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Im Fall der Drittschuldnerklage ist regelmäßig auch eine Klage auf künftige Leistung nach § 259 ZPO wegen Besorgnis der Leistungsverweigerung zulässig.
Auf die Berufung des Klägers wird das am 13.07.2011 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Köln
– 2 Ca 588/11 – teilweise abgeändert:
1. Die Beklagte wird weitergehend verurteilt, an den Kläger für den Zeitraum 01.09.2010 bis zum 30.09.2010 und für den Zeitraum 01.02.2011 bis zum 30.10.2011 einen Betrag in Höhe von 746,14 € zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für die Dauer der Beschäftigung des Streitverkündeten MBjeweils monatlich 74,51 € zum letzten Tag des Monats zu zahlen, beginnend ab dem 01.11.2011 bis zur vollständigen Tilgung der Forderung des Klägers aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Köln – 282 M 7698/10 – vom 27.08.2010, der Beklagten zugestellt am 16.09.2010.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 20 % und die Beklagte zu 80 %.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten im Wege der sogenannten Drittschuldnerklage über die Zahlung gepfändeten Arbeitsentgelts auf einen Unterhaltstitel des minderjährigen Klägers, bei dem es sich um den Sohn des bei der Beklagten beschäftigten Schuldners handelt. Von einer weitergehenden Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.
3Das Arbeitsgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 13.07.2011 verurteilt, an den Kläger für die Zeit von Oktober 2010 bis Januar 2011 einen Betrag in Höhe von 271,16 € nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen, wobei es den Klageantrag zu 2) auf künftige Leistung für unzulässig gehalten hat. Wegen der Einzelheiten der arbeitsgerichtlichen Begründung wird auf Blatt 101 f. der Akten verwiesen.
4Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seinen Antrag auf künftige Leistung weiter und begehrt im Wege der Klageerweiterung die Zahlung rückständiger Beträge in Höhe von 746,14 € für den Monat September 2010 sowie die Monate Februar bis Oktober 2011. Dabei legt er für die Berechnung die vom Arbeitsgericht für pfändbar erklärten Beträge aus dem Arbeitseinkommen des Schuldners zugrunde. Er trägt vor, die Beklagte habe erst mit Wertstellung zum 31.08.2011 auf das arbeitsgerichtliche Urteil einen Betrag von 278,62 € gezahlt, um Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu vermeiden.
5Der Kläger beantragt,
6das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 13.07.2011 – 2 Ca 588/11 – abzuändern und die Beklagte weitergehend zu verurteilen,
7Die Beklagte beantragt,
10die Berufung zurückzuweisen.
11Sie verteidigt das angefochtene Urteil aus Rechtsgründen.
12Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes haben die Parteien auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
13E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
14I. Die Berufung des Klägers ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
15II. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
161. Der Kläger kann für die Vergangenheit über den vom Arbeitsgericht titulierten Anspruch hinaus einen weiteren Betrag in Höhe von 746,14 € verlangen. Da der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss der Beklagten am 16.09.2010 zugestellt wurde und die jeweilige Arbeitsvergütung des Schuldners am Monatsletzten fällig ist, steht dem Kläger bereits der pfändbare Betrag für den Abrechnungsmonat September 2010 zu. Dies ist nach der zutreffenden Berechnung des Arbeitsgerichts ein Betrag von 75,55 €. Für die Monate Februar bis Juni 2011 errechnet sich eine pfändbare Forderung von jeweils 74,51 €, ebenso für die Monate Juli bis Oktober 2011, sodass für diese Monate insgesamt 746,14 € zu zahlen sind.
17Soweit der Kläger ein höheres Nettoeinkommen des Schuldners behauptet hat und dazu rügt, der angebotene Zeugenbeweis sei erstinstanzlich nicht erhoben worden, war dies nicht entscheidungserheblich, weil der Kläger seine mit der Berufung verfolgten Ansprüche auf die vom Arbeitsgericht vorgenommene Berechnung beschränkt hat. Auf der Basis eines Nettoeinkommens von jedenfalls 1.032,21 € bzw. 1.028,02 € ab Januar 2011 stehen dem Kläger jedenfalls pfändbare Beträge in der zuerkannten Höhe zu (§ 611 BGB i. V. m. §§ 829, 836 ZPO).
182. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist auch der Antrag zu 2) auf künftige Leistung nach § 259 ZPO zulässig und begründet. Der Kläger kann bis auf Weiteres die Zahlung des pfändbaren Betrages von 74,51 € monatlich in dem titulierten Umfang beanspruchen.
19Besondere Zulässigkeitsvoraussetzung für die Klage auf künftige Leistung ist die Besorgnis, dass sich der Schuldner der rechtzeitigen Leistung entziehen werde. Dass diese Besorgnis gerechtfertigt ist, zeigt das Verhalten der Beklagten im vorliegenden Fall gerade auch nach dem Erlass des Urteils erster Instanz. Wie der Kläger unwidersprochen vorgetragen hat, ist die Zahlung des vom Arbeitsgericht zuerkannten Betrages relativ spät und zur Vermeidung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolgt. Die Rechtsprechung hat anerkannt, dass der Gläubiger eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses Ansprüche des Schuldners auf zukünftiges Arbeitseinkommen pfänden kann, so wie dies hier mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 27.08.2010 (Kopie Bl. 5 d. A.) geschehen ist. Die Klage kann auch auf die Zeit der Zahlung eines bestimmten Lohns und bis zur Tilgung der Forderung im Klageantrag und entsprechend im Urteilstenor begrenzt werden (vgl. BAG 23.02.1983 – 4 AZR 508/81, juris). Soweit das Bundesarbeitsgericht in seiner neueren Rechtsprechung für eine Klage auf künftige Vergütung nach § 259 ZPO strengere Voraussetzungen aufgestellt hat und sie grundsätzlich – mit der Ausnahme vorsätzlicher Verweigerung unzweifelhaft geschuldeter Vergütung – als unzulässig ansehen will, so ist davon gerade die besondere Konstellation der Drittschuldnerklage ausgenommen (vgl. BAG 09.04.2008 – 4 AZR 104/07, juris, insbesondere Randzahl 33 m. w. N.).
20III. Die Kostenentscheidung folgt unter Berücksichtigung des teilweisen Unterliegens des Klägers in erster Instanz aus § 92 Abs. 1 ZPO.
21IV. Die Revision war nicht gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Insbesondere hatte die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil die Entscheidung auf den besonderen Umständen des Einzelfalls beruht.
22Rechtsmittelbelehrung
23Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben. Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72 a ArbGG verwiesen.
24Dr. Kalb Trimborn Schneider