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Einzelfall: Durch eine Ausgleichsklausel in einem Prozessvergleich geht auch ein Ersatzanspruch wegen eines Vollstreckungsschadens unter.
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 07.09.2017 – 8 Ca 2906/17 d (= 8 Ca 1281/17 d) – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um eine Rückzahlungsforderung der Arbeitgeberin gegen den Arbeitnehmer nach Abschluss eines Zwangsvollstreckungsverfahrens nach erfolgter Zwangsvollstreckung.
3Am 13.02.2014 schlossen die Parteien im Verfahren vor dem Arbeitsgericht Aachen – Gerichtstag Düren – unter dem Geschäftszeichen 8 Ca 812/13 d einen Vergleich. In diesem Vergleich verpflichtete sich die hiesige Klägerin (im Folgenden: Arbeitgeberin) an den Beklagten (im Folgenden: Arbeitnehmer) Entgelt aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges für die Monate Juni 2012 bis April 2013 zu zahlen in Höhe von 9.800,00 EUR brutto abzüglich 4.800,00 EUR netto. Aus diesem Vergleich betrieb der Arbeitnehmer die Zwangsvollstreckung. Unter dem weiteren Geschäftszeichen 8 Ca 1231/14 d wandte sich die Arbeitgeberin gegen diese Zwangsvollstreckung im Wege einer Vollstreckungsabwehrklage. Zwischenzeitlich, am 30.01.2015, schlossen die Parteien zur Erledigung eines Kündigungsschutzverfahrens unter dem Geschäftszeichen 5 Ca 4351/14 d einen widerruflichen Vergleich. Der Vergleich war nur für die Arbeitgeberin widerruflich und sah eine umfassende Ausgleichsklausel vor mit dem folgenden Wortlaut:
4„Die Parteien sind sich darüber einig, dass mit Erfüllung des vorliegenden Vergleiches alle gegenseitigen finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und aus Anlass seiner Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, bekannt oder unbekannt, ihre Erledigung gefunden haben.“
5Vor Ablauf der Widerrufsfrist, also vor Bestandskraft des Vergleichs, zahlte die Arbeitgeberin zur Abwendung der Zwangsvollstreckung Leistungen an den Beklagten, die zumindest teilweise Gegenstand des hier zu entscheidenden Schadensersatzprozesses sind, deren Berechnung aber im Einzelnen streitig ist. Im Verfahren über die Vollstreckungsabwehrklage – 8 Ca 1231/14 d – sah die 8. Kammer des Arbeitsgerichts Aachen den Rechtsstreit durch den besagten Vergleich als erledigt an. Diese Entscheidung wurde im Berufungsverfahren– 4 Sa 1040/15 – durch Urteil vom 05.08.2016 als unzutreffend erkannt, mit der Begründung, dass die weitere Zwangsvollstreckung „jedenfalls jetzt“ unzulässig gewesen sei, da die Arbeitgeberin den titulierten Anspruch im Rahmen der vom Arbeitnehmer betriebenen Zwangsvollstreckung erfüllt habe.
6Mit Mahnbescheid vom 04.04.2017, zugestellt am 06.04.2017, hiergegen vom Arbeitnehmer Widerspruch eingelegt am 15.04.2017, begehrt die Arbeitgeberin die Rückzahlung der nach ihrer Ansicht zu viel überwiesenen Beträge.
7Die Arbeitgeberin hat vorgetragen, Sie habe zur Abwehr der Zwangsvollstreckung 5.129,81 EUR zu viel an den Beklagten gezahlt. Dies ist der Betrag, den der Beklagte nunmehr zurückzuzahlen habe.
8Die Klägerin (Arbeitgeberin) beantragt,
9den Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.129,81 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.03.2014 zu zahlen.
10Der Beklagte (Arbeitnehmer) hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Er trägt vor, schon die Höhe des Klagebetrages sei nicht nachvollziehbar. Jedenfalls sei aber ein etwaiger Rückzahlungsanspruch aus einer erfolgten Zwangsvollstreckung durch die Ausgleichklausel im Vergleich vom 30.01.2015– 5 Ca 4351/14 d – erledigt.
13Mit Urteil vom 07.09.2017 hat das Arbeitsgericht Aachen die Klage abgewiesen mit der Begründung, der ursprünglich möglicherweise bestehende Schadensersatzanspruch der Arbeitgeberin gegen den Arbeitnehmer sei durch die Ausgleichsklausel im Vergleich vom 30.01.2015 untergegangen. Gegen dieses ihr am 13.02.2018 zugestellte Urteil hat die Arbeitgeberin am 13.03.2018 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 14.05.018 begründet.
14Die Arbeitgeberin trägt vor, aus dem LAG-Urteil ergebe sich, dass die Zwangsvollstreckung unzulässig gewesen sei. Deshalb stehe ihr hinsichtlich der gezahlten Beträge ein Rückzahlungsanspruch zu.
15Die klagende Arbeitgeberin beantragt,
16unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils des Arbeitsgerichts Aachen – 8 Ca 2906/17 d (= 8 Ca 1281/17 d) , verkündet am 07.09.2017, den Beklagten zur Zahlung in Höhe von 5.129,81 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.03.2014 zu verurteilen.
17Der beklagte Arbeitnehmer beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze und ihre Anlagen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
21I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
22II. Das Rechtsmittel bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Auf die erstinstanzlichen Erwägungen kann in vollem Umfang Bezug genommen werden. Nur zur Ergänzung und Vertiefung ist auf folgendes hinzuweisen:
23Die klagende Arbeitgeberin hat gegen den beklagten Arbeitnehmer keinen Anspruch aus § 717 Abs. 2 ZPO. Nach dieser Vorschrift ist der Kläger dem Beklagten zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist, wenn ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil aufgehoben oder abgeändert wird. Die Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlage liegen nicht vor, denn weder handelt es sich bei dem Vergleichs-Titel, um dessen Vollstreckung es hier ging, um ein Urteil im Sinne der Vorschrift (Herget in Zöller ZPO § 717 Rn. 5), noch ist dieser Vergleich im Sinne der Vorschrift aufgehoben oder abgeändert worden.
24Ein Anspruch aus unerlaubter Handlung gemäß § 823 Abs. 1 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit einem Schutzgesetz oder gar aus sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB kommt gleichfalls nicht in Betracht. Es fehlt an einer Rechtsgutsverletzung oder an einer dem Kläger zurechenbaren Verletzung einer Sorgfaltspflicht. Der Arbeitnehmer hat nichts anderes getan, als aus einem bestandskräftigen Vergleich die Zwangsvollstreckung zu betreiben. Das entspricht dem gesetzlichen Modell der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen, §§ 802 a ff BGB. Aus dem von der Arbeitgeberin zitierten LAG-Urteil ergibt sich nichts anderes, im Gegenteil. Nach den Entscheidungsgründen des Urteils war die Zwangsvollstreckung „jedenfalls jetzt“ unzulässig. Das ist selbstverständlich, denn jedenfalls nachdem das begehrte Geld geflossen ist, ist eine weitere Zwangsvollstreckung weder notwendig noch statthaft. Für eine sittenwidrige Schädigung fehlt jeglicher Anhaltspunkt.
25Schließlich kommt auch kein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt BGB in Betracht. Dann müsste nämlich die Arbeitgeberin zu Gunsten des Arbeitnehmers eine Leistung ohne Rechtsgrund erbracht haben. Als die Arbeitgeberin die hier streitigen Beträge zahlte, gab es aber einen Rechtsgrund, nämlich den bestandskräftigen Vergleich vom 13.02.2014 – 8 Ca 812/13 d –. Dieser Rechtsgrund ist auch nicht im Nachhinein weggefallen.
26Selbst wenn trotz allem ein Rückzahlungsanspruch mit der Zahlung der Arbeitgeberin Anfang Februar 2015 entstanden wäre, wäre dieser Anspruch durch die Ausgleisklausel des Vergleichs im Kündigungsschutzverfahren untergegangen.
27Selbst wenn ein Rückzahlungsanspruch dem Grunde nach dennoch bestünde, wäre die Klage der Höhe nach weiterhin unschlüssig. Aus den Darlegungen der Arbeitgeberin ergibt sich jedenfalls keine nachvollziehbare Berechnung des Klagebetrages.
28Das Arbeitsgericht hat die Klage mithin zurecht abgewiesen.
29III. Nach allem bleibt es somit bei der klageabweisenden erstinstanzlichen Entscheidung. Als unterliegende Partei hat die Klägerin gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung zu tragen. Gründe für eine Revisionszulassung sind nicht gegeben, da die Entscheidung auf den Umständen des vorliegenden Einzelfalls beruht.