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Landesarbeitsgericht Köln, 7 Sa 840/16

Datum:
01.06.2017
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 Sa 840/16
ECLI:
ECLI:DE:LAGK:2017:0601.7SA840.16.00
 
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 3 Ca 5020/15
Schlagworte:
Vergütungspflichtige Arbeitszeit; Umkleidezeit; Waschzeit; Wegezeit; Betriebsstätte; Direktionsrecht; Schutzkleidung; tarifliche Öffnungsklausel; Betriebsvereinbarung; Waschgeldpauschale; gerichtliche Schätzung; Monochloressigsäure
Normen:
§ 6 MTV Chemische Industrie West vom 24.06.1992 i. d. F. v. 17.10.2013; § 3 MTV
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:

1. Zur Leistung der versprochenen Dienste, an welche die Vergütungspflicht nach § 611 Abs.1 BGB anknüpft, zählt nicht nur die eigentliche Arbeitsleistung, sondern auch das vom Arbeitgeber angeordnete Umkleiden im Betrieb (Anschluss an BAG v. 13.12.2016, 9 AZR 574/15).

2. § 6 Abs.2 MTV Chemische Industrie West enthält – anders als § 3 Ziff.6 MTV Metall- und Elektroindustrie für Hamburg und Umgebung, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern – keine Bestimmung, wonach Umkleidezeiten nicht vergütungspflichtig wären, sondern nur eine Öffnungsklausel, wonach das Ob und das Wie einer Vergütung von Umkleidezeiten durch Betriebsvereinbarung geregelt werden kann.

3. Machen die Betriebspartner von der Möglichkeit, das Ob und das Wie der Vergütung von Umkleidezeiten durch Betriebsvereinbarung zu regeln, keinen Gebrauch, verbleibt es bei der sich aus dem Gesetz, insbesondere §§ 611, 612 BGB, ergebenden Rechtslage. Keineswegs kommt dem Nicht-Abschluss einer Betriebsvereinbarung der Erklärungswert zu, dass Umkleidezeiten nicht vergütet werden sollen.

4. Die vergütungspflichtige Arbeitszeit beginnt, sobald sich der Arbeitnehmer auf Weisung des Arbeitgebers beginnt umzukleiden. Das Umkleiden hat ohne schuldhaftes Zögern zu erfolgen. Findet der Umkleidevorgang auf Weisung des Arbeitgebers an einem Ort statt, der räumlich von der Betriebsstätte, an der die eigentliche Arbeitsleistung zu erbringen ist, entfernt ist, so gehört die notwendige Wegezeit vom Ort des Umkleidens zur Betriebsstätte ebenfalls zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit.

5. Der Umfang der redlicherweise benötigten Umkleide- und Wegezeiten kann im Streitfall gemäß § 287 Abs.1 und Abs.2 ZPO durch das Gericht geschätzt werden.

6. Eine sorgfältige Reinigung am Ende der Schicht ist im Sinne von § 6 Abs.1 MTV Chemische Industrie West aus gesundheitlichen Gründen auch dann erforderlich, wenn damit nur „die letzte Gewissheit zur Entfernung der (unstreitig exorbitant gefährlichen) Stäube auf der Haut“ erreicht werden soll.

7. § 6 Abs.1 S.2 MTV Chemische Industrie West enthält hinsichtlich der Höhe der Vergütung für zu bezahlende Waschzeiten keine Öffnungsklausel für Betriebsvereinbarungen. Die Waschzeit ist vielmehr wie sonstige Arbeitszeit zu bezahlen.

 
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 13.07.2016 in Sachen 3 Ca 5020/15 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 
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