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Zuständigkeit der Einigungsstelle zur Aufstellung eines Sozialplans bei durchgeführter Betriebsänderung.
Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 29.05.2020 – 8 BV 74/20 – wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
2I.
3Die Beteiligten streiten darüber, ob aus Anlass der von der Arbeitgeberin durchgeführten Betriebsstilllegung eine Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans einzusetzen ist.
4Die Arbeitgeberin unterstützt Industrieunternehmen, Energieversorger und Netzbetreiber bei der Digitalisierung und dem Management ihrer Energiesysteme. Zwischen den Beteiligten ist die Zahl der regelmäßig bei der Arbeitgeberin beschäftigten wahlberechtigten Arbeitnehmer streitig.
5Mit 18 Schreiben vom 17.04.2020 hörte die Arbeitgeberin den im September 2019 gebildeten Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung aller zu diesem Zeitpunkt noch bestehenden Arbeitsverhältnisse an. Hierzu trug sie in der Betriebsratsanhörung vor, sie habe am 16.04.2020 wegen ausbleibender Projekte und Erträge die unternehmerische Entscheidung zur Betriebsstillegung getroffen und wolle die Gesellschaft zunächst ab dem 30.04.2020 „ohne Personal fortführen“ und später abwickeln.
6Mit Schreiben vom 24.04.2020 forderte der Betriebsrat die Arbeitgeberin vergeblich zur Aufnahme von Sozialplanverhandlungen auf.
7Mit Beschluss vom 30.04.2020 erklärte der Betriebsrat die Verhandlungen zum Abschluss eines Sozialplans für gescheitert und beschloss die Anrufung der Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand „Abschluss eines Sozialplans anlässlich der arbeitgeberseitig geplanten Betriebsstillegung“.
8Mit einer nicht unterzeichneten Antragsschrift, die am 18.05.2020 bei dem Arbeitsgericht Köln eingegangen ist, der aber mit der Unterschrift seines Verfahrensbevollmächtigten versehene beglaubigte Abschriften beigefügt waren, hat sich der Betriebsrat darauf berufen, dass die Arbeitgeberin bei der vorzunehmenden Gesamtschau in der Regel über 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftige. Er hat darauf verwiesen, dass zum Zeitpunkt der Betriebsratswahl 2019 insgesamt 27 Arbeitnehmer in der Wählerliste aufgeführt gewesen seien.
9Die Arbeitgeberin hat die Ansicht vertreten, nicht zum Abschluss eines Sozialplans verpflichtet zu sein, da sie zum Zeitpunkt der Stilllegungsentscheidung auf Grund vorangegangener Eigenkündigungen und ihrer Entscheidung, die freigewordenen Arbeitsplätze nicht neu zu besetzen, weniger als 20 Mitarbeiter beschäftigt habe.
10Das Arbeitsgericht Köln hat mit einem am 29.05.2020 verkündeten Beschluss Herrn Richter am Arbeitsgericht Dr. D F , Arbeitsgericht B , zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Abschluss eines Sozialplans anlässlich der arbeitgeberseitigen Betriebsstillegung“ bestellt, die Anzahl der von jeder Seite für die Einigungsstelle zu benennenden Beisitzer auf zwei festgesetzt und dies im Wesentlichen wie folgt begründet.
11Die Einigungsstelle sei nicht offensichtlich unzuständig, weil die Arbeitgeberin unter 20 Mitarbeiter beschäftigte. Denn bei der Beurteilung der Zahl der „in der Regel“ beschäftigten Arbeitnehmer sei eine Gesamtschau vorzunehmen. Danach sei für den Betrieb der Arbeitgeberin eine regelmäßige Personalstärke von mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern kennzeichnend. Demgemäß sei ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach den §§ 112, 112a BetrVG zum Abschluss eines Sozialplans gegeben, auch wenn die Betriebsänderung bereits durchgeführt worden sei. Ansprüche des Arbeitnehmers auf einen Nachteilsausgleich nach § 113 Abs. 3 BetrVG ließen die Verpflichtung zum Abschluss des Sozialplans nicht entfallen. Der Einigungsstellenvorsitzende sei als Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit sowie als erfahrener Einigungsstellenvorsitzender für die Übernahme des Vorsitzes geeignet. Die Zahl der Beisitzer von zwei je Seite entspreche der Regelbesetzung.
12Der Beschluss ist der Arbeitgeberin am 30.05.2020 zugestellt worden. Ihre dagegen gerichtete Beschwerde ist nebst Begründung am 12.06.2020 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen.
13Sie ist der Auffassung, dass der Abschluss eines Sozialplans entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts nach einer durchgeführten Betriebsänderung ausgeschlossen sei. Denn Gegenstand der Mitbestimmung des Betriebsrats sei hinsichtlich des Sozialplans nur eine vom Arbeitgeber beabsichtigte, noch in der Zukunft liegende Betriebsänderung. Zudem beschäftige sie in der Regel nicht mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer. Im gesamten Jahr 2018 habe sich die Beschäftigtenzahlen auf unter 20 Arbeitnehmer belaufen. Erstmals im Jahr 2019 sei sie auf mehr als 20 Arbeitnehmer gestiegen. Dann habe jedoch ihre Geschäftsführung feststellen müssen, dass eine solche Belegschaftsstärke finanziell nicht tragbar sei. In der Folgezeit sei nach Ausspruch von insgesamt sieben arbeitnehmerseitigen Kündigungen keine Nachbesetzung der freigewordenen Stellen erfolgt. Ende März 2020 habe sich dann eine Personalstärke von 19 Arbeitnehmern ergeben, mit der sie nach der damaligen Planung habe weiterarbeiten wollen.
14Die Arbeitgeberin beantragt,
15den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 29.05.2020, Az. 8 BV 74/20, abzuändern und die Anträge zurückzuweisen.
16Der Betriebsrat beantragt,
17die Beschwerde zurückzuweisen.
18Er verteidigt die arbeitsgerichtliche Entscheidung und vertritt die Auffassung, dass die regelmäßige Beschäftigtenzahl nicht durch den erstmals im Monat April 2020 festgestellten Stand von 19 wahlberechtigten Arbeitnehmern gekennzeichnet werde. Vielmehr habe sich im gesamten Jahr 2019 und bis einschließlich März 2020 eine Personalstärke von mindestens 21 Arbeitnehmern gegeben. Es treffe auch nicht zu, dass nach Durchführung einer Betriebsänderung ein Sozialplan nicht mehr erzwungen werden könne. Jedenfalls habe er, der Betriebsrat, insoweit ein Restmandat.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses, die im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
20II.
21Die Beschwerde der Arbeitsgeberin ist unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht Herrn Dr. F zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Abschluss eines Sozialplans anlässlich der arbeitgeberseitigen Betriebsstillegung“ bestellt und die Anzahl der von jeder Seite für die Einigungsstelle zu benennenden Beisitzer auf zwei festgesetzt.
221.) Der Betriebsrat hat das vorliegende Verfahren nach § 76 Abs. 2 Satz 2 BetrVG wirksam gemäß §§ 100 Abs. 1 Satz 3, 81 Abs. 1 Satz 1 ArbGG eingeleitet, auch wenn die Antragsschrift nicht unterzeichnet ist.
23a) Die ein Verfahren nach § 81 ArbGG einleitende Antragsschrift bedarf zwar nach dem auch im Beschlussverfahren anwendbaren § 130 Nr. 6 ZPO der eigenhändigen Unterschrift der den Schriftsatz verantwortenden Person (BAG, Beschluss vom 21. September 2011 – 7 ABR 54/10 –, BAGE 139, 197-212, Rn. 16). Diese Unterschrift ist grundsätzlich ein wesentlicher Bestandteil einer Antragsschrift im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren (BAG, Beschluss vom 21. Oktober 1969 – 1 ABR 8/69 –, Rn. 44, juris), da sie das im Rechtsverkehr typische Merkmal ist, um den Urheber eines Schriftstücks und seinen Willen festzustellen. Jedoch ist das Fehlen einer eigenhändigen Unterschrift ausnahmsweise dann unschädlich, wenn sich aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen ergibt, das Schreiben in den Rechtsverkehr zu bringen (BVerwG, Urteil vom 06. Dezember 1988 – 9 C 40/87 –, BVerwGE 81, 32-41, Rn. 6, 10; BGH, Beschluss vom 09. Dezember 1996 – AnwZ (B) 35/96 –, Rn. 5, juris).
24b) Die Rechtswirkungen der Einreichung der Urschrift eines bestimmten Schriftsatzes treten daher auch dann ein, wenn - wie hier - eine von dem Verfahrensbevollmächtigten handschriftlich beglaubigte Abschrift bei Gericht eingegangen ist. Dem steht nicht entgegen, dass die beglaubigten Abschriften nur zur Weiterleitung an den Gegner bestimmt waren und nicht Bestandteil der Akten geworden sind. Denn aus ihnen ergibt sich jedenfalls, dass die Antragsschrift von dem Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats stammt, dass er die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernommen hat und dass er diesen bei Gericht einreichen wollte (vgl. BGH, Beschluss vom 26. März 2012 – II ZB 23/11 –, Rn. 9, juris).
252.) Der Antrag auf Bestellung eines Einigungsstellenvorsitzenden und auf Festsetzung der Beisitzerzahl ist begründet. Denn die Einigungsstelle ist für die Aufstellung eines Sozialplans nicht offensichtlich unzuständig. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.
26a) Gemäß §§ 112 Abs. 4, 111 BetrVG entscheidet in Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat – wie hier im Falle der Betriebsstilllegung – nicht über den Sozialplan einigen.
27b) Richtigerweise hat das Arbeitsgericht seiner Entscheidung zu Grunde gelegt, dass im Unternehmen der Arbeitgeberin in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt sind. Denn gemäß dem nach § 100 Abs. 1 Satz 2 ArbGG geltenden Prüfungsmaßstab hätte das Arbeitsgericht die Zuständigkeit der Einigungsstelle nur verneinen dürfen, wenn dieser Schwellenwert offensichtlich verfehlt würde. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden.
28aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist bei der Ermittlung der regelmäßigen festen Beschäftigtenzahl von dem Zeitpunkt auszugehen, in dem die fraglichen Beteiligungsrechte des Betriebsrats entstehen. Das ist im Fall der Betriebsstilllegung der Stilllegungsbeschluss. Nicht entscheidend ist, wie viele Arbeitnehmer dem Betrieb zufällig zu dieser Zeit angehören. Vielmehr ist auf die normale Zahl der Beschäftigten abzustellen, also auf die Personalstärke, die für den Betrieb im Allgemeinen kennzeichnend ist. Dies erfordert regelmäßig sowohl einen Rückblick als auch eine Prognose. Im Fall einer Betriebsstillegung kann allerdings nur ein Rückblick auf die bisherige Belegschaftsstärke in Frage kommen (BAG, Beschluss vom 09. Mai 1995 – 1 ABR 51/94 –, Rn. 23, juris; Richardi/Annuß, 16. Aufl. 2018, § 111 BetrVG, Rn. 24). Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass der Begriff der "in der Regel" beschäftigen Arbeitnehmer ein zeitliches Element enthält, so dass für einen als normal anzusehenden Personalbestand eine gewisse Dauer zu fordern ist. Zum andern hängt die Beurteilung, welche Belegschaftsstärke für den Betrieb im Allgemeinen kennzeichnend ist, auch von den personalwirtschaftlichen Entscheidungen des Arbeitgebers ab. Ist der Betriebsstillegung in kurz aufeinanderfolgenden Schritten ein kontinuierlicher Abbau der Belegschaft unmittelbar vorangegangen, so bleibt dieser für den Rückblick auf die bisherige Belegschaftsstärke unbeachtlich, weil der Personalabbau dann lediglich als gleitender Übergang von der normalen Arbeitnehmerzahl zur völligen Stilllegung zu betrachten ist. Dient die Verminderung der Belegschaft dagegen der Rationalisierung, um den Betrieb in vermindertem Umfang fortführen zu können, und stabilisiert sich der Personalbestand zunächst auf niedrigerem Niveau, so ergibt sich daraus eine neue, den Betrieb kennzeichnende regelmäßige Personalstärke. Von dieser ist dann auszugehen, wenn die Stilllegung des Betriebs später doch noch beschlossen wird, weil sich die an die Rationalisierung geknüpften Erwartungen nicht erfüllt haben (BAG, Beschluss vom 09. Mai 1995 – 1 ABR 51/94 –, Rn. 24, juris).
29bb) Nach den Feststellungen des Arbeitsgerichts hat sich die Beschäftigtenzahl im Unternehmen der Arbeitgeberin wie folgt entwickelt:
302018 |
2019 |
2020 |
Januar 15 Februar 16 März 17 April 17 Mai bis Juli 16 August 15 Sept./Okt. 18 Nov./Dez. 20 |
Jan./Feb. 20 März 21 April 27 Mai - August 27 Sept. - Nov. 26 Dezember 22 |
Jan. - März 23 April 19 |
Auch nach Darlegung der Arbeitgeberin waren zumindest im Jahr 2019 mehr als zwanzig wahlberechtigte Arbeitnehmer bei ihr beschäftigt. Angesichts dessen ist es nicht offensichtlich falsch, die Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer bei mehr als zwanzig anzunehmen und die Wachstumsphase in den Jahren zuvor nicht in die Rückschau einzubeziehen. Auch der Personalabbau in den letzten Monaten vor der Stilllegungsentscheidung scheint nicht für die Unternehmensgröße kennzeichnend zu sein. Dass die Arbeitgeberin die durch Eigenkündigungen frei gewordenen Arbeitsplätze nicht neu besetzt hatte, lässt nicht den hinreichend sicheren Schluss auf eine Stabilisierung dieses Personalbestands zu, sondern deutet angesichts des kurzen Zeitraums bis zur Stilllegungsentscheidung eher darauf hin, die Verringerung der Personalstärke als gleitenden Übergang von der normalen Arbeitnehmerzahl bis zu der Stilllegung zu betrachten.
32c) Der Einsetzung der Einigungsstelle steht nicht entgegen, dass die Betriebsänderung nach Kündigung aller Arbeitsverhältnisse bereits durchgeführt worden ist.
33aa) Das Mitbestimmungsrecht über die Aufstellung eines Sozialplans bezieht sich zwar im Grundsatz auf eine konkret geplante Betriebsänderung. Der Gesetzeswortlaut geht davon aus, dass der Sozialplan aufgestellt wird, bevor die Betriebsänderung durchgeführt wird (Richardi/Annuß, 16. Aufl. 2018, § 112 BetrVG, Rn. 61). Arbeitgeber und Betriebsrat sollen sich gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile einigen, die den Arbeitnehmern infolge der "geplanten" - nicht der durchgeführten - Betriebsänderung entstehen (BAG, Beschluss vom 23. April 1985 – 1 ABR 3/81 –, BAGE 48, 294-307, Rn. 44). Die Mitbestimmung soll grundsätzlich stattfinden, bevor die Betriebsänderung durchgeführt ist (BAG, Beschluss vom 28. März 2006 – 1 ABR 5/05 –, BAGE 117, 296-307, Rn. 22).
34bb) Gleichwohl kann ein Sozialplan auch noch nach Durchführung der Betriebsänderung geschlossen werden (BAG, Beschluss vom 28. März 2006 – 1 ABR 5/05 –, BAGE 117, 296-307, Rn. 23).
35(1) Bereits aus der Gestaltung des Mitbestimmungsverfahrens ergibt sich, dass ein Sozialplan dann noch aufgestellt werden kann, wenn der Unternehmer die Betriebsänderung berechtigterweise durchgeführt hatte, weil ein Interessenausgleich bereits zustande gekommen oder der Einigungsversuch über den Interessenausgleich vor der Einigungsstelle gescheitert war. In diesen Fällen kann ein Spruch über die Aufstellung des Sozialplans möglicherweise erst dann erfolgen, wenn die geplante Betriebsänderung bereits durchgeführt worden ist.
36(2) Nichts anderes kann gelten, wenn der Betriebsrat überhaupt nicht beteiligt wurde. Denn ansonsten könnte der Unternehmer durch rasche Schaffung vollendeter Tatsachen den Beteiligungsrechten des Betriebsrats nach § 112 BetrVG den Boden entziehen. Er hätte es allein in der Hand, ob er mit dem Betriebsrat in Sozialplanverhandlungen eintritt oder ob er seine Arbeitnehmer auf die klageweise Durchsetzung eines Abfindungsanspruchs aus § 113 BetrVG verweist. Das wäre nicht nur unvereinbar mit dem sozialen Schutzgedanken, der den §§ 111 ff. BetrVG zugrunde liegt. Ein solches (faktisches) Wahlrecht widerspräche zudem eklatant dem Willen des Gesetzgebers, der dem Betriebsrat ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht bei der Aufstellung eines Sozialplans eingeräumt hat (Richardi/Annuß, 16. Aufl. 2018, § 112 BetrVG, Rn. 68, 69).
37(3) Der Unternehmer wird mit der Sozialplanpflichtigkeit einer bereits durchgeführten Betriebsänderung trotz etwa bestehender Nachteilsausgleichsansprüche nicht über Gebühr belastet. Denn Abfindungen aufgrund eines Sozialplans und aufgrund eines gesetzlichen Nachteilsausgleichs sind im Wege der Erfüllungswirkung gemäß § 362 Abs. 1 BGB verrechenbar. Zwar soll der Nachteilsausgleich ein betriebsverfassungswidriges Verhalten des Arbeitgebers sanktionieren. Gleichwohl setzt das Entstehen eines solchen Anspruchs voraus, dass der Arbeitnehmer „infolge“ der ohne Beachtung der Mitbestimmung des Betriebsrats durchgeführten Maßnahme wirtschaftliche Nachteile erleidet. Dies rechtfertigt die Verrechenbarkeit beider Ansprüche, ohne dass der von § 113 Abs. 3 BetrVG verfolgte Sanktionszweck dadurch aufgehoben würde (BAG, Urteil vom 12. Februar 2019 – 1 AZR 279/17 –, BAGE 165, 336-344, Rn. 14 – 17; siehe auch BAG, Urteil vom 20. November 2001 – 1 AZR 97/01 –, BAGE 99, 377-386, Rn. 20; BAG, Beschluss vom 13. Dezember 1978 – GS 1/77 –, BAGE 31, 176-211, Rn. 168).
383.) Die Person des vom Arbeitsgericht bestellten Einigungsstellenvorsitzenden und die festgelegte Zahl der Beisitzer begegnen keinen Bedenken. Wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, handelt es sich bei dem Vorsitzenden um einen qualifizierten Richter und erfahrenen Einigungsstellenvorsitzenden. Die Zahl von zwei Beisitzern für jede Seite trägt sowohl der verhältnismäßig geringen Größe des stillgelegten Betriebs als auch der erheblichen Bedeutung der Angelegenheit für Unternehmen und Belegschaft angemessen Rechnung.
39III.
40Gegen die vorliegende Entscheidung findet gemäß § 100 Abs. 2 Satz 4 ArbGG kein Rechtsmittel statt.