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Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 16.01.2020, Az.: 8 Ca 5700/19, wird hinsichtlich folgender Anträge zurückgewiesen:
2 a A, B, C, D, E, F, G, H, I, J, K
2 a L, M. P, R, S, T. U
2 b
2 c
Auf die Berufung des Klägers wird die Beklagte verurteilt, die Abmahnung vom 05.12.2014 betreffend den 28.10.2014(Antrag 2 a N) aus der Personalakte zu entfernen.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten in erster und zweiter Instanz um die Entfernung von Inhalten aus der Personalakte, um eine Zeugniskorrektur sowie über Schmerzensgeldansprüche wegen „Mobbing“.
3Hinsichtlich des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf das erstinstanzliche Urteil verwiesen.
4Nachdem in erster Instanz die zu entfernenden Dokumente vom Kläger nicht vorgelegt worden waren, fügte dieser seiner Berufungseinlegung nunmehr Schriftstücke bei, die mit den Buchstaben A bis U bezeichnet sind. Das Dokument mit dem Buchstaben K befand sich jedoch nicht hierbei. Die Personalakte des Klägers wird ausschließlich in Form elektronischer Dokumente geführt.
5Seinen Schmerzensgeldanspruch begründet der Kläger in der Berufungsschrift damit, die Beklagte habe ihm nach Eintritt seiner Erkrankung die Einsichtnahme in seine Personalakte verweigert. Die Beklagte habe ihre Fürsorgepflicht verletzt, die darin bestehe, dass sie sämtlichen negativen Einwirkungen am Arbeitsplatz gegensteuern müsse. Wörtlich führt der Kläger zur Begründung seines Schadensersatzanspruchs aus: „Objektiv liegt somit der klare Anschein vor, dass die Beklagte ihr Verhalten an den Tag legt, damit der Kläger sich weiterhin arbeitsunfähig krankschreibt und somit gezwungen ist, dem Unternehmen fernzubleiben und keinerlei Verpflichtung der Beklagten offeriert wird, den Kläger anderweitig einzusetzen. Es ist das klare Ziel über den Gesundheitszustand des Klägers, diesen aus dem Unternehmen heraus zu entfernen.“
6Der Kläger sieht sich durch den Teamleiter ausgegrenzt. Er habe als einziger ohne Sachgrund seit Anfang 2018 keine Seminare mehr machen dürfen. Eine Prüfung zum ABPnow habe der Kläger erst im dritten Versuch bestanden.
7Hinsichtlich der begehrten Änderungen im Zwischenzeugnis vertritt der Kläger die Ansicht, ein durchschnittliches Zeugnis müsse der Note „gut“ entsprechen. Die Tätigkeitsbeschreibung enthalte einen wesentlichen Kernbereich der Aufgaben des Klägers nicht.
8Hinsichtlich der Entfernung von Dokumenten aus der Personalakte vertritt der Kläger die Ansicht, Abmahnungen dürften nicht unendlich lange in der Personalakte enthalten bleiben. Ebenso müsse interne Kommunikation zwischen Mitarbeitern über die Möglichkeit der Kündigung des Klägers aus der Personalakte entfernt werden.
9Der Kläger beantragt,
101. das Urteil des Arbeitsgerichts Köln AZ. 8 Ca 5700/19 vom 16.01.2020 wird geändert.
112. Das Urteil wird wie folgt neu gefasst:
12a. Die Beklagte wird verurteilt, aus sämtlichen Personalakten, insbesondere aus der elektronischen Personalakte des Klägers folgende Inhalte zu löschen:
13A. E-Mail vom 03.07.2017
14B. E-Mail vom 02.06.2017, 15:12 Uhr
15C. E-Mail vom 02.06.2017, 14:32 Uhr
16D. E-Mail vom 02.06.2017, 11:12 Uhr
17E. E-Mail vom 01.06.2017, 14:26 Uhr
18F. E-Mail vom 01.06.2017, 14:01 Uhr
19G. E-Mail vom 01.06.2017, 13:50 Uhr
20H. Aktennote vom 01.06.2017
21I. Notiz vom 18.07.2017
22J. E-Mail des Klägers vom 3.07.2017, 17:31 Uhr
23K. E-Mail vom 01.07.2017, 14.01 Uhr
24L. Abmahnung vom 08.02.2013
25M. Gegendarstellung vom 06.02.2013
26N. Abmahnung vom 05.12.2014 bezüglich des Verstoßes
27am 28.10.2014
28O. Abmahnung vom 05.12.2014 bezüglich des Verstoß am
2906.11.2017 iVm. dem Vorwurf, dass der Kläger angerufen hat und nach der Versicherungsbarkeit von Krankengeld für einen Kunden der in 2012 erkrank ist.
30P. Abmahnung vom 04.12.2013
31Q. Schriftliche Ermahnung vom 27.11.2013
32R. Schreiben der Rechtsanwälte F - G vom
3330.12.2013
34S. E-Mail vom 20.02.2014, 16:59 Uhr
35T. E-Mail vom 20.02.2014, 16:46 Uhr
36U. E-Mail vom 21.02.2014 14:22 Uhr.
37b. Das Zwischenzeugnis vom 20. November 2018 ist wie folgt zu ändern und neu auf ordnungsgemäßem Briefpapier mit ordnungsgemäßer Unterschrift mit dem aktuellen Datum neu auszustellen:
38“Die zentralen Aufgaben des Krankversicherungsspezialisten in der digitalen Spezialeinheit bestehend in der Unterstützung, Aktivierung, Betreuung der Verkäufer, bei der Akquise durch Telefonie und Onlinesupport. Dazu gehört auch die Förderung der Nutzung digitaler Medien durch Verkäufer, sowie Unterstützung der Verkäufer in der Anwendung von Beratungssoftware. Zu diesen Kernaufgaben gehört weiter die Unterstützung und aktive Betreuung der Verkäufer bei der Akquise im Krankenversicherungsgeschäft durch Telefonie und Onlinesupport. Weiter sind die Verkäufer durch Schulungsmaßnahmen in Form von Telefonie und Kommunikationssoftware weiterzubilden. Zu den Kernaufgaben ist ebenfalls zu zählen die Unterstützung der geschäftspolitischen Ziele im Krankenversicherungsgeschäft im Zusammenwirken mit der LPV und der KVS der Geschäftsstellen.“
39„Absatz 4 ist vollständig zu streichen.“
40Die weiteren Absätze sind dann wie folgt neu zu fassen:
41“Herr S verfügt über umfassende Fachkenntnisse, auch über seinen Aufgabenbereich hinaus. Er überblickt schwierige Zusammenhänge, erkennt das Wesentliche und ist stets in der Lage schnelle Lösungen aufzuzeigen. Seine Urteilsfähigkeit ist geprägt durch seine klare und logische Gedankenführung, die ihn stets zu sicheren Urteilen befähigt. Herr S ist ein fleißiger Mitarbeiter, ergreift von sich aus die Initiative und setzt sich mit überdurchschnittlicher Einsatzbereitschaft für unser Unternehmen ein. Er erledigt auch stärksten Arbeitsanfall stets in bemerkenswerter kurzer Zeit. Herr S führt seine Aufgaben stets zuverlässig, sorgfältig und genau aus. Er bewältigt seinen Arbeitsbereich besonders zufriedenstellend und findet gute Lösungen und hat stets neue Ideen.
42Seine Führung und sein persönliches Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeitern und Kunden sind stets vorbildlich.
43Das Zwischenzeugnis wird auf ausdrücklichen Wunsch des Herrn S erstellt, wir danken Herrn S für die bisher gute Arbeit und hoffen noch lange mit ihm vertrauensvoll weiter zu arbeiten.
44Köln, den 20. September 2019 “
45c. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, das ins Ermessen des Gerichts gestellt wird, zzgl. 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
48die Berufung zurückzuweisen.
49Sie verweist darauf, dass es dem Kläger jederzeit möglich gewesen sei, seine Personalakte einzusehen. Dieses habe er letztlich im Verfahren auch wahrgenommen und sich hierbei die fraglichen Kopien aus der Personalakte machen können. Bestritten habe die Beklagte stets nur den außergerichtlich geltend gemachten Anspruch, dem Kläger einen vollständigen Ausdruck seiner Personalakte zukommen zu lassen.
50Hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs bestreitet die Beklagte, dass die Arbeitsplatzkonflikte kausal für die Arbeitsunfähigkeit des Klägers gewesen seien und dass es sich überhaupt um eine psychische Erkrankung handele. Zudem sei auch nicht dargestellt, woraus sich ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten im Hinblick auf die Zufügung eines Gesundheitsschadens ergeben solle.
51Ausdrücklich bestreitet die Beklagte, dass der Kläger nicht an Webinaren habe teilnehmen dürfen. Der Vortrag sei insoweit unsubstantiiert, da der Kläger nicht konkret benenne, zu welchen Webinaren er sich angemeldet habe und wann und durch wen die Teilnahme verweigert worden sei. Auch hinsichtlich der erst im dritten Versuch bestandenen Prüfung müsse der Kläger darstellen, inwieweit die beiden ersten Prüfungsergebnisse fehlerhaft bewertet worden seien.
52Das Zwischenzeugnis entspreche der Bewertungsstufe „befriedigend“. Damit müsse der Kläger im Einzelnen darstellen und beweisen, welche konkreten Leistungen eine bessere Bewertung rechtfertigen würden. Die Arbeitsplatzbeschreibung sei zutreffend. Der Kläger schildere nicht, in welchem Umfang Tätigkeiten angefallen seien, die in der von der Beklagten gefertigten Tätigkeitsbeschreibung nicht enthalten seien.
53Hinsichtlich des Vortrags der Parteien zu einzelnen zu entfernenden Dokumenten wird auf die gewechselten Schriftsätze gemäß § 313 ZPO Bezug genommen.
54E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
55Die zulässige und fristgerechte Berufung des Klägers ist nur hinsichtlich des Entfernungsanspruchs hinsichtlich der Abmahnung vom 05.12.2014 betreffend den Sachverhalt vom 28.10.2014 (Aussage, die Versicherungsagentur B u M würde nicht bedarfsgerecht beraten) begründet.
56Die Beklagte war insoweit beweisbelastet dafür, dass die in der Abmahnung dargestellten Tatsachen richtig sind. Sie konnte den Beweis hierfür nicht erbringen. Die von ihr benannte Zeugin L hat sich an den Sachverhalt nicht mehr erinnern können.
57Hinsichtlich der Entfernung der Dokumente O und Q ist das Verfahren nicht entscheidungsreif. Hinsichtlich der Abmahnung vom 05.12.2014 betreffend den Sachverhalt vom 06.11.2014 und der Ermahnung vom 27.11.2013 soll die Beweisaufnahme durch persönliche Gegenüberstellung der Zeuginnen mit dem Kläger durchgeführt werden.
58Die Entfernung dieser Schreiben auf der Personalakte war zudem nicht aus anderen Gründen entscheidungsreif, obwohl es sich um verhältnismäßig weit zurückliegende Sachverhalte gehandelt hat. Die erkennende Kammer versteht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Hinblick auf verhaltensbedingte Kündigungen dahingehend, dass auch lange zurückliegende Abmahnungen in einem insgesamt besonders langdauernden Arbeitsverhältnis für eine Kündigung noch Gewicht haben können. Denn das Bundesarbeitsgericht wertet ein bis zum Kündigungszeitpunkt langjährig beanstandungsfrei geführtes Arbeitsverhältnis als positiv im Rahmen der Interessenabwägung. Im Gegenzug bedeutet dies, dass auch lange zurückliegende abgemahnte Vertragsverletzungen weiterhin dokumentiert bleiben müssen, um den Anschein eines stets beanstandungsfreien Arbeitsverhältnisses widerlegen zu können. Die konkrete Gewichtung ist dann im Rahmen der Abwägung im Falle einer Kündigung vor zu nehmen. Deshalb kann nicht gesagt werden, dass die hier streitigen Abmahnungen keinerlei Gewicht oder Bedeutung mehr entfalten können. Das Interesse der Beklagten, die Sachverhalte im Falle einer Kündigung vortragen zu können überwiegt damit das Entfernungsinteresse.
59Hinsichtlich der Dokumente A bis M, P und R bis U besteht ein Entfernungsanspruch des Klägers nicht. Wie bereits oben dargestellt, ist auch eine lange zurückliegende Rüge, Ermahnung oder Abmahnung sowie lange zurückliegender Schriftverkehr dann nicht aus der Personalakte zu entfernen, wenn er geeignet ist darzustellen, dass das langjährig bestehende Arbeitsverhältnis in der Vergangenheit nicht beanstandungsfrei geführt wurde. Dabei gehören zum materiellrechtlich orientierten Begriff der Personalakte alle Dokumente, die mit dem Arbeitnehmer in einem inneren Zusammenhang stehen, unabhängig von Form, Material, Stelle und Ort, an dem sie geführt werden. (Vergleiche BAG, 07.05.1980, 4 AZR 218/78 Rn. 11, Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg 17 Sa 11/18 Rn. 182).
60Dokument A:
61Das Schreiben vom 03.07.2017 enthält eine Gegendarstellung des Klägers hinsichtlich einer Aktennotiz vom 01.06.2017. Der Kläger hat diese Gegendarstellung ausdrücklich verfasst, damit sie zur Personalakte genommen wird. Es stellt widersprüchliches Verhalten dar, wenn der Kläger einerseits ein Schreiben fertigt, damit die Beklagte hiervon Kenntnis nimmt, gleichzeitig aber verlangt, dass dieses Schreiben nicht existieren soll. Zudem räumt der Kläger in dem Dokument A ein, dass er zweimal zu spät gekommen ist. Die Beklagte hat deshalb ein rechtliches Interesse daran, den insoweit unstreitigen Vertragsverstoß dokumentieren zu können.
62Dokumente B, C, D, E, F, G, H:
63Das Dokument H enthält eine Aktennotiz zum Personalgespräch vom 01.06.2017 mit dem Kläger. Die Aktennotiz dokumentiert stichwortartig, welche Sachverhalte Gegenstand des Gesprächs waren. Es handelt sich nicht um ein Wortlautprotokoll. Ferner enthält das Schreiben Wertungen und Meinungen der beiden Unterzeichner.
64Soweit das Dokument Wertungen enthält, unterliegt es der grundgesetzlich geschützten Meinungsfreiheit der beiden Unterzeichner. Ausgenommen von der Freiheit, eine Meinung und Wertung über einen Kollegen abgeben zu können, ist eine Äußerung, die der Beleidigung oder Schmähkritik dient. Dies kann dem Text jedoch nicht entnommen werden.
65Im Übrigen gewinnt das Dokument seine Bedeutung daraus, dass die schlagwortartige Zusammenfassung des Gesprächs an die Personalabteilung geleitet wurde, um, wie die Dokumente B, C, D, E, F, G beinhalten, die Prüfung in Gang zu setzen, ob disziplinarische Maßnahmen gegenüber dem Kläger eingeleitet werden müssen. Die Korrespondenz ergibt, dass nach Prüfung der Vorwürfe eine Reaktion im Sinne einer Abmahnung oder Ermahnung durch die Personalabteilung nicht erfolgt. Zusammengefasst belegt dieser Teil der Personalakte also, dass die in der Aktennotiz vom 01.06.2017 aufgeführten Verhaltensweisen des Klägers insgesamt nicht geeignet oder nicht beweisbar genug sind, um nach Prüfung der Personalabteilung eine arbeitsrechtliche Sanktion zu rechtfertigen. Da sich der Prüfauftrag materiell auf den Kläger bezog ist die einzig denkbare Stelle, um das Ergebnis - auch zu Gunsten des Klägers - zu dokumentieren, die Personalakte des Klägers. Da der Kläger zudem durch seine Gegendarstellung den Weg gewählt hat, seine Darstellung des Sachverhalts zu den Dokumenten der Beklagten hinzuzufügen, würde die Personalakte unverständlich und unvollständig, wenn ausschließlich die Gegendarstellung in der Personalakte verbleiben müsste, nicht aber diejenige Erklärung, auf die sich die Gegendarstellung bezieht. Insgesamt ist es im berechtigten Interesse der Beklagten, sowohl Gegendarstellung als auch Prüfauftrag zu arbeitsrechtlichen Maßnahmen in der Personalakte dokumentieren zu können.
66Dokument I:
67Auch dieses Dokument bezieht sich auf den vorherigen Sachverhalt und dokumentiert, dass der Kläger individuell über den Verhaltenskodex der Beklagten belehrt wurde. Auch hier hat die Beklagte ein berechtigtes Interesse, darstellen zu können, dass dem Kläger der Verhaltenskodex bekannt ist, um bei späteren konkreten Verstößen hiergegen nachweisen zu können, dass der Kläger sich nicht im Unklaren darüber befand, welches Verhalten im zwischenmenschlichen Umgang die Beklagte in ihrem Unternehmen wünscht.
68Dokumente L und M:
69Das Dokument L (Abmahnung vom 08.02.2013) ist nicht aus der Personalakte zu entfernen, denn es ist zutreffend. Wie der Kläger in dem Dokument M, seiner Gegendarstellung, einräumt, hat er seinem Kollegen Tätlichkeiten angedroht. Dies muss die Beklagte nicht dulden, auch wenn der Kläger sich provoziert fühlte. Hinsichtlich der Gegendarstellung des Klägers gilt zudem das oben zum Dokument A gesagte.
70Dokument P:
71Die Abmahnung vom 04.12.2013 ist zutreffend. Die Beklagte rügt hierin ausdrücklich, dass der Kläger mittels eines Screenshots verschiedenen Versicherungsvertretern eine Aktionsliste zukommen ließ, die jeweils auch Daten und Kundennamen der anderen Vertreter enthielt. Der Vorwurf basiert also darin, dass der Kläger nicht jedem Vertreter nur die ihn betreffenden Kundendaten zugänglich gemacht hat, sondern innerhalb einer Sammelmail Kundendaten, die eben nicht allen Empfängern zugänglich sein durften allen Mailempfängern zugänglich gemacht hat. Dieser Sachverhalt stellt eine Vertragspflichtverletzung dar und ist letztlich unbestritten geblieben.
72Dokument R:
73Es handelt sich um Schriftverkehr der früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers mit der Beklagten. Dieser gehört, da er sich auf den Kläger bezieht zum materiellen Inhalt der Personalakte. Da zudem das Schreiben im Zusammenhang mit einer Versetzung des Klägers gefertigt wurde, die weiteren Dokumente zu dieser Versetzung aber nicht vom Entfernungsanspruch des Klägers erfasst sind, würde die Personalakte unverständlich und unvollständig, wenn das Schreiben der Prozessbevollmächtigten nicht in der Personalakte enthalten wäre. Auch hier gilt aber, dass dieses Schreiben gerade deshalb an die Beklagte gerichtet wurde, damit diese es zur Kenntnis nimmt. Warum es nicht zu archivieren sein soll, erschließt sich nicht.
74Dokumente S, T, U:
75Das Dokument T enthält erneut die Schilderung eines Personalgesprächs mit dem Kläger sowie die Meinungsäußerung des Mitarbeiters Ott zur Wertung des Verhaltens des Klägers. Das Dokument enthält auch keine Schmähkritik. Es bringt zum Ausdruck, dass der Kläger sich nach Wertung des Mitarbeiters Ott anders verhält, als es durchschnittlich erwartet wird. Auch hier ergibt sich aus den weiteren Dokumenten S und R, dass die Personalabteilung einen Prüfungsauftrag erhalten hat, ob arbeitsrechtliche Konsequenzen möglich sind, sowie das Ergebnis dieses Prüfungsauftrags. Die Dokumente gehören zur materiellen Personalakte. Es gilt das hinsichtlich der Dokumente A bis I bereits Ausgeführte.
76Ein Dokument K, welches der Kläger ebenfalls aus der Personalakte entfernt haben möchte, ist in dem von ihm vorgelegten Dokumentenkonvolut nicht enthalten. Es gilt deshalb das bereits in erster Instanz geäußerte, dass eine materielle Prüfung durch das Gericht nicht erfolgen kann, so lange der Wortlaut des Dokuments nicht bekannt ist. Der Kläger macht auch keine Ausführungen zu seinem möglichen Inhalt.
77Nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist es, zu klären, wem gegebenenfalls die hier streitigen Dokumente zugänglich sein dürfen. Da der Kläger die vollständige Vernichtung der Dateien verlangt, war wie schon in erster Instanz angesprochen nicht zu klären, ob die Kenntnisnahme einzelner Personen einzuschränken ist.
78Der Anspruch auf Änderung des Zwischenzeugnisses vom 20.11.2018 ist ebenfalls unbegründet. Das erteilte Zwischenzeugnis entspricht, wie bereits die erste Instanz zutreffend gewertet hat, einem Zeugnis mittlerer Art und Güte mit der Bewertung „befriedigend“. Der Kläger wünscht eine bessere Beurteilung. Er ist voll umfänglich darstellungs- und beweisbelastet, dass und wann er konkrete Leistungen erbracht hat, die eine bessere Bewertung ermöglichen.
79Auch soweit der Kläger die Änderung seiner Tätigkeitsbeschreibung wünscht, wäre es seine Sache gewesen darzustellen, in welchem Umfang er mit den von ihm so genannten Kernaufgaben beschäftigt war. Die Beklagte hat hierzu dargestellt, dass die vom Kläger als Kernaufgaben genannten Tätigkeiten nur in äußerst geringem Umfang anfielen und damit den Anspruch auf Aufnahme in das Zeugnis bestritten. Der Kläger hat hierzu nicht substantiiert erwidert und insbesondere nicht nach Zeit und Umfang die fehlenden Tätigkeiten konkret unter Beweisantritt geschildert.
80Das Arbeitsgericht hat den Anspruch auf Schadensersatz/Schmerzensgeld wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung oder einer durch die Beklagte verursachten Körperverletzung psychischer Art zu Recht abgewiesen.
81Ein Anspruch auf Schmerzensgeld wegen Mobbings setzt eine hinreichend schwere Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (vgl. BAG 28. Oktober 2010 - 8 AZR 546/09 - Rn. 19 und 30, AP BGB § 611 Mobbing Nr. 7). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehört auch der sog. Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet ist (ErfK/Schmidt 15. Aufl. GG Art. 2 Rn. 48, 84). und 30, AP BGB § 611 Mobbing Nr. 7). Ein Anspruch auf Schadensersatz kann dabei grundsätzlich aus § 280 Abs.1 i.V.m. §241 Abs. 2 BGB oder aus § 823 Abs. 1 BGB hergeleitet werden.
82Das Bundesarbeitsgericht geht dabei zutreffend davon aus, dass nicht jede Auseinandersetzung, Meinungsverschiedenheit oder nicht gerechtfertigte Maßnahme des Arbeitgebers (zB Abmahnung, Versetzung, Kündigung) eine rechtswidrige und vorwerfbare Verletzung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers und damit eine unerlaubte Handlung oder einen Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs.2 BGB darstellen und dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, auch wenn sie sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, nicht geeignet sind, derartige Tatbestände zu erfüllen, weshalb es gilt, sog. folgenloses bzw. sozial- und rechtsadäquates Verhalten aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise, dh. ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers, von der rechtlichen Bewertung auszunehmen (BAG vom 15.09.2016, 8 AZR 351/15).
83Bei der Zusammenarbeit im Rahmen von Arbeitsverhältnissen kommt es typischerweise zu Konflikten und Meinungsverschiedenheiten, ohne dass die dabei zutage tretenden Verhaltensweisen des Arbeitgebers oder der Vorgesetzten bzw. Kollegen des Arbeitnehmers zwangsläufig zu einer widerrechtlichen Beeinträchtigung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers führen oder einen Verstoß gegen die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht bedeuten (vgl. BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 569/14 - Rn. 30, BAGE 153, 111; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 85, BAGE 122, 304). Die Grenze zum nicht rechts- bzw. sozialadäquaten Verhalten ist allerdings dann überschritten, wenn Verhaltensweisen bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.
84Soweit der Kläger die Ansicht vertreten hat, das Verhalten der Beklagten im Zusammenhang mit der vom Kläger gewünschten Erteilung von Kopien aus der Personalakte sowie die Tatsache, dass über die Entfernung von Dokumenten aus der Personalakte ein Rechtsstreit geführt werden müsse, sei ein körper- oder persönlichkeitsverletzendes Verhalten der Beklagten, so ist bereits nicht nachvollziehbar, wie ein Verhalten, das erst im Januar 2019 bzw. während des vorliegenden Prozesses durch die Beklagte vorgenommen wurde, zu der Erkrankung des Klägers ab dem 13.12.2018 geführt haben kann. Ein kausales Verhalten der Beklagten, welches eine Erkrankung des Klägers hervorgerufen haben könnte, muss denknotwendig vor dem 13.12.2018 gelegen haben. Seitdem besteht eine Fortsetzungserkrankung, die trotz Abwesenheit vom Arbeitsplatz bislang nicht geheilt werden konnte. Das Prozessverhalten kann die Beklagten nicht zum Schadensersatz verpflichten, denn die Möglichkeit in einem Rechtsstreit Ansprüche klären zu lassen und hierbei auch gegenteilige Ansichten zu vertreten würde leerlaufen, wenn ein Prozess unterbleiben müsste, weil eine Partei hierauf mit Erkrankung reagiert.
85Wie bereits die erste Instanz ausgeführt hat, fehlt es aber auch an subtantiiertem Vortrag und Beweisangeboten des Klägers, dass gerade bei ihm ein normaler Arbeitsplatzkonflikt zu einer Erkrankung führen musste und dass die Beklagte in der Lage war, dieses auch zu erkennen, dass sie also durch den Kläger aufgefordert worden war, ihr Verhalten bzw. dasjenige ihrer Erfüllungsgehilfen zu ändern, damit es nicht zu einer Erkrankung des Klägers führen würde. Dieser Hinweis war deshalb erforderlich, weil die geschilderten Konflikte nicht in jedem Fall eine Erkrankung nach sich ziehen müssen und deshalb kein Rückschluss darauf möglich ist, dass Mitarbeiter sich gegenüber dem Kläger so wie behauptet verhalten haben, um den Kläger erkranken zu lassen.
86Die Berufungskammer tritt zudem den Wertungen der ersten Instanz vollumfänglich bei, dass die Behauptung, der Vorgesetzte des Klägers verstehe sich ausschließlich mit diesem nicht gut - deren Wahrheit einmal unterstellt - nicht geeignet ist, den Kläger in seiner Persönlichkeit oder in seiner Gesundheit zu verletzen. Jedenfalls sind keinerlei Indizien erkennbar, dass es dem Vorgesetzten auch nur erkennbar gewesen wäre, dass dann, wenn er den Kläger nicht so schätzt wie alle anderen Kollegen dies zu einer Erkrankung des Klägers führen muss. Zudem bleibt auch fraglich, ob eine von Sympathie getragene Wertschätzung der meisten Kollegen des Klägers und damit eine vom Kläger beklagte fehlende Sympathie ihm gegenüber ein Verhalten ist, welches im Zusammenhang mit der Erfüllung der arbeitsvertraglichen Aufgaben des Vorgesetzen steht und damit der Beklagten überhaupt zurechenbar ist.
87Die Behauptung des Klägers, er habe ab 2018 keine Webinare durchführen dürfen, dies habe zur Erkrankung und/oder Persönlichkeitsverletzung geführt, hat der Kläger nach Bestreiten der Beklagten nicht substantiiert. Damit ist für die Kammer nicht erkennbar, zu welchen Terminen und Sachverhalten der Kläger sich zu Webinaren angemeldet hatte, die ihm willkürlich untersagt worden sein sollen.
88Auch hinsichtlich der zunächst zweimal nicht bestandenen Prüfung wäre es Sache des Klägers gewesen darzustellen, dass er bei den ersten beiden Prüfungen korrekte Antworten gegeben hat und gleichwohl willkürlich nicht bestanden hat. Damit ist auch hier kein prüffähiger Sachverhalt gegeben.
89Da zudem der wesentliche Teil der Personalakte nicht zu entfernen ist, kann eine Persönlichkeitsrechtsverletzung oder eine Körperverletzung hierin nicht begründet werden.
90Auch eine Gesamtbewertung der vom Kläger dargestellten Arbeitsplatzkonflikte führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass mehrere Personen unabhängig von einander gehandelt haben und nichts für ein strukturiertes gemeinsames Vorgehen vorgetragen ist.
91Da es sich insgesamt um eine Einzelfallentscheidung handelt, wurde die Revision nicht zugelassen.
92Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.