.
4Mit der seit Dienstag, dem 27.09.2022, beim Arbeitsgericht Köln anhängigen Kündigungsschutzklage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst worden ist.
5Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte habe nach seiner Auffassung gegen § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 14 NachwG verstoßen, weil sie nicht auf die für Bestandsstreitigkeiten geltende Klagefrist von drei Wochen hingewiesen habe. Dieser Pflichtverstoß sei kausal für die Verspätung der Klage gewesen. Der Pflichtverstoß löse jedenfalls einen Schadensersatzanspruch aus.
6Zur Verteidigung gegen die Klage hat die Beklagte vorgetragen, die Kündigung sei nach ihrer Auffassung bereits aufgrund der aus § 7 KSchG folgenden Fiktionswirkung wirksam.
7Mit Urteil vom 09.03.2023 hat das Arbeitsgericht Köln die Kündigungsschutzklage abgewiesen mit der Begründung, dass die Kündigung tatsächlich gemäß § 7 KSchG als wirksam gilt, weil der Kläger die Klagefrist von 3 Wochen hat verstreichen lassen. Die Kündigung sei dem Kläger spätestens am 04.09.2022 zugegangen. Die aus § 7 KSchG folgende Fiktion sei eingetreten, weil der Kläger die Kündigungsschutzklage nicht in der Zeit bis zum 25.09.2022 erhoben habe, sondern erst am 27.09.2022. Die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 14 Halbs. 1 NachwG sei erst nach der seit dem 01.08.2022 geltenden Fassung des NachwG in den Nachweis aufzunehmen. Bei Alt-Arbeitsverträgen wie dem vorliegenden müssten die Beschäftigten selbst aktiv werden und eine entsprechende Ergänzung von der Arbeitgeberin verlangen. Dies ergebe sich ausdrücklich aus § 5 NachwG. Der Kläger habe sich mit einem solchen Begehren nicht an die Arbeitgeberin gewandt.
8Gegen dieses ihm am 14.03.2023 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.02.2023 Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Zur Begründung seiner Berufung hat der Kläger vorgetragen, dass nach seiner Auffassung das Arbeitsgericht die Pflichten aus dem Nachweisgesetzt verkannt habe, die hier von der Beklagten verletzt worden seien.
9Der Kläger beantragt,
10das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 09.03.2023 - 14 Ca 5179/22 - abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 12.08.2022 nicht aufgelöst worden ist.
11Die Beklagte beantragt,
12die Berufung zurückzuweisen.
13Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
15E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
16Die Berufung ist zulässig aber nicht begründet.
17I. Die Berufung des Klägers ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
18II. Das Rechtsmittel bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Denn in der Tat ist die Fiktionswirkung des § 7 KSchG eingetreten und die Kündigung gilt daher als wirksam. Die Beklagte traf auch keine besondere Pflicht aus dem Nachweisgesetz, deren Verletzung zu einem Schadensersatzanspruch des Klägers hätte führen können. Zur Verdeutlichung werden die einschlägigen Vorschriften hier ausdrücklich zitiert und die wichtigen Passagen unterstrichen:
19Kündigungsschutzgesetz
20§ 4 KSchG
21Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist.
22[…]
23§ 7 KSchG
24Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam;
25[…]
26Nachweisgesetz
27§ 2 Abs. 1 Nr. 14 NachwG
28Der Arbeitgeber hat die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses innerhalb der Fristen des Satzes 4 schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. 2In die Niederschrift sind mindestens aufzunehmen:
29[…]
3014. das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage; § 7 des Kündigungsschutzgesetzes ist auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden.
31[…]
32§ 5 Übergangsvorschrift
33Hat das Arbeitsverhältnis bereits vor dem 1. August 2022 bestanden, so ist dem Arbeitnehmer auf sein Verlangen spätestens am siebten Tag nach Zugang der Aufforderung beim Arbeitgeber die Niederschrift mit den Angaben nach § 2 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 bis 10 auszuhändigen; die Niederschrift mit den übrigen Angaben nach § 2 Absatz 1 Satz 2 ist spätestens einen Monat nach Zugang der Aufforderung auszuhändigen.
34[…]
35Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift, der keinen Platz für abweichende Auslegungen lässt, bleibt es dabei: Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte Pflichten aus dem Nachweisgesetz nicht beachtet hätte. Die Kündigung gilt gemäß §§ 4 und 7 KSchG als von Anfang wirksam. Das Arbeitsgericht hat die Klage daher zurecht abgewiesen. Die Berufung des Klägers gegen diese Klageabweisung ist daher unbegründet.
36III. Als unterliegende Partei hat der Kläger gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung zu tragen. Gründe für eine Revisionszulassung sind nicht gegeben, da die Entscheidung auf den Umständen des vorliegenden Einzelfalls beruht.