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Die Einschränkung des Direktionsrechts zum Zweck der erleichterten Kündbarkeit ohne Sozialauswahl ist nach § 307 BGB unwirksam. (BAG 21.02.2017, 3 AZR 297/15).
1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung im Vertrag vom 08.12.2011 am 31.12.2015 geendet hat.
2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 23.06.2015 nicht mit Ablauf des 31.12.2015 aufgelöst worden ist.
3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Produktionsleiter weiter zu beschäftigen.
4. Hinsichtlich des allgemeinen Feststellungsantrags bleibt es bei der Klageabweisung.
5. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
6. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten darum, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch Befristung vom 08.12.2011 beendet wurde oder durch Kündigung vom 23.06.2015 zum 31.12.2015 geendet hat.
3Der am 1972 geborene ledige Kläger war seit dem 23.08.2001 auf der Basis verschiedener jeweils befristeter Verträge als Produktionsleiter bei der Beklagten beschäftigt. Er bezog zuletzt eine durchschnittliche Bruttomonatsvergütung von 11.445 EUR. Die Beklagte produziert unter anderem Fernsehsendungen für die Firma R TV-Produktion GmbH. Mitte des Jahres 2015 beschäftigte sie 182 Arbeitnehmer, von denen sie im Rahmen der Beendigung der künstlerischen Tätigkeit des Herrn R 80 Arbeitnehmer zur Entlassung dem Arbeitsamt anzeigte.
4Die Beklagte beschäftigt zwei weitere Produktionsleiter. Beide Produktionsleiter sind ebenfalls ledig, jedoch nur 40 Jahre alt und haben eine Betriebszugehörigkeit von elf bzw. zehn Jahren.
5Die Beklagte vertritt die Ansicht, dass diese Produktionsleiter nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen seien, da der mit dem Kläger geschlossene Arbeitsvertrag eine Versetzbarkeit ausdrücklich ausschließe.
6Der letzte zwischen den Parteien abgeschlossene Arbeitsvertrag vom 08.12.2011 lautet wie folgt:
7„1. Vertragsgegenstand
8B stellt die Fernsehsendung „TV t “ sowie zahlreiche damit verbundene Shows und TV-Events im Auftrag der R TV-Produktion GmbH für den erstausstrahlenden Sender P her (im Folgenden insgesamt „Produktion“ genannt), wertet diese Produktion umfassend aus und beschäftigt Arbeitnehmer zur Mitwirkung an dieser Produktion zu den Bedingungen dieses Vertrages, einschließlich der diesem Vertrag als ANLAGE A beigefügten Begriffsbestimmungen.
92. Beginn und Dauer des Arbeitsverhältnisses, Tätigkeit
102.1. Das Arbeitsverhältnis beginnt am 01.01.2012. Der Arbeitnehmer wird bis 31.12.2015 als Produktionsleiter eingestellt.
112.1.1. Zu den Aufgaben und Pflichten vom Arbeitnehmer zählen insbesondere:
12Allgemeine Produktionsleitertätigkeiten, d. h. die Leitung der Organisation, die Disposition, insbesondere aller organisatorischen Mitarbeiter (Aufnahmeleiter, Fahrbereitschaft etc.), aller produktionsrelevanten Mitarbeiter, aller direkt künstlerische tätigen Mitarbeiter (Kamera, Schnitt, Regie, etc.) sowie der technischen Belange der Produktion unter Einhaltung und Überwachung der vorgegebenen Budgets, das Verhandeln mit Produktionsmitarbeitern, Darstellern/Künstlern, das Anforderung von Verträgen in Absprache mit der Herstellungsleitung, die Einhaltung rechtlicher und behördlicher Auflagen im Rahmen von Verträgen und/oder Produktionsabläufen, Auftragsvergabe an technische Dienstleister in Absprache mit der Herstellungsleitung.
132.2. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, die ihm übertragenen Aufgaben gewissenhaft und seinen Fähigkeiten entsprechend zu erfüllen, die Interessen von B zu wahren und seine ganze Arbeitskraft B zur Verfügung zu stellen.
142.3. Sofern B dem Arbeitnehmer zur Erfüllung seiner vertragsgegenständlichen Tätigkeit ein Mietfahrzeug zur Verfügung stellt („Produktionsfahrzeug“), sichert der Arbeitnehmer zu, dieses pfleglich zu behandeln sowie zur rechten Zeit gründlich gereinigt und aufgetankt bei der Verleihstation oder an einem von B bestimmten Ort abzugeben. Soweit der Arbeitnehmer in unmittelbarem Kontakt mit dem Mietwagenunternehmen steht, achtet er darauf, dass Übernahme- und/oder Abgabeprotokoll gewissenhaft zu prüfen und mit dem tatsächlichen Zustand des Fahrzeugs abzugleichen. Weiterhin ist der Arbeitnehmer zur ordnungsgemäßen Führung des zum Fahrzeug gehörenden Fahrtenbuches verpflichtet, indem er darin sämtliche Fahrten unverzüglich, detailliert und vollständig dokumentiert. Fahrten mit dem Produktionsfahrzeug zu privaten Zwecken, einschließlich solcher zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, sind dem Arbeitnehmer grundsätzlich untersagt.
152.4. Der Dienstsitz ist K . B ist berechtigt, den Arbeitnehmer mit der Durchführung von Aufgaben auch an einem außerhalb des Dienstsitzes liegenden Ort zu betrauen.
163. Dauer, Arbeitszeit
173.1. Das Arbeitsverhältnis ist befristet auf den Zeitraum gemäß Ziffer 2.1. Die sachliche Befristung erfolgt auf Basis des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) und aus folgendem Grund:
18Der Arbeitnehmer wird ausschließlich im Rahmen der Produktion gemäß Ziffer 1. angestellt. Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf der Frist, ohne dass es einer vorherigen Kündigung bedarf.
193.1.1. Sollte B eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers über das vereinbarte Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus beabsichtigen, wird B ihm dies vorher schriftlich mitteilen (Wirksamkeitsvoraussetzung).
203.2. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt durchschnittlich 40 Stunden pro Woche (Vollzeitstelle).
213.3. Die Arbeitszeit richtet sich nach den betrieblichen Erfordernissen eines bis zu 24-stündigen Produktionsbetriebes. Beginn und Ende der täglichen Arbeit und der Pausen richten sich nach den Erfordernissen der Produktionspläne und werden durch B unter Berücksichtigung des Arbeitszeitgesetzes festgelegt.“
22Weiterhin vertritt die Beklagte die Ansicht, die Befristungsabrede sei wirksam, da Herr R bereits in einem Fernsehinterview im Jahr 1998 angekündigt hatte, er werde seine Fernsehkarriere vor seinem 50. Lebensjahr beenden. Zudem habe die Geschäftsführung der Beklagten die Entscheidung getroffen, keine weiteren Aufträge an die R TV Produktion GmbH zu vergeben.
23Der Kläger vertritt die Ansicht, dass die Sozialauswahl sich auch auf die beiden weiteren Produktionsleiter erstrecken müsse, da der Arbeitsvertrag keine wirksame Einschränkung des Direktionsrechts enthalte. Bei Abschluss der Befristung am 08.12.2011 sei völlig offen gewesen, wie lange tatsächlich noch Aufträge für die R TV Produktion GmbH bearbeitet würden. Die Kündigung sei auch deshalb unwirksam, weil die Massenentlassungsanzeige keine ordnungsgemäße Auskunft zur durchgeführten Sozialauswahl enthalte. Diese sei aber erforderlich gewesen.
24Auch sei es tatsächlich zu einem Betriebsübergang gekommen, da die R TV Produktion GmbH nunmehr eigene Sendungen, z.B. die Sendung „S “ produziere, die zuvor von der Beklagten produziert wurden. Im Rahmen dieser Produktionen setze die Firma R TV Produktion GmbH die gleichen Personen wie zuvor die Beklagte ein. Es werden die gleichen Subunternehmer beauftragt und in den gleichen Räumen produziert, die durch einen Untermietvertrag nunmehr der R TV Produktion GmbH zur Verfügung stehen.
25Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, da es im Arbeitsvertrag eine Einschränkung des Direktionsrechts als wirksam vereinbart angesehen hat. Deshalb sei die Beklagte nicht zur Sozialauswahl mit den beiden weiterbeschäftigten Produktionsleitern verpflichtet gewesen.
26Hiergegen wendet sich der Kläger und beantragt,
27das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 13. Januar 2016, Aktenzeichen 3 Ca 5013/15, abzuändern und
281. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung im Vertrag vom 8. Dezember 2011 am 31. Dezember 2015 geendet hat,
292. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 23. Juni 2015 nicht mit Ablauf des 31. Dezember 2015 aufgelöst worden ist,
303. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände aufgelöst wird,
314. für den Fall des Obsiegens mit den Anträge zu 1. (= Entfristung) und zu 2. (= Kündigungsschutz) die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Produktionsleiter weiter zu beschäftigten.
32Die Beklagte beantragt,
33die Berufung zurückzuweisen.
34Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 ZPO auf den Aktinhalt Bezug genommen.
35E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
36Die zulässige und fristgerechte Berufung des Klägers ist mit Ausnahme des allgemeinen Feststellungsantrags begründet. Das Arbeitsverhältnis ist weder durch die Befristung im Arbeitsvertrag vom 08.12.2011 noch durch die Kündigung vom 23.06.2015 beendet worden.
37Der Kläger hat sowohl hinsichtlich der Kündigungsschutzklage als auch der Befristungskontrolle die Klagefrist gewahrt.
38Der Arbeitsvertrag der Parteien ist nicht wirksam befristet, da es an einem sachlichen Grund aus § 14 TzBfG fehlt.
39Eine wirksame Befristung nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG ist dann gegeben, wenn bei Abschluss des befristeten Vertrages feststeht, dass die Arbeitsleistung mit dem Befristungsende nicht mehr benötigt wird. Eine bloße Ungewissheit, ob zum Befristungsende weitere Aufträge gegeben sind und der Bedarf an der Arbeitsleistung damit fortbesteht, ist nicht ausreichend, ein Arbeitsverhältnis zu befristen.
40Die Beklagte hat nichts dafür vorgetragen, dass bereits am 08.12.2011 feststand, dass Herr R seine Tätigkeiten unwiderruflich zum 31.12.2015 einstellen wird. Das Interview aus dem Jahr 1998 ist nicht geeignet eine solche sichere Prognose zu rechtfertigen. Zudem müsste im Dezember 2011 auch festgestanden haben, dass die Beklagte keine anderen Anschlussverträge mit der Firma R TV Produktion GmbH anstrebt und dass auch andere Beschäftigungsmöglichkeiten durch Aufträge neuer Vertragspartner im Jahr 2016 nicht bestehen würden. Die bloße Möglichkeit, dass sich die Auftragslage zum Nachteil der Beklagten ändern könnte, dass Folgeaufträge also nicht akquiriert werden konnten, ist nicht geeignet, die Befristung eines Arbeitsverhältnisses zu begründen.
41Das Arbeitsverhältnis ist auch nicht durch die Kündigung vom 23.06.2015 beendet worden, da diese gemäß § 1 KSchG, das im Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet, nicht sozial gerechtfertigt ist. Die Beklagte hat unabhängig von dem Umfang des tatsächlich durch den Wegfall der Aufträge der Firma R TV Produktion GmbH verringerten Beschäftigungsbedarfs weiterhin zwei Produktionsleiter beschäftigt, die sozial unzweifelhaft weniger schutzwürdig als der Kläger sind. Bei gleichen Unterhaltsverpflichtungen ist sowohl der Mitarbeiter W als auch der Mitarbeiter N jeweils erheblich kürzer betriebszugehörig und jünger als der Kläger.
42Der Kläger ist mit diesen Mitarbeitern vergleichbar. Durch den Arbeitsvertrag ist das Direktionsrecht der Beklagten nicht eingeschränkt worden. Dem Kläger können die Tätigkeiten der Mitarbeiter W und N zugewiesen werden.
43Zum einen ergibt sich bereits durch Auslegung des Arbeitsvertrages, dass die Beklagte sich nicht verpflichtet hat, den Einsatz des Klägers in anderen Produktionen als die in § 1 des Vertrages genannten zu unterlassen.
44Da der Vertrag vorliegend durch die Beklagte gestellt wurde, folgt die Auslegung des Vertrages den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Maßstäben.
45Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ausgangspunkt für die Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist zwar zunächst der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis ist jedoch auch der von den Vertragsparteien verfolgte typische und von redlichen Geschäftspartnern angestrebte Regelungszweck sowie die der jeweiligen anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG vom 21.02.2017, 3 AZR 297/15).
46Danach ergibt sich bereits, dass § 1 des Vertrages lediglich eine allgemeine Tätigkeitsbeschreibung enthält, die noch keinen konkreten Bezug zu den vereinbarten arbeitsvertraglichen Bedingungen hat. Die Beklagte schildert hierin lediglich, dass sie Arbeitnehmer zur Mitwirkung an einer bestimmten Produktion beschäftigt. Mit Arbeitnehmer ist dabei nicht der Vertragspartner als solcher gemeint, denn in den folgenden Absätzen wird der konkrete Vertragspartner stets mit „der Arbeitnehmer“ bezeichnet. Damit ist der erste Absatz allenfalls als Präambel und Schilderung eines Geschäftsbereichs der Beklagten zu verstehen. Dass die Beklagte sich dahin binden will, dass sie zu keinem Zeitpunkt für sich in Anspruch nehmen will, dem Kläger Tätigkeiten außerhalb dieses Produktionsbereich zuzuweisen, kann der Formulierung nicht eindeutig entnommen werden.
47Auch aus 2.1.1. des Vertrags ist eine Einschränkung der Aufgaben und Pflichten des Klägers bezogen auf einen ausschließlichen Produktionsbereich nicht erkennbar. Der Wortlaut spricht vielmehr von allgemeinen Produktionsleitertätigkeiten, die der Kläger schuldet. Es wird keine Einschränkung auf spezielle Produktionsleitertätigkeiten, die möglicherweise mit einer konkreten Produktion zusammenhängen, vorgenommen. Es hätte nahegelegen, an dieser Stelle des Vertrags zwischen allgemeinen und speziellen Tätigkeiten zu unterscheiden.
48In 2.2. des Vertrags verpflichtete sich der Kläger, seine ganze Arbeitskraft der Beklagten zur Verfügung zu stellen. Hierdurch muss ein Arbeitnehmer damit rechnen, dass er im gesamten Aufgabenbereich seiner Arbeitgeberin eingesetzt werden kann. Andernfalls hätte diese Klausel des Vertrages heißen müssen, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft ausschließlich den für das Unternehmen R TV Produktion GmbH durchzuführenden Aufträgen zur Verfügung stellt.
49Auch aus 2.4. des Vertrages ergibt sich nicht, dass das Direktionsrecht der Beklagten eingeschränkt wäre. Zwar erfasst dieser Teil der allgemeinen Geschäftsbedingungen die Tätigkeiten an anderen Dienstorten. Auch hier erfolgt keine Einschränkung, dass dem Kläger nur Aufgaben für die R TV Produktion GmbH außerhalb K angewiesen werden können. Vielmehr behält sich die Beklagte vor, dem Kläger alle Art von Aufgaben auch außerhalb des Dienstortes K zuzuweisen.
50Auch aus 3.1. des Vertrages ergibt sich eine Einschränkung des Direktionsrechts nicht. Dies folgt bereits daraus, dass dieser Vertragsteil unter Ziffer 3. mit der Überschrift „Dauer, Arbeitszeit“ versehen ist. Ein Hinweis, dass mit diesem Vertragsteil das Direktionsrecht der Beklagten eingeschränkt werden soll, ergibt sich aus der Überschrift bereits nicht und führt schon deshalb zur Unklarheit der vertraglichen Regelung. Zudem nennt 3.1. lediglich einen Befristungsgrund, der allerdings wie bereits oben dargestellt nicht zur Befristung des Arbeitsverhältnisses geeignet ist.
51Zudem hat die Beklagte sich auch nicht durchgehend an die von ihr erstrebte Einschränkung des Direktionsrechts gehalten. Denn bei dem Einsatz des Klägers für die Produktion“ Unser Star für Baku“ handelte es sich um eine Sendung, die im Auftrag des WDR für den erstausstrahlenden Sender ARD produziert wurde. Die Beklagte hat dem Vertrag damit selbst nicht den Inhalt zugewiesen, den sie nun im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses vertritt.
52Damit ergibt sich insgesamt, dass eine eindeutige und klare Beschränkung des Direktionsrechts nicht durch Auslegung dem Vertrag zu entnehmen ist.
53Selbst wenn man dies anders sehen würde, wäre eine solche Regelung unwirksam, denn die Einschränkung des Direktionsrechts benachteiligt den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen im Sinne von § 307 Absatz 1 S. 1 BGB.
54Nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB gilt § 307 Abs. 1 BGB für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Rechtsvorschriften in diesem Sinne sind dabei nicht nur Gesetzesvorschriften im materiellen Sinn. Darüber hinaus sind unter anderem auch Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen kontrollfähig, die die sich aus der Natur des Vertrages ergebenden wesentlichen Rechte und Pflichten zum Nachteil des Vertragspartners einschränken. Dazu gehören auch die aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten. In vollem Umfang kontrollfähig sind Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen modifizieren, einschränken oder ausfüllen. Abweichungen von der sich aus rechtlichen Vorgaben ergebenden Vertragstypik unterliegen einer uneingeschränkten Inhaltskontrolle. (BAG vom 21.02.2017, Az. 3 AZR 297/15).
55Die von der Beklagten gewünschte Einschränkung des Direktionsrechts stellt deshalb eine unangemessene Benachteiligung dar, weil sie von § 106 GewO abweicht. Das in dieser Vorschrift geregelte weite allgemeine Direktionsrecht ist regelmäßig im Interesse des Arbeitnehmers, denn es erweitert den Kreis der Vergleichsarbeitsplätze, auf die sich die soziale Auswahl im Fall der Kündigung erstreckt. Der individuelle Schutz des Arbeitnehmers vor einer unberechtigten Ausübung des Direktionsrechts erfolgt demgegenüber durch § 315 BGB. Dieser schützt den Arbeitnehmer vor willkürlichen und unberechtigten Weisungen im Einzelfall. Eine Änderung dieses gesetzlichen Schutzes der Arbeitnehmer vor Einschränkungen des kündigungsrelevanten Auswahlbereichs stellt eine negative Abweichung von der Gesetzeslage dar, die vorliegend ohne erkennbare Kompensation erfolgt ist und deshalb eine einseitige und somit Benachteiligung darstellt.
56Vorliegend kommt die Besonderheit dazu, dass durch die von der Arbeitgeberseite gewünschte Einschränkung des Direktionsrechts letztendlich dasjenige durchgesetzt werden soll, was durch Befristung nicht geregelt werden kann. Die Beklagte suchte mit der konkreten Vertragsgestaltung die Möglichkeit durchzusetzen, Arbeitnehmer produktionsbezogen entlassen zu können, ohne eine Sozialauswahl durchführen zu müssen und ohne Umsetzungen unter Beachtung der sozialen Schutzbedürftigkeit innerhalb des Betriebes durchführen zu müssen. Da das konkrete Ende der Produktionsaufträge für die Firma R TV Produktion GmbH unbekannt war, die Beklagte aber eine erleichterte Kündigungsmöglichkeit suchte, diente die beabsichtigte Einschränkung des Direktionsrechts dazu, risikolose Kündigungsschutzprozesse führen zu können und nur diejenigen zu entlassen, die unmittelbar in R -Aufträgen eingesetzt waren. Die Einschränkung des Direktionsrechts diente damit auch zweckwidrig zur Vertragsbeendigung, weshalb sich die Regelung (so man sie dem Vertrag entnehmen will) bei der Angabe des Befristungsgrundes findet.
57Damit war auch der Weiterbeschäftigungsanspruch zur Entscheidung angefallen und begründet.
58Lediglich hinsichtlich des allgemeinen Feststellungsantrags war die Berufung zurückzuweisen, da der Kläger weitere Beendigungstatbestände nicht in das Verfahren eingeführt hat. Dies führt jedoch nicht zu einer Kostenquotelung.
59Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte gemäß § 91 ZPO.
60Die Revision wurde nicht zugelassen. Ein Abweichen von den weiteren Entscheidungen des LAG Köln ist nicht gegeben, da in den dortigen Fällen die Auslegung des Formularvertrages nicht entscheidungserheblich war. Die dortigen Kläger konnten keine Vergleichsarbeitsplätze benennen, auf denen sozial weniger schutzwürdige Arbeitnehmer weiterbeschäftigt wurden.