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- Einzelfall -
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 08.12.2016 – 11 Ca 5338/16 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um die Höhe der Betriebsrente der Klägerin und dabei um die Höhe des ruhegeldfähigen Einkommens und die Einbeziehung der variablen Vergütung der Klägerin.
3Die am 24.12.1956 geborene Klägerin war bei der Beklagten vom 04.03.1999 bis zum 31.12.2010, zuletzt als Planing & Sales Office Managerin – Central West – im Bereich Recording Media & Energy (D) beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis richtete sich ab dem 01.04.2006 nach der Vertragsänderung vom 23.05.2006 und der Anlage „Vereinbarung zur Zahlung eines variablen Gehaltsbestandteils“ vom 21.08.2008 (Bl. 163 f. d. A.).
4In der Anlage „Vereinbarung zur Zahlung eines variablen Gehaltsbestandteils“ ist u. a. festgelegt, dass die Klägerin einen von Erfolgszielen abhängigen zusätzlichen variablen Anteil (Erfolgsprämie) von maximal 10 % bezogen auf das Bruttojahreseinkommen erreichen kann, vorausgesetzt die Halbjahresziele oder Jahresziele wurden schriftlich vereinbart. Die Erfolgsprämie setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen. Der Klägerin werden Ziele vorgegeben, die sich auf unterschiedliche quantitative und qualitative Vorgaben beziehen. Über die Zielerfüllung entscheidet der vorgesetzte regelmäßig einen Monat nach Ablauf des Zeitraums, für den die Ziele gelten. Wegen der weiteren Einzelheiten der Anlage wird auf Bl. 164 d. A. verwiesen.
5Bei der Beklagten existiert eine Betriebsvereinbarung über die Versorgungsordnung 1991 vom 01.04.1989 in der Fassung vom 16.11.1992 (im Folgenden VO 1991). Die VO 1991 sieht u.a. die Gewährung von Altersrenten vor, deren Höhe sich nach dem ruhegeldfähigen Einkommen richtet.
6§ 5 VO 1991 lautet wie folgt:
7„§ 5 Ruhegeldfähiges Einkommen
8(1) Als ruhegeldfähiges Einkommen gilt der monatliche Durchschnitt des Brutto Arbeitseinkommens, das der Mitarbeiter von dem Unternehmen in den letzten 12 Monaten vor Eintritt des Versorgungsfalles bzw. vor seinem vorzeitigen Ausscheiden bezogen hat.
9(2) Bei Gehaltsempfängern auf Monatsbasis bemißt sich das Brutto-Arbeitseinkommen nach dem zwölf mal gezahlten Monatsgehalt. Bei Empfängern von leistungsabhängigen Einkommen errechnet sich das Monatsgehalt als Produkt aus der Zahl der betriebsüblichen (bzw. tarifüblichen) Arbeitsstunden und dem jeweiligen Leistungsstundenlohn (= vereinbarter Stundengrundlohn zzgl. leistungsabhängiger Lohn).
10Bei Mitarbeitern, mit denen ein festes Jahresgehalt vereinbart wurde, errechnet sich das Brutto-Arbeitseinkommen aus dem Betrag, der sich wie folgt ergibt: (Jahresgehalt : z. Zt. 13,4) x 12.
11Das Brutto-Arbeitseinkommen von Mitarbeitern, die Jahresgehalt mit variablen Gehaltsbestandteilen erhalten, errechnet sich wie folgt: (Jahreszieleinkommen : z. Zt. 13,4) x 12.
12(3) Monate, in denen wegen mangelnder gesundheitlicher Leistungsfähigkeit oder aus anderen Gründen, die der Mitarbeiter nicht zu vertreten hat, keine oder keine vollen Bezüge gezahlt wurden, bleiben bei der Durchschnittsberechnung unberücksichtigt. Sind während des gesamten Berechnungszeitraumes keine oder keine vollen Bezüge gezahlt worden, so wird der letzte Monat mit vollen Bezügen zugrunde gelegt.
13(4) Bei der Ermittlung des ruhegeldfähigen Einkommens bleiben sonstige Vergütungen wie Überstunden- und Mehrarbeitsvergütungen, Erfolgsbeteiligungen, über 12 x hinaus gezahlte Monatsbezüge, vermögenswirksame Leistungen, Teuerungszulagen, Jubiläumsgaben, Urlaubsgelder, Gratifikationen, Sachbezüge, Vergütungen für Erfindungen und Verbesserungsvorschläge, Sonderhonorare, Zahlungen für Aufwandsersatz wie z.B. Kilometergeld, Reisespesen, Auslösungen und sonstige außerordentliche Zuwendungen unberücksichtigt.“
14Wegen der weiteren Einzelheiten der VO 1991 wird Bl. 15 ff. d.A. verwiesen.
15Die Beklagte beschäftigt u. a. Außendienstmitarbeiter. Mit diesen schließt sie Verträge ab, die einem Mustervertrag mit Anlage „Zieleinkommen“ entsprechen. Nach Nr. 1 der Anlage „Zieleinkommen“ erhalten die Außendienstmitarbeiter ein - in der Höhe zu bezifferndes - Jahreszieleinkommen. Nach Nr. 2 der Anlage „Zieleinkommen“ setzt sich das Jahreszieleinkommen aus einem fixen und einem variablen Anteil zusammen.
16Nachdem das Arbeitsverhältnis der Klägerin beendet war, teilte die Beklagte der Klägerin die Höhe ihrer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft mit. Dabei legte sie zur Ermittlung des Brutto-Arbeitseinkommens gemäß § 5 Abs. 2 Unterabs. 2 VO 1991, ausgehend vom Jahresbruttogehalt der Klägerin, unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze ein ruhegeldfähiges Einkommen von 57.400,-- € zugrunde. Dies ergab einen monatlichen Betrag i. H. v. 106,10 € Euro. Wegen der Einzelheiten wird auf das Anschreiben vom 20.05.2010 nebst beigefügtem Berechnungsbogen (Bl. 13 f. d. A.) Bezug genommen. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sowie der Betriebsvereinbarung vom 19.09.2011 (Bl. 56 ff. d. A.) zur sog. gespaltenen Rentenformel berechnete die Beklagte den Rentenanspruch der Klägerin neu und gelangte zu einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft im Alter 65 von 116,56 €. Wegen der Einzelheiten der Neuberechnung wird auf Bl. 64 ff. d. A. verwiesen.
17Die Klägerin hat mit der Klage die Ansicht vertreten, dass er dem Vergütungsmodell § 5 Abs. 2 Unterabs. 3 VO 1991 zuzurechnen sei und die Nichtberücksichtigung der Erfolgsprämie gemäß Anlage „Vereinbarung zur Zahlung eines variablen Gehaltsbestandteils“ gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße.
18Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 08.12.2016 (Bl. 208 ff. d. A.) die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Anschluss an die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 04.08.2015 (BAG, Urt. v. 04.08.2015– 3 AZR 479/13 -) im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin unterfalle nicht der Gruppe der Arbeitnehmer, die ein Jahresgehalt mit variablen Gehaltsbestandteilen erhielten. Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht verletzt, denn die Klägerin sei mit den Außendienstmitarbeitern nicht vergleichbar, für die ein abweichendes Vergütungssystem gelte. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens und der Antragstellung der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand, wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
19Die Klägerin hat gegen das ihm am 30.12.2016 zugestellte Urteil am 25.01.2017 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 24.03.2017 begründet.
20Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie habe aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung ein Jahreseinkommen mit variablen Gehaltsbestandteilen. Dieses sei nach der VO 1991 der Rentenberechnung zugrunde zu legen. Abzusichernder Lebensstandard nach der VO 1991 sei das bei 10%iger Zielerreichung zu gewährende Jahreseinkommen. Das Vergütungsmodell der Klägerin sei mit dem der dritten Vergütungsgruppe gleich. Selbst wenn man von zwei verschiedenen Vergütungssystemen ausgehe, wäre eine Differenzierung nicht gerechtfertigt. Untauglich als sachlicher Differenzierungsgrund seien die Anforderungen an die Zielerreichung im aktiven Berufsleben, denn die Anforderungen könnten jederzeit von der Beklagten im Rahmen der Zielvereinbarungen angepasst werden. Es gelte der Grundsatz, dass im Rahmen von Zielvereinbarungen realistisch zu erreichende Vorgaben zu gelten hätten, so dass auch bei der Klägerin die durch die Erfolgsprämie erzielte Vergütung als Vergütung für eine Normalleistung anzusehen sei. Die Absicherung des Lebensstandards als Zweck der betrieblichen Altersversorgung hänge nicht von der Art des Zahlungsmodus ab.
21Die Klägerin beantragt,
22unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 08.12.2106 – 11 Ca 5338/16 – die Beklagte zu verurteilen, die unverfallbare Versorgungsanwartschaft der Klägerin anhand eines ruhegeldfähigen Einkommens in Höhe von 71.032,50 € zu berechnen.
23Die Beklagte beantragt,
24die Berufung zurückzuweisen.
25Sie verteidigt die Entscheidung unter Vertiefung ihres Sachvortrags. Mit der Klägerin sei ein Jahresgehalt mit variablen Gehaltsbestandteilen (Erfolgsprämie) vereinbart worden. Das dritte Vergütungsmodell (Jahreszieleinkommen) komme im Bereich Verkauf zur Anwendung, wozu auch der Außendienst gehöre. Bei den Außendienstmitarbeitern zur Anwendung, deren Jahreszieleinkommen aus einem fixen Anteil von 80 % und einem variablem Anteil von 20 % bestehe. Jeder Außendienstmitarbeiter habe nach der Einarbeitungs- und Garantievergütungszeit (mindestens) den variablen Teil von 20 % erreicht. Die VO 1991 stelle zur Ermittlung des ruhegeldfähigen Einkommens bei allen drei Vergütungs- und Arbeitnehmergruppen auf die Kern- und Grundvergütung ab.
26Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien vom 24.03.2017 und 09.05.2017, die Sitzungsniederschrift vom 08.11.2017 sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
27E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
28I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, denn sie ist gemäß § 64 Abs. 2 b) statthaft und wurde ordnungsgemäß innerhalb der Fristen des § 66 Abs. 1 ArbGG eingelegt und begründet.
29II. Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Die Berufungsbegründung der Klägerin rechtfertigt keine Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, bei der Berechnung des Betriebsrentenanspruchs der Klägerin ein ruhegeldfähiges Einkommen in Höhe von 71.032,50 € zugrunde zu legen.
301. Mit dem Arbeitsgericht ist zunächst davon auszugehen, dass die Klägerin nicht der Gruppe der Arbeitnehmer angehört, die ein Jahresgehalt mit variablen Gehaltsbestandteilen erhalten haben und daher dessen betriebliche Altersversorgung nicht nach § 5 Abs. 2 Unterabs. 3 VO 1991 unter Einbeziehung der variablen Gehaltsbestandteile zu berechnen ist. Die Arbeitsvertragsparteien haben vielmehr ein festes Jahresgehalt im Sinne des § 5 Abs. 2 Unterabs. 2 VO 1991 vereinbart. Das Arbeitsgericht har überzeugend auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Urteil vom 04.08.2015 (3 AZR 479/13) zur vorliegenden Versorgungsordnung verwiesen. Danach liegt nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ein festes Jahresgehalt im Sinne des § 5 Abs. 2 Unterabs. 2 VO 1991 vor, wenn die Vergütung bezogen auf das Jahr gezahlt und ihre Höhe im Voraus bestimmt ist. Diese Regelung verlangt aber nicht, dass mit den Mitarbeitern ausschließlich die Zahlung eines festen Jahresgehaltes vereinbart wurde. Die Bestimmung des § 5 Abs. 2 Unterabs. 3 VO 1991 hingegen erfordert, dass der Mitarbeiter ein Jahresgehalt mit variablen Gehaltsbestandteilen erhält, wobei die Formulierung bereits dafür spricht, dass die variable Vergütung Bestandteil eines insgesamt vereinbarten Jahresgehalts sein muss. Mitarbeiter – wie der Kläger -, mit den neben einem im Voraus in der Höhe festgelegten Jahresgehalt noch zusätzlich die Gewährung einer variablen Vergütung vereinbart wird, fallen danach nicht unter die Regelungen in Unterabs. 3. Auch § 5 Abs. 4 VO 1991 verdeutlicht, dass Mitarbeiter, mit denen neben der Zahlung eines festen Jahresgehalts die Gewährung einer variablen Vergütung vereinbart wurde, nicht von § 5 Abs. 2 Unterabs. 3 VO 1991 erfasst werden sollen. Nach § 5 Abs. 4 VO 1991 bleiben bei der Ermittlung des ruhegeldfähigen Einkommens sonstige Vergütungen außer Betracht, wodurch die Betriebsparteien klargestellt haben, dass nur die in § 5 Abs. 2 VO 1991 aufgeführten Vergütungsbestandteile in die Berechnung des Bruttoarbeitseinkommens einfließen sollen.
312. Auf einen Verstoß gegen den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz kann sich die Klägerin zur Begründung der von ihm begehrten Berechnung seiner betrieblichen Altersversorgung unter Einbeziehung der ihm gewährten variablen Vergütung nicht mit Erfolg berufen, denn die Beklagte vollzieht lediglich die Normen der Regelungen der VO 1991. Zwar können Versorgungsverpflichtungen nicht nur auf einer Versorgungszusage, sondern gemäß § 1b Abs. 1 S. 4 BetrAVG auch auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung beruhen (BAG, Urt. v. 11.07.2017– 3 AZR 691/16 – m. w. N.). Allerdings fehlt bei bloßem – auch vermeintlichem – Normenvollzug die eigene Verteilungsentscheidung des Arbeitgebers, die für die Anwendung des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes Voraussetzung ist. In einem solchen Fall stellt der Arbeitgeber subjektiv keine eigenen Anspruchsvoraussetzungen auf, sondern sieht sich verpflichtet, eine aus seiner Sicht wirksame Regelung vollziehen zu müssen. Die Anwendung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes setzt jedoch die freiwillige Schaffung eines eigenen Regelwerks durch eigenes gestaltendes Verhalten des Arbeitgebers voraus (BAG, Urt. v. 13.12.2016 – 9 AZR 574/15 – m. w. N.).
323. Die Regelungen zur unterschiedlichen Berechnungsbasis in § 5 Abs. 2 Unterabs. 2 VO 1991 einerseits (festes Jahresgehalt) und in § 5 Abs. 2 Unterabs. 3 VO 1991 andererseits (Jahreszieleinkommen) verstoßen nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 BetrVG (so auch: LAG Köln, Urt. v. 08.09.2017 – 10 Sa 63/17 -).
33a) Nach § 75 Abs. 1 BetrVG haben die Betriebsparteien darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden. Zu diesen Grundsätzen gehört der Gleichbehandlungsgrundsatz, dem der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zugrunde liegt. Der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Sind für verschiedene Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Rechte oder Pflichten vorgesehen, verlangt der Gleichheitssatz, dass diese Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist. Bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung ist der Gleichheitssatz bereits dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Maßgeblich ist insoweit vor allem der Regelungszweck. Dieser muss die Gruppenbildung rechtfertigen. Gerechtfertigt ist eine Gruppenbildung, wenn sie einem legitimen Zweck dient und zur Erreichung dieses Zwecks erforderlich und angemessen ist. Der Differenzierungsgrund muss die in der Regelung getroffene Rechtsfolge tragen (BAG, Urt. v. 19.07.2016 – 3 AZR 134/15 –, m. w. N.). Zu berücksichtigen ist zudem, dass die Betriebsparteien – ebenso wie andere Normgeber – einen Beurteilungsspielraum und eine Einschätzungsprärogative hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen und Folgen der von ihnen gesetzten Regelungen besitzen, einschließlich einer gebotenen Typisierung (vgl. BAG, Urt. v. 16.02.2010 – 3 AZR 216/09 – m. w. N.).
34b) Der für die Anwendung des Gleichbehandlungsgebots maßgebliche Regelungszweck wird wesentlich durch das Versorgungsziel der jeweiligen Versorgungsordnung bestimmt. In welchem Umfang mit einer für das Alter zugesagten betrieblichen Versorgung der bisherige Lebensstandard der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer gesichert werden soll, hängt vor allem davon ab, welche Vergütungsbestandteile nach der konkreten Versorgungsordnung als versorgungsfähig bezeichnet werden (BAG, Urt. v. 08.12.2015 – 3 AZR 433/14 - m. w. N.).
35c) Hinsichtlich des Regelungszwecks ist zunächst festzuhalten, dass die Betriebsparteien sich nicht dafür entschieden haben, den Lebensstandard des Mitarbeiters umfassend aufgrund der tatsächlich erzielten Vergütung im Referenzzeitraum des § 5 Abs. 1 VO 1991 zu sichern. Vielmehr haben sie sich darauf beschränkt, nur einen Teil des Einkommens als Bezugsgröße für die Bestimmung des zu sichernden Lebensstandards zu wählen.
36Dies zeigt sich hinreichend deutlich zunächst daran, dass hinsichtlich des Vergütungsmodells I (§ 5 Abs. 2 Unterabs. 1 VO 1991) nur am Monatsgehalt - bei Empfängern von leistungsabhängigem Einkommen als Produkt betriebsüblicher bzw. tarifüblicher Arbeitszeit und dem jeweiligen Leistungsstundenlohn – angeknüpft wird. Auch beim Vergütungsmodell II (§ 5 Abs. 2 Unterabs. 2 VO 1991) ist das „feste“ Jahresgehalt für das pensionsfähige Einkommen maßgebend. Dies korrespondiert mit der Regelung des § 5 Abs. 4 VO 1991. Diese enthält beispielhaft eine Aufzählung von Vergütungsleistungen die nicht berücksichtigt werden. Dies sind u.a. solche, die für eine über die „Normalleistung“ hinausgehende Arbeit gezahlt werden (Überstunden- und Mehrarbeitsvergütungen) oder von bestimmten zusätzlichen Erfolgen abhängig sind (Erfolgsbeteiligungen). Als ruhegehaltsfähiges Einkommen, welches zugleich die Basis des Versorgungsziels beschreibt, haben die Betriebsparteien jene verstetigte Vergütung verstanden, die den Kern des Austauschverhältnisses ohne Berücksichtigung überobligatorischer oder vom Arbeitnehmer nur mittelbar zu beeinflussender Leistungen betrifft. Die in (zusätzlichen) Zielvereinbarungen vereinbarte Zusatzvergütung, die von einseitig vom Arbeitgeber gesetzten Zielvorgaben abhängig ist, honoriert ihrem Zweck nach nicht die Normalleistung von mittlerer Art und Güte, sondern dient dazu zusätzliche Leistungsanreize zu setzen und die Arbeitsleistung zu optimieren (vgl. z.B.: Schaub/Linck, ArbRHdB, 16. Auflage, § 77 Rdn. 4 m. w. N.).
37Beim Vergütungsmodell III (§ 5 Abs. 2 Unterabs. 3 VO 1991) besteht die Besonderheit, dass kein festes Jahresgehalt für die geschuldete Normaltätigkeit fest garantiert wird, sondern das Jahreszieleinkommen variable Gehaltsbestandteile enthält. Es handelt sich dabei um ein Vergütungsmodell aus dem Bereich des Verkaufs, das insbesondere für die von der Beklagten eingesetzten Außendienstmitarbeiter einschlägig ist. Die vereinbarten Ziele des Jahreszieleinkommens können unterschritten, erreicht oder überstiegen werden. Dies hat unmittelbar Auswirkungen auf den Verdienst des Mitarbeiters. Bei Arbeitnehmern mit einem Jahreszieleinkommen i. S. d. Vergütungsmodells III fehlt ein festes, verstetigtes Einkommen, welches die Normalleistung reflektiert.
38d) Wenn sich bei typisierender Betrachtung die Betriebsparteien darauf einigen, dass das Jahreszieleinkommen jedenfalls im „Normalfall“ ohne besondere Zusatzleistung und ohne besondere Dritteinflüsse erreicht wird und daher eine verstetigte Größe wie das feste Jahresgehalt des Vergütungsmodells III darstellt, so hält sich das in dem ihnen eingeräumten Beurteilungsspielraum und entspricht einer sachlich begründeten, vernünftigen Einschätzung.
39e) Dem kann die Klägerin nicht mit Erfolg entgegen halten, dass bei Zielvereinbarungen realistisch zu erreichende Vorgaben zu fordern sind, so dass die zu deren Erfüllung aufzubringende Tätigkeit als Normalleistung einzustufen ist. Die Klägerin verkennt hierbei, dass im zweiten Vergütungsmodell nach § 5 Abs. 2 Unterabs. 2 VO 1991 die Zielvereinbarung für den variablen Anteil nur für einen Teil der Vergütung relevant ist, während sich beim Vergütungsmodell III (Jahreszieleinkommen) nach § 5 Abs. 2 Unterabs. 3 VO 1991 die Zielerfüllung auf die Höhe des gesamten Jahreseinkommens auswirkt, was im Rahmen der Vergütungsabreden durch den garantierten Fix-Anteil lediglich abgemildert wird.
40III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
41IV. Die Revision wurde nicht zugelassen, da die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen.
42R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
43Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
44Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.