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Einzelfall
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 14.09.2017 – 1 Ca 1606/16 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten über die Prämierung eines Verbesserungsvorschlags.
3Der Kläger ist bei der Beklagten als Analyst Customs/Prozesse & Systeme im Unternehmensbereich Betrieb/Operations beschäftigt.
4Im Unternehmen der Beklagten findet die Gesamtbetriebsvereinbarung „Ideenmanagement“ zwischen der Geschäftsführung der D P E GmbH und dem Gesamtbetriebsrat der D P E GmbH“ in der Fassung vom 12.11.2004 (GBV Ideenmanagement) Anwendung. Diese enthält auszugsweise folgende Regelungen:
5„(…)
6§ 3 Idee
7(1) Definition
8Eine Idee ist ein eingereichter Vorschlag oder eine Anregung,
9- die für einen Optimierungsbereich einen konkreten Lösungsweg aufzeigt und
10- deren Verwirklichung eine Kostenersparnis, einen anderen wirtschaftlichen Nutzen, eine Verbesserung der Arbeitssicherheit, des betrieblichen Umweltschutzes, Gesundheitsschutzes und der Arbeitssituation oder einen sonstigen Nutzen für die D erwarten lässt und
11- die die zugewiesene Tätigkeit (beispielsweise im Rahmen der Gruppenarbeit) oder einen zugewiesenen Sonderauftrag übersteigt. Ideen aus dem eigenen Aufgabengebiet sind damit grundsätzlich zugelassen.
12(…)
13(2) Annahme einer Idee
14Eine Idee kann nur angenommen werden, wenn sie neu ist.
15Das ist nicht der Fall, wenn
16- eine inhaltsgleiche Idee bereits früher (Eingangsstempel) eingereicht wurde und Priorität hat (2-Jahresfrist)
17- die Fachseite nachweislich früher eine inhaltsgleiche Lösung für den vorgesehenen Anwendungsbereich erarbeitet hat und die Einführung beschlossen ist.
18(…)
19§ 6 Es gibt zwei Verfahrensgrundsätze zur Behandlung von Ideen:
20- Kleiner Regelkreis
21- Großer Regelkreis
22(…)
23(2) Verfahrensgrundsätze einer Idee im großen Regelkreis
241. Definition einer Idee im großen Regelkreis
25Eine Idee im großen Regelkreis ist ein Vorschlag mit einer berechenbaren Zeit- oder Sachkostenersparnis. Neben der Darstellung der Verbesserung eines Zustands durch einen konkreten Lösungsweg muss der Vorschlag eine Aussage zu den voraussichtlichen geschätzten Einsparungen unter Berücksichtigung der Einführungskosten aus der Sicht des Ideengebers enthalten.
26(…)
2710. Prämierung im Großen Regelkreis
28- Prämienentscheidung
29Voraussetzung für die Prämierung auf der Organisationsebene ist die Einführung der Idee.
30(…)
31- Prämienberechnung und Prämienauszahlung im Großen Regelkreis
32Die Prämierung für Ideen im Großen Regelkreis erfolgt aufgrund der errechneten Zeit- oder Sachkostenersparnis bezogen auf das erste Jahr ab vollständiger Einführung einer Idee im Unternehmen/Konzern.
33(…)
34Die Prämie beträgt bei einer Ersparnis
35(…)
36über EUR 2560,00 10 % Ersparnis.
37Die Berechnung der Prämie erfolgt kumulativ.
38Folgende Korrekturfaktoren sind anzuwenden:
39- Abschläge nach Genauigkeit der Ersparnisberechnung.
40Wird die Einführung einer Idee erst in mehr als 2 Jahren ergebniswirksam abgeschlossen sein, so müssen folgende Korrekturfaktoren bei der Ersparnis Berechnung berücksichtigt werden:
41Bei Sachkosten Ersparnis ein Korrekturfaktor von 0,7.
42Bei Zeitersparnis ein Korrekturfaktor von 0,5.
43(…)
44Berührt die Idee das Aufgabengebiet des Ideengebers oder dessen besonderen Auftrag, so kann eine anteilige Prämie gezahlt werden.
45(…)
46Die Höchstprämie beträgt EUR 102.260,00/brutto.“
47Wegen der weiteren Einzelheiten der GBV Ideenmanagement wird auf Bl. 8 ff. d. A. verwiesen.
48Ausweislich E-Mail vom 07.07.2011 (Bl. 266 d. A.) zur „Umsatzerhöhung durch Bepreisung T1 Abfertigung R H “ erhielt der Kläger eine Prämie in Höhe von 6.766,40 €.
49Mit E-Mail vom 17.05.2011 (Bl. 268 f. d. A.) reichte er eine weitere Idee mit der Bezeichnung „Services Handling Zolldokumente“ bei dem Ideenmanagement der Beklagten ein. Die Idee betrifft die Bepreisung von Tätigkeiten mit manuellem Aufwand bei der Verzollung von Sendungen, wobei der Kläger einen Gesamtmehrumsatz von 435.840,00 € angegeben hat. Mit E-Mail vom 11.10.2011 (Bl. 275 f. d. A.) ergänzte der Kläger seine Idee.
50Unter dem 14.10.2011 erfolgte in einem Tool der Eintrag, dass die Idee angenommen sei und ein Hauptgutachten erstellt werden solle (Bl. 273 f. d. A.).
51Mit E-Mail vom 19.10.2011 (Bl. 280 d. A.) teilte die Beklagte dem Gutachter M mit, die Idee des Klägers sei in dem großen Regelkreis angenommen worden, die Einsparung betrage laut seinem Gutachten 480.000,00 €, die Realisierung sei auf den 01.02.2012 datiert, er werde um schriftliche Bestätigung des angegebenen Nutzens schon jetzt zur Prämienberechnung freizugeben. Das Abschlussgutachten enthält auszugsweise eine Einsparung von 480.000,00 €, eine Nutzungsdauer von 36 Monate und eine Prämie von 48.451,00 € (Bl. 287 d. A.).
52Mit E-Mail vom 30.05.2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, seine Idee sei „onhold“ gesetzt. Die Idee sei noch nicht bewertet worden, sie sei geschützt und könne nicht verlängert werden.
53Ausweislich Marketing News – Ausgabe 3/2014 (Bl. 284 d. A.) wurden ab dem 01.01.2015 neue Zollservices eingeführt.
54Der Kläger berechnete am 16.02.2015 den Umsatz aufgrund er Idee für das Jahr 2015 auf 669.455,00 €, die Kosten der Einführung der Idee auf 285.211,00 € (Bl. 241 d.A.).
55Der Projektleiter K ging ausweislich Aufstellung vom 16.02.2015 (Bl. 289 d. A.) von einem Ertrag der Einführung der Idee „Services Handling Zolldokumente“ von 1.053.828,00 € aus.
56Der Kläger wiederum gelangte aufgrund einer Neuberechnung (Bl. 40 d. A.) zu einem Ertrag von 1.528.415,00 € und einem Nutzen für die Beklagte in Höhe von 1.146.415,00 €.
57Im Juni 2014 stellte der Mitarbeiter der Beklagten C K das Projekt „Non-billed Duty Services“ vor, wobei er unter „Summary“ angab, es handele sich um eine Wiederaufnahme des im Januar 2012 gestoppten Projekts. Er prognostizierte unter „Kosten und Nutzen“ Mehreinnahmen von jährlich 811.000,00 € bei „77% Compliance Rate“.
58Der Kläger ist der Ansicht, er könne die Höchstprämie in Höhe von 102.260,00 € brutto beanspruchen. Hinsichtlich eines Teilbetrags von 48.451,00 € hat das Landesarbeitsgericht Köln mit Urteil vom 22.11.2017 – 5 Sa 204/17 – die Klage rechtskräftig abgewiesen.
59Bezüglich des weiteren Teilbetrages von 53.809,00 € hat das Arbeitsgericht mit Urteil vom 14.09.2017 (Bl. 181 ff. d. A.) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Kostenberechnung des Klägers rechtfertige sich nicht aus den Bestimmungen der GBV Ideenmanagement, denn es komme allein auf die Zeit- oder Sachkostenersparnis ab dem ersten Jahr der vollständigen Einführung der Idee an, nicht hingegen auf den Gewinn oder den Ertrag. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens und der Antragsstellung der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand, wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
60Gegen das ihm am 10.10.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06.11.2017 Berufung eingelegt und diese am 05.01.2018 innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet.
61Der Kläger vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag. Er verbleibt bei seiner Rechtsansicht, dass unter Berücksichtigung der praktischen Handhabung bei der Beklagten im Rahmen der GBV Ideenmanagement Sachkostenersparnis und Ertrag zu berücksichtigen seien.
62Der Kläger beantragt,
63unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Bonn vom 14. September 2017, Az. 1 Ca 1606/16, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 53.809,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2014 zu zahlen.
64Die Beklagte beantragt,
65die Berufung zurückzuweisen.
66Die Beklagte verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Die Prämierung habe nicht nach dem Nettoertrag, sondern nach Zeit- und Kostenersparnis zu erfolgen. Der vom Kläger gewählte Berechnungszeitraum sei ebenso unzutreffend wie seine Umsatzangaben. Zudem handele es sich lediglich um die Umsetzung des sog. Galoppkatalogs, d. h. konzernweiter Vorgaben zur Bepreisung von Zolldienstleistungen, nicht hingegen um die Umsetzung des Verbesserungsvorschlags des Klägers.
67Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien vom 04.01.2018 und 03.04.2018 sowie die Sitzungsniederschrift vom 17.10.2018 Bezug genommen.
68E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
69I. Die Berufung ist zulässig, denn sie ist gemäß § 64 Abs. 2b) ArbGG statthaft und wurde ordnungsgemäß innerhalb der Fristen des § 66 Abs. 1 ArbGG eingelegt und begründet.
70II. Die Berufung des Klägers ist unbegründet.
71Das Landesarbeitsgericht Köln hat mit Urteil vom 22.11.2017– 5 Sa 204/17 – die Klage hinsichtlich des ersten Teilbetrages mit zutreffender Begründung, der sich die erkennende Kammer anschließt und auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, abgewiesen. Der zweite Teilbetrag aus der beanspruchten Höchstprämie teilt das rechtliche Schicksal des ersten Teilbetrags. Die Klage erweist sich nach den Ausführungen im Urteil vom 22.11.2017 als unbegründet, weil der Kläger eine Entscheidung der Ideenmanagement-Kommission über die Prämienvergabe nach § 10 GBV Ideenmanagement nicht dargetan hat. Die paritätisch besetzte Ideenmanagement-Kommission legt die Prämie durch eigene Entscheidung der Höhe nach fest. Sie stellt die notwendigen Tatsachen zur Prämienberechnung, d. h. den Umfang der Zeit- und Kostenersparnis unter Berücksichtigung von Korrekturfaktoren und Berührung der Idee mit dem Aufgabengebiet des Ideengebers, fest. Ihre Entscheidung unterliegt sodann einem internen Einspruchsverfahren, § 6 (2) Nr. 9 9 GBV Ideenmanagement. Es handelt sich um ein Schiedsgutachterverfahren. Die Feststellungen, die sinnvollerweise besser betriebsnah als von außenstehenden Stellen getroffen werden können, sollen von einem paritätisch besetzten Bewertungsausschuss verbindlich getroffen werden. Erst die endgültige Entscheidung der Ideenmanagement-Kommission kann in entsprechender Anwendung der §§ 317, 319 BGB auf grobe Unbilligkeit sowie auf Verstöße gegen die GBV Ideenmanagement überprüft werden (vgl.: BAG Urt. v. 16.12.2014 – 9 AZR 431/13 – m. w. N.). Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Neuberechnung des Klägers (Bl. 40 d. A.) – nicht nachvollziehbar ist. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, auf welcher Grundlage die von ihm eingesetzten Ertragswerte und Projektkosten ermittelt wurden. Zudem hat das Landesarbeitsgericht den Kläger bereits im Urteil vom 22.11.2017 darauf hingewiesen, dass der vom Kläger gewählte Referenzzeitraum März 2015 bis einschließlich März 2016 nicht deckungsgleich ist mit dem maßgebenden einjährigen Berechnungszeitraum, da die Idee nach Vortrag des Klägers bereits am 18.02.2015 eingeführt wurde.
72III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
73IV. Die Revision wurde nicht zugelassen, da die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen.