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Kein Leitsatz
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 04.09.2017 – 2 Ca 1344/17 – unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert.
Dem Kläger wird für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin Steffens-Wächter mit Wirkung ab dem 22.02.2017 und mit der Maßgabe bewilligt, dass er monatliche Raten in Höhe von 181,00 EUR zu zahlen hat.
Die Gebühr KV 8614 GKG wird nicht erhoben.
Gründe
2Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet.
31.) Die Rechtsverfolgung des Klägers hatte hinreichende Aussicht auf Erfolg iSd. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Davon ist aufgrund des zwischen den Parteien geschlossenen Vergleichs auszugehen. Die Beiordnung einer Rechtsanwältin erscheint im Hinblick auf den nicht ganz einfachen Fall erforderlich (§ 122 Abs. 2 ZPO).
42. Der Kläger ist auch bedürftig iSd. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO, da er die Kosten seiner beabsichtigten Rechtsverfolgung nur in Raten aufbringen kann. Zwar führen seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zu einer Bewilligung der Prozesskostenhilfe zu der von ihm für richtig erachteten Ratenhöhe. Die gemäß § 115 Abs. 2 ZPO anzuordnenden Raten sind jedoch nicht so hoch, dass Prozesskostenhilfe gemäß § 115 Abs. 4 ZPO versagt werden müsste.
5a) Entgegen der Auffassung des Klägers sind die Kfz-Steuer, die Kontoführungsgebühren und die Kosten seines Mobilfunkgerätes nicht gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 ZPO einkommensmindernd zu berücksichtigen.
6aa) Die Kfz-Steuer wäre nur dann einkommensmindernd in Ansatz zu bringen, wenn der Kläger auf das Kfz zwecks Ausübung seines Berufes, für die Fahrt zur Arbeitsstätte oder aus sonstigen zwingenden Gründen zur oder aus sonstigen dringenden Gründen angewiesen wäre (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 01. Juli 2008 – 9 WF 465/08 –, Rn. 7, juris; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 18. November 2008 – 9 WF 333/08 –, Rn. 6, juris). Das ist hier nicht der Fall. Im täglichen Arbeitseinsatz benötigt der Kläger kein eigenes Fahrzeug. Der Kläger kann auch die Fahrten von seinem Wohnort in B zu seiner Arbeitsstätte in K aufgrund des dichten Streckennetzes der REVG ohne weiteres mit öffentlichen Verkehrsmitteln, etwa mit der Buslinie 922, durchführen.
7bb) Kontoführungsgebühren gehören zu den allgemeinen Lebenshaltungskosten, die durch die Freibeträge nach § 115 Abs. 1 Satz 3 ZPO abgedeckt werden. Sie können nicht zusätzlich abgesetzt werden (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 13. November 2007 – 9 WF 301/07 –, Rn. 7, juris)
8cc) Dasselbe gilt für die Kosten seines Mobilfunkgeräts. Auch sie sind pauschaliert im persönlichen Freibetrag enthalten und können daher nicht als zusätzliche Abzugsposten berücksichtigt werden (Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 26. Januar 2017 – 12 Ta 11/16 –, Rn. 22, juris). Ihre Berücksichtigung kommt allenfalls ausnahmsweise dann in Betracht, wenn das Handy für die berufliche Tätigkeit erforderlich ist (Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 03. Januar 2013 – 1 Ta 323/12 –, Rn. 9, juris). Das ist hier nicht der Fall. Die Kammer kann zwar den Vortrag des Klägers als wahr unterstellen, dass der Kläger sein Handy im Außen- und Bereitschaftsdienst benötigt. Sie kann jedoch nicht davon ausgehen, dass er dadurch höhere Kosten hat. Jedenfalls sind solche Kosten nicht nachgewiesen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Kläger das Handy vornehmlich privat nutzt und es sich zu diesem Zweck angeschafft hat. Denn es erscheint nicht plausibel, dass er sich monatliche Kosten in Höhe von 59,00 EUR auflädt, um für die Beklagte erreichbar zu sein. Zudem: Durch Anrufe seitens der Beklagten entstehen ihm von vorneherein keine höheren Kosten. Sollte er eigene dienstlich veranlasste Anrufe vornehmen, hätte er deren Umfang im Einzelnen belegen und darlegen müssen, dass diese von der heute üblichen Telefonflatrate nicht erfasst werden.
9b) Stromkosten, wie sie der Kläger geltend machen will, gehören grundsätzlich zur allgemeinen Lebenshaltung und sind bereits in den Freibeträgen für das Existenzminimum enthalten (BGH, Beschluss vom 08. Januar 2008 – VIII ZB 18/06 –, Rn. 8, juris; Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 13. Juli 2010 – 1 Ta 130/10 –, Rn. 8, juris mwN.).
10aa) Da das Haus, in dem der Kläger lebt, nach seiner Darlegung keine zentrale Warmwasseraufbereitung hat, sind durch die Durchlauferhitzer zusätzlich entstehenden Stromkosten aber in Anlehnung an §§ 20 Abs. 2, 22 Abs. 7 SGB II für den Kläger mit 2,3% des Regelsatzes (hier 9,57 EUR) in Ansatz zu bringen. Diese Anrechnung trägt dem Gedanken Rechnung, dass Freibeträge aus den sozialhilferechtlichen Regelsätzen abgeleitet werden (dazu etwa BGH, Versäumnisurteil vom 05. März 2008 – XII ZR 150/05 –, Rn. 24, juris; Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 01. März 2018 – 4 Ta 1/18 –, Rn. 10, juris; Geimer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 115 ZPO, Rn. 19. 28).
11bb) Die Stromkosten, die durch den Warmwasserverbrauch der Mitbewohnerin entstehen, sind hingegen nicht vom Einkommen des Klägers abzuziehen, da sie allein zu deren Lebenshaltungskosten zählen und der Kläger ihr gegenüber nicht zur Leistung eines (Natural-)Unterhalts verpflichtet ist.
12c) Mietzinszahlungen des Klägers sind gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 ZPO in Höhe der von ihm tatsächlich monatlich gezahlten 590,00 EUR einkommensmindernd zu berücksichtigen. Darauf muss sich der Kläger keinen (fiktiven) Mietkostenanteil seiner Mitbewohnerin anrechnen lassen. Denn die Einkünfte der Mitbewohnerin liegen mit monatlich 630,00 EUR unter den Freibeträgen nach § 115 Abs. 1 Nr. 2 a) und 1 b) ZPO in Höhe von 680,00 EUR, die ihr zu Gute kämen, wenn sie selbst Partei des Rechtsstreits wäre.
13aa) Zwar ist bei der Berücksichtigung gemeinsamer Belastungen iSd. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 ZPO grundsätzlich auf das Verhältnis der Nettoeinkommen der verdienenden Bewohner abzustellen (Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 23. November 2010 – 1 Ta 304/10 –, Rn. 11, juris; Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 21. Januar 2014 – 3 Ta 12/14 –, Rn. 6, juris; Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 18. März 2008 – 3 Ta 93/08 –, Rn. 6, juris; Landesarbeitsgericht Nürnberg, Beschluss vom 08. Januar 2015 – 4 Ta 121/14 –, Rn. 14, juris).
14bb) Jedoch kann der Mitbewohnerin ein Wohnkostenanteil nur insoweit zugerechnet werden kann, als ihr noch der allgemeine Freibetrag gem. § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 a) ZPO (Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 23. März 2010 – 3 Ta 163/10 –, Rn. 9, juris; OLG Koblenz, Beschluss vom 03. Juli 1995 – 7 W 233/95 –, juris) und der Erwerbstätigenfreibetrag nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 b) ZPO verbleiben. Diese Freibeträge sind verfassungsrechtlich geboten, um das Existenzminimum und die mit der Erwerbstätigkeit verbundenen Mehraufwendungen zu berücksichtigen (vgl. Geimer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 115 ZPO, Rn. 20). Sie sollen nicht zugleich die Unterkunftskosten abdecken. Dies ergibt sich aus § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 ZPO, wonach diese Kosten zusätzlich zu dem allgemeinen Freibetrag und dem Erwerbstätigenfreibetrag einkommensmindernd in Ansatz zu bringen sind. Konsequenterweise können sie daher nach der Wertung des Gesetzes auch nicht als (fiktiver) Anteil von den Wohnkosten eines prozesskostenhilfeberechtigten Mitbewohners abgezogen werden.
15d) Es ergibt sich somit folgende Berechnung der gemäß § 115 Abs. 2 Satz 1 festzusetzenden Raten:
16Nettoeinkommen 1.971,26 EUR
17./. Werbungskosten 134,13 EUR
18./. Erwerbstätigenfreibetrag 219,00 EUR
19./. Freibetrag 481,00 EUR
20./. Mietzins 590,00 EUR
21./. erhöhte Stromkosten 9,57 EUR
22./. Abzahlungsverpflichtungen 174,75 EUR
23Einzusetzendes Einkommen 362,00 EUR
24Monatsrate 181,00 EUR
25e) Angesichts der so ermittelten Ratenhöhe ist die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nicht gemäß § 115 Abs. 4 ZPO ausgeschlossen. Denn unter Zugrundelegung des vom Arbeitsgericht festgesetzten Streitwerts von 6.390,16 EUR übersteigen die mit 1.765,37 EUR anzusetzenden Kosten der Prozessführung nicht vier Monatsraten.
263.) Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.