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1. Es stellt keinen institutionalisierten Rechtsmissbrauch dar, wenn in der als GmbH organisierten, mit ca. 1000 Mitarbeitern ausgestatteten deutschen Sektion eines weltweit agierenden Unternehmensberatungskonzerns alle ca. 120 Partner/Senior-Partner zu GmbH-Geschäftsführern berufen werden. Dies gilt auch dann, wenn die Partner/Senior-Partner zwar an der Spitze der Hierarchie der mit Unternehmensberatungsaufgaben befassten Personen stehen, aber keine „klassischen“ Geschäftsführeraufgaben zu verrichten haben (vgl. auch BAG 2 AZR 865/18 vom 21.09.2017).
2. Die Tätigkeit eines solchen Partners/Senior-Partners als eines spezialisierten Unternehmensberaters auf höchster Qualifikationsstufe stellt keine typische Arbeitnehmertätigkeit dar. Die Parteien müssen sich daher im Rahmen der Gesamtwürdigung aller Umstände an dem von ihnen gewählten Vertragstypus - hier: Dienstvertrag – festhalten lassen, wenn die tatsächliche Handhabung der Vertragsbeziehungen nicht zwingend für ein Arbeitsverhältnis spricht.
3. Das Wort „berufen“ enthält keine zusätzliche qualifizierte Anwendungsvoraussetzung für § 14 Abs.1 Nr.1 KSchG.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Vertragsverhältnis durch eine Kündigung der Beklagten vom 21.10.2015 wirksam zum 29.02.2016 beendet worden ist. Insbesondere streiten die Parteien darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis bestanden hat oder ein (Geschäftsführer-) Dienstvertragsverhältnis.
3Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 17. Kammer des Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen haben, die Klage abzuweisen, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen erstinstanzlichen Urteils vom 03.02.2017 Bezug genommen.
4Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde dem Kläger am 08.03.2017 zugestellt. Er hat hiergegen am 31.03.2017 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Frist am 08.06.2017 begründet.
5Der Kläger und Berufungskläger bleibt bei seiner Auffassung, dass die Parteien durch den sogenannten Offer Letter nach ihrem beiderseitigen Rechtsbindungswillen ein Arbeitsverhältnis begründet hätten. So sei ihm in dem Offer Letter Herr R M als sein Vorgesetzter benannt worden. Die Beklagte habe sich in dem Offer Letter jederzeitige Änderungen von Arbeitsinhalt und Arbeitszeit vorbehalten und erste konkrete Weisungen angekündigt. Von einer Anstellung als Geschäftsführer sei weder in dem Offer Letter selbst, noch in den vorangegangenen Einstellungsgesprächen die Rede gewesen. Auch aus sonstigen Umständen habe sich seinerzeit kein Anhaltspunkt für den angeblichen Willen zum Abschluss eines Geschäftsführer-Anstellungsvertrages ergeben. Schließlich sei in dem am 29.07.2005 abgeschlossenen sogenannten Transfer Agreement ausdrücklich und mehrfach davon die Rede, dass er, der Kläger, seit Beginn seiner Beschäftigung bei B ab 1. April 2004 in einem Arbeitsverhältnis mit B gestanden habe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen des Klägers auf Seite 8 - 20 der Berufungsbegründungsschrift Bezug genommen.
6Weiter führt der Kläger aus, er sei auch in persönlicher Abhängigkeit in den Betrieb der Beklagten eingegliedert worden. Die betriebliche Eingliederung und die persönliche Abhängigkeit hätten insbesondere daraus resultiert, dass die Beklagte ihm die von ihm zu bearbeitenden Projekte zugewiesen habe. Der Kläger legt hierzu eine Aufstellung zahlreicher Projekte aus den Jahren 2004/2005 und 2008 - 2012 vor, deren Betreuung ihm von den dort jeweils angegebenen Assigning Officers aufgegeben worden sei. Auch im Rahmen seiner eigenen Akquisetätigkeit habe er den ihm vorgesetzten sogenannten Node vorab fragen müssen, und dieser habe ihm, wenn er dies für opportun gehalten hätte, auch verbieten können, einem bestimmten Kunden ein bestimmtes Projekt anzubieten.
7Die Beklagte mache ihren Beschäftigten im Allgemeinen und so auch ihm, dem Kläger im Besonderen, für die Beratungstätigkeit generelle fachliche Vorgaben. Soweit sich die Beklagte darauf berufe, dem Kläger keine fachlichen Vorgaben in Bezug auf die konkrete Beratungstätigkeit gemacht zu haben, erinnert der Kläger daran, dass sie ihn ja gerade als Experten für Informationstechnologie und insbesondere SAP eingestellt habe. Konkrete fachliche Weisungen seien daher gerade nicht erforderlich, um eine persönliche Abhängigkeit zu begründen. Dass er Inhalt und Art seiner Arbeitsleistung nicht im Wesentlichen habe frei bestimmen können, folge auch aus den jährlichen Leistungsbewertungen durch das Officer Development Committee.
8Der Kläger bestreitet auch, bei der Frage, zu welcher Zeit er seine Dienste geleistet habe, frei gewesen zu sein. Das Gegenteil folge schon aus dem ihm auferlegten umfassenden Nebentätigkeitsverbot. Fakt sei, dass er, wenn er nicht gerade in Urlaub gewesen oder arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei, praktisch rund um die Uhr für die Beklagte gearbeitet habe. Dies ergebe sich auch aus den Überstundennachweisen, die er habe führen müssen. Eine angebliche Freiheit, die Lage der Arbeitszeit selbst zu bestimmen, sei angesichts der Menge der Arbeitszeiten obsolet.
9Seinen Urlaub habe er, der Kläger, lange im Voraus in den Kalender eingetragen. Bei ausreichendem Vorlauf habe der Urlaub als genehmigt gegolten. Bei kurzfristigen Wünschen habe der zuständige Node eine Genehmigung erteilen müssen. Dies habe nicht nur für ihn, den Kläger, sondern für alle Partner gegolten. Im Jahre 2009 habe die Beklagte ein von ihm beantragtes sogenanntes sabbatical abgelehnt. Der Umstand, dass er in seinem home office habe arbeiten können, spreche ebenfalls nicht gegen seine persönliche Abhängigkeit. Dies habe auch für die neu eingestellten associates auf der untersten Hierarchiestufe gegolten. Wegen der vom Kläger zur Begründung seiner persönlichen Abhängigkeit und Eingliederung in den Betrieb der Beklagten vorgebrachten Einzelheiten wird auf Seite 20 - 70 der Berufungsbegründungsschrift Bezug genommen.
10Das Arbeitsgericht habe Inhalt, Art, Ort und Zeit der von ihm zu erbringenden Arbeitsleistung falsch eingeordnet und es versäumt, eine abschließende Gesamtwürdigung zu unternehmen (hierzu Seite 70 - 76 der Berufungsbegründung).
11Bei alledem ist der Kläger der Auffassung, dass eine wirksame Geschäftsführerbestellung nicht erfolgt sei. Wie im Kammertermin beim Arbeitsgericht bestreite er weiterhin insbesondere, dass der von der Beklagten vorgelegte Gesellschafterbeschluss am 05.04.2004 erstellt worden sei.
12Der Kläger ist der Ansicht, dass die Beklagte ihn auch nicht im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG als Geschäftsführer zur Vertretung der Gesellschaft habe „berufen“ wollen. Sinn des § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG sei, Streitigkeiten im Arbeitgeberlager zu erfassen und vom allgemeinen Kündigungsschutz auszunehmen. Er, der Kläger, habe aber niemals Arbeitgeberfunktionen oder klassische Aufgaben eines GmbH-Geschäftsführers wahrgenommen. Bezeichnenderweise seien weder er noch die über 100 weiteren nachträglich zu Geschäftsführern „berufenen“ Partner ins Handelsregister eingetragen worden. Ebenso wenig erschienen sie auf den Geschäftsbriefen der Beklagten.
13Zumindest, so der Kläger, sei die formale Bestellung zum Geschäftsführer als rechtsmissbräuchliche Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes anzusehen. In Wirklichkeit seien er und die anderen Partner nur deshalb zu Geschäftsführern ernannt worden, um sich bei Bedarf von ihnen trennen zu können, ohne die Erschwernisse des deutschen Kündigungsschutzrechts beachten zu müssen.
14Der Kläger hält die Kündigung der Beklagten daher für sozial ungerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG. Er habe sich keine Pflichtverletzungen zu Schulden kommen lassen.
15Ergänzend wird auf den vollständigen Inhalt der Berufungsbegründungsschrift des Klägers und seiner weiteren schriftsätzlichen Stellungnahmen vom 22.12.2017 und 17.01.2018 Bezug genommen.
16Der Kläger und Berufungskläger beantragt nunmehr,
17das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 03.02.2017, 17 Ca 8143/15, abzuändern und insgesamt wie folgt neu zu fassen:
181. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 21.10.2015 nicht zum 29.02.2016 beendet worden ist.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
21Die Beklagte und Berufungsbeklagte stellt den Antrag,
22die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
23Die Beklagte und Berufungsbeklagte verteidigt Ergebnis und Begründung des arbeitsgerichtlichen Urteils. Sie macht geltend, dass der Kläger wirksam zum Geschäftsführer bestellt worden sei und jedenfalls mit dem Transfer Agreement vom 29.07.2005 ein Dienstvertragsverhältnis vereinbart worden sei. Die Beklagte tritt der Auffassung des Klägers, dass mit dem Offer Letter ursprünglich ein Arbeitsvertragsverhältnis habe begründet werden sollen, entgegen, hält dies im Hinblick auf das spätere Transfer Agreement aber für rechtlich unerheblich. Da der Kläger wirksam und nicht rechtsmissbräuchlich zum Geschäftsführer bestellt worden sei, genieße er gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG nicht die Rechte aus dem Kündigungsschutzgesetz. Die fristgerechte Kündigung seines Geschäftsführerdienstvertrages sei ohne weiteres wirksam.
24Dementsprechend hält die Beklagte die Ausführungen des Klägers zu seiner angeblichen Weisungsabhängigkeit und Unfreiheit in Fragen wie Arbeitszeit, Arbeitsort, Urlaubsgewährung etc. für unerheblich, weist die Ausführungen des Klägers aber auch als inhaltlich unzutreffend zurück. Der Kläger stelle fälschlich aus der Natur der Sache heraus notwendige Abstimmungsprozesse zwischen gleichberechtigten Partnern als Weisungsabhängigkeit dar. So habe es dem Kläger jederzeit freigestanden, die Mitwirkung an einem ihm angetragenen Projekt abzulehnen. Jeder Partner/Geschäftsführer habe jedoch ein eigenes starkes Interesse daran, an neuen Projekten mitzuwirken, dadurch seine Expertise bei Kunden und potentiellen Kunden bekannt zu machen, Kontakte zu knüpfen und zu erweitern sowie andere Partner bzw. Teams von sich zu überzeugen; denn dies bringe ihm entweder aktuelle Umsatzanteile oder es biete ihm eine Basis und die notwendigen Bausteine für den Aufbau und die Erweiterung seines Geschäftsbereichs und damit seines geschäftlichen Erfolgs in der Zukunft. Es komme, so die Beklagte, nach ihrer Kenntnis in der Praxis nicht vor, dass sich ein Partner ohne einen nachvollziehbaren Grund wie z. B. Überlastung, gesundheitliche oder familiäre Gründe weigern würde, für ein bestimmtes Projekt oder einen bestimmten Kunden tätig zu werden, so dass in der Praxis entsprechende Mitwirkungsweisungen nie notwendig wären. Würde sich jemand ohne triftigen Grund weigern, würde dies in der Partnerschaft als lediglich völlig unverständliches Verhalten gewertet werden und im Ergebnis wahrscheinlich zur Folge haben, dass ein Partner/Geschäftsführer, der sich einmalig oder mehrmals so verhalten hat, in Zukunft deutlich weniger angefragt und deutlich seltener in laufende Projekte einbezogen würde.
25Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten in der Berufungsinstanz wird auf den vollständigen Inhalt des Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 11. August 2017 sowie des weiteren Schriftsatzes vom 12.01.2018 Bezug genommen. Bezug genommen wird ferner auf das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.01.2018.
26E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
27I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 03.02.2017 in Sachen 17 Ca 8143/15 ist zulässig. Die Berufung ist gemäߠ § 64 Abs. 2 c) statthaft. Sie wurde auch innerhalb der in § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen formal ordnungsgemäß eingelegt und begründet.
28II. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 03.02.2017 in Sachen 17 Ca 8143/15 musste erfolglos bleiben. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass das Vertragsverhältnis der Parteien durch die von der beklagten Partei ausgesprochene Kündigung vom 21.10.2015 wirksam zum 29.02.2016 beendet wurde. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Beklagten Gründe für den Ausspruch der Kündigung zur Seite standen, die diese nach den Maßstäben des § 1 KSchG sozial hätten rechtfertigen können. Der erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes über den allgemeinen Kündigungsschutz findet gemäß § 14 Abs.1 Nr. 1 KSchG auf das Vertragsverhältnis der Parteien keine Anwendung; denn der Kläger war im Zeitpunkt des Ausspruchs der streitigen Kündigung im Sinne von § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG als Geschäftsführer zur gesetzlichen Vertretung der Beklagten als GmbH berufen. Zudem bestand zwischen den Parteien spätestens seit Abschluss des Transfer Agreement vom 29.07.2005 kein Arbeitsverhältnis mehr - sofern dies überhaupt jemals bestanden haben sollte -, sondern ein (Geschäftsführer-) Dienstvertragsverhältnis. Die Berufung des Klägers zum GmbH-Geschäftsführer kann auch nicht als rechtsmissbräuchlich bewertet werden. Dies gilt schon deshalb, weil der Kläger in seiner Eigenschaft als Partner – und späterer Senior-Partner – der Beklagten unabhängig von einer wirksamen Bestellung zum GmbH-Geschäftsführer spätestens seit Abschluss des Transfer Agreements am 29.07.2005 in einem Dienstvertragsverhältnis zur Beklagten gestanden hat, welches nicht als Arbeitsverhältnis im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes zu qualifizieren gewesen wäre.
29Im Einzelnen:
301. Der erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes über den allgemeinen Kündigungsschutz findet gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG auf den Kläger keine Anwendung, da der Kläger im Zeitpunkt des Ausspruchs der streitigen Kündigung zum Geschäftsführer der beklagten GmbH berufen war.
31a. Der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer liegt ein Gesellschafterbeschluss zugrunde, der auf den 05.04.2004 datiert ist. Die Beklagte hat im Kammertermin des erstinstanzlichen Verfahrens die Originalurkunde des Gesellschafterbeschlusses vorgelegt und der Kläger konnte hierin Einsicht nehmen.
32b. Der Kläger hat auch nach Einsichtnahme in die Originalurkunde seine ordnungsgemäße Bestellung zum Geschäftsführer in Zweifel gezogen, insbesondere indem er – auch noch in der Berufungsinstanz – bestreitet, dass die Urkunde über den Gesellschafterbeschluss tatsächlich bereits am 05.04.2004 errichtet worden sei.
33c. Es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob das in der Urkunde über den Gesellschafterbeschluss angegebene Datum zutrifft, oder ob der Gesellschafterbeschluss ggf. erst im Vorfeld des Abschlusses des sog. Transfer Agreements, in welchem die Geschäftsführerbestellung ausdrücklich in Schriftform gegenüber dem Kläger kommuniziert wird, getroffen und vordatiert wurde. Für das vorliegende Verfahren von Interesse ist nur, dass der Kläger im Zeitpunkt des Ausspruchs der streitigen Kündigung die Geschäftsführerposition innehatte. Auch würde eine etwaige vom Kläger unterstellte Rückdatierung des Gesellschafterbeschlusses diesen nicht unwirksam machen, sondern, wenn überhaupt, nur zur Folge haben können, dass die Wirkungen des Beschlusses erst „ex nunc“ eintreten konnten. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesellschafterbeschluss nicht spätestens im Sommer 2005 im Vorfeld des Abschlusses des Transfer Agreements getroffen worden war, bestehen jedenfalls nicht.
34d. Eine wirksame Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer scheitert auch nicht daran, dass seine Bestellung zunächst entgegen § 39 Abs. 1 GmbHG nicht ins Handelsregister eingetragen und entgegen § 35 a GmbHG sein Name nicht routinemäßig auf den Geschäftsbriefen der Beklagten aufgeführt wurde. Weder die Eintragung des Geschäftsführers im Handelsregister noch die Aufnahme seines Namens auf die Geschäftsbriefe stellen konstitutive Wirksamkeitserfordernisse für die Bestellung als Geschäftsführer dar. Schließlich hat die Beklagte zuletzt auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die entgegen § 39 Abs. 1 GmbHG unterbliebene Anmeldung der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer beim Handelsregister ausweislich § 78 GmbHG auf den Kläger selbst ebenso zurückfällt wie auf die Beklagte. Gemäß § 78 GmbHG hat nämlich grundsätzlich der Geschäftsführer selbst die Eintragung zu veranlassen. Im Übrigen trat der Kläger aber faktisch im Geschäftsverkehr Dritten gegenüber auch seiner Stellung entsprechend als „Senior-Partner & Managing Director“ auf.
35e. Dem Kläger kann auch nicht darin gefolgt werden, dass § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG deshalb auf sein Vertragsverhältnis zur Beklagten keine Anwendung fände, weil er jedenfalls nicht zum Geschäftsführer „berufen“ worden sei.
36aa. Der Kläger vertritt die Ansicht, dass in dem Begriff „berufen“ in § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG eine zusätzliche subjektive Anwendungsvoraussetzung der Norm zu sehen sei in dem Sinne, dass die juristische Person einen „wirklichen Willen“ dahingehend entwickelt haben müsste, jemanden mit ihrer Vertretung betrauen zu wollen. Nach Auffassung des Klägers war dies im Hinblick auf seine Person bei der Beklagten nicht der Fall. Dies schließt der Kläger aus dem Umstand, dass die Beklagte ihn nicht mit den „klassischen“ Aufgaben eines GmbH-Geschäftsführers betraut habe.
37bb. Der Ansicht des Klägers ist nicht zu folgen. Das Wort „berufen“ enthält keine zusätzliche qualifizierte Anwendungsvoraussetzung für § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG. Wer zum Geschäftsführer bestellt ist, ist gemäß § 35 Abs. 1 S. 1 GmbHG kraft Gesetzes zur Vertretung der Gesellschaft berufen. Der Kläger übersieht an dieser Stelle, dass die aus § 35 Abs. 1 S. 1 GmbHG folgende Vertretungsbefugnis im Außenverhältnis gemäß § 37 Abs. 2 S. 1 GmbHG nicht wirksam beschränkt werden kann.
38cc. Andererseits beweist die Existenz von § 37 Abs. 1 und § 37 Abs. 2 S. 2 GmbHG, dass im Innenverhältnis die (Vertretungs-)Befugnisse eines GmbH-Geschäftsführers sehr wohl rechtlich wirksam eingeschränkt werden können.
39dd. Hinzukommt, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung in seltenen Ausnahmefällen das persönliche Anstellungsverhältnis eines GmbH-Geschäftsführers als Arbeitsverhältnis qualifiziert werden kann (BAG vom 17.01.2002, 5 AZR 719/00). Selbst in einem solchen Fall greift jedoch die in § 14 Abs. 1 KSchG enthaltene negative Fiktion mit der Folge der Unanwendbarkeit des ersten Abschnittes des Kündigungsschutzgesetzes ein (BAG a.a.O.; BAG vom 21.09.2017, 2 AZR 865/16, Rdnr. 12, 18 f. bei juris; APS/Biebl, 5. Auflage, § 14 KSchG, Rdnr. 3). Damit lässt sich die Rechtsauffassung des Klägers zu § 14 Abs. 1 KSchG nicht vereinbaren.
40ee. Bei alledem ist auch auf Folgendes hinzuweisen: In seiner Eigenschaft als Vice Präsident/Partner und erst recht in seiner Eigenschaft als Senior Vice Präsident/Senior Partner, welche der Kläger im Zeitpunkt des Ausspruchs der streitigen Kündigung innehatte, stand er unstreitig mit den anderen Partnern bzw. Seniorpartnern der Beklagten zusammen an der obersten Spitze der Hierarchieleiter derjenigen Personen, die bei der Beklagten das Kerngeschäft der Unternehmensberatung ausüben. Er gehörte damit einem Personenkreis an, der als prägend und hauptverantwortlich für das Erreichen der Unternehmensziele der Beklagten angesehen werden kann. Dies spricht dafür, den zum Geschäftsführer berufenen Senior Partner eher dem Arbeitgeberlager als dem Arbeitnehmerlager zuzuordnen, auch wenn zu seinen Hauptaufgaben keine personalpolitischen Maßnahmen im engeren Sinne gehört haben mögen.
412. Auf die Kündigung der Beklagten vom 21.10.2015 findet der erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes auch deshalb nicht Anwendung, weil zwischen den Parteien jedenfalls spätestens seit Abschluss des sog. Transfer Agreements vom 29.07.2005 ein (Geschäftsführer)-Dienstvertragsverhältnis und kein Arbeitsvertragsverhältnis (mehr) bestand. Dies gilt auch unabhängig davon, ob die Bestellung des Klägers zum GmbH-Geschäftsführer formell ordnungsgemäß erfolgt ist.
42a. Sofern zwischen den Parteien mit Aufnahme der Zusammenarbeit am 01.04.2004 zunächst – was hier im Ergebnis offen bleiben kann – ein Arbeitsvertragsverhältnis begründet worden sein sollte, so wäre dieses durch das Transfer Agreement vom 29.07.2005 ausdrücklich aufgehoben worden. Aus diesem Grunde erscheint es für die vom Kläger vertretene Rechtsposition unbehelflich, wenn der Kläger in der Berufungsinstanz erneut zu begründen versucht, dass ihm mit dem sog. Offer Letter, welcher zunächst eine Grundlage für die Aufnahme des Vertragsverhältnisses der Parteien darstellte, in Wirklichkeit ein Arbeitsvertragsverhältnis angeboten worden wäre.
43b. Das sog. Transfer Agreement vom 29.07.2005 ist auch rechtswirksam zustande gekommen und in der Folgezeit nicht mehr aufgehoben worden. Anhaltspunkte für eine fehlende Rechtsbeständigkeit des Transfer Agreement bestehen nicht.
44c. Insbesondere kann aus der Behauptung des Klägers, die Beklagte habe ihn durch Androhung einer Kündigung des bestehenden Vertragsverhältnisses zur Unterzeichnung des sog. Transfer Agreements „gezwungen“, nichts zu seinen Gunsten hergeleitet werden.
45aa. Wenn der Kläger darauf hinaus will, dass er zum Abschluss des Transfer Agreements durch eine widerrechtliche Drohung im Sinne von § 123 Abs. 1 BGB bestimmt worden sein soll, so fehlt es bereits an einer substantiierten Darlegung des von der Beklagten bestrittenen Tatbestands einer „Drohung“ als solcher und – vor allem – von deren Kausalität für das Verhalten des Klägers.
46bb. Zudem setzt sich der Kläger nicht damit auseinander, dass eine „widerrechtliche“ Drohung im Sinne von § 123 Abs. 1 BGB eine verwerfliche Zweck-Mittel-Relation voraussetzt. In diesem Zusammenhang wäre auch zu berücksichtigen gewesen, dass das Transfer Agreement vom 29.07.2005 mit der Berufung des Klägers zum GmbH-Geschäftsführer im Zusammenhang stand, GmbH-Geschäftsführer aber üblicherweise in einem freien Dienstverhältnis beschäftigt werden (vgl. statt vieler APS/Preis, 5. Auflage, Grundlagen F, Rdnr. 55), dass ein Interesse der Beklagten als eines weltweit tätigen Unternehmens an einer Angleichung des persönlichen Vertragsstatus seines jeweiligen Führungspersonals nicht von vorneherein als unbeachtlich anzusehen ist, dass der Kläger sich von einer Fortsetzung der Zusammenarbeit eine glänzende und lukrative Karriere versprach, die in den Folgejahren insoweit auch eingetreten ist, als er wie geplant zum Senior Partner aufgestiegen ist und über 10 Jahre hinweg exorbitant werthaltige Gegenleistungen aus dem Vertragsverhältnis von der Beklagten erhielt.
47cc. In Anbetracht all dieser vom Kläger nicht gehörig berücksichtigten Umstände hat das Berufungsgericht davon auszugehen, dass der äußerst geschäftserfahrene Kläger, der nach eigenem Bekunden vor seinem Einstieg bei der Beklagten auch schon als Vorstand einer Aktiengesellschaft tätig gewesen war, die Vor- und Nachteile einer Unterzeichnung des Transfer Agreements für sich sorgfältig abgewogen und seine Zustimmung zu dem Vertrag aus freien Stücken abgegeben hat. Damit steht letztlich auch in Einklang, worauf schon das Arbeitsgericht hingewiesen hat, nämlich dass der Kläger auch nach Unterzeichnung des Transfer Agreements für mehr als ein Jahrzehnt an dem Vertragswerk der Parteien festgehalten und zu keinem Zeitpunkt eine Anfechtungserklärung abgegeben hat.
483. Die Bestellung des Klägers zum GmbH-Geschäftsführer kann entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden.
49a. Zwar kann es grundsätzlich in Betracht kommen, die Bestellung eines Beschäftigten zum GmbH-Geschäftsführer als rechtsmissbräuchlich und deshalb nach § 242 BGB als unwirksam anzusehen, wenn der Beschäftigte bisher in einem Arbeitsverhältnis stand, der Arbeitgeber intern schon die Beendigung der Zusammenarbeit plant und die Berufung zum Geschäftsführer nur dazu dienen soll, dem alsbald zu entlassenden Betroffenen den gesetzlichen Kündigungsschutz zu entziehen (BAG vom 21.09.2017, 2 AZR 865/16 LS 6 und Rdnr. 36 bei juris).
50b. Eine solche Konstellation ist vorliegend jedoch schon nicht feststellbar. Es kann nach Lage der Dinge ausgeschlossen werden, dass die Beklagte bereits im Zeitpunkt der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer, sei es erst im Jahre 2005 oder sei es auch bereits im Jahre 2004, bereits den Plan gefasst gehabt hätte, das Vertragsverhältnis mit dem Kläger alsbald zu beenden. Dagegen spricht schon die Entwicklung der beiderseitigen Zusammenarbeit nach der Berufung des Klägers zum Geschäftsführer. Der Kläger hat nämlich nicht nur die von vorneherein vorgesehene Entwicklung zum Senior Partner genommen, sondern auch in den Jahren ab Mitte 2005 über mehr als ein Jahrzehnt das Vertragsverhältnis zu beiderseitigem Profit erfolgreich fortgeführt. Bereits dies spricht dagegen, dass die Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer in 2004 oder spätestens 2005 von einem als rechtsmissbräuchlich zu wertenden Willen der Beklagten getragen war.
51c. Ferner führt das BAG in seiner Entscheidung vom 21.09.2017 (a.a.O.) an, dass in einem großen Unternehmen auch aus der Bestellung einer großen Anzahl von Geschäftsführern (im dortigen Fall 247 Bestellungen innerhalb von 11 Jahren) nicht auf einen institutionellen Rechtsmissbrauch geschlossen werden könne. Die Praxis eines Unternehmens, „Beschäftigte ab einer bestimmten Führungsebene zu Geschäftsführern mit im Innenverhältnis beschränkten Befugnissen zu bestellen,“ sei „nicht objektiv funktionswidrig.“ Das Gesetz selbst sehe in § 35 Abs.2 GmbHG eine Mehrzahl von Geschäftsführern vor. Es schließe auch „ein Hierarchieverhältnis bezüglich der internen Befugnisse der Geschäftsführer nicht aus“ (BAG a.a.O. Rdnr. 47 m.w.N.). Es sei auch unerheblich, dass die Entwicklung des Unternehmens „keinen zwingenden Grund für die Bestellung einer hohen Anzahl von Geschäftsführern darstelle und die Vermittlung einer hohen Wertigkeit im Verhältnis zum Kunden auch anders und möglicherweise besser erreichbar sei. Auf welche Weise eine Gesellschaft die besondere Verantwortlichkeit ihrer Mitarbeiter gegenüber Kunden zum Ausdruck bringt“, sei grundsätzlich „Teil ihrer unternehmerischen Organisationsfreiheit, die nur auf offensichtliche Unsachlichkeit, Unvernunft oder Willkür gerichtlich überprüfbar“ sei (BAG a.a.O., Rdnr. 48 m.w.N.). Für Letzteres sah das BAG im dortigen Fall keine Anhaltspunkte.
524. Vor allem aber scheidet die Annahme, die Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer sei rechtsmissbräuchlich gewesen, auch deshalb aus, weil das Vertragsverhältnis der Parteien im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung schon allein in Anbetracht des Status des Klägers als Senior Partner selbst dann als ein freies Dienstvertragsverhältnis zu bewerten gewesen wäre, wenn sich die Bestellung des Klägers zum GmbH-Geschäftsführer aus formellen Gründen als unwirksam erwiesen hätte.
53Hierzu ist gemäß § 313 Abs. 3 ZPO unter Beschränkung auf das Wesentliche kurz zusammengefasst zu den Behauptungen des Klägers, er sei in persönlicher Weisungsabhängigkeit und unter Eingliederung in den Betrieb der Beklagten als Arbeitnehmer beschäftigt worden, das Folgende auszuführen:
54a. Die Wesensmerkmale eines Arbeitsvertragsverhältnisses sind neuerdings in § 611 a BGB gesetzlich definiert. Gemäß § 611 a Abs. 1 BGB besteht das Wesen eines Arbeitsvertrages darin, dass der Arbeitnehmer im Dienst eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet wird. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.
55b. Durch diese 1:1 - Kodifizierung einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung sollte die Rechtslage in D nicht verändert werden (BT-Drs. 18/9232, S. 4 und S. 18). Die neu eingefügte Vorschrift des § 611 a BGB spiegelt die Rechtsgrundsätze der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung wider (BAG vom 21.11.2017, 9 AZR 117/17, Rdnr. 23; BAG vom 27.06.2017, 9 AZR 851/16, Rdnr. 17).
56c. Demnach kann auch unter der Geltung des § 611 a BGB uneingeschränkt auf die jüngere höchstrichterliche Rechtsprechung des BAG zur Bestimmung des Arbeitnehmerstatus in Abgrenzung zu einer selbstständigen Tätigkeit bzw. einer Tätigkeit im Rahmen eines freien Dienstvertragsverhältnisses zurückgegriffen werden.
57aa. In der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung hat sich bei der jetzt in § 611 a Abs. 1 S. 5 BGB vorgeschriebenen Gesamtbetrachtung aller Umstände eine sozialphänomenologische, typologische Betrachtungsweise etabliert, der sich das Berufungsgericht ausdrücklich anschließt, weil es sie für sachdienlich hält. Danach ist zunächst die Eigenart der Tätigkeit zu kategorisieren, auf die sich das Vertragsverhältnis, dessen Status streitig ist, bezieht. Nach der neueren Rechtsprechung des BAG müssen sich die Vertragsparteien dabei grundsätzlich an dem von ihnen gewählten Vertragstypus festhalten lassen, wenn die vertraglich vereinbarte Tätigkeit typologisch sowohl in einem Arbeitsverhältnis als auch selbstständig – bzw. im Rahmen eines freien Dienstvertragsverhältnisses – erbracht werden kann und die tatsächliche Handhabung der Vertragsbeziehung nicht zwingend [Hervorhebung hier] für ein Arbeitsverhältnis spricht (BAG vom 09.06.2010, 5 AZR 332/09, Rdnr. 33; BAG vom 27.06.2017, 9 AZR 851/16, Rdnr. 24; BAG vom 21.11.2017, 9 AZR 117/17, Rdnr. 44).
58bb. Die Tätigkeit eines spezialisierten Unternehmensberaters auf höchster Qualifikationsstufe kann typologisch nicht als typische Arbeitnehmertätigkeit angesehen werden. Sie wird ebenso – wenn nicht gar überwiegend – selbstständig oder auf der Basis eines freien Dienstvertragsverhältnisses ausgeübt wie auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages.
59cc. In dem Transfer Agreement vom 29.07.2005 sind die Parteien übereingekommen, dass zwischen ihnen ihrem gemeinsamen Verständnis zufolge nunmehr ein „Geschäftsführer-Dienstverhältnis“ bestehen solle. Es wird ausdrücklich festgehalten, dass der Kläger seine Dienste für die Beklagte in Zukunft „ausschließlich in Form eines Dienstverhältnisses erbringen“ werde. Die Parteien sind über diese Statusbestimmung sogar noch hinausgegangen und haben ausdrücklich vereinbart, dass ein ggf. zuvor zwischen ihnen zustande
60gekommenes Arbeitsvertragsverhältnis nunmehr aufgehoben wird. Dabei wird der Kläger sogar im Klartext darauf hingewiesen, dass er mit der Aufhebung eines - etwaigen - zuvor bestehenden Arbeitsverhältnisses bisher bestehende Arbeitnehmerschutzrechte verliere.
61d. An dieser vertragsautonom getroffenen klaren und eindeutigen Rechtswahl muss sich (auch) der Kläger festhalten lassen. Auf die Rechtswahl der Parteien käme es nur dann nicht an, wenn die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses zeigen würde, dass es sich in Wirklichkeit um ein Arbeitsverhältnis handelte. Dabei müssten nun aber die vom Kläger für ein Arbeitsverhältnis sprechenden Umstände nach der oben zitierten Rechtsprechung des BAG in der Gesamtschau zwingend den Schluss auf ein Arbeitsverhältnis zulassen (BAG vom 09.06.2010, 5 AZR 332/09, LS1 und Rdnr. 30 bei juris). Dies ist eindeutig nicht der Fall. Im Gegenteil erscheinen sämtliche für seine vermeintliche persönliche Abhängigkeit und arbeitnehmertypische Eingliederung in den Betrieb der Beklagten sprechenden Anhaltspunkte mindestens ambivalent, ließen sich also ebenso gut in ein der Rechtswahl im Transfer Agreement entsprechendes freies Dienstverhältnis einordnen wie in ein Arbeitsvertragsverhältnis.
62aa. Soweit der Kläger auf die in der weltweiten Konzernorganisation der Beklagten geltenden übergeordneten Regularien zu bestimmten Themen hinweist wie z. B. Regularien über die Corporate Identity, über die Geheimhaltungspflichten und Kundenschutzregelungen des Employee Agreement, die BCG IT Navigator Methode etc., so liegt es auf der Hand, dass es für ein weltweit agierendes Unternehmen, das in ganz unterschiedlichen Bereichen und in unterschiedlichen Regionen durch eine Vielzahl von Partnern Klienten akquiriert, notwendig ist, weltweit geltende Standards zu setzen, an die sich alle Partner zu halten haben (LAG Frankfurt/Main vom 13.12.2007, 10 Ta 153/07, Rdnr. 103 bei juris). Eine arbeitnehmergleiche Weisungsabhängigkeit folgt daraus nicht.
63bb. Unspezifisch erscheint ferner das Argument des Klägers, er sei unter der Drohung, ansonsten seinen e –mail -account zu sperren, angewiesen worden, ein IT-Sicherheitstraining zu absolvieren. Die Beklagte weist hierzu u.a. zurecht darauf hin, dass die interne IT-Sicherheit für ein Unternehmen wie die Beklagte von existentieller Bedeutung erscheint. Eine potentielle Gefährdung durch Hackerangriffe, Virenbefall o.ä. betrifft e - mail - accounts des höchsten Führungspersonals genauso wie diejenigen untergeordneter Arbeitnehmer. Im Übrigen hat die Beklagte unwiderlegt eingewandt, dass die vom Kläger als Weisungsgeber benannten Personen nicht in ihrem Namen, sondern für die Konzern-Obergesellschaft tätig werden und ausnahmslos für alle Konzernangehörige weltweit IT-Sicherheitsschulungen verpflichtend seien.
64cc. Generiert der Kläger bei seiner Tätigkeit für die Beklagte Kosten, die die Beklagte erstatten soll, wie z. B. Reisekosten, so hat er sich an die bestehenden allgemeinen Reisekostenrichtlinien zu halten, ohne dass daraus indiziell eine Arbeitnehmereigenschaft erwüchse.
65dd. Das von der Beklagten eingeforderte Wettbewerbsverbot erscheint ebenfalls nicht aussagekräftig. So erscheint der Abschluss von Wettbewerbsverboten mit GmbH-Fremdgeschäftsführern weithin üblich. Zudem indiziert es nicht zwingend ein Arbeitsverhältnis, wenn die Beklagte die speziellen Qualitäten des Klägers in ihrem Geschäftsgebiet für sich exklusiv einkaufen und zugleich verhindern möchte, dass über eine etwaige Konkurrenztätigkeit des Klägers von ihr selbst entwickeltes Know How auf Mitbewerber am Markt übertragen würde. Durch ein solches Konkurrenzverbot mag für die Dauer des Vertragsverhältnisses eine gewisse wirtschaftliche Abhängigkeit des Klägers von der Beklagten entstehen, nicht aber eine persönliche Abhängigkeit, wie sie für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses kennzeichnend wäre.
66ee. Wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, kam dem Kläger ein größerer Spielraum zu, seine Zeit und den Ort seiner Arbeitstätigkeit selbst einzuteilen als dies bei einem Arbeitnehmer typisch wäre. Allgemeine vertragliche Vorgaben darüber, in welchem Umfang oder zu welchen Zeiten der Kläger täglich, wöchentlich, monatlich o. ä. für die Beklagte tätig werden müsste, bestanden nicht. Auch stand es dem Kläger grundsätzlich frei, wann er seine Arbeitsleistung in seinem Home Office, in dem für ihn eingerichteten Büro der Beklagten, vor Ort beim Kunden oder an anderer Stelle zu erbringen gedachte. Wenn der Kläger sinngemäß darauf hinweist, dass sich aus den jeweils von ihm bearbeiteten Projekten Sachzwänge im Hinblick auf Zeit und Ort der Arbeitsleistung ergeben hätten, ist dies nicht mit den für ein Arbeitsverhältnis typischen Vorgaben zu Zeit, Ort und Umfang der Arbeitsleistung identisch. Ein freiberuflich tätiger Architekt wird nicht dadurch zum Arbeitnehmer, dass er regelmäßig die Baustelle aufsuchen muss,
67ff. Auch die vom Kläger geschilderte Praxis der Urlaubsgewährung spiegelt nicht die typischen Verhältnisse innerhalb eines Arbeitsverhältnisses wider. Ein Arbeitnehmer darf im Normalfall einen Urlaub nur antreten, wenn er ihn ausdrücklich beantragt hatte und ausdrücklich eine Genehmigung erteilt wurde. Die Einlassung des Klägers hingegen, seine Urlaube hätten dann konkludent als genehmigt gegolten, wenn sie wie bei ihm üblich langfristig geplant und kommuniziert worden seien, kann auch so interpretiert werden, dass es in Wirklichkeit in solchen Fällen einer „Genehmigung“ nicht bedurfte. Auch kann angenommen werden, dass bei kurzfristig geplanten Urlaubsabwesenheiten naturgemäߠ ein größerer Abstimmungsbedarf mit anderen Projektverantwortlichen gegeben war als bei langfristigen Planungen. Jedenfalls können die Darlegungen des Klägers nicht zwingend die Annahme vermitteln, dass es bei der Beklagten auch für Partner und Senior Partner einen institutionalisierten Urlaubsgenehmigungsprozess vergleichbar demjenigen gegeben hätte, wie er in einem Arbeitsverhältnis üblicherweise anzutreffen ist.
68gg. Auch den Behauptungen des Klägers, ihm seien die von ihm zu bearbeitenden Projekte jeweils von anderen Partnern, Partnergremien oder Partnern in besonderer Funktion zugewiesen worden, spricht keineswegs eindeutig und schon gar nicht zwingend für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses.
69aaa. Hier lassen sich die Darlegungen des Klägers der Sache nach ebenfalls ohne Weiteres auch mit der Darstellung der Beklagten vereinbaren, die jeweilige Projektarbeit werde durch Abstimmungsprozesse unter gleichberechtigten Partnern nach Maßgabe des anzustrebenden bestmöglichen Geschäftserfolges untereinander aufgeteilt. Sind bei einer Organisation wie der Beklagten allein über 100 Partner und Senior Partner mit der Bearbeitung bestehender und der Akquise neuer Kundenprojekte befasst, entsteht die Notwendigkeit einer gewissen Koordination aus der Natur der Sache.
70bbb. Welche informelle Erwartungshaltung mit der Aufforderung oder Anfrage zur Übernahme bestimmter Arbeiten durch einen Partner verbunden ist, ist in einem partnerschaftlich organisierten Unternehmen, das mit der Erbringung höherer Dienste an weltweite Kunden befasst ist, von arbeitsrechtlich durchsetzbaren Weisungsstrukturen zu unterscheiden. Die Unterscheidung kann im Einzelfall feinsinnig ausfallen, zumal in einer partnerschaftlichen Organisation auch „weiche“ Kriterien wie Anciennität, persönliche Autorität und persönliche Vernetzung des Anfragenden oder „Bittenden“ eine Rolle spielen können.
71ccc. Abgesehen davon, dass die Aufstellung des Klägers über ihm angeblich einseitig per Direktionsrecht zugewiesene Projekte nur länger zurückliegenden Teilzeiträume des Vertragsverhältnisses der Parteien betreffen, darunter auch die Jahre 2004 und 2005, hat der Kläger keine eindeutigen Beispiele für einseitig durchgesetzte Projektzuteilungen im arbeitsrechtlichen Sinne nennen können.
72hh. Für die Erteilung konkreter fachlicher Weisungen im engeren Sinne gilt dies erst recht. Deren Existenz verneint der Kläger sinngemäß selbst, indem er darauf hinweist, dass seine Arbeitskraft gerade wegen seiner speziellen fachlichen Qualifikation eingekauft worden sei, es solcher Weisungen also nicht bedurft hätte.
73ii. Der unstreitige Umstand, dass der Kläger und andere Partner ihre Arbeitszeiten minutengenau in Excelformulare mit der Überschrift „Überstundennachweis“ eingetragen haben, diente unstreitig nur einer „steueroptimierten“ Abrechnung virtueller sog. „Sonntags-, Feiertags- oder Nachtzuschläge“.
74e. In der Gesamtwürdigung des klägerischen Vorbringens zur persönlichen Weisungsabhängigkeit und Eingliederung in den Betrieb nach Art eines Arbeitnehmers lassen sich insgesamt keine eindeutigen und „zwingend“ für ein praktiziertes Arbeitsverhältnis sprechenden Kriterien feststellen. Die tatsächlichen Umstände lassen sich durchweg ebenso mit dem von der Beklagten behaupteten Besonderheiten eines Modells einer kooperativen Zusammenarbeit gleichberechtigter Partner erklären.
75f. Bei der insbesondere vom Kläger selbst angemahnten Gesamtwürdigung der Umstände darf aber schließlich auch nicht unberücksichtigt bleiben, welche Gegenleistungen der Kläger aus dem Vertragsverhältnis zur Beklagten beanspruchen konnte und erhalten hat. So betrug nach eigenen Angaben des Klägers sein aktuelles, sich aus verschiedenen Komponenten zusammensetzendes monatliches Durchschnittseinkommen 91.416,67 € brutto. Hinzukommen nach eigenem Bekunden des Klägers Ansprüche auf Auszahlung einer betrieblichen Altersversorgung im Wert von 1,5 Mio. Euro und Rückkaufsansprüche seiner Anteile an US-amerikanischen Konzerngesellschaften der B C G in Höhe von ebenfalls 1,5 Mio. Euro. Hinzu kamen Nebenleistungen wie die Gestellung eines exklusiven Sportwagens als Dienstwagen oder die Erstattung von Reisekosten auf Business-Class-Niveau. Die Summe der regulären Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte auf Gegenleistungen aus dem Vertragsverhältnis überschreitet das normale Einkommen auch von akademisch gebildeten, gut qualifizierten typischen Arbeitnehmern exorbitant um ein Vielfaches.
765. Bei alledem muss der Kläger sich an dem mit der Beklagten spätestens im Transfer Agreement vom 29.07.2005 vereinbarten Vertragsstatus eines freien Dienstverhältnisses festhalten lassen. Er kann die Schutzrechte, die aus §§ 1 ff. KSchG resultieren, gegenüber der Kündigung der Beklagten vom 21.10.2015 nicht für sich in Anspruch nehmen. Die Kündigung erweist sich daher als rechtwirksam, die Berufung des Klägers als unbegründet.
77III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
78Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision ist nicht ersichtlich. Es handelt sich um einen Einzelfall, dessen entscheidungserhebliche rechtliche Rahmenbedingungen höchstrichterlich geklärt sind.