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1. Die Veränderungssperre des § 8 Abs. 6 TzBfG gilt nur für Verringerungsverlangen nach § 8 Abs. 1 TzBfG.
2. Eine nach Maßgabe von § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG abgeschlossene Betriebsvereinbarung kann den Arbeitgeber berechtigen, den Verteilungswunsch des Arbeitnehmers abzulehnen. Diese Rechtsprechung gilt nur für die Verteilung der Arbeitszeit, weil insoweit ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht. Sie bezieht sich nicht auf die Verringerung der Arbeitszeit, weil hinsichtlich des Umfangs der Arbeitszeit des Arbeitnehmers kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht.
3. Der Antrag nach § 8 TzBfG muss sich nicht im Rahmen der bisherigen Arbeitszeit halten. Eine Verteilung dahingehend, dass in einzelnen Monaten eine vollständige Freistellung erfolgt, ist möglich. Im konkreten Fall standen dem Teilzeitwunsch des Arbeitnehmers allerdings betriebliche Gründe entgegen.
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22. März 2012 – 12 Ca 5707/11 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
2Der Kläger macht einen Anspruch auf Verringerung und eine geänderte Verteilung seiner Arbeitszeit geltend.
3Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 3. November 2009 als verantwortlicher Flugzeugführer auf dem Flugzeugmuster A 319 beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis ist kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme der „Tarifvertrag über Wechsel und Förderung Nr. 3“ anwendbar. Wegen des Inhalts des Tarifvertrages wird auf die Kopie Bl. 55 d. A. Bezug genommen.
4Die Beklagte verständigte sich am 8. Oktober 2002 mit der Personalvertretung auf eine „Betriebsvereinbarung Teilzeit“ (BV Teilzeit), welche verschiedene Teilzeitmodelle mit Freistellungszeiten von einem bis zu drei Monaten im Jahr vorsieht. Zu den Voraussetzungen und der Vergabe regeln §§ 4 und 7 der Betriebsvereinbarung:
5„§ 4 Voraussetzungen
61) Für einen Teilzeitarbeitsplatz können sich alle Mitarbeiter des Cockpitpersonals der G bewerben, die sich in einem unbefristeten und ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden.
72) Zum Zeitpunkt der Antragstellung muss der Cockpitmitarbeiter mindestens 24 Monate ununterbrochen bei G beschäftigt sein.
8§ 7 Vergabe
91) Das von G mit Zustimmung der PV festgelegte Kontingent an Teilzeitmonaten wird in mehreren Durchläufen vergeben, wobei pro Durchlauf über die Vergabe der verschiedenen Modelle gesondert entschieden wird.
102) Innerhalb dieser Durchläufe erfolgt die Vergabe nach positiver Seniorität, d. h. eine niedrigere Senioritätsnummer geht vor einer höheren Senioritätsnummer.
113) Es wird zunächst über alle Anträge mit Modell A entschieden. Das verbleibende Kontingent an Freistellungsmonaten geht in den Durchlauf für Modell B. Die darauf folgenden Durchläufe erfolgen analog.“
12Wegen des weiteren Inhalts der BV Teilzeit wird auf die Kopie Bl. 21 ff. d.A. verwiesen. Die Betriebsparteien verständigten sich später auf eine Ergänzung zu der Betriebsvereinbarung. Danach kann Teilzeit nach der Betriebsvereinbarung bereits ab einer sechsmonatigen Betriebszugehörigkeit beantragt werden.
13Der Kläger beantragte am 15. Juli 2010 erstmals eine Teilzeitbeschäftigung, die am 1. Januar 2011 beginnen sollte. In dem Antrag gab er mehrere in der BV Teilzeit vorgesehene Varianten an. Die Beklagte lehnte den Teilzeitantrag mit Schreiben vom 23. August 2010 ab.
14Mit Schreiben vom 21. März 2011 beantragte der Kläger erneut eine Teilzeitbeschäftigung. Hierzu berief er sich sowohl auf die BV Teilzeit als auch das Teilzeit- und Befristungsgesetz.
15Mit Schreiben vom 4. April 2011 antwortete die Beklagte wie folgt:
16„ ir nehmen Bezug auf Ihr Schreiben vom 21.03.2012 und erlauben uns, folgende Erläuterungen in dieser Sache zu geben. Leider konnten wir dem Antrag Ihres Mandanten S E ab dem Jahr 2011 in einigen Monaten des Jahres von der Arbeitsverpflichtung freigestellt zu werden nicht entsprechen, da das festgelegte Freistellungskontingent für die gewünschten Freistellungsmodelle bereits ausgeschöpft war. Gemäß § 7 der Betriebsvereinbarung Teilzeit erfolgt die Vergabe nach positiver Seniorität, d. h. eine niedrigere Senioritätsnummer geht vor einer höheren Senioritätsnummer. Das vorgegebene Kontingent an Teilzeitmonaten wurde an senioritätsältere Mitarbeiter vergeben. Aus diesem Grunde konnten die Wünsche Ihres Mandanten nicht berücksichtigt werden. Eine Freistellungsgewährung war aus operationellen und betrieblichen Gründen nicht möglich.“
17Mit der am 28. Juli 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 8. August 2011 zugestellten Klage verfolgt der Kläger sein Teilzeitbegehren weiter. In der Klageschrift hat der Klägervertreter ausgeführt, er beantrage hiermit vorsorglich erneut namens und in Vollmacht des Klägers die im Antrag bezeichneten Teilzeitmodelle.
18Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die von ihm begehrte Vertragsänderung sei bereits eingetreten, weil die Beklagte seinem Antrag vom 21. März 2011 nicht entgegengetreten sei. Das Schreiben der Beklagten vom 4. April 2011 beziehe sich nur auf seinen Antrag vom 15. Juli 2010. Jedenfalls könne er eine Änderung des Vertrages verlangen.
19Der Kläger hat beantragt,
201. die Beklagte zu verurteilen, seinem Antrag auf Reduzierung der vertraglichen Arbeitszeit auf 83,33 % zuzustimmen (unterjährige Teilzeit mit den Freistellungsmonaten Januar und Juli eines jeden Jahres);
212. hilfsweise,
22die Beklagte zu verurteilen, seinem Antrag auf Reduzierung der vertraglichen Arbeitszeit auf 83,33 % zuzustimmen (unterjährige Teilzeit mit den Freistellungsmonaten Februar und August eines jeden Jahres);
233. hilfsweise,
24die Beklagte zu verurteilen, seinem Antrag auf Reduzierung der vertraglichen Arbeitszeit auf 83,33 % zuzustimmen (unterjährige Teilzeit mit den Freistellungsmonaten Juni und Juli eines jeden Jahres);
254. hilfsweise,
26die Beklagte zu verurteilen, seinem Antrag auf Reduzierung der vertraglichen Arbeitszeit auf 83,33 % zuzustimmen (unterjährige Teilzeit mit den Freistellungsmonaten Mai und Juni eines jeden Jahres);
275. hilfsweise,
28die Beklagte zu verurteilen, seinem Antrag auf Reduzierung der vertraglichen Arbeitszeit auf 75 % zuzustimmen (unterjährige Teilzeit mit den Freistellungsmonaten Mai, Juni und Juli eines jeden Jahres);
296. hilfsweise,
30die Beklagte zu verurteilen, seinem Antrag auf Reduzierung der vertraglichen Arbeitszeit auf 75 % zuzustimmen (unterjährige Teilzeit mit den Freistellungsmonaten Februar, Juni und Oktober eines jeden Jahres).
31Die Beklagte hat beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Sie hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Verringerung seiner Arbeitszeit zu. Der Kläger habe schon keinen wirksamen Antrag gestellt, weil er in bestimmten Monaten gar nicht arbeiten wolle. Jedenfalls greife die Sperrfrist des § 8 Abs. 6 TzBfG. Zudem seien die Voraussetzungen der BV Teilzeit, die allein maßgeblich sei, nicht gegeben. Insgesamt drei Kapitäne hätten eine Teilzeitbeschäftigung nach dem B-Modell (zweimonatige Freistellung) beantragt. Sie habe nur dem Senioritätsältesten bewilligt werden können. Zudem stünden dem Teilzeitbegehren des Klägers betriebliche Gründe entgegen. Dies gelte insbesondere für die Verteilung der Arbeitszeit. Nach ihrer Personalplanung für das Jahr 2011 (Übersicht Bl. 65 d.A.) ergebe sich lediglich im April ein Überhang von vier Flugkapitänen und in den Monaten Juni, August, Oktober und Dezember ein Überhang von jeweils einem Flugkapitän. Der Kläger habe in keinem seiner Anträge zwei Monate hiervon erfasst. Sie könne für die vom Kläger gewünschten zwei Monate keinen Ersatz finden. Dies wäre nur möglich, wenn bezogen auf ein Kalenderjahr alle 12 Monate als Teilzeitmodelle vergeben werden könnten. Wegen ihrer Bindung an den Tarifvertrag könne sie nicht flexibel Neueinstellungen vornehmen. Hiermit seien auch unverhältnismäßige Kosten verbunden.
34Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 22. März 2012 abgewiesen. Gegen das ihm am 29. März 2012 zugestellte erstinstanzliche Urteil hat der Kläger am 27. April 2012 Berufung eingelegt und diese am 29. Mai 2012 begründet.
35Der Kläger ist nach wie vor der Auffassung, ihm stehe der geltend gemachte Anspruch zu. Die Sperrfrist des § 8 Abs. 6 TzBfG greife nicht ein. Die Beklagte verleihe im Sommer 2012 Flugzeugführer an andere Gesellschaften. Daran zeige sich, dass sie Überkapazitäten habe.
36Der Kläger beantragt,
37das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 22. April 2012 – 12 Ca 5707/11 – abzuändern und
381. die Beklagte zu verurteilen, seinem Antrag auf Reduzierung der vertraglichen Arbeitszeit auf 83,33 % zuzustimmen (unterjährige Teilzeit mit den Freistellungsmonaten Januar und Juli eines jeden Jahres);
392. hilfsweise,
40die Beklagte zu verurteilen, seinem Antrag auf Reduzierung der vertraglichen Arbeitszeit auf 83,33 % zuzustimmen (unterjährige Teilzeit mit den Freistellungsmonaten Februar und August eines jeden Jahres);
413. hilfsweise,
42die Beklagte zu verurteilen, seinem Antrag auf Reduzierung der vertraglichen Arbeitszeit auf 83,33 % zuzustimmen (unterjährige Teilzeit mit den Freistellungsmonaten Juni und Juli eines jeden Jahres);
434. hilfsweise,
44die Beklagte zu verurteilen, seinem Antrag auf Reduzierung der vertraglichen Arbeitszeit auf 83,33 % zuzustimmen (unterjährige Teilzeit mit den Freistellungsmonaten Mai und Juni eines jeden Jahres);
455. hilfsweise,
46die Beklagte zu verurteilen, seinem Antrag auf Reduzierung der vertraglichen Arbeitszeit auf 75 % zuzustimmen (unterjährige Teilzeit mit den Freistellungsmonaten Mai, Juni und Juli eines jeden Jahres);
476. hilfsweise,
48die Beklagte zu verurteilen, seinem Antrag auf Reduzierung der vertraglichen Arbeitszeit auf 75 % zuzustimmen (unterjährige Teilzeit mit den Freistellungsmonaten Februar, Juni und Oktober eines jeden Jahres).
49Die Beklagte beantragt,
50die Berufung zurückzuweisen.
51Sie verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags das angefochtene Urteil.
52Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
53E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
54I. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG statthaft und wurde gemäß §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 und 5 ArbGG, §§ 519 und 520 ZPO frist- und formgerecht eingelegt und begründet.
55II. Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Klage ist mit Haupt- und Hilfsanträgen unbegründet.
56Der Vertrag hat sich nicht bereits wie vom Kläger gewünscht nach § 8 Abs. 5 Sätze 2 und 3 TzBfG geändert. Die Beklagte hat den nur auf die BV Teilzeit gestützten Antrag des Klägers vom 15. Juli 2010 zu Recht abgelehnt. Sie hat auch den Antrag vom 21. März 2011 zu Recht abgelehnt. Die Voraussetzungen der BV Teilzeit sind nicht gegeben. Dem Antrag nach § 8 TzBfG stehen betriebliche Gründe entgegen. Der in der Klageschrift geltend gemachte Antrag hat keinen Erfolg, weil insoweit die Veränderungssperre des § 8 Abs. 6 TzBfG eingreift.
571. Der Vertrag hat sich nicht bereits wie vom Kläger gewünscht nach § 8 Abs. 5 Sätze 2 und 3 TzBfG geändert. Die Zustimmungsfiktion ist nicht eingetreten, weil die Beklagte den Verringerungs- und Verteilungswünschen des Klägers fristgerecht (§ 8 Abs. 5 Satz 1 TzBfG) entgegengetreten ist. Sie hat dem Kläger die Ablehnung spätestens einen Monat vor der gewünschten Vertragsänderung schriftlich mitgeteilt.
58Dies gilt zunächst für seinen Antrag vom 15. Juli 2010, den die Beklagte am 23. August 2010 abgelehnt hat.
59Den zweiten vom Kläger am 21. März 2011 gestellten Antrag hat die Beklagte mit Schreiben vom 4. April 2011 zurückgewiesen. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte in dem Schreiben ausdrücklich ihre Ablehnung des ersten Antrags vom 15. Juli 2010 begründet hat. Damit hat sie zum Ausdruck gebracht, dass sie auch seinem neuerlichen Begehren nicht entsprechen wollte.
60Auf den in der Klageschrift erneut gestellten Teilzeitantrag brauchte die Beklagte nach § 8 Abs. 6 TzBfG nicht zu reagieren. Für diesen Antrag greift die Veränderungssperre, weil die Beklagte – wie noch zu begründen sein wird – den Antrag des Klägers vom 21. März 2011 berechtigt abgelehnt hat.
612. Die Beklagte hat die Anträge des Klägers vom 15. Juli 2010 zu Recht abgelehnt.
62Diese auf einem Vordruck der Beklagten formulierten Anträge beziehen sich ausschließlich auf den in der BV Teilzeit geregelten Anspruch. Die Voraussetzungen liegen nicht vor, weil sich die Beklagte mit der Personalvertretung nur auf ein begrenztes Kontingent verständigt hat, bei dem andere Flugkapitäne vorrangig zum Zuge kommen.
633. Aus den gleichen Erwägungen hat die Beklagte die Anträge vom 21. März 2011 insoweit berechtigt abgelehnt, als der Kläger sie auf die BV Teilzeit gestützt hat.
644. Die Beklagte hat die Anträge des Klägers vom 21. März 2011 auch insoweit berechtigt abgelehnt, als sie auf § 8 TzBfG gestützt worden sind.
65a) Dies ergibt sich nicht bereits daraus, dass die Beklagte die Teilzeitanträge des Klägers vom 15. Juli 2010 zu Recht abgelehnt hat.
66Die Veränderungssperre des § 8 Abs. 6 TzBfG kommt insoweit nicht zur Anwendung, weil sie ausschließlich für Verringerungsverlangen nach § 8 Abs. 1 TzBfG gilt (BAG 13. November 2007 – 9 AZR 36/07 – EzA § 8 TzBfG N . 20 Rn. 22; Sievers TzBfG 4. Aufl. § 8 Rn. 209). Das Verringerungsverlangen des Klägers vom 15. Juli 2010 hat sich jedoch – wie dargelegt – ausschließlich auf die BV Teilzeit und nicht auf § 8 TzBfG bezogen.
67b) Der grundsätzlich bestehende Anspruch des Klägers aus § 8 TzBfG wird durch die Betriebsvereinbarung nicht ausgeschlossen.
68Dabei kann dahinstehen, ob die Betriebsparteien einen derartigen Regelungswillen hatten. Eine solche Vereinbarung wäre nach § 22 Abs. 1 TzBfG unwirksam, weil der Teilzeitanspruch nach § 8 TzBfG nicht dispositiv ist.
69Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Betriebsparteien bestimmte Ablehnungsgründe durch Betriebsvereinbarung wirksam festgelegt haben. Diese Möglichkeit ist nach § 8 Abs. 4 Satz 3 TzBfG den Tarifvertragsparteien vorbehalten. Folglich kann auch die Festlegung einer Quote nicht durch Betriebsvereinbarung erfolgen (BAG 24. Juni 2008 – 9 AZR 313/07 – EzA § 8 TzBfG Nr. 21 Rn. 42).
70Eine andere Betrachtung ergibt sich nicht aus den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 18. August 2009 (9 AZR 517/08 – NZA 2009, 2017), 16. März 2004 (9 AZR 323/03 – EzA § 8 TzBfG Nr. 8) und 18. Februar 2003 (9 AZR 164/02 – EzA § 8 TzBfG Nr. 3). Danach kann eine nach Maßgabe von § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG abgeschlossene Betriebsvereinbarung den Arbeitgeber berechtigen, den Verteilungswunsch des Arbeitnehmers abzulehnen. Diese Rechtsprechung gilt nur für die Verteilung der Arbeitszeit, weil insoweit ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht. Sie bezieht sich nicht auf die Verringerung der Arbeitszeit, weil hinsichtlich des Umfangs der Arbeitszeit des Arbeitnehmers kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht.
71c) Der Wirksamkeit der Teilzeitanträge des Klägers steht nicht entgegen, dass sich die Anträge nicht im Rahmen der bisherigen Verteilung der Arbeitszeit halten.
72Nach der Rechtsprechung des BAG ist es nicht erforderlich, dass sich das Angebot im Rahmen der bisherigen Arbeitszeit hält und nur von der bisherigen Arbeitszeit etwas abzieht. Möglich ist eine völlige Neuverteilung (BAG 18. August 2009 – 9 AZR 517/08 – NZA 2009, 1207; 16. Dezember 2008 – 9 AZR 839/07 – NJW 2009, 1527; Sievers TzBfG 4. Aufl. § 8 Rn. 29 f.).
73Vorliegend kommt hinzu, dass sich die Anträge des Klägers in Rahmen der von der Beklagten abgeschlossenen BV Teilzeit bewegen.
74d) Die Beklagte hat die Teilzeitanträge des Klägers insgesamt wirksam abgelehnt, weil sie sich jedenfalls hinsichtlich der vom Kläger gewünschten Verteilung der Arbeitszeit auf entgegenstehende betriebliche Gründe berufen kann. Dies führt insgesamt zur Zurückweisung der Anträge, weil die Beklagte die Verringerungs- und Verteilungsanträge des Klägers nur einheitlich annehmen bzw. ablehnen konnte.
75aa) Der Kläger hätte mit seinen Anträgen nur Erfolg haben können, wenn sowohl die Voraussetzungen für eine Verringerung als auch eine geänderte Verteilung der Arbeitszeit gegeben gewesen wären. Dies folgt daraus, dass er seine Verringerungs- und Verteilungsanträge derart zu einer Einheit verknüpft hat, dass sie von der Beklagten nur einheitlich angenommen bzw. abgelehnt werden konnten.
76aaa) Das Begehren des Arbeitnehmers ist auf die Verringerung der Arbeitszeit gerichtet (§ 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG). Daneben hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, einen Antrag zur gewünschten Verteilung der Arbeitszeit zu stellen (§ 8 Abs. 2 Satz 2 TzBfG). Aus der Verwendung des Begriffes "soll" ergibt sich, dass letzterer Antrag nicht zwingend erforderlich ist.
77Die Voraussetzungen stimmen für beide Fälle überein. Für den Antrag auf eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit ist allerdings zu beachten, dass er nicht isoliert gestellt werden kann. Ihm kommt gegenüber dem Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit eine Annexfunktion zu. Er kann nur gestellt werden, wenn der Arbeitnehmer gleichzeitig die Verringerung der Arbeitszeit begehrt (BAG 23. November 2004 – 9 AZR 644/03 – NZA 2005, 769). Dies bedeutet weiterhin, dass eine Änderung der Verteilung der Arbeitszeit ausscheidet, wenn der Arbeitnehmer die Verringerung der Arbeitszeit nicht durchzusetzen vermag (Sievers TzBfG 4. Aufl. § 8 Rn. 9).
78Umgekehrt besteht die Möglichkeit, dass der Arbeitnehmer mit seinem Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit Erfolg hat, jedoch nicht mit dem Antrag auf eine bestimmte Verteilung der Arbeitszeit (etwa, weil der Arbeitgeber nur in Bezug auf die Verteilung der Arbeitszeit betriebliche Gründe darlegen konnte). In vielen Fällen ist die Verringerung der Arbeitszeit für den Arbeitnehmer jedoch nur interessant, wenn er auch eine bestimmte, seinen Bedürfnissen entsprechende Lage der Arbeitszeit erreichen kann. Ihm ist daher die Möglichkeit einzuräumen, beide Anträge dergestalt zu verknüpfen, dass sein Änderungswunsch nur insgesamt angenommen oder abgelehnt werden kann. In einem derartigen Fall kann die angestrebte Arbeitszeitverkürzung nur beansprucht werden, wenn die Kürzung und die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit mit dem organisatorischen Konzept des Betriebes vereinbar sind. Der Arbeitgeber lehnt das Begehren des Arbeitnehmers somit auch dann berechtigt ab, wenn gegen die Verringerung der Arbeitszeit keine betrieblichen Gründe sprechen, wohl aber gegen die vom Arbeitnehmer gewünschte zeitliche Lage der Arbeitszeit (BAG 24. Juni 2008 – 9 AZR 514/07 - NZA 2008, 1289; 23. November 2004 – 9 AZR 644/03 – NZA 2005, 769; 18. Februar 2003 – 9 AZR 356/02 – EzA § 8 TzBfG Nr. 2; 18. Februar 2003 – 9 AZR 164/02 – EzA § 8 TzBfG Nr. 3).
79Erklärt sich der Arbeitnehmer nicht ausdrücklich zu dem Verhältnis beider Anträge, sind seine Erklärungen auszulegen. Anzuwenden sind die für Willenserklärungen geltenden Bestimmungen; dazu gehören die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB. Maßgeblich ist daher, ob der Arbeitgeber den Antrag als „Einheit“ auffassen durfte. Hiervon ist regelmäßig auszugehen. Üblicherweise ist der Teilzeitwunsch eines Arbeitnehmers nämlich Ergebnis von Planungen, für die auch die Verteilung der Arbeitszeit von Bedeutung ist. Für eine gegenteilige Auslegung bedarf es besonderer Anhaltspunkte (BAG 23. November 2004 - 9 AZR 644/03 - EzA § 8 TzBfG Nr. 12; 18. Februar 2003 - 9 AZR 164/02 - EzA § 8 TzBfG Nr. 3).
80bbb) Danach liegen einheitliche Anträge des Klägers vor. Er wollte die Verringerung der Arbeitszeit nur für den Fall erreichen, dass er gleichzeitig die von ihm gewünschte Verteilung der Arbeitszeit durchsetzen kann. Für eine gegenteilige Auslegung bestehen keine Anhaltspunkte.
81bb) Die Anträge des Klägers haben keinen Erfolg, weil zumindest seinem Verteilungswunsch betriebliche Gründe entgegenstehen.
82aaa) Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 und 2 TzBfG hat der Arbeitgeber der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen, falls betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein entgegenstehender betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Umsetzung des Arbeitszeitverlangens die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Insoweit genügt es, wenn der Arbeitgeber rational nachvollziehbare Gründe hat. Diese Gründe müssen hinreichend gewichtig sein. Der Arbeitgeber kann deshalb die Ablehnung allerdings nicht allein mit seiner abweichenden unternehmerischen Vorstellung von der „richtigen” Arbeitszeitverteilung begründen (BAG 13. Oktober 2009 – 9 AZR 910/08 – NZA 2010, 339; 8. Mai 2007 - 9 AZR 1112/06 - AP § 8 TzBfG Nr. 21; 15. August 2006 - 9 AZR 30/06 - AP § 8 TzBfG Nr. 16).
83Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erfolgt die Prüfung der Gründe des Arbeitgebers regelmäßig in drei Stufen.
84Zunächst ist festzustellen, ob der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung überhaupt ein betriebliches Organisationskonzept zugrunde liegt und - wenn das zutrifft - um welches Konzept es sich handelt (erste Stufe).
85In der Folge ist zu untersuchen, inwieweit die aus dem Organisationskonzept folgende Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen tatsächlich entgegensteht. Dabei ist auch der Frage nachzugehen, ob durch eine dem Arbeitgeber zumutbare Änderung von betrieblichen Abläufen oder des Personaleinsatzes der betrieblich als erforderlich angesehene Arbeitszeitbedarf unter Wahrung des Organisationskonzepts mit dem individuellen Arbeitszeitwunsch des Arbeitnehmers in Einklang gebracht werden kann (zweite Stufe).
86Schließlich ist in einer dritten Stufe das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe zu prüfen. Dabei ist die Frage zu klären, ob das betriebliche Organisationskonzept oder die zugrunde liegende unternehmerische Aufgabenstellung durch die vom Arbeitnehmer gewünschte Abweichung wesentlich beeinträchtigt werden (BAG 13. Oktober 2009 – 9 AZR 910/08 – NZA 2010, 339; 8. Mai 2007 - 9 AZR 1112/06 - AP § 8 TzBfG Nr. 21; 15. August 2006 - 9 AZR 30/06 - AP § 8 TzBfG Nr. 16).
87Durch eine Häufung von Teilzeitverlangen kann eine Überforderung des Arbeitgebers eintreten (BAG 30. September 2003 – 9 AZR 665/02 – EzA § 8 TzBfG Nr. 5). Der Arbeitgeber hat aber auch dann, wenn im Betrieb bereits viele Arbeitnehmer teilzeitbeschäftigt sind, konkret darzulegen, warum er den individuellen Anspruch des Arbeitnehmers wegen der Vielzahl der teilzeitbeschäftigten Kollegen nicht erfüllen kann. Unerheblich ist der Hinweis des Arbeitgebers, durch zukünftig zu erwartende Teilzeitanträge würden organisatorische Schwierigkeiten auftreten (BAG 27. April 2004 – 9 AZR 522/03 – EzA § 8 TzBfG Nr. 10). Zu berücksichtigen sind nur die aktuellen und die bereits umgesetzten Teilzeitanträge. Dies kann dazu führen, dass der Arbeitgeber Anträgen seiner Mitarbeiter zunächst nachkommen muss, später geäußerte Wünsche jedoch zurückweisen kann (Sievers TzBfG 4. Aufl. § 8 Rn. 116 f. m.w.N.).
88Für die gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ablehnung des Teilzeitverlangens ist nach der Rechtsprechung des BAG auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem der Arbeitgeber die Ablehnung erklärt hat (BAG 24. Juni 2008 – 9 AZR 313/07 – EzA § 8 TzBfG Nr. 21 Rn. 42; 13. November 2007 – 9 AZR 36/07 – EzA § 8 TzBfG Nr. 20; Sievers TzBfG 4. Aufl. § 8 Rn. 175 m.w.N).
89bbb) Danach stehen den Verteilungswünschen des Klägers betriebliche Gründe entgegen. Die führt dazu, dass die Beklagte seine Anträge auf Verringerung und auf geänderte Verteilung der Arbeitszeit insgesamt berechtigt abgelehnt hat.
90Maßgeblich sind die Verhältnisse im Jahr 2011 und nicht im Jahr 2012. Dies folgt aus der Rechtsprechung des BAG zum Beurteilungszeitpunkt, wonach auf den Zeitpunkt abzustellen ist, zu dem die Beklagte die Ablehnung erklärt hat. Vor diesem Hintergrund kommt es auf die Frage, ob die Beklagte 2012 Überkapazitäten hat, nicht an.
91Maßgeblich ist, dass die Beklagte jedenfalls 2011 keine Überkapazitäten in denen Monaten hatte, die der Kläger in seinen Anträgen angegeben hat. Ihre Personalplanung ist mit keinem der Anträge, in denen der Kläger jeweils mindestens zwei Monate aufgeführt hat, vereinbar.
92Es kann auch nicht angenommen werden, dass die Beklagte in der Lage wäre, nur für zwei oder drei Monate für Ersatz zu sorgen. Sie hat nachvollziehbar dargelegt, dass dies nicht nur aufgrund der spezifischen Tätigkeit des Klägers, für die eine besondere Qualifikation erforderlich ist, ausgeschlossen ist, sondern auch durch den Tarifvertrag „Wechsel und Förderung Nr. 3“. Es ist plausibel, dass die Beklagte keinen Flugzeugführer finden wird, der bereit und in der Lage ist, eine Beschäftigung bei der Beklagten für einzelne Monate aufzunehmen. Diesem substantiierten Vortrag der Beklagten ist der Kläger nicht konkret entgegengetreten.
93III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO.
94IV. Die Revision war nicht gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen, weil die Entscheidung auf den besonderen Umständen des Einzelfalls beruht.
95R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
96Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
97Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.
98Dr. Sievers Lindlahr Dose