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Zur Auslegung der Vorschriften des TV-N ASEAG über die Stufenzuordnung im Rahmen der Eingruppierung eines Kraftomnibusfahrers.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 02.06.2015 in Sachen4 Ca 4698/14 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten über die zutreffende Stufenzuordnung des Klägers innerhalb der Entgeltgruppe 5 des TV-N AG bzw. hieraus resultierende Entgeltdifferenzen.
3Wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 4. Kammer des Arbeitsgerichts Aachen dazu bewogen haben, die Klage abzuweisen, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils vom 02.06.2015 Bezug genommen.
4Das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 02.06.2015 wurde dem Kläger am 22.06.2015 zugestellt. Er hat hiergegen am 08.07.2015 Berufung eingelegt und diese am 21.08.2015 begründet.
5Der Kläger beanstandet unter anderem an dem arbeitsgerichtlichen Urteil, dass dieses die enge Verbindung der Beklagten zu seiner Vorarbeitgeberin, der Firma E mbH, verkannt habe. Wie § 5 Abs. 3 TV-N AG zeige, hätten die Tarifvertragsparteien dieser engen Verbindung gezielt Rechnung tragen wollen. Richtigerweise sei er, der Kläger, somit schon nicht als „neu eingestellter Fahrer“ im Sinne von § 6 Ziffer 2 TV-N AG anzusehen. Es gelte für ihn vielmehr nur § 6 Ziffer 3 TV-N AG, der auf § 5 TV-N AG, und damit auch auf § 5 Ziffer 3 TV-N AG verweise. Dem klaren Wortlaut des Tarifvertrages sei nicht zu entnehmen, dass § 5 Ziffer 3 TV-N AG etwa nicht für Fahrpersonal gelten würde. Seine Vorbeschäftigung bei der Firma E sei auch inhaltlich einschlägiger Natur; denn er sei bereits bei seiner Vorarbeitgeberin im Liniennetz der Beklagten eingesetzt worden, wenn auch nach seinem Wechsel zur Beklagten neue Linien hinzugekommen seien.
6Der Kläger ist des Weiteren der Auffassung, dass das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen auch nicht mit der Entscheidung des EUGH vom 05.12.2013, C-512/12, zu vereinbaren sei.
7Auf den vollständigen Inhalt der Berufungsbegründungsschrift des Klägers vom 21.08.2015 wird Bezug genommen.
8Der Kläger und Berufungskläger beantragt,
9auf seine Berufung hin das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 02.06.2015, Aktenzeichen 4 Ca 4698/14, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für den Zeitraum August 2013 bis November 2014 eine Vergütung in Höhe von insgesamt 3.192,92 € brutto nachzuzahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,
10aus 231,73 EUR vom 01.09.2013 bis 30.09.2013,
11aus 463,46 EUR vom 01.10.2013 bis 31.10.2013,
12aus 579,33 EUR vom 01.11.2013 bis 30.11.2013,
13aus 695,20 EUR vom 01.12.2013 bis 31.12.2013,
14aus 811,07 EUR vom 01.01.2014 bis 31.01.2014,
15aus 926,94 EUR vom 01.02.2014 bis 28.02.2014,
16aus 1.042,81 EUR vom 01.03.2014 bis 31.03.2014,
17aus 1.158,68 EUR vom 01.04.2014 bis 30.04.2014,
18aus 1.480,46 EUR vom 01.05.2014 bis 31.05.2014,
19aus 1.802,24 EUR vom 01.06.2014 bis 30.06.2014,
20aus 2.034,02 EUR vom 01.07.2014 bis 31.07.2014,
21aus 2.265,80 EUR vom 01.08.2014 bis 31.08.2014,
22aus 2.497,58 EUR vom 01.09.2014 bis 30.09.2014,
23aus 2.729,36 EUR vom 01.10.2014 bis 31.10.2014,
24aus 2.961,14 EUR vom 01.11.2014 bis 30.11.2014 und
25aus 3.192,92 EUR seit dem 01.12.2014.
26Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
27die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
28Die Beklagte und Berufungsbeklagte verteidigt das angegriffene Urteil des Arbeitsgerichts und bekräftigt die dort vertretene Rechtsauffassung. Auf den vollständigen Inhalt der Berufungserwiderungsschrift der Beklagten vom 21.10.2015 wir Bezug genommen.
29E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
30I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 02.06.2015 ist zulässig. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft. Sie wurde auch innerhalb der in § 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen formell ordnungsgemäß eingelegt und begründet.
31II. Die Berufung des Klägers konnte jedoch keinen Erfolg haben. Das Arbeitsgericht Aachen hat den Rechtsstreit im Ergebnis zutreffend entschieden und seine Entscheidung sachgerecht und tragfähig begründet. Die Ausführungen des Klägers in der Berufungsinstanz bieten keinen Anlass, das arbeitsgerichtliche Urteil abzuändern.
32Unter Anknüpfung an die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils bleibt aus der Sicht der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz zusammenfassend, ergänzend und teilweise klarstellend das Folgende auszuführen:
331. Die Beklagte hat die Stufenzuordnung innerhalb der für den Kläger gemäß Anlage 1 zum TV-N AG jeweils maßgeblichen Entgeltgruppe in nicht zu beanstandender Form zutreffend vorgenommen.
34a. Der Kläger wurde von dem beklagten Unternehmen auf Grund eines zunächst für ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages ohne Datum (Anlage K 1 zur Klageschrift) mit Wirkung zum 01.04.2010 erstmals als Linienbusfahrer eingestellt. Er war zuvor bei der Beklagten nicht tätig gewesen.
35b. Auf Grund des Arbeitsvertrages, den der Kläger mit der Beklagten abgeschlossen hatte, galt für ihn ab dem 01.04.2010 erstmals der TV-N AG. Für sein Arbeitsverhältnis bei der Vorarbeitgeberin, der Firma E GmbH, galten die Mantel- und Lohntarifverträge des Verbandes Nordrhein-Westfälischer Omnibusunternehmen (NWO), und somit ein gänzlich anderes Tarifregime.
36c. Gemäß Fallbeispiel 4.1.5 der Anlage 1 zum TV-N AG war der Kläger somit als „Kraftomnibusfahrer in den ersten 6 Monaten der Tätigkeit“ in der Zeit vom 01.04. bis 30.09.2010 in der Entgeltgruppe 4 eingruppiert. Ab dem 01.10.2010 wurde der Kläger sodann tarifgerecht gemäß Fallbeispiel 5.2.2 der Anlage 1 in die Entgeltgruppe 5 eingeordnet.
37d. Ausweislich § 6 Ziffer 2 TV-N AG erfolgt die Eingruppierung zunächst in die Stufe 1 der Entgeltgruppe 5. Die weitere Entwicklung richtet sich sodann nach § 6 Ziffer 3 TV-N AG. Stufe 2 der Entgeltgruppe 5 wird nach dem Wortlaut von § 6 Ziffer 3 TV-N AG „nach 3 Jahren in Stufe 1“ erreicht. Dies bedeutet mit anderen Worten, dass der Kraftomnibusfahrer nach seiner Einreihung in Entgeltgruppe 5 Stufe 1 eine weitere Betriebszugehörigkeit von drei Jahren absolviert haben muss.
38e. Da das ursprünglich auf einJahr befristete Arbeitsverhältnis der Parteien über diesen ursprünglichen Befristungszeitraum hinaus fortgesetzt und mit Wirkung zum 01.04.2012 in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übergegangen war und bis heute fortbesteht, hatte der Kläger zum 01.10.2013 die Stufe 2 der Entgeltgruppe 5 erreicht. Dem hat die Beklagte entsprechend Rechnung getragen.
392. Die Auffassung des Klägers, dass es sich bei ihm in Wirklichkeit nicht um einen „neu eingestellten Fahrer“ im Sinne von § 6 Abs. 2 TV-N AG gehandelt habe mit der Folge, dass schon seine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 4 für die Zeit vom 01.04. bis 30.09.2010 unzutreffend gewesen sei, ist rechtsirrig.
40a. Schon die Eingruppierungssystematik der Anlage 1 zum TV-N AG verdeutlicht, dass, wenn dort unterschieden wird nach den Kriterien „in den ersten sechs Monaten der Tätigkeit“ und „nach sechsmonatiger Tätigkeit“, damit gerade nur die Tätigkeit bei dem aktuellen Arbeitgeber gemeint ist. Damit trägt der Tarifvertrag offenkundig dem Umstand Rechnung, dass ein Arbeitnehmer, auch wenn er bereits über einschlägige Berufserfahrung verfügt, beim Wechsel zu einem anderen Arbeitgeber regelmäßig einer Einarbeitungszeit bedarf. Es besteht keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass mit dem in den Entgeltgruppen 4 und 5 der Anlage 1 zum TV-N AG erwähnten Differenzierungsmerkmal der „ersten sechs Monate der Tätigkeit“ lediglich auf eine ganz allgemein irgendwann und irgendwo erworbene einschlägige Berufserfahrung abgestellt werden soll. Daraus folgt, dass nach der Systematik des Tarifvertrages ein Kraftomnibusfahrer auch dann dem Differenzierungsmerkmal der „ersten sechs Monate der Tätigkeit“ unterliegt, wenn er vor seinem Wechsel zur Beklagten bereits bei einem anderen Nahverkehrsunternehmen in einer anderen Stadt -unter Umständen sogar langjährige - einschlägige Berufserfahrung erworben hat.
41b. Die tarifvertraglichen Eingruppierungsbestimmungen sehen entgegen der Annahme des Klägers auch keine Ausnahme für solche neu eingestellten Arbeitnehmer vor, die vor einem Wechsel zur Beklagten bei einem mit dieser gesellschaftsrechtlich eng verbundenen Tochterunternehmen beschäftigt waren.
42aa. Zunächst handelt es sich auch bei einem solchen Arbeitnehmer um einen „neu eingestellten Fahrer“ im Sinne von § 6 Abs. 2 TV-N AG. Bei der Vorarbeitgeberin des Klägers, der Firma E GmbH, einerseits und der Beklagten andererseits handelt es sich zweifelsfrei ungeachtet ihrer gesellschaftsrechtlichen Verwandtschaft um rechtlich eigenständige Unternehmen und voneinander zu unterscheidende Rechtssubjekte. Der Kläger hat mit seinem Wechsel von der Firma E zur Beklagten unstreitig einen Arbeitgeberwechsel vorgenommen.
43bb. Dem haben die Parteien auch in der Praxis einvernehmlich Rechnung getragen. Sie haben einen vollständig neuen Arbeitsvertrag abgeschlossen, der andere Regeln enthält als der Arbeitsvertrag bei der Vorarbeitgeberin und, wie bei Neueinstellungen typischerweise gebräuchlich, zunächst befristet abgeschlossen wurde.
44cc. Die Parteien haben darüber hinaus auch eine sechsmonatige Probezeit vereinbart. Dies beruht auf § 3 Abs. 2 Satz 1 TV-N AG. Die Tarifvertragsparteien haben in § 3 TV-N AG keine Ausnahme von der Probezeitregelung für solche Arbeitnehmer vorgesehen, die von einem Tochterunternehmen oder sonstigen konzernangehörigen Unternehmen zur Beklagten wechseln, obwohl § 3 Abs. 2 Satz 2 TV-N AG erkennen lässt, dass sie sich grundsätzlich sehr wohl die Frage gestellt haben, ob es nicht Fallkonstellationen gibt, in denen die Vereinbarung einer Probezeit wenig sinnvoll erscheint.
45c. In systematischer Hinsicht bestätigt letztlich sogar der vom Kläger selbst herangezogene § 5 Abs. 3 TV-N AG, dass es sich in einer Konstellation wie der vorliegenden um eine Neueinstellung im Sinne von § 6 Abs. 2 TV-N AG handelt. § 5 Abs. 3 TV-N AG regelt eine „Anrechnung“ früherer Beschäftigungszeiten, die u. a. bei einem Tochterunternehmen der Beklagten zurückgelegt wurden. Die Frage nach einer „Anrechnung“ von Vordienstzeiten stellt sich sinnvoll aber nur, wenn die Arbeitsvertragsparteien ein neues Arbeitsverhältnis im Sinne einer Neueinstellung eingehen, nicht aber dann, wenn sich das neue Arbeitsverhältnis lediglich als Fortsetzung des vorangegangenen darstellt.
46d. Den Kläger auf Grund seines Wechsels von der Firma E zur Beklagten als bei dieser „neueingestellten Fahrer“ anzusehen, widerspricht aber auch nicht Sinn und Zweck der tarifvertraglichen Regelungen.
47aa. Bei der Vorarbeitgeberin des Klägers, der Firma E GmbH, handelt es sich historisch gesehen um das Nahverkehrsunternehmen der Stadt E , bei der Beklagten um dasjenige der Stadt A . Zwar ist unstreitig, dass die Firma E in jüngerer Zeit Linien im Streckennetz der Beklagten bedient hat und der Kläger auch dort eingesetzt wurde, weil die Firma E über kein eigenständiges Linienstreckennetz mehr verfügte. Der Kläger hat jedoch ausdrücklich selbst eingeräumt, dass nach seinem Wechsel zur Beklagten für ihn nunmehr Einsätze im Streckennetz der Beklagten hinzugekommen sind, die er aus seiner früheren Tätigkeit bei der Firma E nicht gekannt hat.
48bb. Abgesehen davon, dass der Kläger mit seinem Wechsel zur Beklagten nunmehr auch Teil einer anderen Belegschaft geworden ist, ist ferner von Bedeutung, dass sich auch die arbeitsvertraglichen Regeln, denen sein Arbeitsverhältnis unterliegt, mit dem Wechsel maßgeblich geändert haben. Dabei erscheint von besonderer Bedeutung, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Firma E nicht dem TV-N AG, sondern gänzlich anderen, abweichenden Tarifregelungen unterlag. Insbesondere unterlag das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Firma E einer anderen Eingruppierungs- und Vergütungssystematik.
493. Der weitere Aufstieg des Klägers in höhere Entgeltstufen innerhalb der Entgeltgruppe 5 der Anlage 1 des TV-N AG richtet sich seit dem 01.10.2010 ausschließlich nach § 6 Abs. 3 TV-N AG. Dies führt entgegen der Annahme des Klägers aber nicht dazu, dass auf die zu den einzelnen Eingruppierungsstufen zurückzulegenden Steigerungsjahre in irgendeiner Form gemäß § 5 Abs. 3 Unterabs. 2 TV-N AG bei der Vorarbeitgeberin zurückgelegte Beschäftigungszeiten angerechnet werden könnten.
50a. Schon der Wortlaut des § 6 Abs. 3 gibt dies nicht ausreichend her. Er enthält lediglich einen Pauschalverweis auf den Begriff der Betriebszugehörigkeit, der für den Bereich des TV-N ASEAG in § 5 des Tarifvertrages definiert ist. Das Arbeitsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass in Anbetracht eines solchen definitorischen Pauschalverweises auf eine andere Tarifnorm, die über zahlreiche Einzelbestimmungen in mehreren Absätzen und Unterabsätzen verfügt, nicht zwingend für jede dort geregelte Einzelheit ein Anwendungsbereich innerhalb des Regelungskomplexes, aus dem heraus auf die Norm verwiesen wird, angenommen werden muss. Es trifft auch keineswegs zu, dass die Verweisung auf den Begriff der Betriebszugehörigkeit nach § 5 TV-N AG in § 6 Abs. 3 TV-N AG überhaupt keinen Anwendungsbereich hätte, wenn man ihn nicht auf die Anrechnung früherer Beschäftigungszeiten bei Tochterunternehmen bezöge.
51b. Erst Recht kann der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht entgegengehalten werden, dass § 5 Abs. 3 Unterabs. 2 TV-N AG seinem Wortlaut nach ersichtlich auch für Kraftomnibusfahrer gelten solle und keine Ausnahme für diese vorsehe. Bei dieser Argumentation verkennt der Kläger schon im Ausgangspunkt, dass die Begriffsbestimmung der Betriebszugehörigkeit gemäß § 5 TV-N AG eine ganz allgemeine Definition für den gesamten Geltungs- und Inhaltsbereich des Tarifvertrages darstellt und keineswegs speziell auf die Eingruppierungsregelungen zugeschnitten ist, auch wenn die in § 6 TV-N AG enthaltenen Eingruppierungsregelungen zufällig in räumlicher Nachbarschaft zu der in § 5 TV-N AG enthaltenen Begriffsbestimmung angesiedelt ist. So verweist der TV-N AG an zahlreichen anderen Stellen auf die Bestimmung über die Betriebszugehörigkeit in § 5, z. B. in § 14 Abs. 2 bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, in § 18 Abs. 1 bei der Regelung des Jubiläumsgeldes oder auch in § 20 Abs. 4 und Abs. 6 bei der Regelung der Kündigungsfristen und der tariflichen Unkündbarkeit. Die Vielzahl solcher tarifvertraglicher Verweisungen eröffnet § 5 Abs. 3 Unterabs. 2 zweifelsfrei einen Anwendungsbereich auch für Kraftomnibusfahrer.
52c. Dies gilt jedoch nicht für den Regelungskomplex der Stufensteigerungen innerhalb einer tarifvertraglichen Eingruppierungsentgeltgruppe. Diese ist in § 6 Abs. 3 systematisch abschließend geregelt. Dort ist nämlich vorgesehen, dass der Kraftomnibusfahrer z. B. die Steigerungsstufe 2 „nach 3 Jahren in Stufe 1“ erreicht usw. Bei der Betriebszugehörigkeit, die in dem Verweis in § 6 Abs. 3 Satz 1 TV-N AG angesprochen wird, handelt es sich somit zwingend nur um eine solche, die nach der erstmaligen Einreihung in die Entgeltgruppe 5 Stufe 1 zurückgelegt worden sein kann.
53d. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Auffassung des Klägers näher getreten werden könnte, wenn auch sein Arbeitsverhältnis bei der Vorarbeitgeberin E den Regeln des TV-N AG unterlegen wäre und der Kläger dort denselben Eingruppierungs- und Stufensteigerungsregeln unterfallen wäre wie bei der Beklagten. Dies war jedoch gerade nicht der Fall. Das Arbeitsverhältnis des Klägers bei der Firma E unterlag einem gänzlich anderen Vergütungssystem. Der Kläger war vor seinem Eintritt bei der Beklagten zu keinem Zeitpunkt in Entgeltgruppe 5 der Anlage 1 zum TV-N AG und einer dieser Entgeltgruppe zugehörigen Steigerungsstufe eingeordnet.
54e. Hätten die Tarifvertragsparteien mit der Bezugnahme auf „§ 5“ in § 6 Abs. 3 Satz 1 TV-N AG tatsächlich bezweckt, dass Vordienstzeiten bei Tochtergesellschaften auch im Rahmen der Stufensteigerungssystematik der Entgeltgruppe 5 eine Rolle spielen sollten, wäre zunächst zu erwarten gewesen, dass sie überhaupt nähere Regeln zur Überleitung eines Arbeitnehmers aus dem bei der Firma E geltenden tarifvertraglichen Vergütungssystem in dasjenige des TV-N AG vereinbart hätten. Dies ist z. B. in der Beschäftigungssicherungsvereinbarung vom 25.07.2013 geschehen, indem es dort in § 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 wie folgt heißt: „Der Arbeitnehmer wird in die bei der A AG gültige Entgeltgruppe eingruppiert, und dann in diejenige Entgeltstufe eingestuft, die dem Betrag seines bisherigen Tabellenentgelts bei der E entspricht, oder, wenn sich der Betrag seines bisherigen Tabellenentgelts bei der E in den Entgeltstufen der A AG nicht findet, die unmittelbar unter derjenigen Stufe liegt, deren Betrag das bisherige Tabellenentgelt bei der E erreicht.“ Das Fehlen einer solchen grundlegenden Überleitungsvorschrift spricht ebenfalls dafür, dass die Verweisung in § 6 Abs. 3 auf den Begriff der Betriebszugehörigkeit in § 5 TV-N AG nicht in der vom Kläger für richtig gehaltenen Weise ausgelegt werden kann. Vielmehr stellt § 6 Abs. 3 TV-N AG eine in sich abgeschlossene lex specialis gegenüber § 5 Abs. 3 Unterabs. 2 TV-N AG dar.
55f. Dafür spricht im Übrigen auch, wie bereits das Arbeitsgericht erkannt hat, dass die vom Kläger für richtig gehaltene Auslegung auch in anderen Fallkonstellationen zu wenig sinnvollen Ergebnissen führt: Hält man es, wie der Kläger, nicht für erforderlich, dass die in § 6 Abs. 3 angesprochene Betriebszugehörigkeit nur auf eine solche bezogen ist, während der der Arbeitnehmer als Kraftomnibusfahrer in die Entgeltgruppe 5 des TV-N AG eingruppiert war, so wären auch Vordienstzeiten, die ein Arbeitnehmer irgendwann bei einem Tochterunternehmen in einer Tätigkeit z.B. als Küchenhilfe (Tätigkeitsbeispiel 1.3), Pförtner (Tätigkeitsbeispiel 3.7) oder auch Bilanzbuchhalter (Tätigkeitsbeispiel 8.2.1) zurückgelegt hätte, auf die Stufensteigerungen der Entgeltgruppe 5 anwendbar.
564. Die vom Berufungsgericht in Überstimmung mit dem Arbeitsgericht für richtig gehaltene Auslegung des § 6 TV-N AG widerspricht auch nicht der Entscheidung des EUGH vom 05.12.2013 in Sachen C 514/12. Dem dortigen Fall lag ein in entscheidungserheblicher Hinsicht nicht vergleichbarer Sachverhalt zu Grunde. Zudem bezweckt die Entscheidung des EUGH den Schutz der Freizügigkeit von Wanderarbeitern. Weder handelt es sich bei dem Kläger um einen Wanderarbeiter im Sinne der EUGH-Rechtsprechung, worauf die Beklagte zu Recht hinweist, noch sieht der TV-N AG nach der hier für richtig gehaltenen Auslegung eine Anrechnung von Vordienstzeiten vor, bei der nach hiesigen oder auswärtigen Vorarbeitgebern differenziert wird.
57Bei alledem konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.
58III. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.
59Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision ist nicht gegeben.
60Auf die Möglichkeit des § 72 a ArbGG wird vorsorglich hingewiesen.