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1. Anforderungen an die Nichtverlängerungsmitteilung nach § 61 NV Bühne
2. Einzelfall zu § 17 TzBfG
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 24.04.2020 – 19 Ha 6/18 – abgeändert und die Aufhebungsklage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Der im Jahr 1968 geborene Kläger ist seit dem 01.08.2000 auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 21.02.2000 (Bl. 9 f. der Akte des Bühnenschiedsgerichts) bei der Beklagten als Solosänger (Tenor) für die Kunstgattung Musiktheater beschäftigt. Seine letzte monatliche Bruttovergütung betrug 3293,- €. Die Beklagte betreibt ein Fünf-Sparten-Theater in C .
3Im vorgenannten Arbeitsvertrag der Parteien heißt es auszugsweise:
4„§ 4
5Im Übrigen bestimmt sich das Dienstverhältnis nach dem Normalvertrag Solo in der jeweils geltenden Fassung und den ihn ändernden und ergänzenden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen sowie nach den sonstigen zwischen dem Deutschen Bühnenverein – Bundesverband deutscher Theater und der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger für die auf Normalvertrag Solo Beschäftigten vereinbarten Tarifverträgen.
6(…)“
7Der Normalvertrag Solo (im Folgenden „NV Bühne“) enthält u.a. folgende Bestimmungen:
8„§ 2 Begründung des Arbeitsvertrags
9(…)
10(2)
11Der Arbeitsvertrag ist mit Rücksicht auf die künstlerischen Belange der Bühne ein Zeitvertrag.
12(…)
13§ 53 Bühnenschiedsgerichtsbarkeit
14Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten im Sinne des § 2 Arbeitsgerichtsgesetz zwischen den Arbeitsvertragsparteien sind unter Ausschuss der Arbeitsgerichtsbarkeit ausschließlich die von den vertragsschließenden Parteien dieses Tarifvertrags nach Maßgabe der vereinbarten Bühnenschiedsgerichtsordnungen eingesetzten Schiedsgerichte zuständig.
15II. Besonderer Teil
161. Abschnitt Sonderregelungen (SR) Solo
17(…)
18§ 61 Nichtverlängerungsmitteilung – Solo
19(1) Das Arbeitsverhältnis endet mit dem im Arbeitsvertrag vereinbarten Zeitpunkt.
20(2) Ein mindestens für ein Jahr (Spielzeit) abgeschlossener Arbeitsvertrag verlängert sich zu den gleichen Bedingungen um ein Jahr (Spielzeit), es sei denn, eine Vertragspartei teilt der anderen bis zum 31. Oktober der Spielzeit, mit deren Ablauf der Arbeitsvertrag endet, schriftlich mit, dass sie nicht beabsichtigt, den Arbeitsvertrag zu verlängern (Nichtverlängerungsmitteilung). Besteht das Arbeitsverhältnis am Ende einer Spielzeit an bei derselben Bühne ununterbrochen mehr als acht Jahre (Spielzeiten), muss die Nichtverlängerungsmitteilung der anderen Vertragspartei bis zum 31. Juli der jeweils vorangegangenen Spielzeit schriftlich zugegangen sein.
21(3) Besteht das Arbeitsverhältnis am Ende einer Spielzeit ununterbrochen mehr als fünfzehn Jahre (Spielzeiten), kann der Arbeitgeber eine Nichtverlängerungsmitteilung nach Absatz 2 nur aussprechen, um das Arbeitsverhältnis unter anderen Vertragsbedingungen – auch außerhalb der im Arbeitsvertrag angegebenen Bühne(n) (ein Arbeitgeber in selbständiger Rechtsform auch bei seinem oder einem seiner rechtlichen oder wirtschaftlichen Träger) – fortzusetzen.
22Besteht das Arbeitsverhältnis am Ende der Spielzeit ununterbrochen mehr als fünfzehn Jahre (Spielzeiten) und hat das Solomitglied in dem Zeitpunkt, in dem die Nichtverlängerungsmitteilung spätestens zugegangen sein muss (Absatz 2), das 55. Lebensjahr vollendet, kann der Arbeitgeber eine Nichtverlängerungsmitteilung nach Absatz 2 nur aussprechen, um das Arbeitsverhältnis unter anderen Vertragsbedingungen bei der (den) im Arbeitsvertrag angegebenen Bühne(n) fortzusetzen.
23Besteht das Arbeitsverhältnis am Ende der Spielzeit bei derselben Bühne ununterbrochen mehr als acht Jahre (Spielzeiten), können der Arbeitgeber und das Solomitglied vertraglich vereinbaren, dass bis zu vier Spielzeiten der nachfolgenden Spielzeiten auf die 15 Jahre nach Unterabsatz 1 und 2 nicht angerechnet werden.
24(4) Bevor der Arbeitgeber eine Nichtverlängerungsmitteilung ausspricht, hat er das Solomitglied - auf dessen schriftlichen Wunsch auch den Sprecher der Sparte, der das Solomitglied angehört, oder das von dem Solomitglied benannte Vorstandsmitglied des Orts- /Lokalverbands einer der vertragsschließenden Gewerkschaften, das an der gleichen Bühne beschäftigt ist – zu hören. Das Solomitglied ist fünf Tage vor der Anhörung zur Anhörung schriftlich einzuladen. Die Einladung zur Anhörung gilt als ordnungsgemäß zugestellt, wenn der Arbeitgeber nachweist, dass die Absendung der Einladung fünf Tage vor der Anhörung an die dem Arbeitgeber bekannte Adresse erfolgt ist.
25(5) Das Solomitglied und der von ihm nach Absatz 4 Benannte sind unter Berücksichtigung der durch die Theaterferien oder einen Gastierurlaub bedingten Abwesenheit des Solomitglieds spätestens zwei Wochen vor den in Absatz 2 genannten Zeitpunkt zu hören, es sei denn, das Solomitglied verzichtet schriftlich darauf, gehört zu werden; in diesem Fall findet Absatz 4 Satz 2 keine Anwendung. Unterlässt es der Arbeitgeber, das Solomitglied fristgerecht zu hören, ist die Nichtverlängerungsmitteilung unwirksam.
26(6) (…)
27(7) (…)
28(8) Klagen gegen Nichtverlängerungsmitteilungen sind innerhalb einer Ausschlussfrist von vier Monaten nach den in Absatz 2 genannten Terminen zur Nichtverlängerungsmitteilung zu erheben.
29(…)“
30Unter dem 21.06.2013/02.07.2013 schlossen sie Parteien folgende Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag (im Folgenden "Nichtanrechnungsvereinbarung"):
31„Die Städtische Theater C gGmbH und Herr A R (Solomitglied) vereinbaren hiermit,
321. dass gemäß § 61 Abs. 3 Unterabsatz 3 NV Bühne-Solo die nachfolgenden vier Spielzeiten, also
die Spielzeiten 2013/2014, 2014/2015, 2015/2016 und 2016/2017
35nicht auf die 15 Jahre nach § 61 Abs. 3 Unterabsatz 1 und 2 NV Bühne-Solo abgerechnet werden.
362. (…)“
Mit Schreiben vom 30.05.2016 lud die Beklagte den Kläger zu einem Anhörungsgespräch am 07.06.2016 ein. An diesem Gespräch nahmen neben dem Kläger der Generalintendant der Beklagten, Herr D . C D sowie der Direktor der künstlerischen Planung, Herr P W und der Verwaltungsdirektor, Herr R G teil.
39In diesem Gespräch teilte Herr D . D dem Kläger mit, dass er beabsichtige, den mit ihm bestehenden Vertrag als Solosänger über den 31.07.2017 hinaus nicht zu verlängern. Zur Begründung führte er künstlerische Gründe an. Hinsichtlich der Einzelheiten des Gesprächsinhalts wird auf die Darstellung der Beklagten im Schriftsatz vom 18.02.2019 (Bl. 123 d. A.) Bezug genommen.
40Mit Schreiben vom 15.06.2016 (Bl. 14 der Akte des Bühnenschiedsgerichts) erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger, dass sie das mit ihm bestehende Arbeitsverhältnis nicht verlängern werde und dieses damit zum Ende der Spielzeit 2016/2017 am 31.07.2017 ende. Diese Nichtverlängerungsmitteilung ging dem Kläger im Original am 25.06.2016 durch Einwurf in seinen Briefkasten zu.
41Mehrere Monate nach Ausspruch der Nichtverlängerungsmitteilung, am 11.02.2017, bot die Beklagte dem Kläger an, die Rolle des "P " in der Oper "T " im Rahmen eines Gastspiels in vier Aufführungen - auch noch nach dem 31.07.2017 - im Oktober und Dezember 2017 zu singen.
42Gegen die Nichtverlängerung seines Arbeitsverhältnisses hat sich der Kläger mit seiner am 29.11.2016 beim Bühnenschiedsgericht - Bezirksschiedsgericht Chemnitz - mit dem Antrag gewandt,
43festzustellen, dass die Nichtverlängerungsmitteilung vom 15.06.2016 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen über den 31.07.2017 hinaus fortbesteht.
44Hinsichtlich des letzten Halbsatzes des vorgenannten Antrags enthält die Klageschrift keine Begründung. In einem späteren erstinstanzlichen Schriftsatz vom 10.04.2017 führt der klägerische Prozessbevollmächtigte am Ende wörtlich aus:
45"Weiterhin wird nochmals ausdrücklich bestritten, dass eine wirksame Befristung des Arbeitsverhältnisses der Parteien vereinbart wurde.
46Gem. § 14 Abs. 4 TzBfG bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrages zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.
47Der als Anlage K1 vorgelegte Arbeitsvertrag vom 21.02.2000 ist jedoch lediglich von Seiten des Generalintendanten der Beklagten unterzeichnet worden."
48Zuvor rügte der klägerische Prozessbevollmächtigte mit gleichem Schriftsatz die Unwirksamkeit der Nichtverlängerungsmitteilung unter Berufung auf die Unwirksamkeit der Nichtanrechnungsvereinbarung, da der Kläger zu deren Unterzeichnung genötigt worden sei und sie im Übrigen bereits wegen Verstoßes ihrer Ermächtigungsgrundlage - § 61 Abs. 3 Unterabs. 3 NV Bühne gegen europarechtliche Vorgaben in der Richtlinie 1999/70/EG unwirksam sei.
49Ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 18.09.2017 hat das erstinstanzliche Bühnenschiedsgericht Einsicht in das Original des schriftlichen Arbeitsvertrages der Parteien genommen und festgehalten, dass dieses von beiden Parteien unterschrieben ist. Es hat sodann mit Schiedsspruch vom gleichen Tag die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Schiedsspruchs (Bl. 145 ff. der Akte des Bühnenschiedsgerichts) Bezug genommen.
50Gegen den vorgenannten erstinstanzlichen Schiedsspruch hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung beim Bühnenoberschiedsgericht eingelegt. Zur Begründung hat der Kläger gerügt, das Bühnenschiedsgericht sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die Nichtverlängerungsmitteilung aufgrund des Vorliegens künstlerischer Gründe berechtigt gewesen und der ihm später angebotene Gastvertrag für die Partie des "P " in der Oper "T " rechtlich unbeachtlich sei. Er hat weiter gemeint, das Bühnenschiedsgericht sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die Nichtverlängerungsmitteilung aufgrund des Vorliegens von künstlerischen Gründen, welche ihm als subjektive Motivation des Intendanten in der Anhörung mitgeteilt worden seien, berechtigt gewesen sei und es dabei unbeachtlich sei, dass er universell einsetzbar sei, was durch seine bisherige Mitwirkung an Aufführungen belegt sei. Schließlich hat er gerügt, das Bühnenschiedsgericht habe rechtsfehlerhaft verkannt, dass zum Zeitpunkt der Nichtverlängerungsmitteilung am 15.06.2016 sein Arbeitsverhältnis bereits 15 Spielzeiten im Sinne des § 61 Abs. 3 Unterabs. 1 NV Bühne ununterbrochen bestanden hätte und deshalb die Beklagte eine Nichtverlängerungsmitteilung nur unter den dort genannten Voraussetzungen hätte aussprechen dürfen. Dies beruhe auf dem Umstand, dass die Nichtanrechnungsvereinbarung vom 21.06./02.07.2013 keine Wirkung habe entfalten können, da § 61 Abs. 3 Unterabs. 3 NV Bühne als ihre rechtliche Grundlage gegen europäisches Recht verstoße.
51Der Kläger hat beantragt,
521. den Schiedsspruch des Bezirksschiedsgerichts Chemnitz vom 18.09.2017 - BSchG 8/16 - abzuändern und festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Nichtverlängerungsmitteilung vom 15.06.2016 aufgelöst worden ist, sondern über den 31.07.2017 hinaus fortbesteht,
53hilfsweise
542. unter Aufhebung des Schiedsspruchs des Bezirksschiedsgerichts Chemnitz vom 18.09.2017 - BSchG 8/16 - den Bühnenrechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Bezirksschiedsgericht Chemnitz zurückzuverweisen.
55Die Beklagte hat beantragt,
56die Berufung zurückzuweisen.
57Die Beklagte ist der erstinstanzlichen Entscheidung beigetreten und hat ihren erstinstanzlichen Vortrag insbesondere zum Ablauf des Anhörungsgesprächs vertieft. Im Übrigen hat die Beklagte gemeint, der Kläger verkenne, dass eine Vorlagepflicht der Bühnenschiedsgerichte an den EuGH nicht bestehe. Außerdem gingen die Ausführungen des Klägers zur europäischen Befristungsrechtsprechung ins Leere. Die Nichtanrechnungsvereinbarung sei nämlich keine Befristungsvereinbarung. Überdies habe das Bundesarbeitsgericht erst letztlich mit Urteil vom 13.12.2017 - 7 AZR 369/16 - festgestellt, dass die Befristungen nach dem NV Bühne europarechtskonform seien.
58Das Bühnenoberschiedsgericht hat mit Schiedsspruch vom 24.09.2018 die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Rechtswirksamkeit der streitbefangenen Nichtverlängerungsmitteilung scheitere weder an dem rund sechs Monate später beklagtenseits angebotenen Gastspielvertrag noch an der Anzahl der bis dahin vom Kläger absolvierten Spielzeiten. Die Beklagte beriefe sich zu Recht auf die im Jahr 2013 zwischen den Parteien getroffene Nichtanrechnungsvereinbarung, denn diese sei weder nach §§ 142 Abs. 1, 123 Abs. 1 BGB unwirksam, noch bestünden hinreichende Anhaltspunkte für die fehlende Vereinbarkeit von § 61 Abs. 3 NV Bühne mit dem europäischen Recht. Schließlich wäre die Klage auch unbegründet, sofern man den 2. Teil des Antrags ("sondern über den 31.07.2017 hinaus fortbesteht") als Klage nach § 17 Satz 1 TzBfG auslegen würde. Bedenken gegen eine derartige Auslegung bestünden deshalb, weil sich der Klagebegründung nicht entnehmen ließe, dass der Kläger die Unwirksamkeit der Befristung hätte geltend machen wollen. Vielmehr befasste sich die Klageschrift ausschließlich mit der Nichtverlängerungsmitteilung. Dies spräche dafür, den genannten Zusatz ("sondern fortbesteht") als unselbständigen Annex anzusehen. Im Übrigen wäre die Befristung nach § 14 Abs. 1 TzBfG durch einen sachlichen Grund - nämlich die Eigenart der Arbeitsleistung - gerechtfertigt, da der Kläger als Sänger künstlerische Tätigkeiten erbracht hätte. Wegen der weiteren Begründung im Einzelnen wird auf die entscheidungsgründe des zweitinstanzlichen Schiedsspruchs (Bl. 153 ff. d. Akte des Bühnenoberschiedsgerichts) Bezug genommen.
59Gegen den ihm am 29.10.2018 zugestellten Schiedsspruch hat der Kläger am 12.11.2018 Aufhebungsklage beim Arbeitsgericht Köln erhoben.
60Der Kläger hat zunächst wortgleich die mit der Berufung gegen den erstinstanzlichen Schiedsspruch erhobenen Rügen nunmehr mit der Aufhebungsklage gegenüber dem zweitinstanzlichen Schiedsspruch wiederholt. Ergänzend hat er eingewandt, das Bühnenoberschiedsgericht habe rechtsfehlerhaft eine Verpflichtung oder Veranlassung zur Vorlage der Frage an den EuGH, ob die Regelung des § 61 Abs. 3 Unterabs. 3 NV Bühne mit europäischem Recht vereinbar sei, verneint.
61Weiter hat er die Ansicht vertreten, die streitgegenständliche Nichtverlängerungsmitteilung sei unwirksam, weil er zum Zeitpunkt ihres Zugangs mehr als 15 Spielzeiten beschäftigt gewesen sei. Die in der Nichtanrechnungsvereinbarung aus dem Jahr 2013 benannten Spielzeiten seien nicht zu berücksichtigen, da die Nichtanrechnungsvereinbarung selbst unwirksam sei. Sie beruhe auf § 61 Abs. 3 Unterabs. 3 NV Bühne, der seinerseits gegen die Richtlinie 1999/70/EG verstoße.
62Der Kläger hat weiter behauptet, die subjektive Motivation für den Ausspruch der Nichtverlängerungsmitteilung seien nicht künstlerische Gründe gewesen, sondern der Umstand, dass die Beklagte gehalten gewesen sei, zu verhindern, dass Bühnenmitarbeiter, die gemäß dem NV Bühne beschäftigt würden, so lange für sie tätig würden, dass eine Nichtverlängerungsmitteilung nicht mehr zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen könne. So sei ihm am 24.06.2013 von Herrn D . D mitgeteilt worden, dass bei Nichtabschluss der Nichtanrechnungsvereinbarung sein Vertrag nicht verlängert werden würde, da es entsprechende Auflagen der Stadt Chemnitz gebe. Im Übrigen hat der Kläger die in der Anhörung angegebenen künstlerischen Gründe für pauschal erachtet und hat behauptet, solche Gründe würden auch anderen Sängern gegenüber stets erklärt.
63Mit der Aufhebungsklageschrift vom 12.11.2018 hatte der Kläger ursprünglich beantragt, den Schiedsspruch des Bühnenoberschiedsgerichts vom 24.09.2018 (Az.: BOSchG 4/17) sowie den Schiedsspruch des Bezirksschiedsgerichts Chemnitz vom 18.09.2017 (Reg.-Nr. 8/16) aufzuheben und festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Nichtverlängerungsmitteilung vom 15.06.2016 aufgelöst worden ist, sondern über den 31.07.2017 hinaus fortbesteht.
64Dabei hatte er klarstellend zum Umfang der Anfechtung auf S. 5 der Klageschrift unter Gliederungspunkt A 4 wörtlich ausgeführt: "Die Aufhebungsklage des Klägers richtet sich gegen den Schiedsspruch des Bühnenoberschiedsgerichts vom 24.09.2018 (Az.: BOSchG 4/17) sowie den Schiedsspruch des Bezirksschiedsgerichts Chemnitz vom 18.09.2017 (Reg.-Nr. 8/16) in vollem Umfang. Mit der Aufhebungsklage verfolgt der Kläger das Ziel weiter, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht aufgrund der Nichtverlängerungsmitteilung vom 15.06.2016 zum 31.07.2017 beendet wurde, sondern unverändert fortbesteht."
65Den vorgenannten Antrag hat er auch im ersten arbeitsgerichtlichen Kammertermin am 19.07.2019 gestellt.
66Nachdem das Arbeitsgericht den Kläger mit anschließendem, ausführlichen Beschluss darauf hingewiesen hatte, dass sich die Klage nur gegen die Wirksamkeit der Nichtverlängerungsmitteilung der Beklagten vom 15.06.2016 und nicht gegen die Befristung des Arbeitsverhältnisses selbst richte, da der gestellte Antrag eindeutig kein Entfristungsantrag sei, hat der Kläger seinen Antrag mit Schriftsatz vom 02.12.2019 ergänzt und hat zuletzt beantragt,
67den Schiedsspruch des Bühnenoberschiedsgerichts vom 24.09.2018 (Az.: BOSchG 4/17) sowie den Schiedsspruch des Bezirksschiedsgerichts Chemnitz vom 18.09.2017 (Reg.-Nr. 8/16) aufzuheben und festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Nichtverlängerungsmitteilung vom 15.06.2016 aufgelöst worden ist und nicht durch die Befristung im Arbeitsvertrag vom 21.02.2000 beendet worden ist, sondern über den 31.07.2017 hinaus fortbesteht.
68Die Beklagte hat beantragt,
69die Klage abzuweisen.
70Die Beklagte hat ihren Vortrag aus dem Schiedsverfahren wiederholt und vertieft. Im Übrigen weist sie auf den nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts revisionsähnlichen Charakter des Aufhebungsverfahrens hin und meint, der Kläger sei mit neuem Tatsachenvortrag bzw. neuem Bestreiten sowie neuen Beweisantritten prozessual ausgeschlossen. Außerdem setze er sich nicht ansatzweise in der verfahrensrechtlich gebotenen Form mit den tragenden Gründen des zweitinstanzlichen Schiedsspruchs auseinander.
71Schließlich hat die Beklagte die Auffassung vertreten, sämtliche Ausführungen des Klägers zur "Europäischen Befristungsrechtsprechung" gingen ins Leere und seien unbegründet. Dies folge bereits aus dem Umstand, dass die Nichtanrechnungsvereinbarung keine Befristungsabrede darstelle, da sie lediglich die vertragliche Nichtanrechnung von Spielzeiten auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses regele. Im Übrigen sei Sachgrund für die Befristung von Arbeitsverträgen mit künstlerisch tätigen Arbeitnehmern auf der Grundlage des NV Bühne nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Eigenart der Arbeitsleistung nach § 14 Abs. 1 Nr. 4 TzBfG. Dabei sei von den Gerichten zu berücksichtigen, dass die widerstreitenden Interessen tariflich durch den NV Bühne angemessen zum Ausgleich gebracht seien. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei mit der tariflichen Regelung um NV Bühne der gebotene Mindestbestandsschutz gewährleistet.
72Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 24.04.2020 der Aufhebungsklage stattgegeben und unter Aufhebung bzw. Abänderung der beiden erst- und zweitinstanzlichen Schiedssprüche festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der im Arbeitsvertrag vom 21.02.2000 vereinbarten Befristung mit Ablauf des 31.07.2017 aufgrund der Nichtverlängerungsmitteilung vom 15.06.2016 aufgelöst worden sei. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die letzte Befristung des Arbeitsverhältnisses aufgrund des Arbeitsvertrags vom 21.02.2000 i. V. m. § 61 Abs. 2 NV Bühne sei rechtsunwirksam.
73Sie gelte zunächst nicht nach §§ 17 TzBfG, 7 KSchG als wirksam, da der Kläger rechtzeitig bereits im bühnenschiedsgerichtlichen Verfahren einen Befristungskontrollantrag i.S.d. § 17 Satz 1 TzBfG gestellt habe. Hierfür genüge der "Annex" des Klageantrags aus dem Bühnenschiedsverfahren. Zwar habe der Kläger diesen mit der Klageschrift nicht gesondert begründet, jedoch habe er mit Schriftsatz vom 10.04.2017 deutlich vor Ablauf der am 01.08.2017 beginnenden dreiwöchigen Klagefrist des § 17 TzBfG behauptet, dass die Schriftform der Befristungsabrede nicht eingehalten worden sei. Zudem habe er mit gleichem Schriftsatz eingewandt, die Nichtanrechnungsvereinbarung und damit auch die zugrundeliegende Befristung hätte nicht mehr wirksam getroffen werden können, weil die tarifvertragliche Ermächtigungsgrundlage europarechtswidrig sei. Damit habe er ausdrücklich und rechtzeitig die Rechtsunwirksamkeit der letzten Befristungsabrede geltend gemacht. Außerdem hätten beide bühnenschiedsgerichtlichen Instanzen den Kläger auf die korrekte Stellung seines Klageantrags hinweisen müssen.
74Die letzte Befristung sei auch in der Sache rechtsunwirksam, weil für sie ein Sachgrund jedenfalls nicht mehr vorgelegen habe. Dies sei das Ergebnis einer umfassenden Interessenabwägung unter Einbeziehung der unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 1999/70/EG und der inkorporierten EGB-UNIC-CEEP-Rahmenvereinbarung sowie der Umstände des vorliegenden Einzelfalles. Aus diesem Grund komme es auf eine Rechtsmissbrauchskontrolle im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht mehr an. Die Kammer habe dahinstehen lassen, ob und inwiefern die tarifliche Regelung des § 61 Abs. 3 Unterabs. 2 NV Bühne insgesamt unwirksam sei. Jedenfalls sei vorliegend die individualvertragliche Vereinbarung der Parteien im Hinblick auf die letzte, streitgegenständliche Befristung des Arbeitsverhältnisses im 17. Jahr der Beschäftigung nicht mehr durch einen sachlichen Grund gedeckt. Die folge aus der unionsrechtlich gebotenen Missbrauchskontrolle nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs. Diese ergebe, dass die Parteien mit der Nichtanrechnungsvereinbarung im Jahr 2013 die Gestaltungsmöglichkeiten des § 14 Abs. 1 TzBfG auch unter Berücksichtigung der Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien jedenfalls mit der streitgegenständlichen 17. Spielzeitbefristung rechtsmissbräuchlich ausgenutzt hätten. Zwar möge es für eine Sachgrundbefristung bis zu 15 Jahren, wie in § 61 NV Bühne vorgesehen, gerade im Bereich der Opernsolosänger hinreichende sachliche Gründe geben, eine Ausdehnung der Sachgrundbefristung auf 17 Jahre und damit gut ein halbes Berufsleben des Klägers sei jedoch nicht mehr gerechtfertigt. Dieser Wertung des Gerichts stehe auch nicht die Wertung der Tarifvertragsparteien aus § 61 Abs. 3 Unterabs. 3 NV Bühne entgegen, da es sich hierbei um eine Ausnahmevorschrift handele, von der auch nur in Ausnahmefällen Gebrauch gemacht werden sollte. Wegen der weiteren Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 248 ff. d. A.) Bezug genommen.
75Gegen dieses ihr am 11.05.2020 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 05.06.2020 Berufung eingelegt und hat diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 13.08.2020 begründet.
76Die Beklagte meint zunächst, der Kläger hätte die Zulassung weiterer nachgeschobener Unwirksamkeitsgründe spätestens beim Bühnenoberschiedsgericht beantragen müssen, was nicht geschehen sei. Für die Anwendung von § 6 KSchG sei kein Raum. Darüber hinaus führe das bloße Anführen einer Rechtsmeinung, dass § 61 Abs. 3 Unterabs. 3 NV Bühne europarechtswidrig sei, nicht dazu, dass eine Rechtsunwirksamkeit der konkreten arbeitsvertraglichen Befristung für die Spielzeit 2016/2017 rechtzeitig geltend gemacht worden sei. Denn bei der Feststellung der Unwirksamkeit einer Nichtverlängerungsmitteilung und der Feststellung der Unwirksamkeit einer Befristung handele es sich um verschiedene prozessuale Streitgegenstände. Die Auslegung der Prozesserklärungen des Klägers im bühnenschiedsgerichtlichen Verfahren ergebe, dass er sich lediglich auf die angebliche Unwirksamkeit der Tarifnorm berufen habe.
77Weiter ist sie der Auffassung, das Arbeitsgericht habe die Unwirksamkeit der letzten Befristung des Arbeitsverhältnisses nicht überzeugend begründet. So sei bereits die Bewertungskompetenz und Einschätzungsprärogative der Tarifparteien nicht hinreichend berücksichtigt worden. Nur wenn "plausible und einleuchtende" Gründe nicht mehr erkennbar seien, dürfe ein Gericht hiervon abweichen. Auch die europarechtlichen Anforderungen an eine Missbrauchsprüfung habe das Arbeitsgericht nicht hinreichend beachtet. So sei unberücksichtigt geblieben, dass Anlass für die Nichtanrechnungsvereinbarung im Jahr 2013 der quasi antizyklische Dienstantritt des seinerzeitig neuen Generalintendanten am 15.04.2013 zum Ende der Spielzeit gewesen sei. Dieser habe die 15-Jahresfrist zum Vorteil des Klägers verlängern wollen, um ihn hinreichend als Künstler erleben zu können, anstatt eine Nichtverlängerung wegen Intendantenwechsels auszusprechen. Ferner weist die Beklagte auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hin, nach der die Befristung von Arbeitsverträgen des künstlerisch tätigen Bühnenpersonals nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG sachlich gerechtfertigt sei.
78Die Beklagte meint weiter, auch die tarifliche Verlängerungsoption in § 61 Abs. 3 Unterabs. 3 NV Bühne sei rechtlich nicht zu beanstanden. Diese Regelung verfolge das sozialpolitische Ziel, gerade älteren Künstlern, denen der Intendant ansonsten direkt die Nichtverlängerung mitteilen könnte und müsste, auch nach 15 Jahren noch - einvernehmlich und nach entsprechender Vereinbarung - die Chance einer Darstellung ihrer künstlerischen Qualität innerhalb weiterer möglicher vier Jahre zu geben. Auch sei nicht ersichtlich, aufgrund welcher Umstände der Kläger nach Abschluss der Nichtanrechnungsvereinbarung im Jahr 2013 nach 17-jähriger Beschäftigungsdauer auf einen dauerhaften Einsatz habe vertrauen dürfen.
79Die Beklagte beantragt,
80unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 24.04.2020 - 19 Ha 6/18 - die Klage abzuweisen.
81Der Kläger beantragt,
82die Berufung zurückzuweisen.
83Der Kläger tritt der arbeitsgerichtlichen Entscheidung bei und wiederholt seinen bisherigen Vortrag. Er ist mit dem Arbeitsgericht der Auffassung, der Befristungskontrollantrag sei nicht im Wege einer Klageänderung gestellt worden, sondern Gegenstand des bereits gestellten Antrags, "festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen über den 31.07.2020 (gemeint ist 2017) hinaus fortbesteht". Insofern meint der Kläger, bereits im erstinstanzlichen schiedsgerichtlichen Verfahren sei das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses des Klägers sowohl auf die Unwirksamkeit der Nichtverlängerungsmitteilung vom 15.06.2016 als auch auf die Unwirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses an sich gestützt worden. Im Übrigen sei er auch nicht mit einer Konkretisierung weiterer Unwirksamkeitsgründe der Befristung im arbeitsgerichtlichen Verfahren präkludiert, da keines der beiden Bühnenschiedsgerichte einen entsprechenden Hinweis erteilt habe.
84Der Kläger meint weiter, das Arbeitsgericht habe rechtsfehlerfrei die Unwirksamkeit der letzten Befristung festgestellt, da für diese ein Sachgrund nicht mehr vorgelegen habe. Jedenfalls die individualvertragliche Vereinbarung der Parteien im Hinblick auf die letzte, streitgegenständliche Befristung des Arbeitsverhältnisses im17. Beschäftigungsjahr sei nicht mehr durch einen sachlichen Grund gedeckt.
85Schließlich wiederholt der Kläger seine Rechtsauffassung, dass § 61 Abs.3 Unterabs. 3 NV Bühne gegen europarechtliche Vorgaben zum Befristungsrecht verstoße.
86Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
87E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
88I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
89II. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Die zulässige Aufhebungsklage ist unbegründet. Das Bühnenoberschiedsgericht hat die Berufung des Klägers gegen den klageabweisenden Schiedsspruch des erstinstanzlichen Bezirksbühnenschiedsgericht Chemnitz zu Recht zurückgewiesen.
901. Die Klage nach § 61 Abs. 8 NV Bühne ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis endete durch die rechtswirksame, streitgegenständliche Nichtverlängerungsmitteilung der Beklagten vom 15.06.2016 zum 31.07.2017.
91a) Die Anhörung des Klägers zu der streitgegenständlichen Nichtverlängerung ist gemäß § 61 Abs. 4 NV Bühne ordnungsgemäß erfolgt. Wegen der Begründung nimmt die erkennende Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Bühnenoberschiedsgerichts im Schiedsspruch vom 24.09.2018 (Bl. 153 ff. der Akte des Bühnenoberschiedsgerichts) Bezug. Das Gleiche gilt hinsichtlich des klägerseits eingewandten Gastspielvertragsangebots für die Rolle des "P " in der Oper "T " nach Ausspruch der Nichtverlängerungsmitteilung und nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Oktober und Dezember 2017. Dies hat bereits das erstinstanzliche Bühnenschiedsgericht - wie vom Bühnenoberschiedsgericht zu Recht in Bezug genommen - zutreffend begründet. Dementsprechend wird auf die dortige Begründung (Bl. 145 ff. der Akte des Bühnenschiedsgerichts) sowie auf die Ausführungen des Bühnenoberschiedsgerichts verwiesen.
92b) Die streitgegenständliche Nichtverlängerungsmitteilung ist auch nicht deshalb gemäß § 61 Abs. 3 Unterabs. 1 NV Bühne unwirksam, weil der Kläger im Zeitpunkt ihres Zugangs im Juni 2016 bei der Beklagten bereits mehr als 15 Jahre (Spielzeiten) beschäftigt war. Denn die Beklagte hat im Jahr 2013 mit dem Kläger eine Nichtanrechnungsvereinbarung im Sinne von § 61 Abs. 3 Unterabs. 3 NV Bühne geschlossen (Bl. 13 der Akte des Bühnenschiedsgerichts). Nach dieser Vereinbarung werden unter Bezugnahme auf die vorgenannte Tarifnorm die Spielzeiten 2013/2014, 2014/2015, 2015/2016 und 2016/2017 nicht auf den 15-Jahres-Zeitraum nach § 61 Abs. 3 Unterabs. 1 und 2 NV Bühne angerechnet.
93aa) Tarifliche Anwendbarkeitsvoraussetzung für den Abschluss einer derartigen Nichtanrechnungsvereinbarung ist gemäß § 61 Abs. 3 Unterabs. 3 NV Bühne lediglich der Bestand des Arbeitsverhältnisses am Ende einer Spielzeit bei derselben Bühne von mehr als acht Jahren (Spielzeiten). Diese Voraussetzung war im Jahr 2013 zwischen den Parteien unstreitig erfüllt. Weitere Anspruchsvoraussetzungen bestehen nicht. Insbesondere kommt es nicht auf die Motivation des Arbeitgebers an, warum er eine derartige Abrede treffen will (vgl. LAG Köln, Urteil vom 16.04.2018 - 2 Sa 854/17).
94bb) Wie das Bühnenoberschiedsgericht näher ausgeführt und im Einzelnen zutreffend begründet hat, steht dem Berufen der Beklagten auf die Nichtanrechnungsvereinbarung auch nicht der Einwand des konkreten Rechtsmissbrauchs gemäß § 242 BGB entgegen und die Vereinbarung ist nicht nach §§ 142 Abs. 1, 123 Abs. 1 BGB nichtig. Auch insoweit nimmt die Kammer auf die zutreffenden Ausführungen des Bühnenoberschiedsgerichts Bezug und macht sich diese zu Eigen. Neue Einwände bringt der Kläger insoweit in beiden arbeitsgerichtlichen Instanzen nicht vor.
95cc) Schließlich ist die Nichtanrechnungsvereinbarung aus dem Jahr 2013 auch europarechtskonform. Ihre Rechtsgrundlage - § 61 Abs. 3 Unterabs. 3 NV Bühne - ist entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nicht rechtsunwirksam, da sie nicht gegen höherrangiges europäisches Recht und tragende Grundsätze des Arbeitsrechts verstößt.
96Der Kläger beruft sich in der Aufhebungsklage insoweit auf die europarechtlichen Vorgaben in § 5 Abs. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG sowie auf deren Präambel und die Rechtsprechung des EuGH. Diese rechtlichen Bedenken des Klägers tragen nicht.
97Dem steht zunächst bereits grundsätzlich der begrenzte Anwendungsbereich der Rahmenvereinbarung entgegen. Ausweislich der Präambel der Rahmenvereinbarung legt diese allgemeine Grundsätze und Mindestvorschriften für befristete Arbeitsverträge nieder und will durch den Schutz vor Diskriminierung die Gleichbehandlung von Arbeitnehmern in befristeten Arbeitsverhältnissen sichern. Die Rahmenvereinbarung erkennt dabei die unbefristeten Arbeitsverträge als übliche Form des Beschäftigungsverhältnisses an (Erwägungsgrund 6), sieht gleichzeitig die Möglichkeit, dass befristete Arbeitsverträge für die Beschäftigung in bestimmten Branchen, Berufen und Tätigkeiten charakteristisch sein können (Erwägungsgrund 8) und überlässt es den Mitgliedstaaten und Sozialpartnern, allgemeine Grundsätze, Mindestvorschriften und Bestimmungen zu formulieren, um dies umzusetzen (Erwägungsgrund 10). Es geht also um Regelungen zur Reglementierung von Befristungsmöglichkeiten im arbeitsvertraglichen Raum. Eine derartige Reglementierung enthält § 61 Abs. 3 Unterabs. 3 NV Bühne jedoch nicht. Denn die Vorschrift enthält keine der in § 5 Abs. 1 der Rahmenvereinbarung aufgeführten Maßnahmen zur Vermeidung von Befristungsmissbrauch. Weder regelt § 61 Abs. 3 Unterabs. 3 NV Bühne Sachgründe für eine Befristung, noch wird die maximal zulässige Befristungsdauer oder Anzahl der Verlängerungen festgelegt. Einziger Regelungsgegenstand der Norm ist eine Tariföffnung dahingehend, dass die arbeitsvertragliche Vereinbarung möglich bleibt, bis zu vier Spielzeiten auf den 15-Jahres-Zeitraum ohne Anrechnung zu lassen. Tarifliche Reglementierungen im vorgenannten Sinn der Rahmenvereinbarung sind danach nur die Bestimmungen in § 61 Abs. 3 Unterabs. 1 und 2 NV Bühne, nicht jedoch die Öffnungsklausel in § 61 Abs. 3 Unterabs. 3 NV Bühne.
98Im Übrigen verletzt die vorgenannte Tarifnorm keine Vorschrift der Rahmenvereinbarung und steht insbesondere im Einklang mit deren § 5 Abs. 1. Selbst wenn man dessen Anwendbarkeit unterstellt, würde § 61 Abs. 3 NV Bühne die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Buchst. b) erfüllen.
99Schließlich ergeben sich auch nach der Rechtsprechung von Bundesarbeitsgericht und EuGH keine Bedenken an der europarechtlichen Konformität des § 61 Abs. 3 Unterabs. 3 NV Bühne. So hat das Bundesarbeitsgericht zuletzt mit Urteil vom 13.12.2017 (7 AZR 369/16, NZA 2018, 656) grundlegend zur Vereinbarkeit des NV Bühne mit europäischem Recht Stellung genommen. Dabei hat es zu dem für Bühnentechniker geltenden § 69 NV Bühne, der gleichlautenden Parallelvorschrift zu § 61 NV Bühne in den Sonderregelungen für Solisten, ausgeführt, dass diese Tarifnorm europarechtskonform ist und den gebotenen Mindestbestandsschutz gewährleistet. Diese Beurteilung und Abwägung der beiderseitigen Interessen durch die Tarifvertragsparteien sei zu respektieren, da es für die getroffene Regelung einleuchtende Gründe gebe. Zwar ging es in dieser Entscheidung nicht explizit um die Regelung in Absatz 3 Unterabs. 3 der Tarifnorm. Gleichwohl geht das Bundesarbeitsgericht offensichtlich von einer Vereinbarkeit der gesamten Tarifnorm mit europäischem Recht aus.
100Soweit der Kläger letztlich auf entgegenstehende Rechtsprechung des EuGH rekurriert, beruft er sich auf die Missbrauchsrechtsprechung seit der Entscheidung des Gerichtshofs vom 26.01.2012 (C-586/10, NZA 2012, 135 - Kücük). Danach bedarf es bei sog. Kettenbefristungen trotz Vorliegen eines Sachgrundes hinsichtlich der letzten Befristung grundsätzlich einer zusätzlichen Prüfung nach den Grundsätzen zum institutionellen Rechtsmissbrauch. Diese Rechtsprechung betrifft allerdings ausschließlich die Rechtsfrage der Rechtswirksamkeit von arbeitsvertraglichen Befristungen. Sie ist daher ausschließlich bei einem Befristungskontrollantrag zu beachten. Bei der vorliegenden rechtlichen Prüfung ist sie nicht einschlägig, da Streitgegenstand hier allein die Rechtswirksamkeit einer Nichtverlängerungsmitteilung ist.
1012. Unbegründet ist auch der weitergehende Klageantrag des Klägers. Die Befristung im Arbeitsvertrag vom 21.02.2000 ist rechtswirksam. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist aufgrund der arbeitsvertraglichen Befristung i. V. m. § 61 Abs. 2 NV Bühne und der Nichtverlängerungsmitteilung vom 15.06.2016 zum 31.07.2017 beendet worden. Das folgt aus §§ 17 Satz 1 und 2 TzBfG, 7 KSchG. Danach gilt die vorgenannte Befristung kraft gesetzlicher Fiktion als rechtswirksam.
102a) Nach § 17 Satz 1 TzBfG muss der Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht beendet ist, sofern er die Rechtsunwirksamkeit der arbeitsvertraglichen Befristung geltend machen will.
103Wegen des nach den Vorschriften des NV Bühne vorgeschalteten tariflichen Schiedsverfahrens hätte der Kläger also spätestens am 21.08.2017 beim erstinstanzlichen Bühnenschiedsgericht eine Befristungskontrollklage erheben müssen, um die Fiktionswirkung des § 17 TzBfG zu verhindern. Das ist nicht geschehen. Zwar ist die Schiedsklage rechtzeitig erfolgt. Der Kläger hat jedoch keinen entsprechenden Klageantrag gestellt.
104b) Der Kläger hat mit seiner schiedsgerichtlichen Klage vom 29.11.2016 - wie er ausdrücklich auf S. 1 der Klageschrift ausführt - Klage "wegen Feststellung der Unwirksamkeit einer Nichtverlängerungsmitteilung entsprechend § 61 Normalvertrag Bühne 15.06.2016" erhoben. Diesem Klagebegehren entspricht der erstinstanzlich am 18.09.2017 - wie in der Klageschrift vom 29.11.2016 angekündigt - gestellte Antrag, festzustellen, dass die Nichtverlängerungsmitteilung vom 15.06.2016 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen über den 31.07.2017 hinaus fortbesteht". Nach der klageabweisenden Entscheidung des erstinstanzlichen Bezirksbühnenschiedsgerichts hat der Kläger diesen Antrag in der Berufung zum Bühnenoberschiedsgericht unverändert weiterverfolgt. Dort hat er in der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2018 den Antrag aus seiner schriftlichen Berufungsbegründung vom 03.05.2018 gestellt und beantragt, "den Schiedsspruch des Bezirksschiedsgerichts Chemnitz vom 18.09.2017 abzuändern und festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Nichtverlängerungsmitteilung vom 15.06.2016 aufgelöst worden ist, sondern über den 31.07.2017 hinaus fortbesteht". Gleiches gilt für die arbeitsgerichtliche Aufhebungsklage vom 12.11.2018. Auch diese enthält den inhaltlich identischen Klageantrag, unter Aufhebung der Schiedssprüche, "festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Nichtverlängerungsmitteilung vom 15.06.2016 aufgelöst worden ist, sondern über den 31.07.2017 hinaus fortbesteht". Diesen Antrag hat der Kläger noch im ersten arbeitsgerichtlichen Kammertermin am 19.07.2019 ausdrücklich gestellt. Erstmalig nach dem arbeitsgerichtlichen Hinweis im Beschluss vom 23.07.2019 darauf, dass bislang kein Entfristungsantrag im Sinne des § 17 TzBfG gestellt sei, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 02.12.2019 seinen Klageantrag um den Zusatz "und nicht durch die Befristung im Arbeitsvertrag vom 21.02.2000 beendet worden ist" ergänzt.
105c) Damit genügt der Kläger nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 17 Satz 1 TzBfG.
106Wie das Arbeitsgericht bereits in seinem ausführlichen Hinweisbeschluss vom 23.07.2019 zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei der Geltendmachung der Unwirksamkeit der Nichtverlängerungsmitteilung vom 15.06.2016 sowie der Rechtsunwirksamkeit der arbeitsvertraglichen Befristung um zwei unterschiedliche Streitgegenstände (vgl. BAG, Urteil vom 28.09.2016 - 7 AZR 128/14, BAGE 157, 44; Sievers, TzBfG, § 14 Rn. 339). Hiervon hat der Kläger bis zu seiner Klageänderung in der arbeitsgerichtlichen Aufhebungsinstanz mit Schriftsatz vom 02.12.2019 ausschließlich den erstgenannten Streitgegenstand geltend gemacht. Die erste gerichtliche Geltendmachung am 02.12.2019 ist deutlich nach Ablauf der Dreiwochenfrist des § 17 Satz 1 TzBfG am 21.08.2017 erfolgt.
107Entgegen der letztlich vom Arbeitsgericht vertretenen Rechtsauffassung ist ein entsprechendes Klagebegehren des Klägers weder in dem von ihm geltend gemachten sog. Schleppnetzantrag ("..., sondern über den 31.07.2017 hinaus fortbesteht") zu sehen, noch führt die entsprechende Anwendung des § 6 KSchG zu einer nachträglich möglichen gerichtlichen Geltendmachung.
108Wie bereits die 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts Köln im Jahr 2011 zutreffend entschieden hat, stellt der vom Kläger bei der Antragstellung gebrauchte Zusatz einen sog. Schleppnetzantrag dar, wie er in Fällen der Klageerhebung gegen ausgesprochene Kündigungen üblich ist. Ein derartiger Zusatz dient regelmäßig dem Zweck, ggfl. weiteren arbeitgeberseitigen Willenserklärungen, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeiführen sollen, entgegenzuwirken. Damit beinhaltet er in aller Regel gerade keine selbstständige Geltendmachung der Unwirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Befristung im Sinne einer Entfristungsklage nach § 17 Satz 1 TzBfG (LAG Köln, Urteil vom 21.12.2011 - 8 Sa 94/11, juris). Dies folgt auch hier aus der insoweit vorzunehmenden Auslegung des Klageantrags unter Heranziehung der Klagebegründung (vgl. LAG Niedersachsen, Urteil vom 06.06.2007 - 17 Sa 1831/06, juris).
109Wie bereits ausgeführt, benennt der Kläger sein Klagebegehren eingangs der Schiedsklage unmissverständlich mit der begehrten Feststellung der Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Nichtverlängerungsmitteilung. Von einer Entfristungsklage ist nicht die Rede. Auch in der Begründung der Klage befasst sich der Kläger ausschließlich mit der Nichtverlängerungsmitteilung. Das gilt zunächst für die Klageschrift sowie die weiteren klagebegründenden Schriftsätze vom 17.02.2017 und 20.03.2017. Auch der vierte, dem Kläger in der mündlichen Verhandlung des Bezirksschiedsgerichts vom 27.03.2017 nachgelassene sechsseitige Schriftsatz vom 10.04.2017 hat über fünfeinhalb Seiten die Geltendmachung der Unwirksamkeit der oben genannten Nichtverlängerungsmitteilung zum Gegenstand.
110Soweit der klägerische Prozessbevollmächtigte dann am Ende des Schriftsatzes wörtlich anführt:
111"Weiterhin wird nochmals ausdrücklich bestritten, dass eine wirksame Befristung des Arbeitsverhältnisses der Parteien vereinbart wurde.
112Gemäß § 14 Abs. 4 TzBfG bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrages zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.
113Der als Anlage K1 vorgelegte Arbeitsvertrag vom 21.02.2000 ist jedoch lediglich von Seiten des Generalintendanten der Beklagten unterzeichnet worden."
114stellt dies keinen erheblichen Sachvortrag dar, der eine gegenteilige Auslegung des oben dargestellten Antragszusatzes zur Folge hätte. Hierbei handelt es sich nämlich nicht um rechtserheblichen, substantiierten Klagevortrag. Vielmehr erfolgt dieser (auch im folgenden Prozessverlauf singulär bleibende) Vortrag offensichtlich pauschal ins Blaue. So ist - anders als der Wortlaut ("nochmals") vermuten lässt - zuvor eine derartige Rüge noch nicht schriftsätzlich vorgetragen worden. Außerdem geht der Einwand der fehlenden Schriftform von vornherein ins Leere, da der Kläger zur Begründung seiner Rüge auf das von ihm selbst vorgelegte Vertragsexemplar Bezug nimmt und die Beklagte ihrerseits bereits mehrere Monate zuvor als Anlage zu ihrem Schriftsatz vom 27.01.2017 die Kopie eines beiderseits unterschriebenen Arbeitsvertrages vorgelegt hatte.
115Hinzu kommt, dass der Kläger in der schiedsgerichtlichen Berufungsinstanz weiterhin allein die Unwirksamkeit der Nichtverlängerungsmitteilung geltend gemacht hat. Das wird zum einen aus seinem Berufungsantrag deutlich, der das erstinstanzliche Klagebegehrung unverändert übernimmt. Zum anderen ergibt sich dies aus der schriftlichen Berufungsbegründung, die mit keinem Wort auf eine vermeintliche Unwirksamkeit der arbeitsvertraglichen Befristungsabrede eingeht. § 14 TzBfG findet in der Berufungsbegründung keine Erwähnung. Das gilt umso mehr, als das Bühnenschiedsgericht - überobligatorisch - in der Begründung Ausführungen zum Schriftformerfordernis nach § 14 Abs. 4 TzBfG gemacht hatte.
116Das Gleiche gilt für die Begründung der arbeitsgerichtlichen Aufhebungsklage. Auch diese befasst sich ausschließlich mit der Wirksamkeit der Nichtverlängerungsmitteilung, obwohl auch das Bühnenoberschiedsgericht am Ende der Entscheidungsgründe des zweitinstanzlichen Schiedsspruchs ausdrückliche Bedenken gegen eine Auslegung des Antragszusatzes als selbständigen Entfristungsantrag äußert und diese Rechtsfrage dahinstehenlassend jedenfalls die Befristung nach § 14 Abs. 1 Nr. 4 TzBfG als rechtswirksam erachtet.
117Erst auf einen entsprechenden Hinweis des Arbeitsgerichts, dass ein Entfristungsantrag nicht gestellt ist, hat der Kläger erstmalig im Dezember 2019 seinen Antrag entsprechend im Sinne einer Entfristungsklage ergänzt. Nach allem Vorstehenden ist dies keine "Klarstellung", wie der Kläger meint, sondern eine erstmalige und damit deutlich verfristete, Geltendmachung der Entfristung des Arbeitsverhältnisses.
118Rechtsfolge ist damit gemäß § 17 Satz 2 TzBfG i. V. m. § 7 KSchG die Wirksamkeit der Befristung.
119d) Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass selbst bei einer unterstellten rechtzeitigen Antragstellung eines Entfristungsantrags i.S.v. § 17 Satz 1 TzBfG dieser jedenfalls im arbeitsgerichtlichen Rechtszug der Aufhebungsklage nicht zum Tragen kommen kann, da der Kläger diesen in der Aufhebungsklage nicht ordnungsgemäß geltend gemacht hat.
120Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist das arbeitsgerichtliche Aufhebungsverfahren in allen drei Instanzen der staatlichen Gerichtsbarkeit ein revisionsähnliches Verfahren, in dem Schiedssprüche auf Rechtsfehler überprüft werden. Die Ähnlichkeit zum Revisionsverfahren hat zur Folge, dass im Aufhebungsverfahren neuer Sachvortrag grundsätzlich nicht zulässig ist und neue prozessuale Ansprüche grundsätzlich nicht zur gerichtlichen Entscheidung gestellt werden können (BAG, Urteil vom 28.09.2016 - 7 AZR 128/14, BAGE 157, 44; BAG, Urteil vom 15.03.2013 - 7 AZR 665/11, BAGE 145, 142). Gleichzeitig folgt hieraus, dass Verfahrensfehler nur Berücksichtigung finden können, wenn sie in der durch § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b) ZPO gebotenen Form vorgetragen werden (BAG, Urteil vom 20.03.2019 - 7 AZR 237/17, NZA 2019, 1492 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Danach müssen Verfahrensrügen innerhalb der Rechtsmittelfrist die genaue Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben, auf den sich die Aufhebungsklage stützen will (BAG, a.a.O.). Dementsprechend hätte der Kläger jedenfalls innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 110 Abs. 3 Satz 1 ArbGG geltend machen müssen, dass das Bühnenoberschiedsgericht aus seiner Sicht rechtlich unzutreffend den Antragszusatz als Schleppnetzantrag angesehen hat und hätte seinerseits mit entsprechender rechtlicher Begründung den Entfristungsantrag stellen müssen. Beides ist nicht geschehen.
121e) Gleichermaßen lediglich ergänzend erfolgt der Hinweis auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 30.08.2017. Dort hat der 7. Senat entschieden, dass der Arbeitgeber nicht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs gehindert ist, sich auf den Sachgrund der Eigenart der Arbeitsleistung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG zu berufen. Eine derartige Missbrauchsprüfung ist nach der Rechtsprechung des 7. Senats nicht veranlasst, wenn bereits - wie bei § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG - der Sachgrund selbsteine umfassende Interessenabwägung verlangt (vgl. BAG, Urteil vom 30.08.2017 - 7 AZR 864/15, NZA 2018, 229).
122f) Schließlich folgt auch aus einer entsprechenden Anwendung von § 6 KSchG nichts anderes. Für eine solche entsprechende Anwendung fehlt es an den Normvoraussetzungen.
123Grundsätzlich ist unter anderem § 6 KSchG nach § 17 Satz 2 TzBfG entsprechend anzuwenden. Diese entsprechende Anwendung hat zum einen zur Folge, dass der Arbeitnehmer bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz die Unwirksamkeit der Befristung aus anderen Gründen als denjenigen geltend machen kann, die er innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist benannt hat. Sie hat zum anderen zur Folge, dass die Rechtsunwirksamkeit einer konkreten Befristung nicht nur durch eine den Anforderungen des § 17 Satz 1 TzBfG entsprechenden Klage innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages geltend gemacht werden kann. Vielmehr kann die Klagefrist auch dadurch gewahrt sein, dass der Arbeitnehmer bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz einen Befristungskontrollantrag stellt, sofern er innerhalb der Dreiwochenfrist auf anderem Weg gerichtlich geltend gemacht hat, dass die nach diesem Antrag streitgegenständliche Befristung rechtsunwirksam ist (vgl. BAG, Urteil vom 15.05.2012 - 7 AZR 6/11, NZA 2012, 1148). Es geht also immer um den Streitgegenstand der Befristungskontrolle.
124Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, da der Kläger mit der Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Nichtverlängerungsmitteilung - wie oben bereits ausgeführt - zunächst einen gänzlich anderen Streitgegenstand verfolgt hat. Im Übrigen verlangt § 6 KSchG eine Geltendmachung bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gilt dies bei unterbliebenem erstinstanzlichen Hinweis bis zum Abschluss der zweiten Instanz (vgl. KR/Klose, 12. Aufl., § 6 KSchG Rn. 33 mit weiteren Nachweisen aus der BAG-Rechtsprechung). Auch dieser Anforderung genügt der Kläger nicht, da er den Entfristungsantrag erstmalig in der Aufhebungsklage geltend gemacht hat, nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts das Aufhebungsverfahren jedoch ein revisionsähnliches Verfahren darstellt.
125III. Nach allem war daher das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Aufhebungsklage insgesamt abzuweisen. Als unterliegende Partei hat der Kläger gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG bestehen nicht, da sämtliche erheblichen Rechtsfragen höchstrichterlich geklärt sind und die Entscheidung im Übrigen auf den Umständen des Einzelfalls beruht.