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Zahlreiche Einzelfragen zur Feststellung der Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer im Sinne des § 23 Abs. 1 KSchG
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 02.07.2014 – 2 Ca 1957/13 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung. Wegen des erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Vorbringens der Parteien sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 69 Abs. 3 ArbGG auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
3Das Arbeitsgericht hat dem Kündigungsschutzantrag des Klägers stattgegeben. Gegen dieses ihm am 18.07.2014 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 24.07.2014 Berufung eingelegt und diese am 14.08.2014 begründet.
4Der Beklagte wendet gegen das erstinstanzliche Urteil zunächst ein, dieses sei unzutreffend von einer einheitlichen Leitung hinsichtlich der Tankstellen in K und in Kö ausgegangen. Er, der Beklagte, habe dargelegt und unter Beweis gestellt, dass in den beiden Monaten, in denen er noch Pächter der Tankstelle in Kö gewesen sei, er lediglich noch mit der Abwicklung dieser Tankstelle und der Übergabe an den neuen Pächter betraut gewesen sei. Sämtliche Aufgaben der Führung der Tankstelle habe er in diesen Monaten an die Stationsleitung, welche nunmehr den Namen K trage, übertragen. Der Beklagte stellt sodann im Einzelnen dar, mit welchen Aufgaben er selbst bis zum 30.06.2013 in der Tankstelle in Kö betraut gewesen sei und welche Aufgaben Frau K bis dahin gehabt habe. Insofern wird auf die Berufungsbegründung, insbesondere Blatt 312/313 der Akten, Bezug genommen. Ab dem 01.07.2013 bis zur Übergabe der Tankstelle in Kö an den neuen Pächter am 02.09.2013 habe er, der Beklagte, alle zuvor genannten Tätigkeiten, die er bis dahin ausgeübt habe, auf Frau K übertragen. Diese habe diese Tätigkeiten zuvor auch schon im Urlaubs- und Krankheitsfall des Beklagten ausgeübt. Er, der Beklagte, habe ab dem 01.07.2013 vordringlich die Tankstelle in K geleitet. In dieser Zeit habe die Zeugin K als Stationsleiterin beispielsweise den Mitarbeiter D P entlassen, da er zwei Wochen nicht zum Dienst erschienen gewesen sei. Diese Entscheidung habe sie selbst getroffen, ohne dass hieran der Beklagte beteiligt gewesen sei.
5Er, der Beklagte, sei in diesen zwei Monaten lediglich ein- bis zweimal in der Woche für die Abwicklung des Partnerwechsels in der ehemals von ihm betriebenen Tankstelle in Kö gewesen. Er habe dabei sein Eigentum von der Tankstelle in Kö in die nunmehr betriebene Tankstelle in K verbracht und Termine mit verschiedenen Vertretern der Industrie zwecks Übergabe der Tankstelle an den Nachfolgepächter wahrgenommen. Desweiteren habe er sich mit dem Nachfolgepächter getroffen, um diverse Dinge abzuwickeln und für den Partnerwechsel zu planen. Mit dem Bezirksleiter der damaligen Verpächterin habe der Beklagte drei Termine und mit dem Kontrakter eine Aufgabenliste erstellt, die er, der Beklagte, bis zum Partnerwechsel abzuarbeiten gehabt habe. Er, der Beklagte, habe nicht, wie das Arbeitsgericht vermute, bei diesen Anwesenheiten in der Tankstelle Leitungsfunktionen ausgeübt. Allein die Tatsache, dass er im Juni 2013 noch den Personalplan bis zur Übergabe der Tankstelle an einen neuen Pächter erstellt habe, führe nicht dazu, dass er das Personal in den Monaten Juli und August 2013 in der Tankstelle geleitet habe.
6Demgemäß komme es allein auf die Beschäftigtenzahl in K an. Dort seien aber unstreitig nicht mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigt gewesen. Ausweislich der Email des vorherigen Pächters, des Bruders des Klägers, vom 28.06.2013 (Anlage B 1) seien lediglich sieben Mitarbeiter beschäftigt gewesen. Auch eine zukunftsgerichtete Prognose führe nicht zu einem anderen Ergebnis. Er, der Beklagte, habe keine zehn Mitarbeiter in der Tankstelle benötigt. Soweit es bei Einstellungen und Entlassungen der Mitarbeiter, insbesondere Aushilfsmitarbeitern zu Überschneidungen gekommen sei, habe dieses daran gelegen, dass diese in der Mitte des Monats ausgeschieden seien, aber erst Ende des Monats abgemeldet worden seien. Sie seien aber tatsächlich ab Mitte des Monats nicht mehr tätig gewesen. Überschneidungen seien nur insofern aufgetreten, als die Mitarbeiter tatsächlich Mitte des Monats ausgeschieden seien und nicht mehr tätig gewesen seien, so dass vorübergehend vorher eine Ersatzhilfe habe eingestellt werden müssen. Vertreter von Stammpersonal würden aber bei der Beschäftigtenzahl nicht mitgezählt.
7Auch die Ausführungen des Arbeitsgerichts zu einem freien Arbeitsplatz gingen fehl. Der eingestellte Mitarbeiter habe nicht nur ein wesentlich geringeres Bruttogehalt als der Kläger, nämlich 1.600,00 € brutto monatlich, sondern darüber hinaus eine völlig abweichende Tätigkeit gehabt, deren Ausführung, wie bereits durch die vorgelegte Abmahnung belegt werde, vom Kläger abgelehnt worden sei. Während der Kläger ausweislich des vorgelegten Arbeitsvertrages nur in zwei Schichten eingesetzt werden könne, nämlich Früh- und Spätschicht, könne der am 13.07.2013 eingestellte Mitarbeiter insbesondere in der Nachtschicht eingesetzt werden, in welche die Reinigungstätigkeiten fielen. Die vom Kläger ausweislich des Arbeitsvertrags geschuldeten Tätigkeiten in der Tankstelle im Bistro und an der Kasse würden in K lediglich in der Früh- und Spätschicht erbracht, nicht in der Nachschicht. Tatsächlich habe Frau W die Tätigkeiten erbracht. Das Warenwirtschaftssystem und die Bestellungen würden ausschließlich durch den Beklagten durchgeführt. Das Bistro werde durch Frau W und den Beklagten geleitet. Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit existiere nicht.
8Der Beklagte beantragt,
9das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 02.07.2014, Aktenzeichen 2 Ca 1957/13, aufzuheben und die Klage abzuweisen.
10Der Kläger beantragt,
11die Berufung zurückzuweisen.
12Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Tatsächlich habe es sich bei den Tankstellen in Kö und K um einen einheitlichen Betrieb gehandelt. Die wesentlichen Arbeitgeberfunktionen seien in der Person des Beklagten zusammengefasst gewesen. Der Beklagte habe jedenfalls die Leitung der Tankstelle in Kö -M in personeller Hinsicht im Juni 2013 so vorbereitet, dass der Personaleinsatz vollständig bis Ende August 2013 durchgeplant gewesen sei. Neben dieser Planung – so der Kläger – habe es keiner weiteren Handlungen der als Stationsleiterin bezeichneten Frau K bedurft.
13Im Übrigen verweist der Kläger auf seine erstinstanzlichen Ausführungen, nach denen regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer in Königswinter beschäftigt gewesen seien. Schließlich seien die Ausführungen des Beklagten zur Vergleichbarkeit der Arbeitsplätze nicht von Bedeutung, da es nicht um die Sozialauswahl, sondern um die Beschäftigung auf einen freien Arbeitsplatz gehe.
14Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren. Bezug genommen wird auch auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen.
15E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
16Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Beklagten hatte in der Sache Erfolg. Die vom Beklagten ausgesprochene Kündigung war wirksam. Das Kündigungsschutzgesetz findet nach der Arbeitnehmerzahl des Betriebes keine Anwendung (§ 23 Abs. 1 KSchG). Die Arbeitnehmer in der Tankstelle in Kö -M , deren Pächter der Beklagte noch bis zum 31.08.2013 war, sind im Sinne des § 23 KSchG nicht mitzuzählen. Die Arbeitnehmerzahl in der Tankstelle in K , in der der Kläger beschäftigt war, überschritt zum Zeitpunkt der Kündigung unter Zugrundelegung der Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 4 KSchG nicht die Grenze von zehn Arbeitnehmern im Sinne des im vorliegenden Fall anzuwendenden § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG.
17I. In materieller Hinsicht sind zu § 23 Abs. 1 KSchG folgende Grundsätze zu berücksichtigen:
18Es sind alle Arbeitnehmer zu zählen, die in einem Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber stehen (BAG 16.02.1983 AP AngestelltenkündigungsG § 2 Nr. 8). Familienangehörige, die aufgrund eines Arbeitsvertrages mitarbeiten, sind ebenso mitzuzählen (vgl. APS/Moll, 4. Auflage, § 23 KSchG Rn. 57 m. w. N.). In der Umkehrung dazu gilt, dass Personen, die für den Betrieb tätig sind, jedoch keine Arbeitnehmer sind, weil sie zum Beispiel als Selbstständige arbeiten oder als mithelfende Familienangehörige, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, nicht mitzuzählen sind.
19Maßgeblich ist die Anzahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer (vgl. APS/Moll a. a. O. Rn. 29 mit Nachweisen zur höchstrichterlichen Rechtsprechung). Dabei ist auf die normale Betriebsgröße abzustellen, d. h. darauf, welche Personalstärke für den Betrieb im Allgemeinen kennzeichnend ist (BAG 16.11.2004, AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 58). Ein solcher Personalbestand ist üblicherweise durch eine gewisse Dauer gekennzeichnet (APS/Moll a. a. O. Rn. 29). Momentane, plötzliche und zufällige Schwankungen sind zu eliminieren. Es kommt auf die nachhaltige Betriebsgröße an. Die Beurteilung erfolgt regelmäßig mit Hilfe eines Rückblicks auf die bisherige Beschäftigungssituation und eine Vorausschau auf die geplante Entwicklung (BAG 31.01.1991, AP KSchG 1969 § 23 Nr. 11; BAG 22.01.2004, AP KSchG 1969 § 23 Nr. 31). Ein als Ersatz bzw. Nachfolger für einen ausscheidenden Arbeitnehmer eingestellter Arbeitnehmer erhöht die regelmäßige Betriebsgröße nicht (LAG Köln 13.01.2005 – 5 Sa 1237/04 - LAGE § 23 KSchG Nr 23). Wie das Bundesarbeitsgericht zum Parallelfall des § 111 Satz 1 BetrVG entschieden hat, bei dem ebenfalls auf die normale Zahl der Beschäftigten abzustellen ist, also auf die Personalstärke, die für den Betrieb im Allgemeinen kennzeichnend ist, was regelmäßig sowohl einen Rückblick als auch eine Prognose erfordert, kommt es bei Arbeitnehmern, die nicht ständig, sondern lediglich zeitweilig beschäftigt sind, für die Frage der regelmäßigen Beschäftigung darauf an, ob sie normalerweise während des größten Teils des Jahres beschäftigt werden (BAG 16.11.2004, EZA § 111 BetrVG 2001 Nr. 2 – vgl. dazu auch APS/Moll a. a. O. Rn. 29 b). Dem entspricht es, dass bei der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, auf die es für § 23 Abs. 1 Satz 4 KSchG ankommt, kurzfristige Arbeitsschwankungen unberücksichtigt bleiben, die im Jahresdurchschnitt pro Woche geleistete Arbeitszeit ist maßgeblich (vgl. APS/Moll a. a. O. Rn. 31).
20Filialen sind dann als unselbstständige Betriebsteile anzusehen und daher einer Zentrale zuzuordnen, wenn sie im Rahmen einer einheitlichen Gesamtorganisation betrieben werden, d. h. einem einheitlichen Leitungsapparat unterliegen, ohne dass bei ihnen selbst wesentliche arbeitsrechtliche Befugnisse angesiedelt sind (vgl. APS/Moll a. a. O. Rn. 13 mit Nachweisen zu höchstrichterlichen Rechtsprechung). Dabei ist eine räumliche Einheit für den Betriebsbegriff im Sinne des § 23 KSchG nicht wesensnotwendig, so dass mehrere, jeweils nur mit einigen Angestellten zentral gelenkte Filialen in ihrer Gesamtheit mit der Zentrale einen Betrieb im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes bilden können (BAG 26.08.1971, AP KSchG 1969 § 23 Nr. 1). Es kommt auf die Leitungsstruktur im Einzelfall an. Entscheidend für die rechtliche Zusammenfassung mehrere Betriebsstätten ohne gemeinsame räumliche Unterbringung zu einem einheitlichen Betrieb ist, ob der Kern der Arbeitgeberfunktionen im personellen und sozialen Bereich von derselben Leitung ausgeübt wird (vgl. APS/Moll a. a. O. Rn. 13 m. w. N.). Das Bundesarbeitsgericht hat in der Entscheidung vom 31.05.2007 (AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 94) ausgeführt, ein Marktleiter verfüge nicht über eine ausreichende Leitungsmacht in personellen Angelegenheiten, wenn er lediglich über die Einstellung von normalem Verkaufspersonal, Verräum- und Verpackungsteams und der Auszubildenden entscheide. Seine Einstellungsbefugnis sei nur auf das einfache Personal beschränkt. Bereits bei der Einstellung von Auszubildenden sei eine Abstimmung mit dem Regionalleiter vorgesehen. Ebenso ist es, wenn sich ein mit Einstellungs- und Entlassungsbefugnis ausgestatteter Leiter einer Einrichtung durch eine zentrale Personal- oder Rechtsabteilung beraten lassen muss (BAG 09.12.2009, AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 19).
21II. Was die Darlegungs- und Beweislast zu § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG anbelangt, so gilt Folgendes (vgl. BAG 26.06.2008, AP KSchG 1969 § 23 Nr. 42):
22Der Arbeitnehmer trägt die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der in § 23 Abs. 1 KSchG geregelten betrieblichen Geltungsvoraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes. Das gilt auch für die am 01. Januar 2004 in Kraft getretene – heutige – Fassung. Dabei gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Vom Arbeitnehmer können nicht Darlegungen verlangt werden, die er mangels eigener Kenntnismöglichkeiten nicht erbringen kann. Vielmehr genügt er seiner Darlegungslast – bei Fehlen eigener Kenntnismöglichkeit – bereits durch die bloße Behauptung, der Arbeitgeber beschäftige mehr als zehn Arbeitnehmer. Es ist dann Sache des Arbeitgebers, sich vollständig über die Anzahl der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer unter Benennung der ihm zur Verfügung stehenden Beweismittel zu erklären. Hierzu muss darauf hin der Arbeitnehmer Stellung nehmen und Beweis antreten. Hat der Arbeitgeber keine eigene Kenntnis über die vom Arbeitgeber behaupteten Tatsachen, kann er sich auf die sich aus dem Vorbringen des Arbeitgebers ergebenden Beweismittel stützen und die ihm bekannten Anhaltspunkte dafür vortragen, dass entgegen den Angaben des Arbeitgebers der Schwellenwert noch erreicht ist. Lediglich im Fall der Unergiebigkeit der daraufhin vom Gericht erhobenen Beweise trifft den Arbeitnehmer die objektive Beweislast.
23III. Was die Darlegungs- und Beweislast anbelangt, so ist im vorliegenden Fall festzuhalten, dass der Kläger jedenfalls bis zur Betriebsübernahme durch den Beklagten sogar weitaus bessere Erkenntnismöglichkeiten hatte als der Beklagte. Der Kläger ist nämlich der Bruder des bisherigen Betriebsinhabers. Er hat auch selbst schon vor der Übernahme durch den Beklagten in dem übernommenen Tankstellenbetrieb gearbeitet.
24Im Übrigen ist das Vorbringen des Beklagten zu den Gegebenheiten in der von ihm übernommenen Tankstelle in K weitestgehend unstreitig.
25Im Einzelnen ergibt sich Folgendes:
261. An Vollzeitkräften wurden in dem Monat, in dem die Kündigung ausgesprochen wurde, nämlich im Juli 2013 folgende Kräfte unstreitig beschäftigt:
27B K
28B P
29C B
30M W
31L T
32M K
33M L ab 13.07.2013
34Dabei ist unstreitig, dass Herr M L die bis zum Betriebsübergang beschäftigte Frau A ersetzen sollte (so der Vortrag des Klägers Bl. 73 d. A.).
35An dieser Zahl von sieben Vollzeitbeschäftigten änderte sich unstreitig auch im gesamten weiteren Jahr 2013 nichts – wobei allerdings der Kläger selbst seit dem 30.06.2013 unwiderruflich freigestellt war (so der unstreitige Beklagtenvortrag Bl. 175 d. A.). Der Kläger – – ist gleichwohl in der Zählung der sieben Vollzeitbeschäftigten enthalten.
36Zu der Zeit vor dem Betriebsübergang ergibt sich aus der Email, die der vorherige Betriebsinhaber, der Bruder des Klägers, dem Beklagten am 28.06.2013 geschickt hat (Anlage B 6 = Bl. 30 d. A.), dass folgende Mitarbeiter beschäftigt waren:
37K
38K
39K
40P
41R
42S
43T
44W
45Vollzeitbeschäftigt waren davon die Arbeitnehmer K , K , P , T und W sowie der Kläger. Festzuhalten ist dabei allerdings, dass der Kläger unstreitig erst am 01.05.2013 von der seinerzeit von seinem Bruder ebenfalls betriebenen Tankstelle in N -S in die Tankstelle in K versetzt worden war.
46Unstreitig ist ferner, dass bis zum 30.06. auch Frau A dort beschäftigt war, die wie gesagt, am 13.07. durch Herrn M L ersetzt wurde. Es handelte sich mithin einschließlich des Klägers ebenfalls nur um sieben Vollzeitbeschäftigte.
47In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob der Kläger überhaupt bei der „normalen“, „allgemeinen“ Personalstärke des Betriebes mitzuzählen ist. Er war tatsächlich nämlich nur im Mai und Juni 2013 dort beschäftigt und wurde dann unwiderruflich freigestellt. Dass der Beklagte ihm nicht zu einem früheren Zeitpunkt als Mitte 2014 kündigen konnte, liegt allein darin begründet, dass der Kläger mit seinem Bruder, dem vormaligen Pächter der Tankstelle, ohne Wissen und ohne Mitwirkung des Beklagten unter dem Datum vom 26.11.2012 eine zwölfmonatige Kündigungsfrist vereinbart hatte (Bl. 7 d. A.). Dabei kann dahinstehen, ob die zwischen den Parteien hinsichtlich des Kündigungsgrundes strittige Frage zutrifft, dass der Bruder und der Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits wussten, dass der Bruder die Pacht der Tankstelle im Folgejahre verlieren werde. Da – wie noch zu zeigen sein wird – auch bei Mitzählung des Klägers die Zahl von zehn Arbeitnehmern im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 4 KSchG nicht überschritten wird, kann im vorliegenden Zusammenhang auch dahinstehen, ob es dem Kläger nach Treu und Glauben verwehrt ist, sich auf die zwölfmonatige Kündigungsfrist und damit auf den formellen Weiterbestand des Arbeitsverhältnisses (auch ohne Beschäftigung) über den Juli hinaus zu berufen. Wäre dem so, so wäre der Kläger im Sinne der oben genannten Grundsätze als nur vorübergehend beschäftigte Kraft, die nicht typisch für die Personalstärke des Betriebes war, anzusehen und bei der Beschäftigtenzahl nicht mitzuzählen.
482. Der Beklagte hat zu den Teilzeitkräften, die nach seinem Vorbringen jedenfalls im Sinne des § 23 Abs. 1 KSchG nicht über 20 Stunden „regelmäßig“ beschäftigt sind, unter Benennung von Zeugen und unter Vorlage von Meldungen zur Sozialversicherung Folgendes, im Übrigen wiederum weitgehend Unstreitiges vorgetragen (insbesondere Bl. 128 f., 218 ff. d. A.):
49Mit einer Arbeitszeit von maximal 20 Stunden war ab dem 01.07.2013 beschäftigt die Ehefrau des Beklagten.
50Im Übrigen seien im Juli 2013 mit nicht mehr als 20 Stunden pro Monat beschäftigt gewesen:
51M K
52K B
53M M (letzte Schicht 19.07.2013, sollte am 20.07.2013 abgemeldet werden, das beauftragte Lohnbüro meldete aber immer zum Ende des Monats die Arbeitnehmer ab)
54J R
55M S
56M P (angemeldet ab dem 15.07.2013, erste Schicht am 20.07.2013)
57Der Kläger hat dazu vorgetragen, der Beklagte vertrete offenkundig die Auffassung, Mitarbeiter, deren Vertrag zum Ende des Monats beendet worden sei, die aber aufgrund noch vorhandener Urlaubsansprüche oder sonstiger Regelungen vorzeitig während des laufenden Monats nicht mehr tätig gewesen seien, flössen nicht in die Berechnung ein. Dieses sei unzutreffend, da es nicht auf die konkrete Tätigkeit ankomme, sondern auch auf Zeiten von Urlaub, Krankheit und sonstigen Ausfallzeiten. Der Kläger meint deshalb, alle zuvor genannten Mitarbeiter seien mit 0,5 zu rechnen.
58Dieses ist unzutreffend. Wie oben bereits gesagt, kommt es gerade dann, wenn eine starke Fluktuation herrscht, auf in allgemeinen Bestand, die „normale“ Personalstärke an.
59Die substantiiert vorgetragenen Beschäftigungszeiten ebenso wie die stets „runden“ Meldezeiten zeigen, dass die Mitarbeiterin M P die Mitarbeiterin K B abgelöst hat. Für den normalen Bestand – das ergibt sich für den Monat Juli – sind deshalb einschließlich der Ehefrau des Beklagten nur sechs Teilzeitbeschäftigte maßgebend. Dieses wird noch deutlich belegt durch die Betrachtung der weiteren Monate (s. u.).
60Im Übrigen hat der Kläger für den Monat Juli 2013 keine weiteren Einwendungen erhoben, außer der, dass die Mitarbeiter R (und später die neu eingestellte Mitarbeiterin S L ) höhere Stunden pro Woche erbracht hätten. So habe die Mitarbeiterin L beispielsweise im April (gemeint sein kann nur April 2014) nach Kenntnis des Klägers insgesamt 18 Schichten à 8 Stunden übernommen. Der Beklagte hat dazu ausgeführt, der Mitarbeiter R habe regelmäßig bis zu maximal 20 Stunden wöchentlich gearbeitet, die Mitarbeiterin L (eingestellt erst im Dezember 2013 – s. o. - ) arbeite auf der Basis eines Arbeitszeitkontos, wobei im Schnitt des Arbeitszeitkontos die wöchentliche Arbeitszeit von 20 Wochenstunden nicht überschritten werde. Der Beklagte hat dazu die Zeugin W benannt. Der letztlich beweispflichtige Kläger hat darauf keine Einwendungen mehr erhoben und insbesondere unter Rückgriff auf dieses vom Beklagten genannte Beweismittel oder durch sonstige Beweismittel, insbesondere durch Benennung des ihn durch eigene Tätigkeit bekannten Mitarbeiters R als Zeugen, keinen Beweis angetreten. Auch zu Frau S L , wobei dahinstehen kann, ob es auf diese überhaupt ankommt, hat der Kläger lediglich seine Behauptung, diese habe „im April“ (weil Frau L unstreitig erst im Dezember 2013 eingestellt wurde kann es sich nur um April 2014 handeln) 18 Schichten à 8 Stunden übernommen, aufrechterhalten (Bl. 149 d. A.). Er hat jedoch nicht mehr auf den Vortrag des Beklagten unter Beweisantritt erwidert, Frau L arbeite auf der Basis eines Arbeitszeitkontos, wobei im Schnitt des Arbeitszeitkontos die wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden nicht überschritten werde. Der Kläger hat sich auch nicht auf die dazu vom Beklagten benannte Frau W als Zeugin bezogen, die der Kläger aus eigener Zusammenarbeit kennt.
61Nach dem zuvor Gesagten ist mithin festzustellen, dass im Juli insgesamt sechs Teilzeitkräfte zu zählen sind, die bis maximal 20 Wochenstunden regelmäßige Arbeitszeit hatten. Damit zählen diese sechs Arbeitnehmer insgesamt in der Zahl drei.
62Insgesamt wird damit im Juli 2013 die Zahl von zehn Arbeitnehmern nicht überschritten.
63Auch eine Betrachtung der Entwicklung nach Juli 2013 führt zu keinem anderen Ergebnis, bestätigt vielmehr die Feststellungen für Juli 2013. Im Einzelnen gilt Folgendes:
64August 2013
65Hierzu waren nach Darlegung des Beklagten (vgl. Bl. 128 f., 219) mit einer Arbeitszeit bis zu 20 Stunden beschäftigt außer der Ehefrau des Beklagten die Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen
66K (letzte Schicht 11.08.2013, abgemeldet zum 31.08.2013)
67B
68R
69S
70P (erster Einsatz 25.08.2013, abgemeldet zum 31.08.2013)
71H (Anmeldung aufgrund des Lohnbüros zum 01.08.2013, erste Schicht ab 24.08.2013)
72Zum Arbeitnehmer R gilt das oben Gesagte. Ansonsten hat der Kläger hat außer der bereits oben behandelten allgemeinen Einwendung zur Frage der überschneidenden Bestandszeiten der Arbeitsverhältnisse hierzu keinen Gegenvortrag gehalten.
73Da es – wie gesagt – auf den „normalen Bestand“ ankommt, sind an Teilzeitbeschäftigten wieder insgesamt (einschließlich der Ehefrau des Beklagten) nur sechs Arbeitnehmer mit einer Arbeitszeit bis zu 20 Stunden zu rechnen: Herr H hat unstreitig erst am 24.08. seine erste Schicht geleistet. Herr K leistete seine letzte Schicht am 11.08.. Der Kläger hat das Vorbringen des Beklagten dazu, Herr K sei am 12.08. aus dem Betrieb ausgeschieden und nicht mehr verfügbar gewesen (Bl. 219 d. A.), nicht mehr bestritten. Herr H hat damit ersichtlich Herrn K ersetzt. Die bloße Überschneidung der „Meldezeiten“ – selbst dann, wenn man für Herrn H das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ab dem 01.08. unterstellen wollte, können bei der notwendigen Gesamtbetracht (siehe dazu auch noch die nachfolgenden Monate) nicht dazu führen, von einem allgemeinen Personalbestand auszugehen, der hinsichtlich der bis zu 20 Stunden beschäftigten Arbeitnehmer mit einer höheren Zahl als sechs zu bemessen ist.
74Im September 2013 waren ausweislich der Darlegung des Beklagten, der der Kläger nicht mehr mit anderen als den zuvor behandelten Einwendungen entgegengetreten ist, beschäftigt bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen
75B
76H
77R
78S
79(Frau M S war ausweislich der Meldebescheinigung (Bl. 259 d. A.) nur bis zum 31.08.2013 beschäftigt.)
80Einschließlich der Ehefrau des Beklagten ergeben sich wieder um sechs bis zu 20 Stunden beschäftigte Arbeitnehmer.
81Im Oktober 2013 änderte sich insoweit nichts (vgl. Bl. 128 d. A.). Auch insoweit sind sechs mit bis zu 20 Stunden beschäftigte Arbeitnehmer zu rechnen.
82Im November 2013 änderte sich zum Vormonat nichts. Herr H schied am 30.11.2013 aus (Bl. 128 d. A. – vgl. insoweit auch die Meldebescheinigung Bl. 248 d. A.).
83Im Dezember 2013 waren bis auf Herrn H alle Aushilfskräfte weiter beschäftigt, die auch in den zwei Vormonaten tätig waren. In diesem Monat trat ab dem 21.12.2013 Frau S L ein (siehe zu dieser schon unter Juli 2013). In diesem Monat waren mithin im Wesentlichen nur fünf Kräfte mit bis zu 20 Stunden beschäftigt. Selbst unter Einbeziehung von Frau L werden es nicht mehr als sechs.
84Auch im Januar 2014 änderte sich insoweit nichts gegenüber dem Zustand ab dem 21.12.2013. Wiederum sind nur sechs Teilzeitkräfte bis zum 20 Stunden zu zählen.
85Das Gleiche gilt für Februar 2014 (vgl. Bl. 129 d. A.).
86Ab März 2014 waren nach Vortrag des Beklagten, den der Kläger nicht bestritten hat, infolge des Ausscheidens von Herrn R nur noch – bis auf die Ehefrau des Beklagten – vier Aushilfskräfte auf der Basis eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses tätig.
87Für die Zeit danach tragen weder der Beklagte noch der Kläger etwas Genaueres vor.
88Unter prognostischen Gesichtspunkten reicht die Zeit bis Februar 2014 indes auch bei weitem aus. Gerade die dem Juli nachfolgenden Monate belegen, dass die normale Personalstärke des Betriebes Tankstelle in K nicht mehr als zehn Beschäftigte im Sinne des § 23 Abs. 1 KSchG gekennzeichnet ist.
89Dabei ist nochmals festzuhalten, dass der Kläger tatsächlich in diesen gesamten Monaten nicht beschäftigt war (obwohl er oben bei der Beschäftigungszeit mitgerechnet wurde). Dieses spricht noch zusätzlich dafür, dass der Normalbestand des Betriebes auf jeden Fall nicht über zehn lag.
903. Auch ein Rückblick spricht nicht für das Gegenteil: Wie oben bereits dargestellt, waren in der Vergangenheit – selbst dann, wenn man den Kläger mitzählt – auch nur sieben Vollzeitkräfte beschäftigt.
91Die Email des Bruders des Klägers vom 28.06.2013 (Bl. 30 d. A.) nennt außer den Vollzeitbeschäftigten nur drei Beschäftigte, unstreitig Teilzeitbeschäftigte, nämlich die Mitarbeiter K , R und S .
92Im Schriftsatz vom 20.11.2013 (Bl. 71 ff. d. A.) behauptet der Kläger indes ohne genaue zeitliche Einordnung, neben den Vollzeitbeschäftigten seien vor dem Betriebsübergang noch als Teilzeitbeschäftigte gewesen die Mitarbeiter K , L , K , S , B , R , M , D B und U B .
93Der Mitarbeiter K war, wie aufgrund des Vorbringens des Beklagten (Bl. 83 d. A.) unstreitig ist, am 30.04.2013 bereits ausgeschieden. Der Mitarbeiter L schied vor dem Betriebsübergang ebenfalls aus. Berücksichtigt man, dass der Kläger selbst erst im Mai 2013 als Vollzeitkraft in den Betrieb eintrat, so können diese beiden Arbeitnehmer, Klein und Linke, jedenfalls nicht für den Normalbestand des Betriebes zum Zeitpunkt der Kündigung nicht zusätzlich gezählt werden.
94Frau D B ist die Mutter des Klägers, Herr U B dessen Vater. Sie waren damit auch Vater und Mutter des bisherigen Betriebsinhabers, des Bruders des Klägers, Herrn T B . Der Beklagte behauptet, die Mutter des Klägers sei zu keinem Zeitpunkt für den Betrieb tätig gewesen. Der Vater des Klägers habe ca. zweimal pro Jahr draußen sauber gemacht. Unstreitig ist, dass der Vater des Klägers, Herr U B , selbst Pächter einer anderen Tankstelle ist. Nach Behauptung des Klägers hat er seit Übernahme der Tankstelle in K durch seinen Sohn T B , den Bruder des Klägers, technische Einrichtungen an der Tankstelle gewartet. Dazu habe gehört die Wartung und Pflege der Waschanlage und des Münzstaubsaugers. Er habe auch kleinere Reparaturen erledigt.
95Nach diesem Vorbringen kann das Bestehen von Arbeitsverhältnissen der Eltern des Klägers im Betrieb in K nicht festgestellt werden.
96Dabei ist zu berücksichtigen, dass für die Zeit vor Betriebsübernahme die oben dargestellte abgestufte Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nicht gelten kann. Denn der Beklagte hatte keine Kenntnisse. Er hat erst ab dem Betriebsübergang die Betriebsinhaberschaft. Vor dem Betriebsübergang war der Bruder des Klägers Betriebsinhaber. Der Kläger ist also derjenige, der die weitaus besseren Informationsmöglichkeiten hat. Dieses gilt auch bezüglich seiner Eltern.
97Es lässt sich aber aus dem Vorbringen des Klägers nicht einmal entnehmen, dass überhaupt ein Arbeitsvertrag mit dem Vater geschlossen worden wäre. Der Kläger trägt auch nicht, dass sein Vater als geringfügig Beschäftigter für den Betrieb angemeldet worden sei. Mangels irgendeines substantiierten Vorbringens des Klägers spricht also alles dafür, dass – sollte der Vater überhaupt in der genannten Form tätig gewesen sein – dieses auf der Grundlage familiärer Beziehungen oder als Selbstständiger geschah.
98Was die Mutter des Klägers, Frau D B , anbelangt, hat der Kläger behauptet, dass diese „mit Buchhaltung und sonstigen Organisationsarbeiten“ für den Betrieb der Tankstelle tätig gewesen sei. Dazu habe u. a. gehört, die Unterlagen zur Übergabe an den Steuerberater vorzubereiten. Der Kläger führt weiter aus, dass die Tätigkeiten „im ganz überwiegendem Teil“ nicht im Gebäude der Tankstelle durchgeführt wurden. Vielmehr habe die Mutter die notwendigen Unterlagen von dem Bruder des Klägers erhalten und diese im heimischen Büro bearbeitet. Der Umfang der Arbeiten habe wöchentlich bis zehn Stunden betragen.
99Berücksichtigt man, dass der Bruder noch eine weitere Tankstelle führte und auch der Vater des Klägers eine eigene Tankstelle führte, so kann aus dem Vorbringen des Klägers schon nicht entnommen werden, dass die Mutter überhaupt in dem Betrieb in K beschäftigt war oder sonst in irgendeiner Weise gerade diesem Betrieb zuzuordnen gewesen wäre.
100Darüber hinaus kann mangels irgendeines Vorbringens des Klägers nicht festgestellt werden, dass mit der Mutter ein Arbeitsverhältnis bestand und nicht auch diese aufgrund familiärer Beziehungen bzw. als Selbstständige tätig war.
101Abschließend ergibt sich, dass Vater und Mutter des Klägers bei einer rückblickenden Betrachtung für den Personalbestand des Betriebes zum Zeitpunkt der Kündigung nicht relevant sind.
102Es ergibt sich damit insgesamt, dass jedenfalls nicht mehr als sechs mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit Beschäftigte zu berücksichtigten sind. Insgesamt ergibt damit auch ein Rückblick, dass im Sinne des § 23 Abs. 1 KSchG von nicht mehr als zehn Arbeitnehmern auszugehen ist.
103III. Die Arbeitnehmer im früheren Betrieb des Beklagten in Kö sind nicht mit zu berücksichtigen. Dazu ist zunächst als unstreitig festzuhalten, dass der Beklagte noch bis Ende August 2013 – was jedenfalls zweitinstanzlich unstreitig ist (vgl. die Berufungserwiderung des Klägers Bl. 340/341 d. A.) – in Kö -M noch eine A Tankstelle betrieb, in der mindestens 6,5 Arbeitnehmer im Sinne des § 23 Abs. 1 KSchG beschäftigt waren.
1041. Ob diese Tankstelle mit derjenigen in K , in der der Kläger beschäftigt war, mithin in den Monaten Juli und August 2014, unter einheitlicher Leitung im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung stand, kann zwar aufgrund des bisherigen Vorbringens nicht festgestellt werden. Die Tatsache, dass der Beklagte im Monat Juni 2013, als er noch nicht Inhaber der Tankstelle in K war, die Personaleinsatzplanung für Juli und August 2014 für die Tankstelle in Kö machte, kann allein nicht genügen, um die einheitliche Leitung zu belegen.
105Der Beklagte hat erstinstanzlich zunächst vorgetragen, die Tankstelle in Kö sei in Juli und August 2014 „durch eine angestellte Mitarbeiterin vollständig geleitet“ worden (Bl. 80 d. A.). Er hat sodann (Bl. 104 d. A.) vorgetragen, er habe für diese Monate die bereits beschäftigte Festkraft in der Tankstelle, Frau T D „zur Stationsleitung ernannt“. Diese habe in den Monaten Juli und August sämtliche Bestellungen, Abrechnungen und andere administrative Angelegenheiten vorgenommen. Darüber hinaus habe sie Bareinnahmen zur Bank gebracht (Bl. 104 d. A.). Später hat er vorgetragen, die dort tätige Tankstellenleiterin habe auch „die Personalhoheit“ gehabt (Bl. 156 d. A.), was er in einem späteren Schriftsatz (Bl. 175 d. A.) dahingehend präzisiert hat, „dass die Stationsleitung Frau T K , im Monat 07/2013 und 08/2013, die Vollmacht hatte, das Personal zu leiten und zu führen und anzuleiten. So wie sie es auch in der Urlaubsvertretung und im Krankheitsfall des Beklagten gemacht hat.“
106Dieser vage und unsubstantiierte Vortrag reicht allerdings nicht aus, im Kern personeller und sozialer Entscheidungen eine Selbstständigkeit der entsprechenden Kraft (T K ? T D ?) festzustellen.
107Erstmals in der Berufungsbegründung ergänzt der Beklagte diesen Vortrag um den Vortrag, die Zeugin K habe als Stationsleiterin „beispielsweise“ den Mitarbeiter D P entlassen, da er zwei Wochen nicht zum Dienst erschienen sei. Die Entscheidung habe sie selbst getroffen, ohne dass er, der Beklagte, hieran beteiligt gewesen sei. Sie habe ihn auch gar nicht konsultiert (Bl. 313/315 d. A.).
108Der Kläger hat dem gegenüber zu Recht darauf hingewiesen, dass das Vorbringen des Beklagten auch insoweit unsubstantiiert ist. Der Beklagte hat insbesondere nicht substantiiert vorgetragen, welche genauen Vollmachten er Frau T D /K gegeben hat. Er hat auch die „Entlassung“ des Mitarbeiters nicht ausreichend substantiiert. Insbesondere hat er nicht dargetan, wann genau und wie diese Entlassung sich vollzogen haben soll (wer hat das Kündigungsschreiben oder den Auflösungsvertrag unterschrieben?).
1092. Letztlich kommt es aber darauf nicht an. Wie bereits oben ausgeführt, entspricht es der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass es für die Feststellung der Betriebsgröße nach § 23 KSchG auf den „normalen Betriebsverlauf“ und die „für den Betrieb im Allgemeinen kennzeichnende Beschäftigungslage“ ankommt (vgl. nochmals BAG 14.03.1985 – 2 AZR 115/84). Dabei sind vorübergehende, nicht-normale Zustände nicht zu berücksichtigen.
110Das Bundesarbeitsgericht hat allerdings im Urteil vom 22.01.2004 (2 AZR 237/03) unter dem Gesichtspunkt, dass es grundsätzlich auch auf eine Einschätzung der zukünftigen Entwicklung ankommt, entschieden, dass dieses nicht bedeute, dass der bloße Entschluss des Arbeitgebers, seinen Betrieb künftig kleiner fortzuführen, dazu führen kann, dass „Kündigungen, mit denen er dieses Ziel erreichen will, nicht mehr dem ersten Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes unterliegen“. Werde etwa wegen einer Betriebsstilllegung gekündigt, so komme nur ein Rückblick auf die bisherige Belegschaftsstärke in Frage. Die Betriebseinschränkung führe nur dazu, dass künftig eine andere, regelmäßige Arbeitnehmerzahl gegeben sein solle. Im Kündigungszeitpunkt sei jedoch für den Betrieb noch die bisherigen Beschäftigungszahl kennzeichnend, da nicht absehbar sei, ob die Unternehmerentscheidung, die der Kündigungsabsicht zugrundeliege, sich tatsächlich verwirklichen lasse. Es würde auch Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung eklatant widersprechen, wenn sich der Arbeitgeber durch den bloßen Entschluss, wegen einer Betriebseinschränkung bzw. Betriebsstilllegung einzelnen oder allen Arbeitnehmern zu kündigen, der Überprüfung der entsprechenden Kündigungen am Maßstab des Kündigungsschutzgesetzes entziehen könnte.
111Ein solcher Fall liegt jedoch hier nicht vor. Der Beklagte hat nicht etwa dem Kläger wegen der Aufgabe des Betriebes in Kö gekündigt.
112Daher ist im vorliegenden Fall unter dem Gesichtspunkt, dass der „normale“, nicht nur vorübergehende Betriebszustand entscheidend ist, sehr wohl zu berücksichtigen, dass die gemeinsame Klammer mit dem Betrieb in Kö nur sehr kurze Zeit, nämlich von dem 01.07.2013 bis zum 31.08.2013 bestand – sofern man eine einheitliche Leitung unterstellt. Den Normalzustand vor und nach dem Pächterwechsel in K prägt sie nicht. Weder liegt auch ein Fall vor, in dem die zukünftige Beschäftigtenzahl (des unterstellten gemeinsamen Betriebes) nicht absehbar war, noch würde es Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung widersprechen, wenn hier im Rahmen der Beurteilung des „normalen Betriebszustandes“ bzw. der „im allgemein kennzeichnenden Beschäftigungslage“ für die Kündigung des im Betrieb in K beschäftigten Klägers die nur sehr kurze, nämlich zwei Monate lang bestehende einheitliche Leitung mit dem Betrieb in Kö nicht berücksichtigt wird.
113Damit ergibt sich, dass die Beschäftigten in Kö im vorliegenden Fall bei dem Schwellenwert des § 23 Abs. 1 KSchG nicht mitzurechnen sind.
114Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
115Rechtsmittelbelehrung
116Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
117Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.