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Diese gesetzliche Formulierung des § 103 Abs. 3 BetrVG lehnt sich an den Begriff der betrieblichen Notwendigkeit in § 30 BetrVG an. Betriebliche Notwendigkeiten sind nicht gleichzusetzen mit betrieblichen Interessen oder Bedürfnissen. Das Arbeitsgericht kann nur solche betrieblichen Gründe als Rechtfertigung für die Versetzung anerkennen, die zwingenden Vorrang vor dem Interesse des Betriebsrates an der Kontinuität seiner personellen Zusammensetzung und seiner Arbeit haben.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 20. März 2013 - 5 BV 91/12 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
2I.
3Die Beteiligten streiten über die von der Antragstellerin beabsichtigte Zuweisung des Beteiligten zu 3) an ein Konzern-Tochterunternehmen der Antragstellerin, die V C S GmbH. Der Beteiligte zu 3) ist Mitglied des Beteiligten zu 2). Dieser ist der bei der Antragstellerin für deren Betrieb V bestehende Betriebsrat. Aufgabe dieses Betriebes ist es, rationalisierungsbetroffene Beschäftigte aus dem Konzern der T gruppe aufzunehmen, zu qualifizieren und möglichst zeitnah wieder in eine dauerhafte Beschäftigung innerhalb oder außerhalb des Konzerns zu vermitteln.
4Der Beteiligte zu 3) ist Beamter, nämlich technischer Fernmeldehauptsekretär des mittleren Dienstes (Besoldungsgruppe A 8, Fachrichtung: technisch). Der Beteiligte zu 3) strengte im Jahre 2007 vor dem Verwaltungsgericht München einen Rechtsstreit auf amtsangemessene Beschäftigung gegen die Antragstellerin an. Durch gerichtlichen Vergleich vom 12.02.2008 (Bl. 13 d. A.) verpflichtete sich die Antragstellerin, die Beschäftigung des jetzigen Beteiligten zu 3) auf einem amtsangemessenen Dienstposten möglichst wohnortnah bis spätestens zum 31.12.2008 zu realisieren. Dazu kam es nicht. Im Jahre 2009 leitete die Antragstellerin vor dem Arbeitsgericht München ein Zustimmungsersetzungsverfahren ein, nachdem beabsichtigt war, dem jetzigen Beteiligten zu 3) eine amtsangemessene Tätigkeit bei der T-S E S GmbH, einer hundertprozentigen Konzerntochter, zuzuweisen. Dieses Verfahren musste aus formalen Gründen eingestellt werden. In der Folgezeit übertrug die Antragstellerin dem seither faktisch beschäftigungslosen Beteiligten zu 3) keine Beschäftigung.
5Im November 2011 wurde der inzwischen 55jährige, in M wohnende und mit einem Grad von 30 % behinderte sowie einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellte Beteiligte zu 3) ordentliches Betriebsratsmitglied. Er wurde zudem stellvertretende Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen. Zuletzt entfiel ein nicht unerheblicher Teil der Dienstzeit des Beteiligten zu 3), den dieser unwidersprochen grob auf 50 % geschätzt hat, auf seine Betriebsratstätigkeit.
6Mit Schreiben vom 03.02.2012 beantragte die Antragstellerin, bei der nach wie vor andere Fernmeldehauptsekretäre (noch) nicht amtsangemessen beschäftigt werden, bei dem Beteiligten zu 2) die Zustimmung zur Zuweisung des Beteiligten zu 3) für eine Tätigkeit „Sachbearbeiter Personalmanagement“ bei der V C S GmbH (VCS GmbH – nicht zu verwechseln mit dem Betrieb V der Antragstellerin). Wegen des genauen Inhalts dieses Antragschreibens wird auf Blatt 14 der Akten Bezug genommen.
7Mit Schreiben vom 16.02.2012 erklärte der Beteiligte zu 2), er verweigere die Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung des Beteiligten zu 3).
8Im Termin zur mündlichen Anhörung beim Arbeitsgericht am 20.03.2013 erklärte der Beteiligte zu 3), er verzichte für die Dauer seiner Betriebsratsmitgliedschaft und unabhängig davon auch für die Dauer seiner Aufgabe als mindestens erste stellvertretende Vertrauensperson der schwerbehinderten Beschäftigen auf die Durchsetzung seines Anspruchs auf amtsangemessene Beschäftigung.
9Die Antragstellerin hat vorgetragen, sie habe die Möglichkeit einer amtsangemessenen Beschäftigung in ihrem Betrieb V geprüft. Dort sei eine amtsangemessene Beschäftigung des Beteiligten zu 3) nicht möglich.
10Die Antragstellerin hat beantragt,
11die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur Zuweisung des Beteiligten zu 3) für eine Tätigkeit Sachbearbeiter Projektmanagement bei der V C S GmbH (VCS) zu ersetzen.
12Der Beteiligte zu 2) hat beantragt,
13den Antrag zurückzuweisen.
14Er hat sich darauf berufen, die Antragstellerin habe einen dringenden betrieblichen Grund, der die Zuweisung notwendig mache, nicht substantiiert dargelegt (Bl. 78 d. A.). Stattdessen begnüge sie sich mit der pauschalen Behauptung, eine amtsangemessene Beschäftigung des Beteiligten zu 3) sei bei ihr nicht möglich. Die Antragstellerin habe keinerlei Bemühungen unternommen, den Beteiligten zu 3) ohne Mandatsverlust zu beschäftigen. Auch widerlege die bisherige Praxis der Antragstellerin im Betrieb V selbst ihre Behauptung. Möglichkeiten zur Beschäftigung bestünden beispielsweise in der Abteilung V des Betriebes V . Dort handele es sich – das ist unstreitig – um eine Abteilung, in der konzerninterne und externe Projekte abgearbeitet werden. In dieser Abteilung werden ca. 750 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in ca. 150 verschiedenen Projekten zum Einsatz gebracht. Das Tätigkeitsfeld ist weit gestreut (von Technikern bis zu Verwaltungsmitarbeitern). Für 10 bis 15 Beamte, die ebenfalls einen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung geltend gemacht hätten, sei als Alternative zur Beschäftigung in einer Tochtergesellschaft eigens ein Posten in der Abteilung V eingerichtet worden (auch dieses bestreitet die Antragstellerin nicht). Dazu bezieht sich der Beteiligte zu 2) auf die damaligen Schreiben der Antragstellerin in den entsprechenden Beteiligungsverfahren. Insoweit wird auf Blatt 80/81 der Akten Bezug genommen. Schließlich verweist der Beteiligte zu 2) darauf, dass die Antragstellerin Arbeitnehmern, bei denen nach Auffassung der Antragstellerin eine vertragsgemäße Beschäftigung nicht mehr möglich gewesen sei, Änderungskündigungen ausgesprochen habe, im Zuge derer diesen die Beschäftigung im Bereich V angeboten worden sei. Dazu benennt der Beteiligte zu 2) wiederum sieben Fälle (Bl. 82 d. A.).
15Bei allen diesen Posten habe es sich auch um dauerhafte Einsatzmöglichkeiten gehandelt. Das ergebe sich schon daraus, dass – was als solches unstreitig ist – die Antragstellerin, worauf sie in den Zuleitungen nach § 99 BetrVG jeweils hingewiesen habe, die Vorschriften der Konzernrichtlinie Umzug und doppelte Haushaltsführung angewandt habe. Diese sei aber, wie Ziffer 3 zu entnehmen sei, bei dauerhaftem Wechsel des Beschäftigungsortes anzuwenden (Inhalt der Konzernrichtlinie Blatt 84 ff. d. A.).
16Der Antragstellerin sei es also bei anderen Konstellationen möglich gewesen, die Posten innerhalb der V zu schaffen, um die geschuldete Beschäftigung bei der Konzernmutter zu ermöglichen.
17Die Antragstellerin hat sich dem gegenüber (Schriftsatz vom 15.03.2013, Bl. ??? d. A.) darauf berufen, der Dienstherr D T streitgegenständlich in keiner Weise gezwungen werden könne, einen Posten extra für den Beteiligten zu 3) am Standort in M zu schaffen. Sie, die Antragstellerin, habe im Rahmen ihrer Ermessensausübung selbstverständlich auch geprüft, ob eine Tätigkeit im Bereich V für den Beteiligten zu 3) grundsätzlich in Frage komme. Eine – so die Antragstellerin – vorübergehende Einsatzmöglichkeit bei V erfülle jedoch nicht den Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung, so dass sie hierauf nicht habe zurückgreifen können. In der Vergangenheit habe es zwar wenige Posten im Bereich V gegeben, bei denen der Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung dauerhaft habe erfüllt werden können. Das seien aber ausschließlich Beamte des gehobenen Dienstes gewesen, die zwingend unterzubringen gewesen seien (insoweit wird auf Bl. 105/106 d. A. Bezug genommen). Bei den Versetzungen sei es um den Dienstort B gegangen. Auf allen Posten sei Expertenwissen Voraussetzung gewesen und somit eine entsprechend hochwertige Bewertung gegeben gewesen.
18Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 20.03.2013 (Bl. 115 ff. d. A.) den Antrag zurückgewiesen. Auf diesen Beschluss wird Bezug genommen.
19Dieser wurde der Antragstellerin am 25.03.2013 zugestellt. Ihre Beschwerdeschrift ist am 17.04.2013 eingegangen. Die Beschwerde ist - nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 25.06.2013 – am 21.06.2013 begründet worden.
20Die Antragstellerin verfolgt ihr Verfahrensziel im Wesentlichen mit Rechtsausführungen weiter. Insoweit wird auf die Beschwerdebegründung (Bl. 167 bis 178 d. A.) Bezug genommen. Sie trägt vor, entgegen den Tatsachenfeststellungen des Arbeitsgerichts liege es im Bereich V der Antragstellerin gerade nicht in der Natur des Betriebszwecks, dass zahlreiche der diesen Betrieb zugehörigen Angestellten und Beamten teilweise über erhebliche Zeiträume hinweg tatsächlich nicht beschäftigt würden. Zumindest sei das missverständlich, da es suggeriere, der beschäftigungslose Zustand des Beteiligten zu 3) seit dem Jahre 2008 stelle kein Dauertatbestand dar und begründe kein dringendes betriebliches Erfordernis. Sie meint, es sei unstreitig, dass eine amtsangemessene Beschäftigung des Beteiligten zu 3) in ihrem Betrieb V nicht möglich sei.
21Sie verweist ferner darauf, dass die nach § 29 Abs. 3 PostPersRG anzurufende Einigungsstelle sich – was als solches unstreitig ist - am 26.04.2012 der Auffassung des Arbeitgebers angeschlossen und festgestellt habe, dass kein Grund zur Verweigerung der Zustimmung im Falle des Beteiligten zu 3) vorliege.
22Was die Beschäftigung bei VCS anbelangt, trägt sie desweiteren vor, es erfolgten regemäßig Zuweisungen von nicht amtsangemessen beschäftigten Beamten der mittleren technischen Laufbahn zu der VCS, da diese einen hohen Arbeitsbedarf habe. Derzeit würden bei ihr, der Antragstellerin, alle Beamten der mittleren technischen Laufbahn, die ohne Beschäftigung seien und für die es keine andere Verwendung gebe, der VCS zugewiesen und dort amtsangemessen beschäftigt. Derzeit befänden sich parallel neun weitere Beamte der mittleren Laufbahn im Anhörungs/Zuweisungsverfahren zu der VCS M .
23Die vom Beteiligten zu 2) beschriebenen Einsatzmöglichkeiten bei der V entsprächen aufgrund ihres projektbezogenen, vorübergehend befristeten Charakters nicht dem abstrakten sowie konkreten Funktionsamt des Beteiligten zu 3) und erfüllten deshalb nicht seinen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung.
24Die Antragstellerin beantragt,
25auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 20.03.2013 – 5 BV 91/12 – abgeändert.
26Die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zu der Zuweisung des Beteiligten zu 3) für eine Tätigkeit Sachbearbeiter Projektmanagement bei der V C S GmbH (VCS) wird gemäß § 103 BetrVG ersetzt.
27Die Beteiligten zu 2) und 3) beantragen,
28die Beschwerde zurückzuweisen.
29Der Beteiligte zu 2) verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss. Insoweit wird auf die Beschwerdeerwiderung (Bl. 199 bis 206 d. A.) Bezug genommen.
30II.
31Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde der Antragstellerin hatte in der Sache keinen Erfolg.
32A. Soweit die Antragstellerin meint, das Postpersonalrechtsgesetz (PostPersRG) und insbesondere das Verfahren nach §§ 4 Abs. 4 und 29 Abs. 4 PostPersRG bildeten eine spezialgesetzliche Regelung, die nach § 103 Abs. 3 BetrVG nicht „konterkariert und unterlaufen werden“ dürfe, so wird diese Auffassung sonst nirgends vertreten. Die Beteiligung nach § 103 Abs. 3 BetrVG nämlich dient - wie auch die Beteiligung nach § 103 Abs. 1 BetrVG - dem Schutz der Betriebsverfassungsorgane (vgl. statt vieler Fitting BetrVG § 103 Rn. 1 – 3). § 103 Abs. 3 BetrVG ist durch das Betriebsverfassungsreformgesetz neu eingefügt worden, um die Sicherung der Stellung betriebsverfassungsrechtlicher Funktionsträger zu verbessern. Versetzungen, die zum Verlust des Amtes oder der Wählbarkeit führen würden, werden in Anlehnung an die Regelungen zur außerordentlichen Kündigung in Absatz 1 und 2 des § 103 BetrVG an die vorherige Zustimmung des Betriebsrats und im Fall der Zustimmungsverweigerung an eine die Zustimmung ersetzende arbeitsgerichtliche Entscheidung gebunden (vgl. BT – Drucks. 14/5741 S. 50 f.). Dieser Schutz wird in §§ 28, 29 und 4 PostPersRG nicht gewährleistet. Insbesondere findet die Beteiligung des Betriebsrats im Falle der Versetzung eines Betriebsratsmitglieds keine Entsprechung in § 76 Abs. 1 BPersVG (zum Ganzen vgl. Fitting § 103 BetrVG Rn. 77).
33B.1. Für die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung zur Versetzung nach § 103 Abs. 3 BetrVG gilt, dass das Arbeitsgericht die Zustimmung ersetzen kann, wenn diese auch unter Berücksichtigung der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung des betroffenen Arbeitnehmers aus dringenden betrieblichen Gründen notwendig ist.
34Diese gesetzliche Formulierung lehnt sich an den Begriff der betrieblichen Notwendigkeit in § 30 BetrVG an (vgl. Fitting a. a. O, Rn. 74). Betriebliche Notwendigkeiten sind nicht gleichzusetzen mit betrieblichen Interessen oder Bedürfnissen. Das Arbeitsgericht kann nur solche betrieblichen Gründe als Rechtfertigung für die Versetzung anerkennen, die zwingenden Vorrang vor dem Interesse des Betriebsrates an der Kontinuität seiner personellen Zusammensetzung und seiner Arbeit haben (Fitting a. a. O.).
352. In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist Folgendes zu beachten: § 103 Abs. 3 Satz 2 BetrVG verweist für das Zustimmungsersetzungsverfahren mit der oben bereits genannten Einschränkung auf § 103 Abs. 2 BetrVG, d. h. auf das Verfahren zur Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung. Dieses Zustimmungsersetzungsverfahren ist nur im Falle der Zustimmungsverweigerung einzuleiten („verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung…“). Es ist mithin dem betrieblichen Zustimmungsverfahren nachgeordnet. Daraus folgt, dass der Arbeitgeber dem Gericht nur solche dringenden betrieblichen Gründe unterbreiten kann, zu denen er dem Betriebsrat zuvor Gelegenheit gegeben hat, Stellung zu nehmen. Dementsprechend kann der Arbeitgeber im gerichtlichen Verfahren – wenn er bestimmte betriebliche Gründe dem Betriebsrat nicht unterbreitet hat – auch nur solche Gründe nachschieben, zu denen er dem Betriebsrat zuvor Gelegenheit gegeben hat, seine Stellungnahme im Lichte der neuen Tatsachen zu überprüfen (vgl. die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 103 Abs. 1 und 2 BetrVG, insbesondere BAG 23.04.2008 – 2 ABR 71/07 – m. zahlreichen w. N. zur bisherigen Rechtsprechung und zu der einheitlichen Meinung in der Literatur). Die Behandlung neuer Gründe durch den Betriebsrat wird nicht dadurch ersetzt, dass der Vorsitzende des Betriebsrats durch Teilnahme am Beschlussverfahren davon erfährt (BAG a. a. O.).
36C. Danach gilt für die vom Arbeitgeber im vorliegenden Verfahren, insbesondere im Beschwerdeverfahren, angeführten Gründe Folgendes:
371. Die Antragstellerin hat sich in der Antragsschrift (vgl. Bl. 4 d. A.) darauf berufen, der Beteiligte zu 3) habe gegen sie auf amtsangemessene Beschäftigung geklagt. Im Verwaltungsstreitverfahren sei sie, die Antragstellerin, verpflichtet worden, eine amtsangemessene Beschäftigung zu realisieren. Damit rekurriert die Antragstellerin auf den gerichtlichen Vergleich vom 12.02.2008 (vgl. Bl. 4 und 13 d. A.). Sodann heißt es nach dem Hinweis auf einen Versuch eines Zustimmungsersetzungsverfahrens im Jahre 2009:
38„Da seither bereits viel Zeit verstrichen ist, ist die D T zur Vermeidung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus dem Vergleich immer noch gehalten, die amtsangemessene Beschäftigung des Beteiligten zu 3) zu realisieren."
39Diese Begründung entspricht der Begründung des Antrages auf Zustimmung nach § 103 Abs. 3 BetrVG vom 03.02.2012 (Bl. 14 d. A.). Dort heißt es:
40„Wir beabsichtigen, Herrn U F aufgrund seiner Klage auf amtsangemessene Beschäftigung mit Wirkung zum 01.03.2012 Tätigkeiten eines Sachbearbeiters Projektmanagement im Betrieb V C S GmbH gemäß § 4 Abs. 4 PostPersRG dauerhaft zuzuweisen.“
41Weitere betriebliche Gründe als „aufgrund seiner Klage auf amtsangemessene Beschäftigung" sind dort nicht genannt. Die Antragstellerin hat sich damit im Zustimmungsverfahren allein darauf berufen, dass der Kläger auf amtsangemessene Beschäftigung geklagt habe – was noch mit einschließen mag, dass – worauf die Antragstellerin sich in der Antragsschrift beruft – sie zur Vermeidung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus dem Vergleich gehalten ist, die amtsangemessene Beschäftigung des Beteiligten zu 3) zu realisieren.
42Dieser Grund ist jedenfalls nicht mehr dringend, seitdem der Antragsteller vor dem Arbeitsgericht für die Dauer seiner Betriebsratsmitgliedschaft und unabhängig davon auch für die Dauer seiner Aufgabe als mindestens erste stellvertretende Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen auf die Durchsetzung seines Anspruchs auf amtsangemessene Beschäftigung ausdrücklich verzichtet hat.
432. Im Beschwerdeverfahren beruft sich die Antragstellerin nicht mehr auf eine drohende Zwangsvollstreckung durch den Beteiligten zu 3), sondern erklärt dessen Interesse - amtsangemessen beschäftigt zu werden – zu einem von ihr, der Antragstellerin, in ihrer Funktion als beamtenrechtlicher Dienstherrin selbst zu verfolgenden Interesse: Das Arbeitsgericht verkenne, dass es sich hier um ein „pathologisch außer Kraft gesetztes Dienstverhältnis“ handele, um einen „Dauerstörtatbestand“ (Bl. 172 d. A.), der Rechtsanspruch des Beteiligten auf amtsangemessene Beschäftigung korrespondiere mit den Dienstpflichten eines Beamten, die dieser nicht durch einen einseitigen Verzicht suspendieren könne (Bl. 173 d. A.). Sie, die Antragstellerin, habe dementsprechend „ein dringendes betriebliches Erfordernis, den beschäftigungslosen Zustand in der Person des Beteiligten zu 3) durch die streitgegenständliche Zuweisung zu beenden und den Leistungsaustausch im Beamtenverhältnis wieder auf eine rechtlich und tatsächlich ordnungsgemäße Grundlage zu stellen“.
44Während die Antragstellerin mithin dem Beteiligten zu 2) im Zustimmungsverfahren die Klage des Beteiligten zu 3) auf amtsangemessene Beschäftigung als Grund genannt hat, führt sie nunmehr umgekehrt dessen Pflicht und dem korrespondierend ihr, der Antragstellerin, Recht, an, durch die streitgegenständliche Zuweisung den Leistungsaustausch im Beamtenverhältnis wieder auf eine „ordnungsgemäße Grundlage zu stellen“. Sie, die Antragstellerin, dürfe nicht zur Vorhaltung eines „sinnentleerten Beamtenverhältnisses bzw. einer nicht nutzbaren Personalreserve“ gezwungen werden (Bl. 174 d. A.).
45Mit diesem neuen Grund aber ist die Antragstellerin nach dem oben Gesagten im Zustimmungsersetzungsverfahren präkludiert, da sie in nicht zuvor dem Betriebsrat unterbreitet hat.
462. Selbst wenn man jedoch diesen neuen betrieblichen Grund im vorliegenden Verfahren für nicht präkludiert hielte, so kann er nicht als dringender Betrieblicher Grund anerkannt werden, der auch unter Berücksichtigung der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung des Beteiligten zu 3) die Versetzung als notwendig erscheinen lässt. Dieses ergibt sich aus den Besonderheiten des Einzelfalles:
47a. Der Beteiligte zu 3) hatte, als er noch nicht Mitglied des Betriebsrates war, bereits im Jahre 2007 ein verwaltungsgerichtliches Verfahren eingeleitet, mit dem er seine Beschäftigung auf einem amtsangemessenen Dienstposten erstrebte. Durch Vergleich vom 12.02.2008 verpflichtete sich die damalige Beklagte, die Beschäftigung des Beteiligten zu 3) auf einem amtsangemessenen Dienstposten möglichst wohnortnah bis spätestens zum 31.12.2008 zu realisieren. Im Jahre 2009 leitete sie, so ihr Vortrag in der Antragschrift (Bl. 4 d. A.), ein entsprechendes Zustimmungsersetzungsverfahren ein, aufgrund dessen sie eine Tätigkeit bei der T-S E S GmbH, einer Konzerntochter, zuweisen wollte. Das Verfahren wurde aus formalen Gründen eingestellt. Seither bis zum November 2011 beließ die Antragstellerin es bei diesem Zustand. Seit November 2011 ist der Beteiligte zu 3) ordentliches Betriebsratsmitglied und stellvertretende Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen. Jetzt, wo der Beteiligte zu 3) ein Betriebsratsamt bekleidete, leitete die Antragstellerin mit Schreiben vom 03.02.2012, also wenige Monate nach der Wahl des Beteiligten zu 3) in den Betriebsrat, das Zustimmungsverfahren nach § 103 Abs. 3 BetrVG ein mit dem Ziel, den Beteiligten zu 3) in eine andere Konzerntochter, die V C S GmbH, zu versetzen, wodurch es zum Verlust des Betriebsratsamtes käme. Die Antragstellerin hatte es mithin über mehrere Jahre dabei belassen, dass der Beteiligte zu 3) nicht amtsangemessen beschäftigt wurde. Jetzt, wo er das Betriebsratsamt bekleidet, wird diese Nichtbeschäftigung von der Antragstellerin herangezogen, um eine dringende Notwendigkeit zu begründen, den Beteiligten zu 3) in ein anderes Unternehmen und einen anderen Betrieb zu versetzen und ihm damit das Betriebsratsamt zu entziehen. Gerade unter dem Schutzzweck des § 103 BetrVG kann angesichts des zuvor Geschehenen eine Dringlichkeit dieser Versetzung nicht bejaht werden.
48b. Unabhängig davon schließlich ist aus dem Vortrag der Antragstellerin auch nicht erkennbar, dass die Versetzung in ein anderes Unternehmen und einen anderen Betrieb notwendig wäre, um die amtsangemessene Beschäftigung zu realisieren:
49Der Beteiligte zu 2) hat – als solches unstreitig – darauf hingewiesen, dass in der Vergangenheit die Ansprüche von Beamten auf angemessene Beschäftigung durch Versetzung auf einen Posten innerhalb des Bereiches V bei der Antragstellerin erfüllt wurden. Er hat dazu fünf Fälle beschrieben (Bl. 80 bis 81 d. A.), ferner darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin selbst in diesen Fällen von der Erfüllung des Anspruchs auf amtsangemessene Beschäftigung gegenüber dem Beteiligten zu 2) gesprochen hat (vgl. Bl. 80 d. A.), dass sie in mehreren dieser Fälle auch ausdrücklich von einer dauerhaften amtsangemessenen Beschäftigung gesprochen hat (vgl. Bl. 80/81 d. A.). Der Beteiligte zu 2) hat ferner darauf hingewiesen, dass außer in diesen fünf Fällen von Beamten die Antragstellerin weiteren sieben Arbeitnehmern im Jahre 2012 die Tätigkeit im Bereich V angeboten hat. Die Antragstellerin hat dazu (vgl. Bl. 105 d. A.) lediglich pauschal und ohne Substantiierung, ausgeführt, eine „vorübergehende Einsatzmöglichkeit bei V “ erfülle nicht den Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung, da Beamte im Bereich V grundsätzlich nur vorübergehend abgeordnet würden. Das Vorbringen ist entgegen der unstreitigen Tatsache, dass die Antragstellerin in mehreren der von dem Beteiligten zu 2) genannten Fällen ausdrücklich selbst von einer dauerhaften Beschäftigung gesprochen hat nicht nur unsubstantiiert, sondern auch unschlüssig.
50Sie hat sich ferner darauf berufen, dass die Versetzungen auf Personalposten mit Dienstort B bezogen gewesen seien, dass es sich um Positionen mit Expertenwissen gehandelt habe und eine entsprechend hohe Wertung gegeben gewesen sei. Die Antragstellerin hat jedoch nichts auch nur andeutungsweise Substantiiertes dazu vorgetragen, warum nicht auch für den Beteiligten zu 3) ein entsprechender Personalposten bei der Antragstellerin besetzt werden könnte.
513. Schließlich will sich die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren offenbar darauf berufen, dass bei ihrer Tochter VCS ein hoher Arbeitsbedarf bestehe (Bl. 176 d. A.).
52a. Auch diesen Grund hat sie dem Beteiligten zu 2) im Verfahren um dessen Zustimmung nicht genannt. Sie hat auch entsprechend der zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den Beteiligten zu 2) im Laufe des gerichtlichen Verfahrens nicht erneut um Zustimmung unter diesem Gesichtspunkt gebeten. Sie ist damit im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung im vorliegenden Verfahren mit diesem Grund präkludiert.
53b. Selbst wenn dieses nicht so wäre, dann lässt sich nicht feststellen, dass die Antragstellerin den Beschäftigungsbedarf nicht durch Zuweisung anderer Beamter oder durch Versetzung von Arbeitnehmern mit Konzernversetzungsklausel decken könnte: Die Antragstellerin trägt vor, es erfolgten regelmäßig Zuweisungen von nicht amtsangemessenen beschäftigten Beamten der mittleren technischen Laufbahn zu der VCS. Derzeit würden bei der Antragstellerin alle Beamten der mittleren technischen Laufbahn, die ohne Beschäftigung seien und für die es keine andere Verwendung gebe, der VCS zugewiesen und dort amtsangemessen beschäftigt. Derzeit befänden sich neun weitere Beamte der mittleren technischen Laufbahn im Anhörungs/Zuweisungsverfahren zu der VCS M .
54Daraus ergibt sich nicht, dass die Antragstellerin nicht in der Lage wäre, durch solche Zuweisungen dem Beschäftigungsbedarf bei der VCS zu decken.
55Die Antragstellerin beruft sich aber darauf, das Arbeitsgericht setze unter arbeitsrechtlichen Schutzerwägungen fehlerhaft eine Pflicht zu einer Reihung voraus, die aber nach Beamtenrecht nicht wie im Arbeitsrecht gegeben sei. Nach den Grundsätzen des Beamtenrechts könne der Beteiligte zu 3) keinen höheren Schutz beanspruchen als andere Beamte, die kein Ehrenamt ausübten (Bl. 176 d. A.), sie, die Antragstellerin, sei auch nicht verpflichtet, alternativ zu dem Beteiligten zu 3) einen anderen bislang nicht amtsangemessen beschäftigten Fernmeldehauptsekretär nach M zu versetzen bzw. ihm die streitgegenständliche Aufgabe/Beschäftigung zuzuweisen.
56Hier verkennt die Antragstellerin den Schutzzweck des § 103 Abs. 3 BetrVG. Während bei anderen Beamten oder anderen Arbeitnehmern die individualrechtliche Versetzungsmöglichkeit/Zuweisungsmöglichkeit ausreicht, ist die Versetzung bzw. Zuweisung bei einem Betriebsratsmitglied nicht nur durch die individualrechtliche Möglichkeit bedingt, sondern muss nach § 103 Abs. 3 BetrVG auch die betriebsverfassungsrechtliche Stellung des Betroffenen berücksichtigt werden. § 103 Abs. 3 BetrVG gibt dem Betriebsratsmitglied einen gegenüber sonstigen Beschäftigten (Arbeitnehmern wie Beamten) vorgehenden besonderen Schutz, mit dem der Betriebsrat in seiner personellen Kontinuität geschützt werden soll.
57Rechtsmittelbelehrung
58Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
59Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 92a ArbGG verwiesen.