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Landesarbeitsgericht Köln, 6 Sa 147/18

Datum:
23.08.2018
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
6. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 Sa 147/18
ECLI:
ECLI:DE:LAGK:2018:0823.6SA147.18.00
 
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 2 Ca 1016/17
Nachinstanz:
Bundesarbeitsgericht, 8 AZR 484/18
Schlagworte:
Schwerbehinderung, Bewerbung, Vorstellungsgespräch, Einladung
Normen:
§ 82 SGB IX a. F., § 165 SGB IX
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:

1. Bereits mit der Nichteinladung des schwerbehinderten Bewerbers zum Vorstellungsgespräch bei einem öffentlichen Arbeitgeber entgegen dessen Pflicht aus § 82 Satz 2 SGB IX a.F. (jetzt § 165 Satz 3 SGB IX) ist die behinderungsbedingte Verletzung des Bewerberverfahrensanspruchs eingetreten.

2. Sind die Chancen eines schwerbehinderten Bewerbers bereits durch ein diskriminierendes Verfahren beeinträchtigt worden, kommt es nicht mehr darauf an, ob die (Schwer-)Behinderung bei der abschließenden Einstellungsentscheidung noch eine nachweisbare Rolle gespielt hat.

3. Da mit dem vollendeten Eintritt der Benachteiligung im Bewerbungsverfahren der Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 AGG schon dem Grunde nach entstanden ist, kommt es auf eine Beweislastumkehr im Sinne des § 22 AGG nicht an.

4. Da der Entschädigungsanspruch verschuldensunabhängig ist, ist ein ggfls. vorliegendes Mitverschulden des Bewerbers für die Anspruchsentstehung grundsätzlich ohne Bedeutung, wenn auch möglicherweise bei der Bemessung der Höhe des Entschädigungsanspruchs relevant.

5. Wird eine ordnungsgemäß dem Arbeitgeber zugegangene Bewerbung eines Schwerbehinderten verloren, gelöscht oder aus ähnlichen Gründen vom Arbeitgeber nicht wahrgenommen, existiert bei der Einstellungsentscheidung des Arbeitgebers mit Blick auf diesen Bewerber kein „Motivbündel“ und damit auch kein Teil desselben, der diskriminierend oder nichtdiskriminierend hätte sein können. Deshalb kann es auch keine sachlichen Gründe geben, mit denen der Arbeitgeber den Gegenbeweis nach § 22 AGG versuchen könnte.

6. Ein öffentlicher Arbeitgeber kann sich bei einer Nichteinladung eines schwerbehinderten Bewerbers zum Vorstellungsgespräch zur Entlastung nach § 22 AGG nicht darauf berufen, er habe seine behördeninternen Abläufe so schlecht organisiert, dass den sorgfältig ausgebildeten und geschulten Mitarbeitern wiederholt Bewerbungen abhandenkommen können.

 
Tenor:

I.               Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 20.12.2017 – 2 Ca 1016/17 – teilweise abgeändert

1.               Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 3.717,20 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.01.2016.

2.               Im Übrigen wird die Klage abgewiesen

II.               Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III.               Die Kosten des Rechtsstreits haben die Parteien jeweils zur Hälfte zu tragen.

IV.               Die Revision wird zugelassen.

 

T a t b e s t a n d

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