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Bei einem Rückstand mit der Ratenzahlung kann die Prozesskostenhilfe nicht aufgehoben werden, wenn die Partei im fraglichen Zeitraum zur Ratenzahlung nicht in der Lage war
Der Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 03.08.2016 (6 Ca 4026/13) wird aufgehoben und die dem Kläger gewährte Prozesskostenhilfe weiterhin ratenfrei gewährt.
G r ü n d e
2I.
31. Das Schreiben des Klägers vom 06.08.2016 ist als sofortige Beschwerde i. S. v. §§ 127 Abs. 2 S. 2 ZPO, 78 Satz 1 ArbGG gegen den Aufhebungs-beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 3.8.2016 auszulegen. Die sofortige Beschwerde ist zulässig und in der Sache auch begründet.
42. Der Zahlungsrückstand des Klägers hinsichtlich der mit bestandskräftigem Beschluss vom 02.03.2016 angeordneten Ratenzahlung in Höhe von 175,00 EUR monatlich kann die Aufhebung der Prozesskostenhilfe gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nicht rechtfertigen, denn der Kläger war zur Ratenzahlung nicht in der Lage.
5a) Nach § 124 Abs. 1 Nr. 5 ZPO soll das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate im Rückstand ist.
6Nach früherer Rechtslage (§ 124 Nr. 4 ZPO a. F.) verlangte die ganz herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur, dass der Ratenrückstand „verschuldet“ war. Auch nach der PKH-Reform ist davon auszugehen, dass die PKH-Bewilligung nicht aufgehoben werden kann, wenn die Partei im fraglichen Zeitraum zur Ratenzahlung nicht in der Lage war oder ihr PKH ohne Ratenzahlung hätte bewilligt werden müssen (LAG Hamm 02.05.2016 – 14 Ta 672/15 – Rn. 6; LAG Köln 15.09.2014 – 1 Ta 176/14 – Rn. 3; Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 124 Rn. 18; Musielak / Voit / Fischer, 13. Aufl. 2016, § 124 Rn. 9; Müko-Wache, 5. Aufl. 2016, § 124 Rn. 22).
7b) Vorliegend war der Kläger im Zeitpunkt des festgesetzten Ratenzahlungsbeginns ab Mai 2016 aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zur Ratenzahlung nicht in der Lage. Hierauf hat der Kläger mit seien Schreiben vom 05.05.2016 und 07.06.2016 sowie 07.07.2016 hingewiesen.
8c) Bei zutreffender Berechnung verfügte der Kläger zum Zeitpunkt des Ratenrückstands - und ebenso auch aktuell - nicht über ein einzusetzendes Einkommen i. S. v. § 115 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Dabei ist von folgender Berechnung auszugehen:
9aa) Der Kläger ist seit Mai 2016 bei der Firma A GmbH A mit einem Nettoverdienst vom 1.297,92 EUR beschäftigt.
10bb) Von dem Nettoeinkommen des Klägers sind der Unterhaltsfreibetrag in Höhe von 473,00 EUR sowie der Erwerbstätigenfreibetrag in Höhe von 215,00 EUR abzugsfähig (§ 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 b und 2 a ZPO).
11cc) Darüber hinaus sind gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 ZPO die Kosten für Unterkunft und Heizung abzugsfähig. Diese betragen 500,00 EUR monatlich. Unter Berücksichtigung des eigenen Einkommens der Ehefrau, mit der der Kläger die Wohnung bewohnt, hat der Kläger von den Wohnkosten einen hälftigen Anteil in Höhe von 250,00 EUR zu tragen.
12dd) Der Kläger hat geltend gemacht, dass er mit einem PKW zu seiner Arbeitsstätte fährt. Die Entfernung von seinem Wohnort zu seiner Arbeitsstätte beträgt 13 km. Gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 a ZPO i. V. m. §§ 82 Abs. 2 SGB XII, 3 Abs. 6 Nr. 2 a DVO kann der Kläger für jeden Entfernungskilometer 5,20 EUR geltend gemachten. Daraus errechnet sich ein weiterer Abzugsbetrag in Höhe von 67,60 EUR.
13ee) Die von dem Kläger geltend gemachten Schuldtilgungen sowie die Kosten für die Lebensversicherung (20,00 EUR) sind gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 ZPO abzugsfähig. Aus den vorgelegten Kontoauszügen ergibt sich eine monatliche Tilgung in Höhe von 278,00 EUR.
14ff) Insgesamt ergibt sich aus den vorgenannten Abzugsbeträgen, dass dem Kläger kein einzusetzendes Einkommen verbleibt.
15II.
16Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass er gemäß § 120 a Abs. 2 Satz 1 ZPO verpflichtet ist, dem Gericht unverzüglich mitzuteilen, falls sich seine Einkommenssituation wesentlich verbessert oder er infolge eines Umzuges eine neue Anschrift erhält.
17III.
18Der Beschluss ist unanfechtbar.