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Einzelfall
Unter Zurückweisung der Berufung des Klägers wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.10.2014 – 1 Ca 510/14 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten über die Zahlung eines tariflichen Lohnzuschlags sowie die Vergütung von Arbeitszeitunterbrechungen.
3Der Kläger ist seit dem August 2007 bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin als Luftsicherheitsassistent in der Fluggastkontrolle (§ 5 LuftSiG) am Flughafen K /B tätig.
4Im „Business Aviation Center Cologne“ (BACC) findet seit dem 1. Januar 2012 eine sogenannte Mischkontrolle durch die Beklagte statt. Hierbei werden sowohl Fluggäste als auch das Flughafenpersonal und das Personal anderer auf dem Flughafen tätiger Unternehmen inklusive deren Fahrzeuge kontrolliert. Die Beklagte hat zu diesem Zweck 60 Luftsicherheitsassistenten aus dem Bereich der Fluggastkontrolle (§ 5 LuftSiG) zusätzlich nach § 8 LuftSiG ausgebildet.
5Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand im Streitzeitraum mit Wirkung ab dem 1. Januar 2013 der für allgemeinverbindlich erklärte Lohntarifvertrag für Sicherheitsdienstleistungen in Nordrhein-Westfalen vom 5. April 2013 (LTV NRW 2013) Anwendung. Nach Ziff. 2.1 LTV NRW 2013 beträgt der Lohnzuschlag „für den Sicherheitsmitarbeiter in der Personen- und Warenkontrolle an Verkehrsflughäfen gemäß EU-Verordnung 185/2010 oder einer diese Verordnung ersetzenden Verordnung (Mitarbeiter, der in o. g. Bereich eingesetzt wird und über die der Verordnung entsprechende Ausbildung verfügt)“ 1,50 Euro brutto pro Stunde (PWK-Zuschlag).
6Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 10.10.2014 (Bl.206 ff. d.A.) der Klage hinsichtlich der Vergütung von Arbeitsunterbrechungen nebst Zuschlägen im Wesentlichen stattgegeben. Es hat die Klage hinsichtlich der geltend gemachten Lohnzuschläge als unbegründet abgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien sowie der Antragstellung erster Instanz wird auf den Tatbestand, wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen.
7Gegen das ihm am 10.11.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.11.2014 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet. Die Beklagte hat gegen das ihr am 01.11.2014 zugestellte Urteil am 28.11.2014 Berufung eingelegt und diese am 16.12.2014 begründet.
8Der Kläger verfolgt die Ansprüche wegen der Lohnzuschläge weiter und hält an seiner Rechtsansicht fest, wonach ihm auf Grund seiner Tätigkeit im Bereich der Personal- und Warenkontrolle der Anspruch auf Lohnzuschlag gemäß Ziffer 2.1 des LTV NRW 2013 zustehe. Im Übrigen verteidigt er die arbeitsgerichtliche Entscheidung zur Vergütungspflicht der Arbeitszeitunterbrechungen.
9Der Kläger beantragt,
101. unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 10.10.2014 – 1 Ca 510/14 – die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.920,-- € zuzüglich 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 16.01.2014 zu bezahlen (Lohnzuschlag für Sicherheits-mitarbeiter an Verkehrsflughäfen vom 01.05.2013 bis 31.12.2013 nach dem Lohntarifvertrag für Sicherheitsdienstleistungen in NRW vom 05.04.2013);
112. unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 10.10.2014 – 1 Ca 510/14 – die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.920,-- € zuzüglich 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 16.09.2014 zu bezahlen (Lohnzuschlag für Sicherheits-mitarbeiter an Verkehrsflughäfen vom 01.01.2014 bis 31.08.2014 nach dem Lohntarifvertrag für Sicherheitsdienstleistungen in NRW vom 05.04.2013);
123. unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 10.10.2014 – 1 Ca 510/14 – festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger neben dem Stundengrundlohn nach dem Lohntarifvertrag für Sicherheitsdienst-leistungen an Verkehrsflughäfen in Nordrhein-Westfalen von aktuell 14,70 € (ab 01.01.2014) einen Zuschlag im Umfang von 1,50 € je Arbeitsstunde zu bezahlen;
134. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
14Die Beklagte beantragt,
151. die Berufung zurückzuweisen;
162. das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.10.2014 zu dem Aktenzeichen 1 Ca 510/14 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
17Die Beklagte begehrt Abweisung der Klage, soweit das Arbeitsgericht ihr wegen der Breakstunden stattgegeben hat. Sie habe sich in den Zeiten der Arbeitsunterbrechung nicht in Annahmeverzug befunden. Der PWK-Zuschlag stehe Luftsicherheitsassistenten nach § 5 LuftSiG nicht zu.
18Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien vom 11.11.2014, 16.12.2014 und 30.01.2015, die Sitzungsniederschrift vom 16.09.2015 sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
19E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
20I. Die Berufungen der Parteien sind zulässig, weil sie jeweils nach § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft sind und innerhalb der Fristen des § 66 Abs. 1 ArbGG ordnungsgemäß eingelegt und begründet worden sind.
21II. Die Berufung der Beklagten ist begründet, der Berufung des Klägers blieb der Erfolg versagt.
221. Der Kläger hat gegen die Beklagte mangels Arbeitsangebot keinen Anspruch auf Bezahlung der sog. Breakstunden nebst Zuschlägen für den Zeitraum Juni 2013 bis Juli 2014 (vgl. hierzu im Einzelnen: BAG, Urt. v. 25.02.2015 – 1 AZR 642/13 -; BAG, Urt. v. 25.02.2015 – 5 AZR 886/12 -).
23Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist bei der Ausgestaltung der Pausenregelung in der BV 2011 wirksam ausgeübt worden. Selbst wenn die Beklagte nicht für alle von ihr angeordneten Arbeitsunterbrechungen die sich aus § 9 BV 2011 ergebenden Vorgaben beachtet haben sollte, führt ein etwaiges betriebsverfassungswidriges Verhalten der Beklagten als solches nicht zu einem Vergütungsanspruch des Klägers aus § 615 Satz 1 i.V.m. § 611 Abs. 1 BGB. Die bloße Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats begründet noch keinen Anspruch auf Vergütung der Pausen. Ein solcher Anspruch kann sich - da der Kläger in den Pausen weder gearbeitet noch sich zur Arbeit bereitgehalten hat - nur aus § 615 Satz 1 i.V.m. § 611 Abs. 1 BGB ergeben und hätte ein entsprechendes Angebot der Arbeitsleistung erfordert, welches nicht vorliegt. Dafür reicht das Erscheinen am Arbeitsplatz und die Arbeitsaufnahme nicht aus. Denn daraus wird für den Arbeitgeber nicht deutlich, dass der Arbeitnehmer auch dann arbeiten möchte, wenn er tatsächlich nicht arbeitet, sondern die angeordnete Pause nimmt. Der Kläger hätte gegen die angeordneten Arbeitsunterbrechungen zumindest protestieren und damit seine Arbeitsleistung für die Zeit der genommenen Pausen wörtlich anbieten müssen. Das ist nicht erfolgt. Der Kläger hat nicht deutlich gemacht, dass er - unter Beachtung des § 4 ArbZG - an dem betreffenden Arbeitstag eine Ruhepause zu einem anderen als dem von der Beklagten bestimmten Zeitpunkt einlegen und/oder keine Zusatzpause nehmen möchte.
242. Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Zahlung eines Lohnzuschlags nach Ziffer 2.1. LTV NRW 2013. Er hat weder dargetan, in welchem konkreten Umfang er im BACC in der Personen- und Warenkontrolle eingesetzt wurde noch dass er über die notwendige Qualifikation nach § 8 LuftSiG verfügt.
25a) Nach Ziff. 2.1 LTV NRW 2013 erhalten Sicherheitsmitarbeiter an Verkehrsflughäfen in der Personen- und Warenkontrolle gemäß der VO (EU) Nr. 185/2010 oder einer diese ersetzenden Verordnung zusätzlich zu ihrem Stundengrundlohn einen Lohnzuschlag i.H.v. 1,50 Euro brutto pro Stunde. In der Personen- und Warenkontrolle im Tarifsinn tätig sind solche Sicherheitsmitarbeiter, die (auch) andere Personen als Fluggäste und die von diesen Personen mitgeführten Gegenstände kontrollieren. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich bei diesen Sicherheitsmitarbeitern um beliehene Luftsicherheitsassistenten iSv. § 5 LuftSiG handelt oder um Luftsicherheitskontrollkräfte iSv. §§ 8, 9 LuftSiG. Entscheidend ist vielmehr, dass im Rahmen der von der Beklagten zugewiesenen Tätigkeiten auch Kontrollen anderer Personen als Fluggäste und der von diesen mitgeführten Gegenständen erfolgen. Die reine Fluggastkontrolle nach § 5 Abs. 1 LuftSiG löst die Zuschlagspflicht hingegen ebenso wenig aus wie die alleinige Personalkontrolle oder die alleinige Warenkontrolle nach §§ 8, 9 LuftSiG. Neben der Tätigkeit in der Personen- und Warenkontrolle im dargelegten Sinn erfordert Ziff. 2.1 LTV NRW 2013, dass der Sicherheitsmitarbeiter, der den Lohnzuschlag beansprucht, über eine der VO (EU) Nr. 185/2010 entsprechende Ausbildung verfügt. Diese muss dem Mitarbeiter die Kenntnisse vermitteln, die es ihm ermöglichen, die Kontrolle von anderen Personen als Fluggästen und der von diesen mitgeführten Gegenstände nach den Anforderungen der VO (EU) Nr. 185/2010 (Anh. Ziff. 11.2) sachgerecht durchzuführen. Da es sich um eine weitere Tatbestandsvoraussetzung des Anspruchs nach Ziff. 2.1 LTV NRW 2013 handelt, ist der Sicherheitsmitarbeiter, der einen solchen Lohnzuschlag begehrt, darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass er über eine entsprechende Schulung verfügt (BAG, Urt. v. 17.06.2015 – 10 AZR 518/14-; BAG Urt. v. 17.06.2015 – 10 AZR – 524/14 -; BAG Urt. v. 17.06.2015 – 10 AZR – 573/14 - BAG Urt. v. 17.06.2015 – 10 AZR –832/14 -).
26b) Folglich erfüllte der Kläger durch seine Tätigkeiten in der bloßen Fluggastkontrolle nicht das Tarifmerkmal der „Personen- und Warenkontrolle gemäß VO (EU) Nr. 185/2010“. Er hat nicht konkret dargetan, zu welchen Zeiten er Personal und Waren im Rahmen der zugewiesenen Tätigkeit kontrolliert hat. Der allgemeine Hinweis auf einen Einsatz in der Mischkontrolle ersetzt nicht den notwendigen hinreichenden Tatsachenvortrag (vgl.: BAG Urt. v. 17.06.2015 – 10 AZR – 524/14 -; BAG Urt. v. 17.06.2015 – 10 AZR – 573/14 - BAG Urt. v. 17.06.2015 – 10 AZR –832/14 -). Darüber hinaus mangelt es an der notwendigen persönlichen Schulungsqualifikation.
27III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
28IV. Die Revision wurde nicht zugelassen, da die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen.
29RECHTSMITTELBELEHRUNG
30Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
31Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.