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1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 20.11.2015 – 2 Ca 2063/15 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
3. Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Klägerin nimmt den Beklagten auf die Zahlung von Beiträgen für die Jahre 2014 bis 2015 sowie auf die Erteilung einer Auskunft in Anspruch.
3Die Klägerin ist eine gemeinsame Einrichtung des Bundesverbandes des S – Z (Z ) – und des Z D e.V. – Gewerkschaftlicher Fachverband – auf der Grundlage des Tarifvertrags über die Förderung der beruflichen Ausbildung im Schornsteinfegerhandwerk vom 24.09.2012 (im folgenden TV-A ). Gemäß § 1 TV-A gilt der Tarifvertrag fachlich „für alle Betriebe des Schornsteinfegerhandwerks. Das sind alle Betriebe, die zulassungspflichtige Tätigkeiten nach § 1 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage ANr. 12 HwO ausüben“.
4Die Klägerin fördert gemäß § 2 TV-A die ausbildenden Betriebe im Schornsteinfegerhandwerk und will dadurch sowohl eine ausreichende Anzahl von Ausbildungsplätzen als auch die Durchführung einer qualifizierten Berufsbildung sicherstellen. Sie ist ermächtigt, von den Betrieben Beiträge im eigenen Namen einzuziehen und entsprechend dem Gesellschaftszweck einen Zuschuss zu den Ausbildungskosten an die ausbildenden Betriebe auszuzahlen.
5§ 7 des TV-A lautet auszugsweise:
6§ 7 Beiträge
7(1) Die Mittel für die Ausgleichszahlungen und die Kosten für die Verwaltung der A werden von den Betrieben durch Beiträge aufgebracht.
8…
9(2) Ab dem 01.01.2013 hat jeder Betrieb kalenderjährlich einen Beitrag von 4,4 % der Summe der Bruttolöhne aller in seinem Betrieb beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer, die nach Schornsteinfegerhandwerksgesetz mit der Ausübung von Schornsteinfegertätigkeiten betraut sind, als Beitrag an die A abzuführen. Unabhängig hiervon beträgt der Mindestbeitrag je Betrieb 800,00 € brutto pro Kalenderjahr.
10…
11(5) Der Betrieb hat den Beitrag in vier gleichen Raten zu zahlen. Der Beitrag wird jeweils fällig zum 20. Kalendertag des 1. Monats im Kalendervierteljahr.
12…
13(7) Der Betrieb hat der A über ein von ihr zur Verfügung gestelltes Formular die gezahlten Bruttolohnsummen des abgelaufenen Geschäftsjahres bis zum 30. April des Folgejahres nachzuweisen. Die A kann notwendige Unterlagen einsehen, um die eingereichten Lohnnachweise prüfen zu können. Die A darf fremde Geheimnisse, namentlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die ihr bei der Überprüfung bekannt werden, nicht offenbaren oder für andere Zwecke verwerten.
14Gemäß § 5 TV-A sind die Betriebe verpflichtet, der Klägerin ihre Stammdaten auf von ihnen unterschriebenen Meldeformularen mitzuteilen.
15Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat den Tarifvertrag gemäß der Bekanntmachung vom 26.03.2013, veröffentlicht im Bundesanzeiger vom 04.04.2013, gemäß § 5 TVG für allgemeinverbindlich erklärt.
16Im Tarifvertrag über die Förderung der beruflichen Ausbildung im Schornsteinfegerhandwerk vom 01.07.2014 (TV-AKS 2014) wurde der nach § 7 Abs. 2 zu zahlende Mindestbeitrag mit Wirkung ab dem 01.01.2015 auf 400,00 € brutto/Kalenderjahr gesenkt. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat diesen Tarifvertrag gemäß der Bekanntmachung vom 27.11.2014, gestützt auf § 5 Abs. 1a für allgemeinverbindlich erklärt.
17(*1) Der Beklagte ist als Schornsteinfeger selbständig tätig und nicht Mitglied der Innung.
18Die Klägerin hat behauptet, dass sie die Kalkulation der Beitragshöhe auf der Grundlage der durch ihre Gründung zu erwartenden Kostenbelastung (Löhne und Gehälter, Raumkosten, Reisekosten, Bürokosten, Beratungskosten, Darlehensverpflichtungen) und der zu erwartenden Zuschussleistungen vorgenommen habe, wobei diese Kalkulation einer Evaluierung durch die Praxis bedurft habe. Dementsprechend sei die Höhe der Mindestbeiträge ab dem Jahr 2015 gesenkt worden. Ausgangspunkt der Kalkulation seien die Lohnkosten unter Zugrundelegung der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit unter Berücksichtigung eines Forderungsausfalls in Höhe von 5% und eines Verlustes an beitragspflichtigen Betrieben von 200/Jahr.
19Die Klägerin hat beantragt,
201. den Beklagten zu verurteilen, an sie 200,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 21.01.2014 zu zahlen;
212. den Beklagten zu verurteilen, an sie 200,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 21.04.2014 zu zahlen;
223. den Beklagten zu verurteilen, an sie 200,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 21.07.2014 zu zahlen;
234. den Beklagten zu verurteilen, an sie 200,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 21.10.2014 zu zahlen;
245. den Beklagten zu verurteilen, an sie 100,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 21.01.2015 zu zahlen;
256. den Beklagten zu verurteilen, an sie 100,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 21.04.2015 zu zahlen;
267. den Beklagten zu verurteilen, an sie 100,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 21.07.2015 zu zahlen;
278. den Beklagten zu verurteilen, die Bruttolohnsumme der mit Schornsteinfegerarbeiten betrauten gewerblichen Mitarbeiter für das Jahr 2014 anzugeben.
28Der Beklagte hat beantragt,
29die Klage abzuweisen.
30Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 20.11.2015 stattgegeben.
31Das Urteil ist dem Beklagten am 27.11.2015 zugestellt worden. Seine dagegen gerichtete Berufung ist am 23.12.2015 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangen und mit einem am 19.01.2016 eingegangenen Schriftsatz begründet worden.
32Der Beklagte hält das Urteil des Arbeitsgerichts aus Rechtsgründen für unrichtig. Er ist der Auffassung, dass das Arbeitsgericht den Rechtstreit gemäß § 98 Abs. 6 ArbGG hätte aussetzen müssen. Denn es lägen mehrere Gründe vor, die erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärung begründen würden.
33Zu keinem Zeitpunkt habe das von § 5 Abs. 1 Satz 1 TVG geforderte öffentliche Interesse an der Allgemeinverbindlicherklärung vorgelegen. Auch der Gesetzgeber habe mit der Abschaffung des § 16 Abs. 2 SchFG zu erkennen gegeben, dass er kein öffentliches Interesse für die Schaffung von Ausbildungskassen im Schornsteinfegerhandwerk sehe. Die von den Tarifvertragsparteien angestrebte Sicherung der Ausbildungsqualität und die Förderung des Ausbildungsnachwuchses würden durch die Allgemeinverbindlicherklärung nicht erreicht. Es obliege dem Arbeitgeber selbst, sie Ausbildung zum Schornsteinfegerhandwerk attraktiv zu gestalten. Bei der solidarischen Mitfinanzierung handele es sich lediglich um eine Teilentlastung. Von den Schornsteinfegern seien 97% Innungsmitglieder. Die Ausbildungszahlen stiegen nach wie vor, so dass kein öffentliches Interesse an einer Allgemeinverbindlicherklärung gegeben sei. Allein der Umstand, dass § 5 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 TVG die Möglichkeit der Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags über eine gemeinsame Einrichtung zur Sicherung ihrer Funktionsfähigkeit vorsehe, wenn der Tarifvertrag die Einziehung von Beiträgen und die Gewährung von Leistungen durch eine gemeinsame Einrichtung vorsehe, begründe noch nicht das öffentliche Interesse. Zudem regele die Norm die Sicherung der Funktionsfähigkeit gemeinsamer Einrichtungen, die die Vergütung von Auszubildenden regeln. Die Klägerin regele jedoch keine Ausbildungsvergütung, sondern ersetze den beitragspflichtigen Betrieben lediglich einen Teil der Ausbildungskosten. Zudem sei die Allgemeinverbindlicherklärung unverhältnismäßig.
34Der Mindestjahresbeitrag von 800,- € würde bei einem Kleingewerbetreibenden zu einer Bemessung in Höhe von 5% des Umsatzes zur Folge haben, was eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung im Vergleich zu größeren Betrieben darstelle. Dies gelte unabhängig von der Frage der Allgemeinverbindlicherklärung.
35Der Beklagte beantragt,
36das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 20.11.2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.
37Die Klägerin beantragt,
38die Berufung zurückzuweisen.
39Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil unter Vertiefung ihres Sachvortrags. Maßgeblich sei nicht, ob der einem Tarifvertrag unterworfene Unternehmer Arbeitgeber sei oder nicht. Es sei nur darauf abzustellen, ob er Arbeitgeber sein könne oder nicht. Demgemäß gelte der Tarifvertrag gemäß § 7 TV-A auch nicht für „Arbeitgeber“, sondern für alle „Betriebe des Schornsteinfegerhandwerks“. Er weist darauf hin, dass der Mindestbeitrag im Jahr 2015 auf 400,- € gesenkt worden sei.
40Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die erstinstanzlich gewechselten Schriftsätze, den Tatbestand des angefochtenen Urteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
41E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
42Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Der Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin die geforderten Beiträge zu zahlen und die benötigten Auskünfte zu erteilen. Die Beitragspflicht ergibt sich aus § 7 Abs. 2 TV-A . Die Auskunftspflicht findet ihre Grundlage in § 7 Abs. 7 TV-A . Der TV-A ist rechtswirksam. Aufgrund der Allgemeinverbindlicherklärung vom 26.03.2013 erfassen die Rechtsnormen des Tarifvertrags gemäß § 5 Abs. 4 Satz 1 TVG auch den Beklagten.
43I. Der TV-A ist wirksam.
441.) Die Einrichtung der Ausgleichskasse sowie die Begründung der Beitrags- und Auskunftspflicht dienen der Regelung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen i.S.d. Art. 9 Abs. 3 GG und liegen im Rahmen der tariflichen Regelungsbefugnisse gemäß §§ 1 Abs. 1, 4 Abs. 2 TVG.
45a) § 4 Abs. 2 TVG erweitert die Tarifmacht dadurch, dass ein Rechtsträger– als Rechtform einer gemeinsamen Einrichtung kommt insbesondere eine GmbH in Betracht (ErfK/Franzen TVG § 4 Rn. 22-26, beck-online) – in die tariflich geregelte Rechtsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern geschaltet wird (Löwisch, TVG § 4 Rn. 321, beck-online).
46aa) Der Anwendungsbereich des § 4 Abs. 2 TVG beschränkt sich dabei nicht auf die klassischen Fälle gemeinsamer Einrichtungen. Vielmehr kommen alle Fragen, die Gegenstand von Individualnormen sein können, als Gegenstände von Normen über gemeinsame Einrichtungen in Betracht. Etwa kann eine gemeinsame Einrichtung in die Berufsbildung eingeschaltet werden, indem sie gegenüber den Auszubildenden die Ausbildungsvergütung und Lehrgangskosten übernimmt (Löwisch, TVG § 4 Rn. 343 - 348, beck-online).
47bb) Von diesen anerkannten Fällen gemeinsamer Einrichtungen unterscheidet sich die Klägerin allerdings dadurch, dass nicht Arbeitnehmer oder Auszubildende unmittelbar in den Genuss einer Förderung kommen. Vielmehr werden die Beiträge zunächst zur Unterstützung einzelner Arbeitgeber verwendet. Arbeitgebern, die ausbilden, sollen die Kosten erstattet werden. Dies ändert jedoch nichts daran, dass durch die Verknüpfung des Unterstützungsanspruchs mit der Ausbildung Anreize zur Ausbildung geschaffen werden und damit letztlich die Auszubildenden in den Genuss einer qualifizierten Ausbildung kommen. Dies liegt im Rahmen der durch § 4 Abs. 2 TVG eröffneten Regelungsmacht und widerspricht nicht in erheblicher Weise dem Grundsatz, dass kein Betrieb zur Ausbildung verpflichtet ist. Dass auf diese Weise auch Auszubildende mittelbar gefördert werden, die nicht Mitglied des tarifvertragsschließenden Z D e.V. sind, steht dem nicht entgegen. Vielmehr wird so vermieden, dass diejenigen Arbeitgeber höher belastet werden, bei denen der Organisationsgrad der Auszubildenden höher ist. Dies wiederum wäre sachlich nicht zu rechtfertigen (vgl. Löwisch, TVG § 4 Rn. 361 - 363, beck-online).
48cc) Dass auch Betriebe, die keine Arbeitnehmer mit der Ausübung von Schornsteinfegertätigkeiten betrauen oder – wie der Beklagte – selbst nicht ausbilden (dürfen), zur Zahlung eines Beitrags herangezogen werden, steht der Wirksamkeit des TV-A ebenfalls nicht entgegen. Die normative Regelung von Rechten und Pflichten für Unternehmer, die keine eigenen Arbeitnehmer beschäftigen, ist solange von der Tarifmacht der Tarifvertragsparteien gedeckt ist, wie sie eine Regelung für die Leistung abhängiger Arbeit – hier für Auszubildende in einem Ausbildungsverhältnis – anstrebt. Bei Tarifnormen zu gemeinsamen Einrichtungen ist dabei besonders zu berücksichtigen, dass die Tarifpartner über die Möglichkeit verfügen müssen, konstitutiv Rechte und Pflichten zwischen der gemeinsamen Einrichtung und deren „Mitgliedern” schaffen zu können, um eine gemeinsame Einrichtung effektiv gründen und durchführen zu können (Bayreuther/Deinert, Der Einbezug arbeitnehmerloser Betriebe in gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien, RdA 2015, 129 (140)). Insoweit begegnet es keinen durchgreifenden Bedenken, dass auch sog. soloselbständige Arbeitgeber von der Klägerin zu Beitragszahlungen herangezogen werden (s. a. HWK/Henssler, 7. Aufl. 2016, § 5 TVG, Rn. 19).
49dd) Hinzu kommt: Die Errichtung der A als Ergebnis einer koalitionsspezifischen Verhaltensweise ist weitgehend der staatlichen Kontrolle entzogen. Der Staat enthält sich in diesem Betätigungsfeld der Tarifvertragsparteien grundsätzlich einer Einflussnahme und überlässt ihnen zum großen Teil die erforderlichen Regelungen der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen. Dies erfordert bei der gerichtlichen Überprüfung tarifvertraglicher Regelungen eine geringere Kontrolldichte. Die Gerichte haben sie nur daraufhin zu überprüfen, ob sie gegen das Grundgesetz oder anderes höherrangiges Recht verstoßen. Dies gilt auch bei gemeinsamen Einrichtungen. Bei gemeinsamen Einrichtungen ist regelmäßig tarifvertraglich geregelt, dass die Arbeitgeber die gemeinsame Einrichtung finanzieren. In welchem Umfang Arbeitgeber und Arbeitnehmer Lasten tragen sollen, betrifft die Verteilungsgerechtigkeit, die eine zentrale Gestaltungsaufgabe der Tarifvertragsparteien ist (BGH, Urteil vom 20. Juli 2011 – IV ZR 46/09 –, juris).
502.) Die Einrichtung der A und die damit verbundene Begründung von Arbeitgeberpflichten verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
51a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Das Maß der Bindung hängt unter anderem davon ab, inwieweit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Kriterien zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 16. Juli 2012 – 1 BvR 2983/10 –, Rn. 59, juris). Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache folgender oder sonstwie einleuchtender Grund für die tarifvertragliche Differenzierung nicht finden lässt, die getroffene Regelung also willkürlich ist (BAG, Urteil vom23. November 1988 – 4 AZR 419/88 –, BAGE 60, 183-191, Rn. 25).
52b) Dies ist hier nicht der Fall. Nach Auffassung der Kammer liegt schon keine Ungleichbehandlung der Arbeitgeber vor. Durch die alle tarifgebundenen Arbeitgeber treffende Beitragspflicht und die gezielte Förderung ausbildender Betriebe wird die Einrichtung neuer Ausbildungsplätze im Schornsteinfegerhandwerk gefördert. In den Genuss dieser Leistungen kann somit jeder Mitgliedsbetrieb gelangen. Soweit sich der Beklagte darauf beruft, dass die Kleinstbetriebe regelmäßig einen geringeren Ausbildungsbedarf hätten und den höheren Ausbildungsbedarf der größeren Betriebe finanzieren würden, kann dies nicht überzeugen. Die Beitragshöhe ist maßgeblich an die Lohnsumme der Betriebe geknüpft. Dieses Differenzierungsmerkmal verhindert eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung. Wer mehr Arbeitnehmer als Schornsteinfeger beschäftigt, benötigt auch mehr ausgebildete Berufsträger, die ihren Beschäftigungsbedarf erfüllen können. Sie haben daher konsequenterweise höhere Beiträge zu zahlen. Wenn diese Betriebe selbst ausbilden, werden sie aufgrund der Kostenerstattung im Ergebnis kaum belastet. Kleinbetriebe, die ausbilden, erhalten ihre Kosten ebenfalls erstattet. Haben sie keine Arbeitnehmer, werden sie nur zu einer geringen und in der Regel leicht zu verschmerzenden Jahresbeitragssumme von 800,00 € bzw. 400,00 € herangezogen. Aber selbst wenn man eine ungleiche Behandlung verschieden großer Arbeitgeberbetriebe annähme, wäre diese durch einen einleuchtenden Grund sachlich gerechtfertigt. Denn es wird durch die Beitragspflicht vermieden, dass Arbeitgeber, die den Aufwand für eine Ausbildung gescheut haben, die Auszubildenden anderer Betriebe übernehmen und so über eine Fachkraft verfügen können, für deren Ausbildung sie nichts getan haben. Soweit der Mindestbeitragssatz den Beitrag aus 4,4 % der Summe der Bruttolöhne aller in dem Betrieb beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer, die nach Schornsteinfegerhandwerksgesetz mit der Ausübung von Schornsteinfegertätigkeiten betraut sind, übersteigen sollte, ist dies Mindestbeiträgen, die allgemein üblich sind, immanent und zudem durch sachlich gerechtfertigt, dass keine negativen Beschäftigungsanreize gesetzt werden sollen.
53c) Der TV-A verstößt auch nicht insoweit gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, als er dazu führt, dass tarifgebundene Betriebe im Gegensatz zu Betrieben aus anderen Branchen Beiträge abführen müssen. Es liegt im Rahmen der durch das Grundgesetz geschützten Tarifautonomie (Art. 9 Abs. 3 GG), dass die Tarifvertragsparteien auch frei darüber bestimmen können, ob sie für ihre Arbeitnehmer gemeinsame Einrichtungen einführen, die besondere soziale Leistungen erbringen, und zur Finanzierung dieser Leistungen Beiträge bei den Arbeitgebern erheben. Wenn dies zu einer Ungleichbehandlung der tarifgebundenen Arbeitgeber gegenüber Arbeitgebern anderer Branchen führt, die dem Gesetzgeber möglicherweise verwehrt wäre, wird diese Ungleichbehandlung durch die Tarifautonomie gedeckt. Die Tarifautonomie hat gerade den Sinn, dass die Tarifvertragsparteien innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs die Arbeitsbedingungen autonom, d. h. auch ohne Rücksicht auf die Arbeitsbedingungen in anderen Branchen, regeln können. Die Tarifautonomie würde ausgehöhlt und entwertet, wenn sich die Tarifvertragsparteien an Regelungen in anderen Branchen orientieren müssten (BAG, Urteil vom 23. November 1988 – 4 AZR 419/88 –, BAGE 60, 183-191,Rn. 28). Dass der Mindestbeitrag aufgrund des TV-AKS 2012 bei geringen Umsätzen geringfügig höher liegen kann als 4,4% stellt keine unzulässige Ungleichbehandlung von Kleinunternehmern dar, sondern fällt in den verfassungsrechtlich noch unbedenklichen und hinzunehmenden Schwankungsbereich.
543.) Der TV-A greift nicht unzulässig in das Grundrecht der Arbeitgeber aus Art. 12 Abs. 1 GG ein.
55a) Die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG gewährt allen Deutschen das Recht, den Beruf frei zu wählen und frei auszuüben. Sie umfasst jede Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist und der Schaffung und Aufrechterhaltung einer Lebensgrundlage dient. Das Grundrecht ist nach Art. 19 Abs. 3 GG auch auf juristische Personen anwendbar, soweit sie eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit ausüben, die ihrem Wesen und ihrer Art. nach in gleicher Weise einer juristischen wie einer natürlichen Person offen steht. Als Teil der Berufsfreiheit ist damit auch die Vertrags- und Dispositionsfreiheit des Unternehmers geschützt. Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet die Freiheit der beruflichen Betätigung. Der Schutz des Grundrechts ist einerseits umfassend angelegt, schützt aber andererseits nur vor solchen Beeinträchtigungen, die gerade auf die berufliche Betätigung bezogen sind. So ist ein Eingriff zu bejahen, wenn eine Rechtsnorm tatbestandlich unmittelbar an bestimmte wirtschaftliche Tätigkeiten anknüpft. Dies ist indes nicht schon dann der Fall, wenn eine Rechtsnorm, ihre Anwendung oder andere hoheitliche Maßnahmen unter bestimmten Umständen Rückwirkungen auf die Berufstätigkeit entfalten .Die Berufsfreiheit ist aber dann berührt, wenn sich die Maßnahmen zwar nicht auf die Berufstätigkeit selbst beziehen, aber die Rahmenbedingungen der Berufsausübung verändern und infolge ihrer Gestaltung in einem so engen Zusammenhang mit der Ausübung des Berufs stehen, dass sie objektiv eine berufsregelnde Tendenz haben.
56b) Die Beitragspflicht der Arbeitgeber berührt nicht das Recht des Beklagten oder anderer Arbeitgeber auf freie Berufswahl. Sie beschränkt weder unmittelbar den Zugang zu einer Tätigkeit im Bereich des Schornsteinfegerhandwerks, noch macht sie mittelbar die sinnvolle Ausübung einer solchen Tätigkeit unmöglich. Die Auferlegung der Beitragspflicht liegt vielmehr im Interesse der Arbeitgeber, da Wettbewerbsnachteile von Arbeitgebern, die sich ihrer sozialen Verantwortung durch die Ausbildung von jungen Menschen stellen, vermieden werden.
57c) Die Beitragspflicht zu der A enthält auch keine Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG. Sie bezieht sich nicht auf die berufliche Tätigkeit von Schornsteinfegern, sondern regelt nur den Interessenausgleich zwischen den branchenzugehörigen Arbeitgebern untereinander. Eine solche Regelung fällt nicht unter den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. BAG, Urteil vom 15. November 1995 – 10 AZR 150/95 –, Rn. 36, juris).
584.) Die Arbeitgeber sind auch nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt. Diese Norm gewährleistet die allgemeine Handlungsfreiheit in einem umfassenden Sinn. Davon werden die Freiheit im wirtschaftlichen Verkehr und die Vertragsfreiheit erfasst, soweit sie nicht durch besondere Bestimmungen geschützt sind. Doch ist die Handlungsfreiheit – auch die auf wirtschaftlichem Gebiet – nur in den durch das Grundgesetz bezeichneten Schranken garantiert, vor allem denen der verfassungsmäßigen Ordnung.
595.) Schließlich führt der Vorbehalt des Gesetzes nicht zur Unwirksamkeit des TV-A . Der Gesetzesvorbehalt des Art. 20 Abs. 3 GG besagt, dass staatliches Handeln in grundlegenden Bereichen durch ein förmliches Gesetz legitimiert sein muss. Der Gesetzgeber hat alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen (BAG, Urteil vom 23. Juli 2015 – 6 AZR 490/14 –, Rn. 33, juris; BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 1991 – 1 BvR 779/85 –, BVerfGE 84, 212-232, Rn. 40). Wann es danach einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, lässt sich nur im Blick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen. Die verfassungsrechtlichen Wertungskriterien sind dabei den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere den darin verbürgten Grundrechten, zu entnehmen. Danach bedeutet wesentlich im grundrechtsrelevanten Bereich in der Regel "wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte" (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 10. November 2009 – 1 BvR 1178/07 –, Rn. 36, juris). Insoweit ist zunächst festzuhalten, dass die Tarifvertragsparteien grundsätzlich nach Art. 9 Abs. 3 GG berechtigt sind, einzelnen Arbeitgebern Pflichten aufzuerlegen, soweit dies – wie hier – der Regelung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen dient. Dafür, dass die Festsetzung der Beitragshöhe mit 4,4 % der Bruttolohnsumme willkürlich wäre, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Er ist aufgrund der von der Klägerseite vorgelegten Kalkulation nachvollziehbar. Der Beitrag beträgt weniger als 1/20 der Gesamtlohnsumme und liegt damit wesentlich unter dem als angemessen angenommenen Verhältnis der Auszubildenden zur Zahl der Fachkräfte (vgl. Nr. 2.5 der Empfehlung des Bundesausschusses für Berufsbildung über die Eignung der Ausbildungsstätten). Auch der Mindestbeitrag von 800,00 €/Jahr begegnet der Höhe nach keinen durchgreifenden Bedenken. Er entspricht einer Gesamtbruttolohnsumme von 18.100 € im Jahr und beträgt damit – ausgehend von einem Mindestentgelt von 12,78 €/Stunde gemäß dem Tarifvertrag zur Regelung des Mindestentgelts für Arbeitnehmer/-innen im Schornsteinfegerhandwerk vom 27.09.2013 – bei etwa ¾ des Mindestentgeltes eines vollzeitbeschäftigten Berufsträgers.
60II. Der Beklagte wird vom fachlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags erfasst. Denn er unterhält einen Betrieb des Schornsteinfegerhandwerks. Denn er führt Mess- und Kehrarbeiten durch. Das Schornsteinfegerhandwerk ist ein zulassungspflichtiges Handwerk i.S.d. § 1 Abs. 2 in Verbindung mit Nr. 12 der Anlage A Handwerksordnung. Der Beklagte unterhält auch einen Gewerbebetrieb. Ein Gewerbebetrieb liegt gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 Handwerksordnung vor, wenn er handwerksmäßig betrieben wird und ein Gewerbe vollständig umfasst oder Tätigkeiten ausgeübt werden, die für dieses Gewerbe wesentlich sind (wesentliche Tätigkeiten). Dies ist bei Kehr- und Messarbeiten der Fall.
61III. Es ist schließlich davon auszugehen, dass die Allgemeinverbindlicherklärung rechtswirksam ist. Eine Aussetzung des Rechtsstreits kommt nicht in Betracht. Denn Voraussetzung für eine Aussetzung nach § 98 Abs. 6 ArbGG ist, dass das Gericht ernsthafte Zweifel an der Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung hat (BAG, Beschluss vom07. Januar 2015 – 10 AZB 109/14 –, Rn. 17, juris).
621.) Zwar ist die Wirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags durch die Gerichte für Arbeitssachen grundsätzlich von Amts wegen zu prüfen, soweit es entscheidungserheblich auf diese ankommt. § 98 ArbGG hat an dieser grundsätzlichen Prüfpflicht nichts geändert. Mit Einführung dieser Norm ist lediglich ein Verfahren geschaffen worden, in dem in Anwendung des Amtsermittlungsgrundsatzes im Beschlussverfahren mit Inter-omnes-Wirkung die Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung einer abschließenden gerichtlichen Überprüfung unterzogen wird. Führt die Prüfung im Ausgangsverfahren daher zu dem Ergebnis, dass ernsthafte Zweifel, d. h. solche von erheblichem Gewicht, an der Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung bestehen, kann das Gericht diese Frage lediglich nicht mehr selbst abschließend entscheiden, sondern hat das Verfahren nach § 98 Abs. 6 ArbGG auszusetzen, wenn es auf diese Frage entscheidungserheblich ankommt (BAG, Beschluss vom 07. Januar 2015– 10 AZB 109/14 –, Rn. 18, juris).
632.) Eine Überprüfung von Amts wegen bedeutet aber nicht, dass die Gerichte verpflichtet sind, von sich aus das Vorliegen aller Voraussetzungen der Allgemeinverbindlicherklärung zu überprüfen. Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die obersten Arbeitsbehörden der Länder die Allgemeinverbindlicherklärung eines Tarifvertrags nur unter Beachtung der gesetzlichen Anforderungen vornehmen. Der erste Anschein spricht deshalb auch weiterhin für die Rechtmäßigkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung. Es genügt daher nicht, wenn die Prozessparteien die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Allgemeinverbindlicherklärung pauschal bestreiten. Erforderlich ist vielmehr entweder ein substantiierter Parteivortrag, der geeignet ist, ernsthafte Zweifel am Vorliegen der Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 TVG aufkommen zu lassen, oder das Vorliegen entsprechender gerichtsbekannter Tatsachen. Nur dann kommt die Prüfung einer Aussetzung in Betracht.
643.) Die Allgemeinverbindlicherklärung des TV-AKS 2012 setzte gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 TVG in der Fassung vom 31.10.2006 voraus, dass die tarifgebundenen Arbeitgeber nicht weniger als 50 vom Hundert der unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Arbeitnehmer beschäftigen und die Allgemeinverbindlicherklärung im öffentlichen Interesse geboten erscheint.
65a) Der Beklagte hat nicht bestritten, dass das Quorum von mehr als 50% erreicht wurde und dass der Tarifvertrag in seinem Geltungsbereich für die Gestaltung der Arbeitsbedingungen überwiegende Bedeutung erlangt hat. Vielmehr legt er selbst dar, dass 97% der Schornsteinfegerbetriebe der Innung angehörten und tarifgebunden seien.
66b) Auch sonst kann das öffentliche Interesse aufgrund des Vortrags der Beklagten keinem ernsthaften Zweifel unterliegen.
67aa) Ein öffentliches Interesse ist dann gegeben, wenn die Allgemeinverbindlicherklärung drohende wesentliche Nachteile für eine erhebliche Anzahl von Arbeitnehmern abwenden kann. Es muss mithin eine Interessenabwägung zwischen den Vor- und Nachteilen der Allgemeinverbindlicherklärung vor dem Hintergrund ihrer Schutzzwecke stattfinden. Eine Allgemeinverbindlicherklärung liegt etwa in öffentlichen Interesse, wenn sie anderweitig zum Ausdruck gekommene Zielvorstellungen des Gesetzgebers verwirklichen soll (ErfK/Franzen TVG § 5 Rn. 11-13, beck-online; BAG, Urteil vom 28. März 1990 – 4 AZR 536/89 –, Rn. 19, juris). Das ist hier – zumal vor dem Hintergrund, dass das für die Allgemeinverbindlicherklärung zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales insoweit einen außerordentlich weiten, nur eingeschränkt überprüfbaren (HWK/Henssler,7. Aufl. 2016, § 5 TVG, Rn. 13) Spielraum hat (BAG, Urteil vom 25. Juni 2002– 9 AZR 406/00 –, Rn. 33, juris) – der Fall.
68bb) Daran ändert sich nicht dadurch, dass eine gesetzliche Einrichtung von A nicht mehr vorgesehen ist. In § 16 Schornsteinfegergesetz (SchfG) war ursprünglich eine Rechtsgrundlage für die Bildung von Ausgleichskassen für die durch die Lehrlingsausbildung entstehenden Kosten geschaffen worden. Der Hintergrund dafür war, dass die Kehrbezirke im Regelfall nur alle fünf Jahre neu eingeteilt und die durch die Ausbildung eines Lehrlings entstehenden Kosten bei der Einteilung nicht berücksichtigt wurden. Deshalb sollte ein Ausgleich durch eine Ausgleichskasse herbeigeführt werden, an die alle Bezirksschornsteinfegermeister des betreffenden Bezirks gleiche Beiträge zu entrichten hatten und durch die dann die Kosten der Lehrlingsausbildung in einem gewissen Umfange gedeckt werden können (vgl. Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen zu BT-Drs. V/4282, S. 5). Der durch Art. 4 Abs. 4 des Gesetzes zur Neuregelung des Schornsteinfegerwesens vom 26.11.2008 (BGBl. I S. 2242) aufgehobene § 16 Abs. 2 Schornsteinfegergesetz (SchfG) sah vor, dass von den Schornsteinfegerinnungen Ausgleichskassen zum Ausgleich der dem einzelnen Bezirksschornsteinfegermeister durch eine Lehrlingsausbildung entstehenden Kosten errichtet werden, wobei die Landesregierungen ermächtigt wurden, die für diese Einrichtung erforderlichen Vorschriften durch eine Rechtsverordnung mit der Maßgabe zu erlassen, da jeder Bezirksschornsteinfegermeister, der im Innungsbereich einen Lehrling ausbildet, bis zu 25 % des tariflich vereinbarten Gesellenlohnes der höchsten Lohnstufe erhält und dass die Mittel für die Ausgleichszahlungen und die für die Ausgleichskasse erforderlichen Verwaltungskosten von den Bezirksschornsteinfegermeistern des Innungsbezirks zu gleichen Teilen durch Umlagen aufgebracht werden. Dass diese gesetzliche Regelung nicht mehr gilt, steht damit in Zusammenhang, dass die Neuregelung des Schornsteinfegerrechts erforderlich geworden war, um den Anforderungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts gerecht zu werden. Bezüglich des bisherigen Schornsteinfegergesetzes war ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland anhängig, weil die Kommission insbesondere die Beschränkung der selbständigen Ausübung des Schornsteinfegerhandwerks auf nur einen Bezirksschornsteinfegermeister pro Bezirk, das Verbot einer Tätigkeit des Bezirksschornsteinfegermeisters außerhalb seines Kehrbezirks, das Erfordernis der Eintragung in eine „Bewerberliste“ für jeden Bewerber für eine Stelle als Bezirksschornsteinfegermeister sowie einer mindestens zweijährigen praktischen Tätigkeit im Betrieb eines Bezirksschornsteinfegermeisters im betreffenden Bundesland innerhalb der letzten drei Jahre vor der Bestellung, die Pflicht zum Nachweis der gesundheitlichen Eignung zur Ausübung der Tätigkeit, die Pflicht, den Wohnsitz im Kehrbezirk oder in dessen Nahbereich zu nehmen beanstandet hatte (BT-Drs. 16/9237, S. 20). Im Hinblick darauf hielt der Gesetzgeber eine gesetzliche Regelung der Ausgleichskasse nicht mehr für notwendig. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Existenz einer Ausgleichskasse nicht im öffentlichen Interesse liegt. Dass die Unterstützung von Auszubildenden nach wie vor zu den anerkennten Zielen des Gesetzgebers gehört und im öffentlichen Interesse liegt, wird im Übrigen an der 2014 neu eingefügten Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 a TVG deutlich, der Ausdruck einer sozialpolitisch erwünschten Privilegierung von gemeinsamen Einrichtungen ist (HWK/Henssler, 7. Aufl. 2016, § 5 TVG, Rn. 19).
69cc) Der Beklagte hat das öffentliche Interesse an der Allgemeinverbindlicherklärung zudem mit dem Hinweis darauf verneint, dass ohnehin 97% der Schornsteinfegermeister Innungsmitglieder seien. Auch dieser Umstand kann das öffentliche Interesse an der Allgemeinverbindlicherklärung nicht in Zweifel ziehen. Problematisch wäre eher der umgekehrte Fall, dass eine Vielzahl von Außenseitern ohne Mitwirkungs- und Kontrollrechte in der Einrichtung erheblichen Pflichten ausgesetzt würden (HWK/Henssler, 7. Aufl. 2016, § 5 TVG, Rn. 19).
704.) Die Allgemeinverbindlicherklärung des TV-AKS 2014 erfolgte gemäß § 5 Abs. 1a TVG. Nach § 5 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 TVG kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales einen Tarifvertrag über eine gemeinsame Einrichtung zur Sicherung ihrer Funktionsfähigkeit im Einvernehmen mit dem Tarifausschuss auf gemeinsamen Antrag der Tarifvertragsparteien für allgemeinverbindlich erklären, wenn der Tarifvertrag die Einziehung von Beiträgen und die Gewährung von Leistungen durch eine gemeinsame Einrichtung für die Vergütung der Auszubildenden oder die Ausbildung in überbetrieblichen Bildungsstätten zum Gegenstand hat. Ein solcher Tarifvertrag kann alle mit dem Beitragseinzug und der Leistungsgewährung in Zusammenhang stehenden Rechte und Pflichten einschließlich der dem Verfahren zugrunde liegenden Ansprüche der Arbeitnehmer und Pflichten der Arbeitgeber regeln. Zwar sieht der TV-AKS nicht eine unmittelbare Vergütung der Auszubildenden vor, sondern einen Ausgleich der Ausbildungskosten zwischen den Arbeitgebern vor. Unter „Vergütung der Auszubildenden“ § 5 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 TVG ist jedoch nicht die rein synallagmatische Entgeltpflicht zu verstehen, sondern das mit der Ausbildung verbundene Vergütungssystem. Für die Kammer bestehen keine tragfähigen Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber den Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien insoweit einschränken wollte.
71IV. Die Auskunftsverpflichtung des Beklagten ergibt sich aus §§ 5, 7 TV-A . Die in diesem Verfahren etwa erteilten Auskünfte ersetzen die erforderliche Mitteilung durch den Beklagten nicht.
72Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO. Die Zulassung der Revision erfolgt auf Grundlage des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, weil die entscheidungserheblichen Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung haben.
73(*1)
74Am 17.11.2016 erging folgender Beschluss:
75Der Tatbestand des am 22.07.2016 verkündeten Urteils wird dahingehend ergänzt, dass auf S. 4, der 2. Absatz folgender Satz angefügt wird:
76„Der Beklagte beschäftigt in Teilzeit seine Ehefrau mit Bürotätigkeiten.“
77G r ü n d e
78Die Ergänzung erfolgt gemäß § 320 Abs. 1 ZPO entsprechend den fristgerechten Anträgen der Parteien und ist geboten, weil die unstreitige Feststellung für die Frage, ob der Beklagte vom Geltungsbereich des Tarifvertrags über die Förderung der beruflichen Ausbildung im Schornsteinfegerhandwerk erfasst wird, von Bedeutung ist.