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Landesarbeitsgericht Köln, 12 Sa 677/13

Datum:
24.05.2016
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
12. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 Sa 677/13
ECLI:
ECLI:DE:LAGK:2016:0524.12SA677.13.00
 
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Bonn, 3 Ca 1081/12
Schlagworte:
Telearbeit, leidensgerechte Beschäftigung
Normen:
§ 241 BGB, § 81 SGB IX, AGG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:

1. Die Berufung kann auch teilweise - auch nach einer Erweiterung - zurückgenommen werden (vgl. BGH 24. Oktober 1984 - VIII ZR 140/83 -; Zöller/Heßler ZPO 31. Aufl. § 516 ZPO Rn. 6). Einer Zustimmung der Beklagten bedurfte diese Erklärung nicht.

2. Die Kammer lässt offen, ob der Anspruch auf Zuweisung eines (leidensgerechten) Telearbeitsplatzes - und sei dies auf der Grundlage einer bestimmten Dienstvereinbarung oder Betriebsvereinbarung - über die erzwungene Ausübung des Direktionsrechts oder die Herbeiführung einer Vertragsänderung durchgesetzt werden kann oder muss.

3. Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksicht-nahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks (BAG 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 20). Im Arbeitsverhältnis können die Vertragspartner deshalb zur Verwirklichung des Leistungsinteresses zu leistungssichernden Maßnahmen verpflichtet sein.

4. Rechtlich möglich ist die Zuweisung einer anderen Tätigkeit, wenn ihr keine rechtlichen Hindernisse entgegenstehen. Insbesondere kann die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB den Arbeitgeber nicht verpflichten, sich betriebsverfassungswidrig zu verhalten. Stimmt der Betriebsrat den mit einem Austausch von Arbeitnehmern verbundenen Versetzungen (§ 95 Abs. 3 BetrVG) nicht gem. § 99 Abs. 1 BetrVG zu, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, dem seine bisherige Tätigkeit nicht mehr verrichten könnenden Arbeitnehmer eine andere Tätigkeit zuzuweisen. Ebenso wenig verlangt die Rücksichtnahmepflicht vom Arbeitgeber, ein Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG durchzuführen (zur krankheitsbedingten Kündigung im Ergebnis ebenso BAG 29. Januar 1997 - 2 AZR 9/96 - BAGE 85, 107; 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 32, BAGE 134, 296).

5. Nach einer umfassenden Abwägung der im vorliegenden Verfahren betroffenen Interessen besteht jedenfalls kein Anspruch auf das gewünschte gestufte Telearbeitsmodell zur Wiedereingliederung. Die Klägerin kann insbesondere keinen Anspruch aus § 81 Abs. 4 SGB IX ableiten. Denn sie ist weder schwerbehindert noch gleichgestellt. Das gewünschte Telearbeitsmodell geht zudem über die Vorgaben der DV hinaus und ist auch aus sonstigen Erwägungen nicht die einzig mögliche Aus-übung des Direktionsrechts durch die Beklagte für eine leidensgerechte Beschäftigung der Klägerin. Überdies ergeben sich Grenzen für das Direktionsrecht der Beklagten aus rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen: Auch wenn die Kammer einen entsprechend freien Arbeitsplatz unterstellt, besteht ein Anspruch der Klägerin mangels Zumutbarkeit des Telearbeitsmodells für die Beklagte nicht. Für diese Annahme sprechen auch die Wertungen des § 81 Abs. 4 SGB IX. Auch hier sind die Grenzen der Zumutbarkeit zu beachten.

 
Tenor:

1.              Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 27. September 2012 - 3 Ca 1081/12 - wird zurückgewiesen

2.              Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.

3.              Die Revision wird nicht zugelassen.

 
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