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Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 25.05.2020 – 17 Ca 3516/19 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um die Festlegung der Lage der Arbeitszeit.
3Die Klägerin, verheiratet und Mutter eines am .2017 geborenen Kindes, ist seit dem 01.04.2004 bei der Beklagten, die ein Textilhandelsunternehmen betreibt, im Verkauf tätig, zuletzt mit einer Arbeitszeit von 163 Stunden im Monat. Ausweislich des (undatierten) Anstellungsvertrags erfolgte die Einstellung für die Filiale 1 (S ) und die Beklagte ist nach Ziffer 3. des Vertrags befugt, die Klägerin im Rahmen der jeweils gesetzlich zulässigen Ladenöffnungszeiten flexibel einzusetzen. Für das Anstellungsverhältnis gelten die Tarifverträge für den Hamburger Einzelhandel in ihrer jeweils gültigen Fassung, soweit im Arbeitsvertrag nichts anderes vereinbart ist, Ziffer 2. Satz 2 des Anstellungsvertrages. Wegen der weiteren Einzelheiten des Anstellungsvertrages wird auf Bl. 52 f. d. A. verwiesen.
4Die Lage der Arbeitszeiten in der Filiale 1 sind in der Betriebsvereinbarung Arbeitszeit und Personaleinsatzplanung vom 05.12.2018 (BV AZ) geregelt. Hiernach werden von montags bis samstags die Mitarbeiter (mit Ausnahme der Visual Commercials) in der Frühschicht zwischen 06:00 Uhr und 17:30 Uhr und in der Spätschicht von 11:00 Uhr bis 21:30 oder 21:00 Uhr eingesetzt. Wegen der weiteren Einzelheiten der BV AZ wird auf Bl. 58 ff. d. A. Bezug genommen.
5Nach der Elternzeit in der Zeit von Februar 2017 bis April 2018 entstanden Unstimmigkeiten zwischen den Parteien über die Einsatzzeiten der Klägerin unter Berücksichtigung des Betreuungsbedarfes des Kindes. Mit Schriftsatz vom 29.01.2020 hat die Klägerin Betreuungszeiten für die Tochter in einem Kindergarten ab dem 01.08.2020 von montags bis freitags jeweils ab 07:30 Uhr bis 16:45 Uhr (montags und donnerstags), bis 16:30 Uhr (dienstags und mittwochs) und bis 16:00 Uhr (freitags) angegeben.
6Mit Urteil vom 25.05.2020 (Bl. 149 ff. d. A.) hat das Arbeitsgericht Köln die Klage, mit der die Klägerin vorrangig eine Vertragsänderung mit der Festlegung bestimmter Arbeitszeiten an bestimmten Tagen anstrebt sowie hilfsweise die Feststellung zu bestimmten Zeiten nicht zur Arbeit verpflichtet zu sein, abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, für eine Vertragsänderung mangele es an einer Rechtsgrundlage, die Festlegung der Arbeitszeiten unterliege im Rahmen der kollektiven Bestimmungen dem Direktionsrecht der Beklagten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens und der Antragstellung der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand, wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichtes wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
7Gegen das ihr am 02.06.2020 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 01.07.2020 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 18.09.2020 begründet.
8Ausweilich E-Mail der Kontaktstelle Kindertagespflege K vom 04.01.2021 steht derzeit kein freier Betreuungsplatz in der öffentlich geförderten Randzeitenbetreuung zu den von der Klägerin gewünschten Zeiten und Stadtteilen zur Verfügung (Bl. 230 f. d. A.).
9Die Klägerin meint, ein Anspruch auf Festlegung der Arbeitszeit ohne Verringerung der Arbeitszeit folge aus einer Auslegung oder analogen Anwendung des § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG i. V. m. §§ 242, 315 BGB. Dies werde dem Sinn und Zweck des § 8 TzBfG gerecht, der u.a. darauf abzielt, Müttern die Betreuung ihrer Kinder zu ermöglichen. Die Beklagte habe eine Interessenabwägung bei der Festlegung der Arbeitszeit unter Berücksichtigung der Interessen der Klägerin nicht vorgenommen. Das Interesse der Klägerin an der Kindesbetreuung sei verfassungsrechtlich geschützt. Die Beklagte verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, weil sie andere Mütter zu den von ihnen begehrten Zeiten beschäftige. Die von der Klägerin begehrten Arbeitszeiten seien unter Berücksichtigung der konkreten familiären Betreuungsmöglichkeiten erforderlich, um für eine Kinderbetreuung zu sorgen. Die Klägerin könne als frühere stellvertretende Abteilungsleiterin auch die gleichwertigen Aufgaben einer Visual Commercial problemlos erledigen.
10Die Klägerin beantragt,
11unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 25.05.2020 (Az.: 17 Ca 3516/19)
121. die Beklagte zu verurteilen, einer Änderung der Arbeitsbedingungen des Inhalts zuzustimmen, dass die monatliche Arbeitszeit 163,00 Stunden beträgt und der Zeitraum für die Beschäftigung der Klägerin folgende Zeiten umfasst:
13montags von 06:00 Uhr bis 14:30 Uhr,
14dienstags von 08:00 Uhr bis 16:00 Uhr,
15mittwochs von 08:00 Uhr bis 16:00 Uhr,
16donnerstags von 06:00 Uhr bis 14:30 Uhr und
17freitags von 08:00 Uhr bis 16:00 Uhr;
182. hilfsweise, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, dienstags und mittwochs sowie freitags nach 16:00 Uhr sowie donnerstags nach 14:30 Uhr zu arbeiten;
193. im Weiteren hilfsweise festzustellen, dass die Einteilung der Klägerin zur Arbeit für die Zeiten dienstags, mittwochs und freitags nach 16:00 Uhr sowie montags und donnerstags nach 14:30 Uhr nicht billigem Ermessen entspricht.
20Die Beklagte beantragt,
21die Berufung zurückzuweisen.
22Die Beklagte rechtfertigt die Entscheidung des Arbeitsgerichtes. Lediglich eine mit 20 Wochenstunden beschäftigte Mutter werde in der Frühschicht ab 09:00 Uhr eingesetzt. Die weiteren in der Filiale tätigen fünf Mütter seien auch zu Spätschichten und zur Samstagsarbeit eingeteilt. In der Kinderabteilung, in der die Klägerin eingesetzt werde, arbeite aktuell nur eine Mitarbeiterin, die ausschließlich für die Spätschicht eingestellt worden sei. Es sei daher unabdingbar, dass auch die Klägerin in den Spätschichten arbeite, um allen Mitarbeiterinnen mit Kindern die Möglichkeit zu eröffnen, auch Frühschichten zu absolvieren. Da die meisten in der Frühschicht eingesetzten Mütter nur in der Lage seien, bis 14:00 Uhr zu arbeiten, entstehe ein zeitliche Lücke, zumal die Vollzeitarbeitnehmer in der Mittagszeit ihre regulären Pausen machen würden. Die Beklagte praktiziere ein rollierendes System nach der Vorgaben des MTV Hamburger Einzelhandel und der BV Arbeitszeit. Die im Einzelnen mit Nichtwissen bestrittene Betreuungssituation rechtfertige die beantragten Arbeitszeiten nicht, insbesondere folge dies nicht aus den Öffnungszeiten des Kindergartens. Der Beklagten sei es nicht zuzumuten, die Klägerin entgegen den vertraglichen Abreden auf Dauer bis zum Renteneintritt nur zu bestimmten Arbeitszeiten zu beschäftigen. Die Klägerin sei vor vielen Jahren als Responsable beschäftigt worden. Weder diese Position noch die der stellvertretenden Abteilungsleiterin existiere im derzeitigen Betrieb der Filiale 1. Die von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten der Verkäuferin nebst Kassentätigkeit sei tariflich niedriger bewertet als jene der Visual Commercial.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien vom 18.09.2020, 26.10.2020, 05.01.2021 und 04.05.2021, die Sitzungsniederschrift vom 12.05.2021 sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
24E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
25I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, denn sie ist sie ist gemäß § 64 Abs. 2b) ArbGG statthaft und wurde ordnungsgemäß innerhalb der Fristen des § 66 Abs. 1 ArbGG eingelegt und begründet.
26II. Die Berufung ist unbegründet. Die Ausführungen der Berufungsbegründung rechtfertigen keine Abänderung der angefochtenen Entscheidung des Arbeitsgerichts.
271. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, der Änderung der Arbeitsbedingungen des Inhalts zuzustimmen, dass die monatliche Arbeitszeit unverändert 163 Stunden beträgt, die Klägerin aber nur noch montags von 06:00 Uhr bis 14:30 Uhr, dienstags von 08:00 Uhr bis 16:00 Uhr, mittwochs von 08:00 Uhr bis 16:00 Uhr, donnerstags von 06:00 Uhr bis 14:30 Uhr und freitags von 08:00 Uhr bis 16:00 Uhr verpflichtet ist, ihre Dienste zu erbringen. Die Klägerin hat weder aus unmittelbarer noch/bzw. analoger Anwendung des § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG i. V. m. §§ 242, 315 BGB oder aus sonstigem Rechtsgrund einen Anspruch gegen die Beklagte auf Festlegung fester Arbeitszeiten ohne Verringerung der Arbeitszeit.
28a) Nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG ist die Festlegung der Arbeitszeit entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers, soweit nicht betriebliche Gründe entgegenstehen, kombiniert mit der Zustimmung des Arbeitgebers zur Verringerung der Arbeitszeit. Die Regelung des § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG ist, wie bereits der Überschrift der Gesetzesvorschrift des § 8 TzBfG zu entnehmen ist, systematisch eingebettet als Sonderregelung der zeitlich nicht begrenzten Verringerung der Arbeitszeit. Die Neuverteilung stellt auch unter Berücksichtigung des Zwecks des Gesetzes, Teilzeitarbeit zu fördern (§ 1 TzBfG), nur einen unselbständigen Annex zum Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit dar. Der Verteilungsanspruch kann daher nur zusammen mit dem Anspruch aus § 8 Abs. 1 TzBfG geltend gemacht werden, nicht aber von Vollzeitbeschäftigten oder Arbeitnehmern, die aus anderen Gründen ihre Arbeitszeit bereits reduziert haben (vgl.: Hessisches Landesarbeitsgericht, Urt. v. 23.04.2012 – 17 Sa 1598/11 –; Martina Ahrendt in Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath, Arbeitsrecht, TzBfG § 8 Rn. 13; ErfK/Preis, 21. Aufl. 2021, TzBfG § 9a Rn. 11 jew. m. w. N. zum Streitstand).
29b) Eine wortsinnübersteigende analoge Anwendung ausschließlich der zweiten Rechtsfolge des § 8 Abs. 4 Satz 1 TzBfG auf Mütter mit Betreuungsbedarf scheitert bereits daran, dass weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass eine unbewusste Regelungslücke des Gesetzes vorliegt. Vielmehr ist nach dem gesetzgeberischen Förderungszweck von einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers auszugehen, die Neuverteilung der Arbeitszeit im Rahmen der allgemeinen, nicht allein auf erziehende Personen beschränkten Förderung von Teilzeitarbeit mit der Verringerung der Arbeitszeit zu verknüpfen. Hat sich der Gesetzgeber bewusst für die Regelung oder Nichtregelung eines bestimmten Sachverhalts entschieden, sind die Gerichte nicht befugt, sich über diese gesetzgeberische Entscheidung durch eine Auslegung der Vorschrift gegen ihren Wortlaut hinwegzusetzen (BAG, Urt. v. 22.09.2020 – 3 AZR 304/18 – m. w. N.).
30c) Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch nicht aus § 241 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Vertragsänderung ausschließlich hinsichtlich der Festlegung der Lage der Arbeitszeit.
31aa) Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks. Die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB verlangt vom Arbeitgeber nicht, die Belange eines Arbeitnehmers unter Hintanstellung eigener Interessen oder Belange anderer Arbeitnehmer durchzusetzen (BAG, Urt. v. 19.05.2010 – 5 AZR 162/09 -). Die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers fließen vielmehr in die Ausübung des Direktionsrechts ein. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG, Urt. v. 10.12.2014- 10 AZR 63/14 - m. w. N.). Das Gebot der Rücksichtnahme begründet in der Regel keinen Anspruch auf vertragsfremde Beschäftigung. Ausnahmsweise kann der Arbeitgeber zur Vertragsanpassung verpflichtet sein, wenn z.B. anderenfalls ein dauerhaftes Unvermögen des Arbeitnehmers droht (BAG, Urt. v. 03.09.2019 – 9 AZR 78/19 – m. w. N.).
32bb) Die Klägerin hat keine dauerhafte Leistungsunmöglichkeit oder eine vergleichbare Notsituation auf Dauer ohne die begehrte Vertragsanpassung vorgetragen. Es ihrem Vorbringen nicht zu entnehmen, dass im Falle der Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen ein dauerhaftes Leistungsunvermögen droht. Sie argumentiert zudem auf der Basis aktueller Betreuungszeiten hinsichtlich der Öffnungszeiten des Kindergartens, ohne künftige Änderungen hinsichtlich künftiger Betreuungszeiten aufgrund des Älterwerdens des Kindes in Rechnung zu stellen. Eine zeitliche Befristung der Festschreibung der Arbeitszeit (vgl. hierzu § 9a TzBfG) hat sie nicht geltend gemacht. Darüber hinaus ist eine Leistungsmöglichkeit ausschließlich in den begehrten, konkret beantragten Zeiten nicht plausibel dargetan, denn die schriftsätzlich vorgetragenen aktuellen Öffnungszeiten des Kindergartens lassen sich nicht in Einklang mit den beantragten Arbeitszeiten bringen. So ist z. B. nicht ersichtlich, warum Öffnungszeiten des Kindergartens ab 07:30 Uhr arbeitstägliche Arbeitszeiten montags und donnerstags ab 06:00 Uhr oder Öffnungszeiten des Kindergartens bis 16:45 Uhr Arbeitszeiten bis maximal 14:30 Uhr oder bis 16:00 Uhr bedingen. Dies gilt erst Recht soweit in der mündlichen Verhandlung die Klägerin ausgeführt hat, die Öffnungszeiten hätten sich mittlerweile geändert, so dass die Tochter nunmehr im Kindergarten dienstags nur bis 15:30 Uhr und mittwochs bis freitags bis 16:30 Uhr betreut werde. Auch lässt die Antragstellung unberücksichtigt, dass der Ehemann regelmäßig montags arbeitsfrei hat, so dass für den Montag im Hinblick auf den Betreuungsbedarf keine Notwendigkeit einer festen Arbeitszeit der Klägerin von 06:00 Uhr bis 14:30 Uhr besteht. Dies gilt auch im Hinblick auf die Samstagsarbeit, da der Ehemann nicht regelmäßig jeden Samstag zur Arbeit herangezogen wird, so dass kein Erfordernis besteht, die Klägerin gänzlich aus der Zuteilung von Samstagsarbeit herauszunehmen.
332. Der Hilfsantrag, dass die Klägerin generell nicht verpflichtet i
34sei, dienstags und mittwochs sowie freitags nach 16:00 Uhr sowie donnerstags nach 14:30 Uhr zu arbeiten, ist unbegründet.
35a) Weder Arbeitsvertrag, noch MTV Einzelhandel Hamburg oder BV AZ schränken das Direktionsrecht der Beklagten hinsichtlich der Arbeitszeit in dem beantragten Umfang ein. Die Weisung des Arbeitgebers unterliegt der konkreten Ausübungskontrolle nach billigem Ermessen im Rahmen, §§ 106 Satz 1 GewO, 315 BGB. Ob eine Anordnung der Arbeit jenseits von 14:30 Uhr oder 16:00 Uhr billigem Ermessen entspricht, kann nur im konkreten Einzelfall unter umfassender Berücksichtigung der Interessen beider Parteien sowie der übrigen Mitarbeiterinnen beantwortet werden, wobei auch der Betreuungsbedarf der Klägerin angemessen zu beachten ist. Im Falle der Notwendigkeit einer personellen Auswahlentscheidung sind die sozialen Belange sämtlicher betroffener Arbeitnehmer zu beachten (vgl.: BAG, Urt. v. 10.07.2013 – 10 AZR 915/12 – m. w. N.). Dass ausschließlich die beantragte Eingrenzung der Arbeitszeit der Klägerin billigem Ermessen entspricht, ist dem Vortrag der Klägerin nicht zu entnehmen, denn sie setzt sich mit den Interessen der Arbeitskolleginnen oder dem konkreten Beschäftigungsbedarf nicht hinreichend auseinander. Soweit die Klägerin auf die Möglichkeit einer Beschäftigung als Visual Commercial zu geänderten Arbeitszeiten verweist, ist zu bemerken, dass die Klägerin nicht in dieser Funktion angestellt wurde und die Zuweisung einer solchen (tarifvertraglich) höherwertigen Tätigkeit nicht vom bestehenden Anstellungsvertrag gedeckt ist. Im Übrigen ist auch hier mangels konkretem Vortrag nicht ersichtlich, warum Öffnungszeiten des Kindergartens bis 16:45 Uhr bzw. 16:30 Uhr ein Arbeitsende um 16:00 Uhr bedingen, erst Recht warum donnerstags bereits um 14:30 Uhr die Arbeitspflicht enden muss.
36b) Auch soweit sich die Klägerin auf den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz beruft, bleibt dem Hilfsantrag der Erfolg versagt.
37aa) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleich zu behandeln. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird inhaltlich durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bestimmt (BAG, Urt. v. 27.04.2021 – 9 AZR 662/19 – m. w. N.). Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist bei der Ausübung des Direktionsrechtes zu beachten (LAG Hamm, Urt. v. 17.02.2012 – 18 Sa 867/11 - BeckOGK/Maschmann, 1.9.2018, GewO § 106 Rn. 54 m. w. N.).
38bb) Das Vorbringen der Klägerin genügt nicht, um eine Einschränkung des Direktionsrechts der Beklagten aus Gründen der Gleichbehandlung annehmen zu können. Die Klägerin legt nicht konkret dar, welche Mütter mit welcher Betreuungssituation im Betrieb der Beklagten nicht verpflichtet sind, dienstags und mittwochs sowie freitags nach 16:00 Uhr sowie donnerstags nach 14:30 Uhr zu arbeiten. Sie trägt auch keine vom Arbeitgeber vorgegebene Ordnung vor, die dies bedingen soll, sondern beruft sich allgemein darauf, die Beklagte habe in vergleichbaren Fällen ihr Ermessen zur Festlegung der Lage der Arbeitszeit gegenüber Kolleginnen pflichtgemäß ausgeübt. Sie setzt sich auch nicht mit dem Vortrag der Beklagten auseinander, lediglich eine Kollegin habe ihre ausschließliche Verfügbarkeit in der Frühschicht gerichtlich erstritten. Hinsichtlich der übrigen Mitarbeiterinnen versuche die Beklagte die Arbeitszeitwünsche zu beachten, könne dies aber nicht immer gewährleisten.
393. Der weitere Hilfsantrag, festzustellen, dass die Einteilung der Klägerin zur Arbeit für die Zeiten dienstags, mittwochs und freitags nach 16:00 Uhr sowie montags und donnerstags nach 14:30 Uhr nicht billigem Ermessen entspricht, ist mangels Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO unzulässig. Die beantragte Feststellung bezieht sich nicht auf ein Rechtsverhältnis, sondern auf eine rechtliche Vorfrage, die lediglich als Teilelement für die Feststellung einer Arbeitspflicht von rechtlicher Relevanz ist.
40Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann die gerichtliche Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses beantragt werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse an einer entsprechenden baldigen richterlichen Entscheidung hat. Rechtsverhältnis iSv. § 256 Abs. 1 ZPO ist jedes durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Verhältnis einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Dabei sind einzelne Rechte und Pflichten ebenso Rechtsverhältnisse wie die Gesamtheit eines einheitlichen Schuldverhältnisses. Kein Rechtsverhältnis in diesem Sinne sind hingegen abstrakte Rechtsfragen, bloße Elemente eines Rechtsverhältnisses oder rechtliche Vorfragen. Die Erstattung eines Rechtsgutachtens gehört nicht zu den Aufgaben der Gerichte (BAG, Beschl. v. 18.01.2012 – 7 ABR 73/10 –; BAG, Urt. v. 01.10.2020 – 2 AZR 214/20 – m. w. N.).
41III. Die Kostenentscheidung beruht auf 97 Abs. 1 ZPO.
42IV. Die Revision wurde nicht zugelassen, da die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen.