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Bei einer Rückwirkung eines Entgelttarifvertrages ist das gesamte im Rückwirkungszeitraum aufgrund des alten Tarifvertrages gezahlte Entgelt mit dem nach dem neuen Tarifvertrag geschuldeten Entgelt zu verrechnen. Ein Rückwirkungsverbot kommt nur dann in Betracht, wenn sich so ein Saldo zu Lasten des Arbeitnehmers ergibt.
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 24.05.2019 – 5 Ca 2686/18 – abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um die richtige Nachberechnung von Entgeltansprüchen aufgrund eines rückwirkenden Tarifvertrages und dabei insbesondere um die Frage, ob die Beklagte berechtigt war, die im November des Vorjahres bereits abgerechnete und ausgezahlte Jahres-Sonderzuwendung mit den rückwirkend entstandenen Tarifentgeltansprüchen des Klägers zu verrechnen.
3Der Kläger ist 47 Jahre alt, verheiratet und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Er ist seit dem 27.04.2015 bei der Beklagten als Triebfahrzeugführer beschäftigt. Die Arbeitsvertragsurkunde nimmt Bezug auf den Hausmanteltarifvertrag. Im Übrigen ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der jeweils geltende Mantel- und Entgelttarifvertrag Anwendung findet.
4Schon im Jahre 2016 wurden Tarifverhandlungen aufgenommen, deren Abschluss für Dezember 2016 geplant war. Diese Verhandlungen zogen sich erheblich in die Länge. Als Pauschalbetrag zum Ausgleich der durch die Verzögerung der Verhandlungen entstandenen Lohnverluste zahlte die Beklagte mit dem Juli-Lohn 2017 eine „Vorschusszahlung“ in Höhe von 600,00 EUR.
5Der bis ins Jahr 2017 geltende Entgelttarifvertrag vom 23.03.2009 (Bl. 72) sieht eine Vergütung nach den folgenden grob skizzierten Parametern vor:
6• Berechnung nach Kalendermonaten
7• Monatsentgelt nach Entgeltgruppe
8• Überzeitzulage (20 %)
9• Vermögenswirksame Leistungen
10• Funktionszulage (Diesel 7 EUR; E-Lok 20 EUR)
11• Jährliche Zuwendung (50 % Monatsbruttoentgelt, bei unterjährigem Ein- bzw. Ausscheiden anteilig, Zeiten ohne Entgelt bleiben unberücksichtigt).
12• Treueprämie (30 % Monatsbruttoentgelt, nur im ungekündigten ganzjährigen Arbeitsverhältnis; Fehlzeiten führen zur Kürzung um 1/60 pro Fehltag.)
13• Anreizprämie (10 EUR pro Schicht für Einsatz außerhalb von A , D , K , B
14Im November 2017 erhielt der Kläger die jährliche Zuwendung (in der Abrechnung Bl. 26 als „Weihnachtsgeld“ bezeichnet) in Höhe von 1.190,00 EUR brutto nach den Vorgaben des damals noch geltenden alten Tarifvertrages. Die Zahlung erfolgte ohne jeglichen Vorbehalt. Die spätere Verrechnung der Zahlung ist Gegenstand des Streits.
15Einen neuen Entgelt-TV haben die Tarifparteien schließlich am 15.02.2018 unterzeichnet (Bl. 97 ff). Dieser Tarifvertrag sieht eine Vergütung nach den folgenden Parametern vor:
16• Berechnung nach Kalendermonaten wie zuvor
17• Monatsentgelt nach Entgeltgruppe wie zuvor
18• Überstundenzulage (20 % des Stundensatzes) wie zuvor
19• Vermögenswirksame Leistungen wie zuvor
20• Wechseldienstzulage (6,65 EUR pro Schicht) neu
21• Nachtzulage2,80 EUR für jede angefangene Stunde neu
22• Sonntagsarbeitszulage4,00 EUR für jede angefangene Stunde neu
23• Feiertagszulage7,00 EUR für jede angefangene Stunde neu
24Nach diesem neuen Tarifvertrag gibt es also im Gegensatz zum alten Tarifvertrag Wechsel-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagszulagen sowie ein höheres Monatsgrundentgelt. Gestrichen wurden die jährliche Sonderzuwendung, die Treueprämie und die Anreizprämie. Die geschuldete Arbeitszeit wurde von einer Jahresarbeitszeit auf eine Monatsarbeitszeit umgestellt. Insgesamt wurde das Jahresentgelt angehoben. Die Steigerung des monatlich ausgezahlten Grundentgelts ist deutlich höher als die Steigerung des Jahresentgelts. Das liegt daran, dass die nach dem alten Tarifvertrag jeweils im November gezahlte Sonderzuwendung im neuen Tarifvertrag auf 12 Monate verteilt wurde.
25Der Tarifvertrag trat rückwirkend ab dem 01.07.2017 in Kraft. Hierzu wurde am 15.02.2018 ein Einführungstarifvertrag abgeschlossen (EinfTV-RTB, Bl. 124). Dort heißt es auszugsweise:
26„§ 2 Tarifverträge
27Zum 01.07.2017 treten der MTV-RTB gemäß der Anlage 1, der ETV-RTB gemäß Anlage 2 und der AzubiTV-RTB gemäß Anlage 3 bei der R in Kraft.
28[...]
29Protokollnotiz
30Die Tarifvertragsparteien sind sich darüber einig, dass die Arbeitnehmer und Auszubildenden gemäß § 1 durch die neue Systematik keine Nachteile, insbesondere im Bereich der Eingruppierungen und Einstufungen haben sollen. Übergangsregelungen zu besonderen Sachverhalten und Besitzständen werden gesondert geregelt.
31[...]
32§ 4 Rückrechnung
33Der Anspruch jedes Mitarbeiters zum bereits abgelaufenen Zeitraum vom 01.01.2017 bis zur Zeichnung dieses Vertrages wird für jeden Mitarbeiter der R individuell entsprechend berechnet und ausgeglichen.
34Mit der Abrechnung für den Monat Februar 2018 (Bl. 20 d.A.) rechnete die Beklagte das Februarentgelt nach den Vorgaben des neuen Entgelttarifvertrages ab, nämlich Nachtzuschlag in Höhe von 42,00 EUR, Funktionszulage in Höhe von 119,70 EUR, dem neu ausgehandelten Grundgehalt in Höhe von 2.658,70 EUR und einem Arbeitgeberanteil zur Vermögensbildung in Höhe von 14,00 EUR, insgesamt also 2.834,40 EUR brutto. Alle weiteren Abrechnungsposten in der Lohnabrechnung für den Monat Februar, die mit einem Gesamtbruttoentgelt in Höhe von 4.105,68 abschließt, betreffen die Rückrechnung nach § 4 des EinfTV-RTB für die Monate Juli 2017 bis Januar 2018 mit einer Gesamtsumme von 1.271,28 EUR.
35Die vorgenannte Rückrechnung nach § 4 EinfTV-RTB ist zwischen den Parteien dem Grunde und der Höhe nach unstreitig, bis auf die Frage, ob bei der Rückrechnung die im November gezahlte Sonderzahlung als Abzugsposten berücksichtigt werden darf.
36Der Kläger ist der Auffassung gewesen, die Beklagte habe die im November des Vorjahres gezahlte Sonderzuwendung zu Unrecht verrechnet. Nach seiner Auffassung sei es den Tarifparteien im Februar 2018 nicht mehr möglich gewesen, in solche Ansprüche einzugreifen und diese zu streichen, die entstanden, fällig und bereits abgewickelt seien. Einem solchen Eingriff widerspreche das verfassungsrechtlich verankerte Rückwirkungsverbot. Die im Juli 2017 gezahlten 600,00 EUR hätten im Übrigen nichts mit der Sonderzuwendung zu tun.
37Der Kläger hat beantragt,
38die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 1.190,50 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.02.2018 sowie weitere 40 EUR netto an pauschalen Zinsen nach § 288 Abs. 5 BGB zu zahlen.
39Die Beklagte hat beantragt,
40die Klage abzuweisen.
41Sie hat vorgetragen, zur Bestimmung der Entgeltgruppen sei im Rahmen der Tarifverhandlungen ein Jahresgehalt unter Einschluss des Weihnachtsgeldes errechnet worden, dieses sei durch 12 geteilt worden. So hätten sich Monatsentgelte ergeben, die deutlich höher gewesen seien, als wären sie einfach nur prozentual angehoben worden. Da im Rahmen der Nachberechnung Monatsentgelte zu berücksichtigen gewesen seien, auf die durch den neuen Tarifvertrag das ehemals im November gezahlte „Weihnachtsgeld“ in Anteilen von je 1/12 verteilt worden seien, sei auch das gezahlte Weihnachtsgeld gegenzurechnen.
42Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 24.05.2019 mit der Hauptforderung stattgegeben. Nur mit Blick auf die geforderte Verzugskostenpauschale in Höhe von 40 EUR hat es die Klage abgewiesen. Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB. Durch die Verrechnung der Sonderzuwendung habe die Beklagte auf Kosten des Klägers etwas erlangt, was sie herauszugeben habe.
43Gegen dieses ihr am 09.08.2019 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 31.07.2019 Berufung eingelegt und sie hat diese am 09.09.2019 begründet.
44Jeder im Betrieb habe gewusst, dass die Sonderzuwendung im neuen Tarifvertrag auf die 12 Monate umgelegt werden müssten. Jeder im Betrieb habe gewusst, dass der neue Tarifvertrag eine Sondervergütung nicht mehr vorsehen werde. Jeder habe deshalb gewusst, dass im Falle einer Rückrechnung die Sonderzahlung verrechnet werden müsse. Es habe also gar kein Vertrauen entstehen können, das durch eine Rückwirkung verletzbar wäre. Der Kläger dürfe sich daher nicht auf ein Rückwirkungsverbot berufen.
45Die Beklagte beantragt,
46das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 24.05.2019 - 5 Ca 2686/18 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
47Der Kläger beantragt,
48die Berufung zurückzuweisen.
49Vollkommen zurecht habe das Arbeitsgericht in der von der Beklagten vorgenommenen Verrechnung der im November ausgezahlten Sonderzuwendung mit dem Februarentgelt einen Verstoß gegen das Verbot der echten Rückwirkung gesehen. Die Beklagte habe sich durch die Verrechnung an den von ihm wohlerworbenen Rechten unerlaubt bedient. Die verrechnete Sonderzuwendung sei daher in voller Höhe an ihn auszuzahlen.
50Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
51E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
52I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
53II. Das Rechtsmittel hatte auch in der Sache Erfolg. Der Kläger hatte im Februar 2018 keinen Entgeltanspruch, der über die mit der Februarabrechnung abgerechneten 4.105,68 EUR brutto hinausging. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus Vertragsrecht, noch aus Deliktsrecht noch aus Bereicherungsrecht.
541. Der Kläger hat über das abgerechnete Entgelt für den Monat Februar 2018 und die in der Februarabrechnung berücksichtigte Gutschrift in Höhe von insgesamt 1.271,28 EUR brutto hinaus keinen Zahlungsanspruch für die Zeit von Juli 2017 bis Februar 2018 aus § 611 a Abs. 2 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag, dem Entg-TV 2018 und dem EinfTV-RTB. Denn die ihm zustehenden Ansprüche sind erfüllt.
55Nach der vorgenannten Anspruchsgrundlage hat der Kläger einen Anspruch auf Zahlung für geleistete Arbeit für den Zeitraum von Juli 2017 bis einschließlich Februar 2018. Dieser dem Grunde nach bestehende Anspruch ist zwischen den Parteien nicht streitig. Die Höhe des Anspruchs bestimmt sich nach dem Entgelttarifvertrag 2018 der nach dem Willen der Tarifvertragsparteien bis zum 01.07.2017 zurückwirkt. Auch dies ist zwischen den Parteien nicht streitig. Wirkt ein Tarifabschluss zurück, wie hier und wie es üblich ist, so hat eine Rückrechnung stattzufinden. Auch insoweit sind sich die Parteien noch einig. Diese Rückrechnung ist hier ausdrücklich in § 4 des EinfTV-RTB vorgesehen. Die Entgelte, die auf der Berechnungsgrundlage des alten Tarifvertrages gezahlt worden sind, sind die Entgelte, die der Arbeitgeber nach § 611 a Abs. 2 BGB aus dem Arbeitsvertrag schuldete. Die Entgelte für die gleichen Tage die nun auf der Berechnungsgrundlage des neuen Tarifvertrages errechnet werden, sind ebenfalls die Entgelte, die der Arbeitgeber nach § 611 a Abs. 2 BGB aus dem Arbeitsvertrag schuldete. Die Rechtsgrundlage ist und bleibt der Arbeitsvertrag in Verbindung mit § 611 a Abs. 2 BGB. Die Rechtsgrundlage ist nicht weggefallen. Es ist also nicht so, dass die nach dem alten Tarifvertrag berechneten Zahlungen mit Rückwirkung des neuen Tarifvertrages ihren Rechtsgrund verlören, dass dadurch Bereicherungsansprüche der Arbeitgeberin gegen ihre Arbeitnehmer entstünden, mit denen sie dann gegenüber dem nach dem neuen Tarifvertrag berechneten Entgelt die Aufrechnung erklären müsste. Vielmehr hat die Arbeitgeberin in einem solchen Fall den Entgeltanspruch aus § 611 a Abs. 2 BGB im Rückwirkungszeitraum schon weitgehend (oder ganz) erfüllt, der Anspruch ist damit gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen. Niemand käme auf den Gedanken, und es entspräche wie gezeigt auch nicht der Rechtslage, beispielsweise den für den Monat September gezahlten Lohn als „entstandenen, fälligen und bereits abgewickelten Anspruch“ zu betrachten, der wegen des Rückwirkungsverbotes nicht mehr „verrechnet“ werden dürfe, er als Erfüllung des Entgeltanspruchs also nicht mehr berücksichtigt werden könnte. Anders wäre es nur, wenn aufgrund einer Rückwirkung die Rück- und Auszahlung des geleisteten Septemberentgelts vom Arbeitnehmer verlangt würde. Vom Kläger wurde vorliegend aber keine Rückzahlung verlangt, er hat vielmehr 1.271,28 EUR zusätzlich ausgezahlt bekommen.
56Die hier streitige jährliche Zuwendung hat die Beklagte richtigerweise in volle Höhe auf die nach dem neuen Tarifvertrag berechneten Entgeltansprüche angerechnet. Sie ist im Monat November als Entgelt für geleistete Arbeit gezahlt worden. Der alte Entgelttarifvertrag (Bl. 74 d.A.) unterschied in §§ 7, 8 und 9 die jährliche Zuwendung von der Treueprämie und der Anreizpräme. Während die Treueprämie eine klassische Gratifikation darstellt und die Anreizprämie von genauer geregelten Voraussetzungen abhängig gemacht wurde, ist die Sonderzuwendung ein Teil des Jahresentgelts. Dies ergibt sich schon aus der Tatsache, dass die Zuwendung an unterjährig ein- oder ausscheidende Beschäftigte anteilig zu zahlen ist und eine Rückzahlungsverpflichtung bei vorzeitigem Ausscheiden nicht vorgesehen wurde. Aus § 4 des EinfTV-RTB ergibt sich ausdrücklich, dass die Rückrechnung für den Zeitraum vom 1. Januar 2017 an vorzunehmen ist, also für das ganze Jahr an dessen 1. Juli die neue Berechnungsgrundlage greift. Damit ist auch die ganze Sonderzuwendung als Erfüllung des Entgeltanspruchs zu berücksichtigen und nicht nur anteilig die Hälfte des Betrages.
57Ein verfassungsrechtlich gebotenes Rückwirkungsverbot kommt vorliegend nicht in Frage, denn durch die Rückwirkung des Entgelttarifvertrages hat der Kläger im Februar 2018 mehr bekommen, nämlich für den Zeitraum Juli 2017 bis Januar 2018 einen Betrag in Höhe von 1.271,28 EUR mehr. Das Vertrauen des Klägers, die Sonderzuwendung behalten zu dürfen, ist nicht erschüttert worden, denn der Kläger muss nichts zurückzahlen. Das Gegenteil ist der Fall. Er darf die Sonderzuwendung behalten und erhält im Februar zusätzlich einen Betrag, der den Betrag der Sonderzuwendung sogar noch einmal übersteigt. Es kann zusammenfassend festgestellt werden: Die neue tarifliche Regelung nimmt dem Kläger nichts; die neue tarifliche Regelung ist in diesem Sinne nicht belastend; deshalb ist auch die Rückwirkung nicht belastend; das Vertrauen des Klägers darauf, dass er das Geld behalten darf, das er in der Vergangenheit bekommen hatte, ist nicht verletzt; eine Verletzung des Rückwirkungsverbotes kommt daher nicht in Betracht (vergl. zur belastenden Rückwirkung: BAG v. 05.07.2006 – 4 AZR 381/05 –).
58Nach alledem hat der Kläger keinen weiteren Zahlungsanspruch wegen der „Verrechnung“ der Sonderzuwendung aus § 611 a Abs. 2 BGB iVm dem Arbeitsvertrag, dem ETV-RTB und dem EinfTV-RTB.
592. Eine deliktischer Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB oder aus § 823 Abs. 2 iVm einem Schutzgesetz scheidet ebenfalls aus, weil weder die Verletzung eines Schutzgesetzes ersichtlich ist, noch die Verletzung eines absolut geschützten Rechtsguts.
603. Der Kläger hat auch keinen Bereicherungsanspruch. Für eine Leistungskondiktion aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt BGB fehlt es an einer Leistung des Arbeitnehmers an die Arbeitgeberin. Es war nicht der Kläger, der durch die Verrechnung der Sonderzuwendung eine bewusste und zweckgerichtete Vermehrung eines fremden Vermögens vorgenommen hat. Für eine Eingriffskondiktion im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt BGB fehlt es an einem Eingriff in den Zuweisungsgehalt einer Dritte ausschließenden Rechtsposition. Zwar können unter bestimmten Voraussetzungen nicht nur absolut geschützte Rechtsgüter, sondern auch schuldrechtliche Ansprüche solche (Dritte ausschließende) Rechtspositionen darstellen. Wie gezeigt war aber ein Dritter im Sinne der Regelung, nämlich hier die Arbeitgeberin, berechtigt, die gezahlte Sonderzuwendung als Erfüllung des Entgeltanspruchs des Klägers zu betrachten und als solche zu verrechnen. Die Beklagte hat nirgends eingegriffen, sie hat dem Kläger auch nichts weggenommen, sie hat lediglich eine als Erfüllung des arbeitsvertraglichen Entgeltanspruchs gezahlte Leistung als Erfüllung des Entgeltanspruchs berücksichtigt.
61III. Nach allem war deshalb das Urteil, abzuändern und die Klage abzuweisen. Als unterliegende Partei hat der Kläger gemäß § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Gründe für eine Revisionszulassung sind nicht gegeben, da die Entscheidung auf den Umständen des vorliegenden Einzelfalls beruht.