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Wird in einem Vergleich in einem Kündigungsrechtsstreit eine inhaltliche Regelung für das zu erteilende Arbeitszeugnis getroffen, in der mindestens die „Benotung“ des Führungs- und Leistungsverhaltens festgelegt ist, so führt das regelmäßig zu einem Mehrwert in Höhe eines Monatsgehaltes.
Auf die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 11.03.2016 wird der Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 18.02.2016 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Der Streitwert für das Verfahren wird auf 27.501, 00 € festgesetzt.
2. Der Streitwert für den Vergleich wird auf 70138,40 € festgesetzt.
G r ü n d e :
2Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Streitwertbeschluss vom 18.02.2016 – 14 Ca 8970/15 – hatte überwiegend Erfolg.
3I. Grundsätzlich gilt Folgendes:
41. Der Wert eines Vergleichs ergibt sich aus dem Wert der rechtshängigen und nichtrechtshängigen Ansprüche, die erledigt werden und nicht aus dem Wert dessen, was die Parteien aus dem Vergleich erlangen oder welche Leistungen sie zum Zwecke der Erledigung der Streitpunkte übernehmen (vgl. hierzu Zöller/Herget § 3 ZPO Rn. 16 „Vergleich“). Daraus folgt z. B., dass– auch außerhalb des Arbeitsverhältnisses – ein vereinbarter Kapitalbetrag in einem sogenannten Abfindungsvergleich nicht für den Wert eines Vergleichs maßgeblich ist (Zöller/Herget a. a. O.). Der Streitwert eines Vergleichs ist– anders ausgedrückt – gleichbedeutend mit dem Wert der Streitgegenstände, die durch den Vergleich beigelegt werden. Er ist nicht gleichbedeutend mit dem Wert der Leistungen, die sich die Parteien in dem Vergleich im Wege des gegenseitigen Nachgebens gegenseitig versprechen (Wenzel Anm. zu LAG Köln vom 27.07.1995 – AR Blattei ES 160.113 Nr. 199).
5Wie schon der Begriff „Streitgegenstand“ nahe legt, muss es sich bei den wertbestimmenden Gegenständen um „streitige“ Gegenstände handeln (vgl. auch BGH 14.09.2005 – IV ZR 145/04). Es muss sich – was den Mehrwert anbelangt – um die Ausdehnung des Vergleichs auf bereits „rechtshängige“ oder „nichtrechtshängige Streitgegenstände“ bzw. um die „Miterledigung anderer Streitpunkte“ (BGH a. a. O.) handeln.
6Diese Grundsätze und ihre Auswirkungen auf verschiedene, oft diskutierte Vergleichsmehrwerte wurden grundlegend in den Entscheidungen der erkennenden Kammer vom 03.03.2009 (4 Ta 467/08, NZA-RR 2009, 503 bis 505 und juris) ausgeführt
72. Im Beschluss der erkennenden Kammer vom 15.05.2009 (4 Ta 88/09 – NRWE) wurden diese Grundsätze im Anschluss an eine Entscheidung des LAG Hamm vom 27.07.2007 (6 Ta 357/07 - juris) dahingehend ergänzt, dass in einem Prozessvergleich über die Erledigung streitgegenständlicher und nicht streitgegenständlicher Ansprüche hinaus auch die Ungewissheit über künftige Ansprüche, z. B. über Schadensersatzansprüche, beseitigt werden kann. Auch dieses letztere kann zu einem Mehrwert führen (vgl. auch den Streitwertkatalog in der Fassung vom 09.07.2014, Gliederungspunkt 22.1). Dabei ist wiederum der sozialpolitische Zweck des § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG zu beachten.
8Bei dem Begriff der „Ungewissheit“ im vorgenannten Sinne ist darauf abzustellen, nach welcher Wahrscheinlichkeit noch künftige Forderungen auftreten können und mit welcher Wahrscheinlichkeit sie strittig sein werden. Unter diesem Gesichtspunkt ist etwa die Regelung der Beurteilung von Leistung und Führung für ein noch zu erteilenden Zeugnis üblicherweise als eine solche Beseitigung einer Ungewissheit anzusehen und mit einem entsprechend Mehrwert zu bewerten (vgl. dazu den bereits zitierten Beschluss vom 15.05.2009 – 4 Ta 88/09, NRWE, ferner den Beschluss der erkennenden Kammer vom 23.12.2010 – 4 Ta 436/10, NRWE).
9Da die „Gesamtbenotung“ in einem Zeugnis typischerweise zentraler Streitpunkt eines Zeugnisrechtsstreits ist, kann bei Vergleichen, die eine Regelung über diesen zentralen Zeugnisinhalt enthalten, typischerweise davon ausgegangen werden, dass sie einen künftigen Zeugnisrechtsstreit vermeiden (Beschlüsse der erkennenden Kammer vom 15.05.2009 – 4 Ta 88/09, NRWE; ferner z. B. 06.01.2010 – 4 Ta 407/09, NRWE; 23.12.2010 – 4 Ta 436/10, NRWE; vgl. auch die Beschlüsse der 7. Kammer des LAG Köln vom 12.06.2013 - 7 Ta 20/13, juris, und 18.08.2011 - 7 Ta 139/11, juris, sowie den Beschluss der 5. Kammer des LAG Köln vom 28.11.2012 - 5 Ta 320/12, juris). In dem vom Arbeitsgericht in der angefochtenen Entscheidung angesprochenen Beschluss der 5. Kammer des LAG Köln vom 13.02.2015 (5 Ta 36/15, juris) dagegen ist nicht deutlich, ob die dortige Zeugnisklausel eine entsprechende inhaltliche Regelung des Zeugnisses enthielt.
10In den genannten Fällen einer Regelung des wesentlichen Zeugnisinhalts ist es gerechtfertigt, ein Monatsgehalt für die Zeugnisregelung anzusetzen (vgl. den Beschluss der erkennenden Kammer vom 06.01.2010 – 4 Ta 407/09, NRWE).
11II. Nach diesen Maßgaben gilt für die einzelnen in der Beschwerdeschrift angesprochenen und in dem Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 28.04.2016 noch aufrechterhaltenen Beschwerdegegenstände Folgendes:
121. Das Arbeitsgericht hat den mit der Beschwerde geltend gemachten Wert für die Regelung der Tantieme- und Bonusansprüche aus dem Jahre 2014 bereits mit dem Mehrwert von 13.044,00 € angesetzt und insoweit der Beschwerde abgeholfen.
13Für die Jahre 2015 bis 2016 gilt hinsichtlich der Tantieme Folgendes:
14Die Ansprüche für 2015 und für das erste Halbjahr 2016 waren unabhängig von der Wirksamkeit der Kündigung streitig, wie sich aus den Schreiben der Beklagten vom 13.11.2015 ergibt. Damit ist insoweit der Ansatz eines Mehrwertes eines in Höhe von 15.000,00 € gerechtfertigt. Der auf die zweite Jahreshälfte entfallende Teil der Tantieme allerdings war von der Wirksamkeit der Kündigung abhängig, sodass insoweit kein Mehrwert auszuweisen war (vgl. Streitwertkatalog vom 09.07.2014, I. 6.).
152. Die Zeugnisregelung in Ziffer 8 des Vergleichs enthält eindeutige Bestimmungen sowohl für die Leistungsbewertung als auch für die Verhaltensbewertung. Sie war daher mit einem weiteren Monatsgehalt in Höhe von 9.167,00 € zu bewerten.
163. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat dargetan, dass die Ausgleichsklausel in Ziffer 10 auch den zuvor bestehenden Streit der Parteien darüber regele, ob der Kläger anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Betrag von 5.426,40 € wegen diverser Sonderausstattungswünsche hinsichtlich des Dienstwagens zu zahlen habe. Eine entsprechende Regelung finde sich in Ziffer 2 des Kfz-Nutzungsvertrages des Klägers. Der Kläger habe dazu die Auffassung vertreten, dass die Regelung unwirksam, weil überraschend sei und den Arbeitnehmer unangemessen benachteilige.
17Weil die Ausgleichsklausel mithin einen bereits bestehenden, wenn auch nicht rechtshängigen Streit regelt, ist insoweit der Mehrwert von 5.426,40 € zu berücksichtigen.
18Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.